Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
RA Lanters:
@ reblaus: sie machen es sich zu einfach. der sockelpreis ist eine erfindung des bgh, kein gesetz und wurde für einen anderen fall entwickelt.
das gesetz sagt: Die Einrede des § 315 BGB kann der Verbraucher geltend machen (17 GasGVV)
im gesetz steht nicht, der verbraucher muss den sockelpreis akzeptieren und kann nur bei preiserhöhungen die einrede geltend machen.
auch aus der rechtsprechung des bgh, die besagt, dass man einen preissockel akzeptieren kann/muss wenn man ihn nicht von anfang an gerügt hat, ergibt sich der umkehrschluss, dass dieser preissockel auch angegriffen werden kann, wenn man ihn von anfang an nicht akzeptiert. preissockel = anfangspreis.
Münsteraner:
@ bolli
Nach Auffassung des 8. Senats BGH soll es angesichts der unterstellten konkludenten Annahme des Sockelpreises offensichtlich unerheblich sein, ob dieser billig oder unbillig ist.
Denn der Verbraucher, der Gas entnimmt, habe mit seiner konkludenten Annahme diesen jedenfalls akzeptiert und damit auf eine Billigkeitseinrede nach 315 BGB verzichtet.
Wie schon oben angedeutet: wenn diese Rechtskonstruktion nicht gekippt wird, dürften viele unterinstanzliche Gerichte sich daran anhängen und zum Nachteil des beklagten Verbrauchers entscheiden. Es sei denn, dieser würde dem Gericht schon klageerwidernd so stichhaltige Argumente liefern, dass das Gericht sich veranlasst sähe, die bisherige BGH-Rechtssprechung in Zweifel zu ziehen.
Ich fände es deshalb höchst sinnvoll, wenn man hier im Forum mal intensiv versuchen würde, die Rechtsauffassung des 8. Senats zu widerlegen und auch aufzuzeigen, dass diese zu Ergebnissen führt, die der Gesetzgeber so keinesfalls gewollt haben kann.
RR-E-ft:
--- Zitat ---Original von RA Lanters
@ reblaus: sie machen es sich zu einfach. der sockelpreis ist eine erfindung des bgh, kein gesetz und wurde für einen anderen fall entwickelt.
das gesetz sagt: Die Einrede des § 315 BGB kann der Verbraucher geltend machen (17 GasGVV)
im gesetz steht nicht, der verbraucher muss den sockelpreis akzeptieren und kann nur bei preiserhöhungen die einrede geltend machen.
auch aus der rechtsprechung des bgh, die besagt, dass man einen preissockel akzeptieren kann/muss wenn man ihn nicht von anfang an gerügt hat, ergibt sich der umkehrschluss, dass dieser preissockel auch angegriffen werden kann, wenn man ihn von anfang an nicht akzeptiert. preissockel = anfangspreis.
--- Ende Zitat ---
So kann man es sehen.
Der VIII.Zivilsenat hatte noch keinen Fall zu entscheiden, wo ein Kunde mit Anspruch auf Grundversorgung eine solche begehrt und die Allgemeinen Preise der Grundversorgung von Anfang an als unbillig rügt.
Dafür spricht auch, dass der VIII. Zivilsenat selbst sagt, dass aus der gesetzlichen Bindung der Allgemeinen Tarife an den Maßstab der Billigkeit eine gesetzliche Verpflichtung besteht, bei rückläufigen Kosten seit der letzten Tariffestsetzung die Tarife zugunsten der Kunden anzupassen (VIII ZR 274/06, VIII ZR 225/07 und VIII ZR 56/08].
Gerade diese Anpassungspflicht spricht gegen den \"Preissockel\". Die Anpassungspflicht gilt gleichermaßen zugunsten aller grundversorgten Kunden und somit unabhängig vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Denn die Allgemeinen Preise der Grundversorgung müssen gegenüber allen grundversorgten Kunden mit gleichem Abnahmefall jederzeit identisch sein.
