Sonstiges > Off-Topic
Rechtswidrige Hartz IV-Sanktionspraxis - Sanktionsmoratorium
eislud:
Rechtswidrige Hartz IV-Sanktionspraxis - Sanktionsmoratorium
Grundsätzlich geht es bei der Hartz IV-Sanktionspraxis darum, daß den sogenannten \"Drückebergern\" - also Hartz IV Empfängern, die nicht bereit sind sich wieder in \"zumutbarer Weise\" in die Arbeitswelt einzugliedern - die Hartz IV Unterstützung bis teilweise unter das Lebensnotwendige reduziert wird.
Dabei obliegt es alleine den vielfach schlecht ausgebildeten und unterbezahlten Mitarbeitern der Jobcenter und Arbeitsagenturen darüber zu entscheiden, ob es sich um einen \"Drückeberger\" handelt oder nicht. Eine dahingehende Entscheidung kann von dem Betroffenen nur durch eine gerichtliche Auseinandersetzung rückgängig gemacht werden, was regelmäßig sehr langwierig ist. Bis dahin erhält er nur die reduzierte Unterstützung.
Daß diese Sanktionspraxis in zahlreichen Gerichtsurteilen angeprankert wird und vielfach die im Grundgesetz verankerte Verhältnismäßigkeit verletzt, stört die Jobcenter und Arbeitsagenturen wenig. Frei nach dem Grundsatz: Machen wir einfach weiter wie bisher.
Telepolis berichtet hier unter anderem anhand von Beispielen über diese rechtswidrige Hartz IV-Sanktionspraxis und ein Bündnis, das sich dagegen zur Wehr setzt.
So sollte beispielsweise ein Epileptiker sinnvollerweise auf einem Baugerüst arbeiten und eine Hartz IV-Bezieherin wurde vom Job-Center dazu angehalten, die \"Nebentätigkeit\" Prostitution gegen ihren Willen fortzusetzen. Ein Diabetiker konnte sich aufgrund der Sanktionen kein Insulin und auch kein Essen mehr leisten. ...
Die Mitarbeitern der Jobcenter und Arbeitsagenturen sind Götter unter den Säugetieren. Sie können über Leben und Tod entscheiden.
Das Bündnis führt hier eine Unterschriftensammlung durch, um diese rechtswidrige Sanktionspraxis zu stoppen.
--- Zitat ---Die fragwürdige Sanktionspraxis gegen Erwerbslose muss sofort gestoppt werden!
Hartz-IV-Sanktionen bedeuten die Kürzung des Lebensnotwendigen.
Sie sind unangemessen und entsprechen nicht unserer demokratischen Gesellschaftsform.
Um faire Lösungen zu schaffen, ist die Anwendung des § 31 SGB II auszusetzen.
--- Ende Zitat ---
Neben Ruhm und Ehre, sei mein Dank jedem Unterzeichner gewiss.
AKW NEE:
Für die einzelnen Leistungsempfänger werden von der Agentur so genannte Leistungsakten geführt. Hier wird aller Schriftverkehr zwischen Amt und Antragsteller gesammelt, sowie weitere auch Ermittlungsergebnisse.
Für gerichtliche Auseinandersetzungen kann die Akte auch mal, wie von der Agentur in Uelzen, zum Nachteil des Antragstellers verändert werden!
reblaus:
§ 31 SGB II ist eine sehr faire Lösung für all die Putzfrauen, Kanalarbeiter, Hilfskräfte, Friseure, Zimmermädchen und sonstig Berufstätige mit geringem Einkommen, denen Teile ihres Einkommens abgezogen werden, um Rentner, Kranke und Arbeitslose zu finanzieren, und die Teile ihres Einkommens zur Zahlung von Mehrwert-, Mineralöl-, Versicherungs- oder andere Verbrauchssteuern aufwenden müssen.
Mit diesen Steuern werden unter anderem die HartzIV-Leistungen derjenigen finanziert, die nicht soviel Glück haben, und keine Arbeitsstelle finden, mit der sie ihren Lebensunterhalt selbst erwirtschaften können. Dies ist fair.
Es ist den oben genannten Kleinverdienern aber nicht zuzumuten morgens um 5 Uhr oder früher aufzustehen, 8 Stunden in anderer Leute Fäkalien zu stehen, für kleines Geld Akkordarbeit zu leisten oder sich auf sonstige Weise anzustrengen, damit andere die Wahl haben, statt unangenehmer schwerer Arbeit nachzugehen, lieber zuhause zu bleiben und andere \"dümmere\" Zeitgenossen für den eigenen Lebensunterhalt schuften zu lassen. Das wäre unfair.
§ 31 Absatz 1 SGB II lautet:
--- Zitat ---Das Arbeitslosengeld II wird unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 in einer ersten Stufe um 30 vom Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 maßgebenden Regelleistung abgesenkt, wenn
1. der erwerbsfähige Hilfebedürftige sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert,
a) eine ihm angebotene Eingliederungsvereinbarung abzuschließen,
b) in der Eingliederungsvereinbarung festgelegte Pflichten zu erfüllen, insbesondere in ausreichendem Umfang Eigenbemühungen nachzuweisen,
c) eine zumutbare Arbeit, Ausbildung, Arbeitsgelegenheit, eine mit einem Beschäftigungszuschuss nach § 16a geförderte Arbeit, ein zumutbares Angebot nach § 15a oder eine sonstige in der Eingliederungsvereinbarung vereinbarte Maßnahme aufzunehmen oder fortzuführen, oder
d) zumutbare Arbeit nach § 16 Abs. 3 Satz 2 auszuführen,
2. der erwerbsfähige Hilfebedürftige trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit abgebrochen oder Anlass für den Abbruch gegeben hat.
