Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
RR-E-ft:
Ich rede hier davon, was in entsprechenden Verfahren gem. § 315 Abs. 3 BGB möglichst objektiv gerichtlich zu kontrollieren ist, kontrolliert werden muss, nämlich die gegenüber allen grundversorgten Kunden einheitlich getroffene Ermessensentscheidung des Grundversorgers.
--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Wenn es um die gerichtliche Kontrolle der einheitlichen (von Individulavereinbarungen völlig unbeeinflussten) Ermessensentscheidungen des Grundversorgers gegenüber seinen grundversorgten Kunden (die Tarife zu erhöhen, abzusenken oder aber stabil zu halten) aufgrund der selben objektiven Tatsachenbasis geht, sollte die gerichtliche Billigkeitskontrolle nicht zu divergierenden Gerichtsentscheidungen führen können, insbesondere dann nicht, wenn in §§ 102, 103 EnWG eine Konzentration der Verfahren bei besonderen Gerichten oder gar Kammern erfolgt. Das ist ja gerade der Sinn der Konzentration.
Wenn (fingierte) Individualvereinbarungen, die schon auf die allein gerichtlich zu kontrollierenden Ermessensentscheidungen des Grundversorgers gar keinen Einfluss hatten (!), notwendigerweise außen vor bleiben und außen vor bleiben müssen, kommt das Gericht idealerweise bei der vorzunehmenden Prüfung der konkreten Ermessensentscheidung aufgrund objektiver Tatsachenbasis jedes mal zum gleichen Ergebnis.
Ob die Ermessensentscheidung des Versorgers zum 01.08.2005 geänderte Allgemeine Tarife in Kraft zu setzen angesichts dessen gesetzlicher Verpflichtung aus §§ 2 Abs. 1, 36 Abs. 1 EnWG der Billigkeit entsprach oder nicht, bemißt sich nach objektiven Kriterien nicht danach, wann welcher Kunde dagegen ggf. Widerspruch eingelegt hat.
--- Ende Zitat ---
Sie reden davon, was das Ergebnis einer solchen Kontrolle sein kann, wenn es nicht eben objektiv zugeht und ob und ggf. wie ein dabei gefundenes Ergebnis möglicherweise auf andere Kunden übertragen werden kann. Davon rede ich nicht. Und deshalb reden wir beherzt an einander vorbei. ;)
Ob und ggf. wie eine inter partes- Entscheidung auf andere Kunden übertragen werden kann, können Sie mit reblaus diskutieren, der nicht nur dazu die eine oder andere zündende Idee beisteuern kann.
--- Zitat ---Original von reblaus
Ein allgemeiner Gleichbehandlungsgrundsatz ist dem § 36 EnWG auch nicht zu entnehmen. Dort wird nur vorgeschrieben, dass nur ein Tarif existieren darf, der jedermann anzubieten ist. Ein Tarif ist nicht gleichbedeutend mit einem einheitlichen Preis.
Ist die Preisbestimmung des Versorgers unbillig, ohne dass der billige Preis bestimmt wird, schließen die Parteien einen Vergleich, oder verzichtet der Versorger einfach auf die gerichtliche Geltendmachung gekürzter Beträge stellt sich sowieso die Frage, ob diese Grundversorgungsverhältnisse dadurch nicht zu Sonderverträgen werden, und diese Preise deshalb aus dem Tarifgefüge fallen.
--- Zitat ---Original von RR-E-ft Fraglich wie dann der Versorger nach Rechtskraft einer solchen Ersatzbestimmung- Entscheidung, die nicht ausgeschlossen ist (vgl. BGH VIII ZR 314/07), grundsätzlich nur inter partes gilt, den Allgemeinen Tarif gegenüber allen Kunden entsprechend (nachträglich - die Verfahren dauern bis zur Rechtskraft) neu festsetzen könnte.
--- Ende Zitat ---
Der Versorger hat lediglich seinen aktuellen Tarif um die Differenz zwischen unbilligem Preis und gerichtlich festgesetztem Preis zu vermindern. Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung von nicht klagenden Kunden hat er zu erfüllen. Wahlweise wären statt Bereicherungsansprüchen Schadensersatzansprüche in Betracht zu ziehen. Wo ist das Problem?
--- Ende Zitat ---
So einfach kann es aussehen. Verzichtet der Versorger auf gekürzte Beträge und klagt deshalb nicht, könnte man dadurch womöglich (wieder?) Sondervertragskunde werden, wie bei einem Verzicht des Versorgers auf Forderungen erst im Zahlungsprozess. Versteht nicht gleich jeder. (Ich auch nicht.)
superhaase:
--- Zitat ---Original von Black
Zumindest Sie sollten schon den Unterschied zwischen Fiktion und hieraus können im Einklang mit der ZPO verschiedene Einzelergebnisse erwachsen.
--- Ende Zitat ---
Verschiedene Einzelergebnisse im Hinblick auf einzelne Verfahren, die nicht bis zur Feststellung eines billigen Preises durch das Gericht kommen (wie Ihre Beispiele oben): Ja.
Aber es wird keine verschiedenen Einzelergebnisse hinsichtlich eines gerichtlich festgesetzten billligen Preises geben.
