Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
reblaus:
@RuRo
Müsste der anfängliche Vertragspreis der Billigkeit entsprechen, könnte jedermann mit Aussicht auf Erfolg gegen diesen Preis den Einwand der Unbilligkeit erheben. Dann würden wir hier gar nicht diskutieren. Der BGH hat aber entschieden, dass der anfängliche Preis ein vertraglich vereinbarter Preis ist. Aufgrund des § 1 EnWG ist der Versorger lediglich gehalten einen \"günstigen\" Preis zu verlangen.
Wäre es ein einseitig zu bestimmender Preis, könnte jedermann bei fehlenden Widersprüchen seinen alten Grundversorgungsvertrag kündigen und einen neuen Vertrag abschließen, so dass ihm sofort die Billigkeitskontrolle des Gesamtpreises offen stünde.
@courage
Der anfängliche Vertragspreis wird in dem Moment zum Preissockel, wenn der Versorger eine neuen Preis festsetzen möchte. Dann kommt bei fehlendem Widerspruch und weiterer Gasentnahme ein neuer Preis zustande. Rechtlich funktioniert das aber völlig unterschiedlich.
Beim anfänglichen Vertragspreis schauen Sie als Kunde in die Preisliste und finden den dort angegebenen Preis zwar sündhaft teuer aber noch bezahlbar. Deshalb rufen Sie beim Versorger an, und melden Ihren Anschluss an. Wenn Sie nicht in die Preisliste schauen, dann ist es Ihnen egal, wieviel Ihr Gas kostet, und sie wollen bezahlen, was der Versorger verlangt. So wird der anfängliche Vertragspreis vereinbart.
Bei einer Preisänderung passiert völlig anderes. Der Versorger teilt Ihnen im Laufe des Abrechnungsjahres mit, dass er die Preise anheben müsse, weil seine Kosten gestiegen seien. Sechs Monate später erhalten Sie die Jahresabrechnung, in der die einseitige Preiserhöhung zum angekündigten Zeitpunkt eingerechnet wurde. Diese Abrechnung ist ein Angebot des Versorgers an Sie, diese Preiserhöhung für den abgerechneten Zeitraum zu akzeptieren. Wenn Sie die Rechnung bezahlen und nicht in angemessener Frist widersprechen, wissen Sie dass die Preise einseitig verändert wurden, dann bekunden Sie mit der Zahlung, ja der Versorger wird das schon alles richtig gemacht haben, ich akzeptiere die Preiserhöhung für die Vergangenheit.
Wenn Sie dann nachdem Sie die Preise für die abgerechnete Periode bereits akzeptiert haben, weiterhin Gas aus dem Netz beziehen, sagt der BGH dass Sie mit diesem Gasbezug die Preiserhöhung auch für die Zukunft akzeptieren. Sie kennen die neuen Preise und haben sie bereits für die letzte Abrechnung akzeptiert. Das ist das einzig Neue an der Rechtsprechung. Der BGH begründet dies damit, dass laut AVBGasV Sie auch einen Vertrag abschließen, wenn Sie einfach nur Gas aus dem Netz entnehmen, ohne mit dem Versorger vorher zu sprechen, und ohne dass dieser davon weiß.
In diesem Fall haben Sie aber nicht irgendeinen Preis aus der Preisliste akzeptiert, sondern den Preis, den der Versorger zuvor einseitig mit billigem Ermessen festgesetzt hat. Ist die Preiserhöhung unbillig gewesen, können Sie möglicherweise anfechten.
Würde man jetzt annehmen beim anfänglichen Vertragspreis und bei der späteren Preisänderung geschieht rechtlich das Gleiche, und es wird irgendein vom Versorger bestimmter Preis vereinbart, würde diese Vereinbarung zwingend zum Inhalt haben, dass auf das einseitige Preisbestimmungsrecht des Versorgers für die Zukunft verzichtet wird. Man weicht ja von dieser Regelung ab. Es würde quasi ein Sondervertrag abgeschlossen werden.
Das geht aber alles viel zu weit. Auch eine konkludente Vertragsänderung muss mit Willen beider Vertragsparteien erfolgen. Aus der Vornahme einer Zahlung kann unmöglich ein vertraglicher Wille zu einer umfangreichen Vertragsänderung geschlossen werden.
Münsteraner:
@reblaus
--- Zitat ---Vielleicht liegen Ihre Zweifel auch nur daran, dass Sie das BGB unvollkommen beherrschen.