Dies gilt nicht, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige einen wichtigen Grund für sein Verhalten nachweist.
--- Ende Zitat ---
Hartz IV gehört zu den besten Reformen, die dieses Land jemals in Angriff genommen hat. Diese Reform hat Millionen Arbeitsplätze geschaffen und vielen Menschen eine neue Chance eröffnet, ihr Leben durch eigene Kraft zu gestalten.
eislud:
@reblaus
Wie Du dem Anfangsbeitrag und den Links entnehmen kannst, geht es eigentlich weniger um die \"Drückeberger\", sondern vielmehr um diejenigen, die zu Unrecht sanktioniert wurden.
Du kannst doch nicht ernsthaft beführworten, daß beispielsweise ein Epileptiker, der mitunter ständig mit einem epileptischen Anfall rechnen muß, entweder auf einer Baustelle auf einem Baugerüst arbeiten muß oder sanktioniert wird.
Ich kann auch nicht glauben, daß Du selbst als Mitarbeiter einer Arbeitsagentur, eine ehemalige Prostituierte dazu zwingen würdest wieder anschaffen zu gehen, auch wenn sie das mit ihrem Gewissen nicht mehr vereinbaren kann. Sollten in einem solchen Fall dann nicht alle Hartz IV Empfänger dazu verpflichtet werden können, vielleicht noch als 1 Euro Job?
Das sind keine konstruierten Beispiele sondern Beispiele, die für die Betroffenen bittere Realität geworden sind.
Daß es zahlreiche Fälle von zu Unrecht verhängten Sanktionen gibt, zeigen die zahlreichen Gerichtsurteile, die solche Sanktionen wieder aufgehoben haben.
Mit dem § 31 SGB II gibt man den vielfach schlecht ausgebildeten und überforderten Mitarbeitern der Jobcenter und Arbeitsagenturen ein Mittel an die Hand, auf einen puren Verdachtsfall hin oder aufgrund von Kleinigkeiten eine empfindliche Strafe zu verhängen, die nur über ein Gerichtsverfahren des Betroffenen wieder aufgehoben werden kann. Selbst die Bundesregierung hat nach entsprechenden Gerichtsurteilen eingeräumt, dass bei der jetzigen Gesetzesregelung gegen die Verhältnismäßigkeit im Grundgesetz verstoßen wird.
Es ist offensichtlich, daß der § 31 SGB II in seiner heutigen Ausprägung nicht dazu geeignet ist, \"Drückeberger\" von anderen Personen zu unterscheiden. Solange das so ist, hat er schon keine Berechtigung.
Wie Du ebenfalls dem Anfangsbeitrag und den Links entnehmen kannst, geht es hier nicht um eine Beurteilung von Hartz IV, sondern ausschließlich um die Hartz IV-Sanktionspraxis, die sich aus dem § 31 SGB II ergibt. Und es geht auch nicht um die vielen Arbeitsplätze, die während einer ausgeprägten Aufschwungphase in den letzten Jahren neu entstanden waren und die damit verbundenen fallenden Arbeitslosenzahlen, die zudem noch durch immer neue und abgewandelte Berechnungsgrundlagen zusätzlich geschönt wurden.
reblaus:
@eislud
Sie haben gefordert § 31 SGB II auszusetzen, bzw. zu einer Unterschriftenaktion aufgerufen, die diese Forderung erhebt.
Ich bin weder der Meinung, dass irgendjemand zur Erwirtschaftung seines Lebensunterhalts der Prostitution nachgehen solle, oder diese von ihm früher freiwillig betriebene Arbeit fortsetzen solle, noch bin ich der Auffassung, dass ein Epileptiker solche Arbeiten aufnehmen solle, bei denen er unkalkulierbare Risiken für Leib und Leben eingeht.
Deshalb habe ich § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II fett gedruckt. Denn dort steht ausdrücklich, dass niemand zu solchen Tätigkeiten die Sie beschreiben gezwungen werden darf. Wenn in Einzelfällen ein inkompetenter Behördenmitarbeiter solche Forderungen aufstellen sollte, und dem Widerspruch gegen einen solchen Bescheid nicht abgeholfen wird, so steht jedem Hartz IV Empfänger der Rechtsweg im Wege eines einstweiligen Verfügungsverfahrens offen.
Für die Aussetzung eines Gesetzes, das Hartz IV Empfängern abverlangt, sich nach ihren Möglichkeiten um eine Arbeit zu bemühen besteht überhaupt kein Anlass. Hier werden bedauerliche Einzelschicksale von interessierten Kreisen benutzt, diese Reform abzuschaffen.
Was aus der Sicht mancher vielleicht nachvollziehbar ist. Ein Hartz IV Empfänger, der wieder Arbeit gefunden hat, könnte sich angesichts der gewaltigen Abgabenlast, die man ihm zur Finanzierung des Sozialstaats plötzlich aufbürdet, veranlasst sehen statt der Linkspartei zukünftig FDP zu wählen.
Navigation
[0] Themen-Index
[#] Nächste Seite
Zur normalen Ansicht wechseln