Das ist doch der springende Punkt.
Dass nun ein Versorger aufgrund des Diskriminierungsverbots verpflichtet sein könnte, diesen gerichtlich festgestellten billigen Preis rückwirkend für alle Kunden anzuwenden (Rückerstattung), ist m.E. nicht von der Hand zu weisen.
Tut er dies freiwillig nicht, bliebe allen Kunden nur der Klageweg. Eine Prozessflut würde folgen.
Diese folgenden Verfahren würden wohl alle gleich gelagert sein und alle gleich ausgehen, da die Kläger sich auf den gerichtlich festgestellten billigen Preis berufen würden, der ja für alle gelten muss (was Ihnen RR-E-Ft klarzumachen versuchte).
Insofern wäre es für den Versorger schon aus wirtschaftlichen Gründen (Vermeidung von ausufernden Prozesskosten) geboten, freiwillig \"nachzugeben\".
ciao,
sh
RR-E-ft:
@sh
Da haben Sie mich wohl ein wenig missverstanden.
--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Wenn es um eine gerichtliche Tarifneubestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB geht, dann müssen dafür immer die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen, unter anderem ein entsprechender Antrag (vgl. BGH VIII ZR 240/90 am Ende), was in einem Zahlungsprozess zumeist schon nicht der Fall sein wird (BGH, ebenda). Der VIII.Senat betont dabei, dass dann, wenn die Billigkeit nicht festgestellt werden konnte, die Unbilligkeit damit noch nicht gerichtlich festgestellt ist, die Unbilligkeit jedoch Voraussetzung für eine gerichtliche Neubestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ist.
--- Ende Zitat ---
Auf inter partes- Entscheidungen können sich Dritte nicht berufen. Wer auf Rückzahlung wegen Unbilligkeit klagt, bei dem muss im Verfahren wieder eine Billigkeitskontrolle erfolgen, soweit der Rückzahlungsanspruch nicht schon verjährt ist (vgl. BGH EnZR 49/08]. Man darf sich da keine laus ins Ohr setzen lassen.
reblaus:
Mich hat Superhaase dafür umso besser verstanden.
Ich spreche im übrigen auch von Zahlungsklagen.
Klagt der Versorger und die Parteien schließen einen Vergleich über die eingeklagte Summe, werden sie wohl auch eine Einigung darüber treffen, was denn in Zukunft zu bezahlen ist. Warum sich erst vergleichen, wenn man dann doch wieder streitet.
Klagt der Versorger und das Gericht stellt die Unbilligkeit der Preiserhöhungen fest, ohne dass eine Seite die Bestimmung des billigen Preises beantragt, kann wohl davon ausgegangen werden, dass die Parteien für die Zukunft den zuletzt unstreitigen Preis vereinbart haben.
In beiden Fällen werden individuelle Preisabsprachen getroffen, so dass ein Sondervertrag zustande kommt.
Klagt der Versorger und unterliegt der Kunde wegen unfähigem Anwalt, so hat er seine Ansprüche verloren. Ein Rückforderungsrecht oder Schadensersatzanspruch scheidet aus. Unabhängig davon bleibt der Versorger verpflichtet, seinen Tarif später den neuen Gegebenheiten anzupassen.
Lediglich in dem Fall, dass der Versorger klagt, die Unbilligkeit der Preiserhöhung festgestellt wird und er oder der Kunde anschließend die Bestimmung des billigen Preises beantragt, ist ein solcher Tarif auf die anderen Kunden zu übertragen. Ob das allzu oft passieren wird, halte ich für fraglich. Der Versorger sollte kein Interesse daran haben, und dem Kunden bringt es finanzielle Nachteile. Ihn könnte ein altruistisches Interesse an seinen Mitbürgern oder ein revanchistisches Interesse an dem Versorger zu einem solchen Schritt verleiten.
RR-E-ft:
--- Zitat ---Original von reblaus
Klagt der Versorger und das Gericht stellt die Unbilligkeit der Preiserhöhungen fest, ohne dass eine Seite die Bestimmung des billigen Preises beantragt, kann wohl davon ausgegangen werden, dass die Parteien für die Zukunft den zuletzt unstreitigen Preis vereinbart haben.
--- Ende Zitat ---
Die Zahlungsklage des Versorgers wird schon bereits dann (ggf. als derzeit unbegründet) abgewiesen, wenn die Billigkeit nicht nachgewiesen werden kann (BGH VIII ZR 240/90). Für die Zukunft folgt daraus rein gar nichts. Insbesondere wird der Kunde dadurch nicht zum Sondervertragskunden. :D
--- Zitat ---Lediglich in dem Fall, dass der Versorger klagt, die Unbilligkeit der Preiserhöhung festgestellt wird und er oder der Kunde anschließend die Bestimmung des billigen Preises beantragt, ist ein solcher Tarif auf die anderen Kunden zu übertragen.
--- Ende Zitat ---
Dazu kommt es aus v.g. Gründen auch nicht, weil das Gericht schon keine Veranlassung hat, die Unbilligkeit positiv festzustellen. Der Antrag der Zahlungsklage wird antragsgemäß (ggf. als derzeit unbegründet) abgewiesen.
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