Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?

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Black:

--- Zitat ---Original von RR-E-ft
@Black

Was sich aus der gesetzlichen Bindung eines Energiepreises an billiges Ermessen für dessen Höhe und dessen Kontrolle ergibt, ergibt sich aus BGH, Urt. v. 02.10.1991 - VIII ZR 240/90..
--- Ende Zitat ---

Wir rätseln hier über die Absichten des Gesetzgebers bei Verfassen des § 1, 2 EnWG 1998 / 2005 und Sie sind der Meinung, dass habe der BGH bereits hellseherisch 1991 erklärt?

@ reblaus

Der Gesetzgeber hatte wohl (optimistisch) eine ähnliche Entwicklung wie bei den Telefonkosten im Sinn. Oder gibt es in diesem Sekor nennenswert Kunden, die der Billigkeit des Anfangspreises ihres Handytarifes widersprechen?

Münsteraner:

--- Zitat ---Original von reblaus
@Münsteraner
Die Frage stellt sich, ob der einzelne Versorger diese Pflicht auferlegt bekommt, oder ob das System der Energiewirtschaft so organisiert werden soll, dass das Gewinnstreben des einzelnen Versorgers durch Wettbewerb soweit kontrolliert wird, dass das Ziel möglichst günstiger Preise erreicht werden kann.
--- Ende Zitat ---

Das Gewinnstreben des einzelnen Versorgers kann durch mehr Wettbewerb nur dann begrenzt werden, wenn ein solcher auch wirklich existiert. Wie zäh sich da die EVU samt Zulieferern geben, ist hinlänglich bekannt. Letztlich bewegt sich auf der Wettbewerbsseite immer nur dann etwas, wenn von Gesetzgeberseite eingegriffen wird. Und das zieht sich bekanntlich auch über Jahre.

Von daher fände ich es angemessen, § 1 EnWG als Schutzgesetz zu qualifizieren.

Worauf im konkreten Streitfall hinsichtlich der Berechnung des \"möglichst günstigen Preises\" und des billigen Ermessensspielraums des EVU abzustellen wäre, hat der BGH ja bereits (wie auch RR-E-ft aufzeigt) schon geklärt.

reblaus:
@Münsteraner
Zum Wettbewerb gehört zweierlei: ein ausreichendes Angebot unterschiedlicher Unternehmen und die reichliche Annahme dieses Angebots durch wechselwillige Kunden.

Irgendwo habe ich heute eine Deutschlandkarte mit dem Vergleich von Wettbewerbern auf den regionalen Märkten gesehen. War 2008 noch glücklich wer vier Versorger zur Auswahl hatte, ist der Standard heute bei neun Versorgern und mehr.

Wenn die Kunden an ihren alten Sonderverträgen festhalten, und den Instanzenzug gegen die Kündigung beschreiten, statt diesen Wettbewerb für sich zu nutzen, steht zu befürchten, dass zahlreiche dieser Wettbewerber einen Haufen Geld verlieren, da sie zwar Angebote erstellen, aber niemanden finden, der diese auch wahrnimmt. Das Verhalten der Kunden ist einerseits zwar zu verstehen, andererseits aber sehr kurzsichtig auf den Vorteil von heute ausgerichtet.

@Black
Ich hoffe noch immer, dass wir diese Entwicklung am Gasmarkt demnächst sehen. Man kann schließlich eine Menge Geld sparen im Gegensatz zum Strom. Um 80% oder 90% sinkende Tarife werden wir beim Gas leider trotzdem nicht haben.

Münsteraner:

--- Zitat ---Original von reblaus
War 2008 noch glücklich wer vier Versorger zur Auswahl hatte, ist der Standard heute bei neun Versorgern und mehr.
--- Ende Zitat ---
Das glaube ich erst, wenn ich es sehe. Hier in MS trifft das nicht einmal annähernd zu.