--- Ende Zitat ---
Ich würde mir (auch wenn ich in obigem Beispiel nicht Betroffener war) von Ihnen insgesamt einen etwas freundlicheren, zumindest jedoch sachlicheren Umgangston wünschen. Darüber hinaus auch ein deutlich geringeres Maß an oberlehrerhafter Dogmatik. Soviel vorweg.
--- Zitat ---Original von reblaus
Aufgrund des § 1 EnWG ist der Versorger lediglich gehalten einen \"günstigen\" Preis zu verlangen.
--- Ende Zitat ---
Nach dem Gesetz ist das EVU gehalten eine \"möglichst preisgünstige\" Versorgung zu bieten. Dabei gesteht ihm der BGH (NJW-RR 1992, 183) selbstverständlich ein Interesse an der Deckung der allgemeinen und besonderen Kosten zu, die ihm bei der Belieferung entstehen, ebenso wie auch einen angemessenen Gewinn, aus dem es notwendige Investitionen bestreiten und das eingesetzte Kapital verzinsen kann. Wenn z.B. ein Stadtwerkebetrieb jedoch darüber hinaus jedes Jahr X Millionen Euro Überschuss an die Stadt abführt, dann dürften doch wohl berechtigte Zweifel angebracht sein, ob es nicht möglich wäre, noch deutlich günstigere Preise anzubieten. Zumal wenn im laufenden Betrieb das Geld auch noch mit vollen Händen ausgegeben wird (Stichwort \"Lustreisen\" und betriebswirtschaftlich nicht notwendige Ausgaben) und aufgrund langfristiger Bindung an nur einen Lieferanten alles darauf hindeutet, dass auch Verhandlungsspielräume nicht ansatzweise genutzt wurden.
Und ein derartiges Gebaren bzw. der daraus resultierende (Anfangs-)Preis soll nicht auf \"Billigkeit\" überprüft werden können, weil der Verbraucher ihn mit (zwangsweiser) Entnahme von Gas vertraglich \"vereinbart\" habe? Das kann wohl nie und nimmer der Wille des Gesetzgebers gewesen sein!
reblaus:
@Münsteraner
Wie man in den Wald hinein ruft, hallt es heraus.
Das betreffende Urteil des BGH wurde am 13.06.2007 erlassen. Der Gesetzgeber hatte somit mehr als zwei Jahre Zeit einen möglicherweise anderen Willen in ein Gesetz zu gießen. Entweder scheint ihm dieses Problem nicht so dringlich, oder Sie haben Unrecht.
Münsteraner:
--- Zitat ---Original von reblaus
@Münsteraner
Wie man in den Wald hinein ruft, hallt es heraus.
--- Ende Zitat ---
Insoweit jemand Sie nicht besonders freundlich behandelt haben mag, hallte Ihnen da nichts anderes entgegen, als der Ton, den Sie vorher in den Wald hineingerufen hatten.
--- Zitat ---Der Gesetzgeber hatte somit mehr als zwei Jahre Zeit einen möglicherweise anderen Willen in ein Gesetz zu gießen. Entweder scheint ihm dieses Problem nicht so dringlich, oder Sie haben Unrecht.
--- Ende Zitat ---
Oder Sie haben Unrecht und dem Gesetzgeber ist die Problematik einfach noch nicht ausreichend bewusst geworden, nämlich dass in dieser Konstellation das gebotene Äquivalenzverhältnis ad absurdum geführt wird.
reblaus:
@Münsteraner
Hier können Sie die Umgangsformen von nomos studieren.
Die Billigkeitskontrolle des Gesamtpreises hat nichts mit dem Erhalt des Äquivalenzverhältnisses zu tun. Damit wird das Äquivalenzverhältnis zugunsten des Kunden dann verändert, wenn der Versorger keinen günstigen Anfangspreis angeboten hat.
Der Gesetzgeber erhält seit Jahr und Tag einen Bericht der Monopolkommission über die Entwicklung auf den Energiemärkten, zuletzt vor wenigen Wochen. Halten Sie es ernsthaft für denkbar, dass der Gesetzgeber von den Missständen in einem der bedeutendsten Märkte unserer Volkswirtschaft keine Ahnung hat.
Das was Sie fordern ist von der Politik nicht gewollt.
Navigation
[0] Themen-Index
[#] Nächste Seite
[*] Vorherige Sete
Zur normalen Ansicht wechseln