Dafür kommt es wiederum darauf an, wie sich die Kosten seit der letzten Preisanpassung geändert haben. Die letzte Preisanpassung der Allgemeinen Preise der Grundversorgung kann genügend lange zurückliegen, so dass zwischen dieser und dem Abschluss des Grundversorgungsvertrages (bei dem dem bereits den Preisen widersprochen wird), jedenfalls eine gesetzliche Verpflichtung besteht, die Allgemeinen Preise der Grundversorgung zugunsten der grundversorgten Kunden abzusenken. Ob eine solche Verpflichtung tatsächlich besteht, lässt sich indes nur beurteilen, wenn man die Kostenentwicklung seit der letzten Tariffestsetzung kennt....
reblaus blendet bei seinen Überlegungen wohl die v. g. gesetzliche Anpassungspflicht und die Tatsache aus, dass die Allgemeinen Preise der Grundversorgung für alle grundversorgten Kunden mit gleichen Abnahmeverhältnisses unabhängig vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses immer identisch sein müssen.
reblaus:
@RA Lanters
Die Rechtsprechung des BGH ist nunmal Realität und wird für jedes Grundversorgungsverhältnis Anwendung finden. Das mache ich mir nicht einfach, das ist einfach so.
@Bolli
Es hat bisher noch kein Verbraucher die Frage gestellt, wie lange eigentlich die Wartefrist bemessen sein muss, die der BGH beim Preissockel verlangt, und was eigentlich passiert, wenn innerhalb dieser Wartefrist der Versorger seine Preise erneut erhöht. Zieht er dann sein altes Angebot zurück?
Es hat noch niemand vorgetragen, dass andere, die bereits erfolgreich die Unbilligkeit eingewendet haben, deutlich günstigere Grundversorgungstarife zu bezahlen haben.
Es wurden auch noch keine Fälle entschieden, bei denen der Versorger 15% Umsatzrendite erzielt. Es hat auch noch kein Versorger vorgetragen, angesichts der fehlerhaften Preisfestsetzungen der Vergangenheit nun Grundversorgungstarife zu haben, mit denen das Unternehmen nicht überleben könne.
Wenn diese Fragen zur Entscheidung anstehen, wird der BGH seine Rechtsprechung vielleicht nochmals überdenken. Bis dahin müssen wir damit leben.
RR-E-ft:
--- Zitat ---Original von reblaus
@RA Lanters
Die Rechtsprechung des BGH ist nunmal Realität und wird für jedes Grundversorgungsverhältnis Anwendung finden. Das mache ich mir nicht einfach, das ist einfach so.
Wenn diese Fragen zur Entscheidung anstehen, wird der BGH seine Rechtsprechung vielleicht nochmals überdenken. Bis dahin müssen wir damit leben.
--- Ende Zitat ---
@reblaus
Gemeint ist wohl eine virtuelle Realität abhängig vom Gedankeninhalt einiger weniger Personen, der sich ändern kann und mit ihm sogleich die Realität, mit welcher alle anderen bis dahin jeweils leben müssen?
Da der BGH bis zum Juni 2007 nicht über die Anwendung der Billigkeitskontrolle auf Gastarifpreise entschieden hatte, musste man bis dahin mit der Realität leben, dass eine solche nicht stattfindet?
Welche Folgen zeitigt nach Ihrer Auffassung eigentlich die gesetzliche Verpflichtung zur Preisanpassung bei rückläufigen Kosten seit der letzten Tariffestsetzung (VIII ZR 225/07, VIII ZR 56/08] und die Verpflichtung, alle grundversorgten Kunden mit gleichen Abnahmefällen unabhängig vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses jederzeit zu identischen Preisen zu beliefern?
Die genannten Entscheidungen vom 15.07.2009 zur gesetzlichen Anpassungspflicht liegen wohl alle nach den \"Preissockel\"- Entscheidungen vom 08.07.2009, 19.11.2008, 13.06.2007.
Hat sich die virtuelle Realität dadurch nun schon verändert oder muss man noch weiter warten?
Bestehen etwaig Möglichkeiten, die virtuelle Realität zu beeinflussen?
Wenn man als grundversorgter Kunde einem geänderten Preis nicht zustimmen und sich nicht auf diesen einigen muss, dann muss man sich wohl auch nicht auf einen Anfangspreis einigen. Denn auch wenn man sich nicht auf einen geänderten Preis (gleich, ob herauf- oder herabgesetzt) einigt, bleibt der Grundversorgungsvertrag bestehen.
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