--- Zitat ---Wenn die Kunden an ihren alten Sonderverträgen festhalten, und den Instanzenzug gegen die Kündigung beschreiten, steht zu befürchten, ....
--- Ende Zitat ---

Sorry, wieviel Verbraucher kennen sie, die das gemacht haben? Gegen den Eintritt Ihrer Befürchtung würde ich aus dem Stand in einer Betragshöhe wetten, die Ihren Gasverbrauch der nächsten 10 Jahre umfasst. ;)

RR-E-ft:
Der BGH hatte jedenfalls schon einmal einen Fall zu entscheiden, wo es auf die Billigkeit eines vom EVU einseitig festgesetzten Energiepreises unter Berücksichtigung einer gesetzlichen Verpflichtung zu einer möglichst preisgünstigen Versorgung gem. § 1 EnWG ankam, wie sie auch § 2 Abs. 1 EnWG 2005 für die leitungsgebundene Versorgung mit Strom und Gas statuiert.


--- Zitat --- BGH Urt. v. 02.10.91 - VIII ZR 240/90

Für Verträge, die - wie hier - die Lieferung elektrischer Energie zum Gegenstand haben, muß der das gesamte Energiewirtschaftsrecht beherrschende Grundsatz berücksichtigt werden, daß die Energieversorgung - unter Beachtung der Anforderungen an die Sicherheit der Versorgung - so preiswürdig wie möglich zu gestalten ist (dazu Büdenbender, Energierecht, 1982, Rdnr. 70, 72; Lukes, BB 1985, 2258, 2262). Abweichend von anderen Wirtschaftszweigen kommt hier dem Gesichtspunkt der Gewinnmaximierung nur eingeschränkte Bedeutung zu (Büdenbender aa0, Rdnr. 73; Luken aaO; Köhler ZHR 137 (1973) S. 237, 251, 253). Das Prinzip der Preiswürdigkeit der Energieversorgung hat seinen Niederschlag in den einschlägigen Gesetzen und Rechtsverordnungen gefunden (Präambel zum EnergWG; § 103 Abs. 5 GWB, § 1 der Verordnung über allgemeine Tarife für die Versorgung mit Elektrizität vom 26. November 1971 in der hier maßgeblichen Fassung vom 30. Januar 1980, nachfolgend BTOElt a.F.).

Die möglichst sichere und preiswürdige Lieferung elektrischer Energie ist demnach Zweck auch des zwischen den Prozeßparteien herrschenden Interimsverhältnisses und entspricht dem rechtlich anerkannten Interesse der Beklagten. Dieser Gesichtspunkt muß in die Ermessensentscheidung der Klägerin eingehen. Er bedeutet in materiell-rechtlicher Hinsicht, daß sich. der von ihr geforderte Strompreis an den Kosten der Belieferung mit elektrischer Energie ausrichtet. Über die Deckung der Kosten für die Erzeugung und Leitung der elektrischen Energie sowie der Vorhaltung der dazu notwendigen Anlagen hinaus steht der Klägerin allerdings auch ein Gewinn zu, aus dem sie die erforderlichen Rücklagen bilden und Investitionen tätigen kann. Weiterhin ist ihr eine angemessene Verzinsung zuzugestehen, ohne die sie Fremdkapital nicht aufnehmen und Anlagekapital nicht gewinnen kann (Hüdenbender aa0 Rdnr. 72 ff; Lukes aaO; Köhler aaO). Auf diesem Weg wird auch den Belangen der Klägerin Rechnung getragen.


Kommt es somit für die Beurteilung, ob die Ermessensentscheidung der Klägerin der Billigkeit entspricht, darauf an, inwiefern der geforderte Strompreis zur Deckung der Kosten der Stromlieferung und zur Erzielung eines im vertretbaren Rahmen bleibenden Gewinns dient, so steht damit zugleich der Umfang der erforderlichen Darlegungen im Prozeß fest. Es oblag der Klägerin, im einzelnen vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen, welche allgemeinen und besonderen Kosten, die ihr durch die Belieferung der Beklagten mit elektrischer Energie entstehen, abzudecken waren; ferner, welchen Gewinn sie zur Bildung von Rücklagen, zur Finanzierung von Investitionen oder zur Verzinsung des aufgenommenen Kapitals bzw. der Einlagen ihrer Aktionäre mit dem der Beklagten berechneten Preis erzielen wollte.
--- Ende Zitat ---

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