Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?

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Black:
@RR-E-ft

Ich hoffe Ihnen ist klar, dass Sie hier bei Ihren juristisch ungeschulten Verbrauchern ein scheinbar glasklares und gefestigtes Bild einer vermeintlichen Rechtslage aufbauen, die aber einzig auf einer von Ihnen vertretenen Mindermeinung beruht, die der BGH in mehrfacher Rechtsprechung nicht geteilt hat.

Münsteraner:
Ich erlaube mir mal zwischendurch den kleinen Hinweis, dass ich meinen Beitrag oben noch ergänzt habe.


--- Zitat ---M.E. braucht man diese Auffassung des 8. Senats gar nicht mal in Frage zu stellen, um zum Ziel einer Überprüfung nach § 315 Abs. 3 BGB (die der 8. Zivilsenat ja verhindern möchte) zu kommen.  

Denn neben der vereinbarten Preishöhe wurde auch dessen implizit zugesicherte Eigenschaft, der nach billigem Ermessen günstigstmögliche zu sein, mitvereinbart. Bei nachträglich aufkommenden Zweifeln an dieser Zusicherung/Mitvereinbarung muss also eine Überprüfung des Anfangspreises nach § 315 Abs. 3 BGB möglich sein. Denn andernfalls würde das Urteil des 8. Zivilsenats den EVU einen Freibrief ausstellen, gegenüber Neukunden der Grundversorgung jederzeit auch unbillige Preise vereinbaren zu können, ohne dass diese (im Gegensatz zu Altkunden) eine Möglichkeit hätten, sich dagegen zur Wehr zu setzen.
--- Ende Zitat ---

Auch von daher wäre eine Ungleichbehandlung gegeben.

RR-E-ft:

--- Zitat ---Original von RR-E-ft

Es gilt ja auch andersrum.

Wenn die Kosten seit der letzten Festsetzung der Allgemeinen Preise zum 01.12.2008 zwischenzeitlich bis zum 01.07. gestiegen waren, der Versorger deshalb die Allgemeinen Preise noch nicht angepasst hatte, so kann die Erhöhung der Allgemeinen Preise auch den Kunden treffen, der den Grundversorgungsvertrag erst zum 01.07.2009 abgeschlossen hatte, und nach dessen Vertragsabschluss die Kosten überhaupt nicht gestiegen waren. Auch dabei steht einer Änderung der Allgemeinen Preise der Grundversorgung am Maßstab der Billigkeit keine Preisvereinbarung entgegen.

Würde man auf ein individuelles Äquivalenzverhältnis abstellen, welches durch einen bei Vertragsabschluss vereinbarten Preis und die Kosten des Versorgers bei Vertragsabschluss und deren Entwicklung nach Vertragsabschluss gebildet wird, welches zu wahren wäre, dann dürften gegenüber dem Kunden, der den Grundversorgungsvertrag erst  zum 01.07.2009 abgeschlossen hatte, hingegen die Allgemeinen Preise nicht mit der Begründung gestiegener Kosten vor dem 01.07.2009  erhöht werden...  

Bei Abschluss eines Grundversorgungsvertrages weiß man als Kunde  indes schon nicht, ob die Kosten seit der letzten Festsetzung der Allgemeinen Preise nun zwischenzeitlich gesunken oder gestiegen sind und ob deshalb gerade eine Berechtigung zur Erhöhung der Preise oder aber eine Verpflichtung zu deren Herabsetzung besteht.  Klar ist nur, dass keinerlei Preisvereinbarung mit einem grundversorgten Kunden daran, nämlich an dem gesetzlichen Recht und der gesetzlichen Pflicht die Allgemeinen Preise am Maßstab der Billigkeit festzusetzen und ggf. anzupassen,  etwas zu ändern vermag.
--- Ende Zitat ---


@Black

Hat der VIII. Zivilsenat denn nunmehr in den Entscheidungen vom 15.07.2009 VIII ZR 225/07 und VIII ZR 56/08 wie schon der Kartellsenat des BGH in dessen Entscheidung vom 29.04.2008 KZR 2/07 eine gesetzliche Verpflichtung festgestellt, die Allgemeinen Tarife (Preise) bei zwischenzeitlich rückläufigen Kosten seit der letzten Preisfestsetzung zugunsten der Kunden herabzusetzen, so wie ich es hier wiedergegeben habe?

reblaus:
Der Versorger ist unzweifelhaft nach § 1 EnWG zu einer günstigen Preisgestaltung verpflichtet. Ich stimme RR-E-ft dahin zu, dass für vergleichbare Abnahmefälle auch nur ein Preis den günstigen Preis darstellen kann, und dieser nicht zwischen Bestands- und Neukunden auseinanderfallen darf. Dadurch ergibt sich, dass es sich bei dem anfänglichen Vertragspreis schon rein rechnerisch um den billigen Preis handeln muss.

Anderenfalls ist unbestreitbar, dass der BGH im Anfangspreis einen vertraglich vereinbarten Preis sieht. Wenn dieses anfängliche Vertragsangebot des Versorgers nun nicht der Billigkeit entspricht, ist dagegen kein Unbilligkeitseinwand möglich. Es ist aber denkbar, dass es sich bei § 1 EnWG um ein Schutzgesetz handelt. Verstößt der Versorger gegen seine gesetzliche Pflicht, steht dem Verbraucher ein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB zu.

Der entscheidende Unterschied zu einer späteren Preisänderung liegt in der Beweislast. Beim Anfangspreis muss der Kunde die Unbilligkeit des Preises beweisen, bei der Preisänderung liegt die Beweislast beim Versorger.

Die Diskussion ob mit anfänglichem Widerspruch überhaupt ein Vertrag zustande kommt, verstehe ich nicht so ganz. Beim gesetzlichen Preisänderungsrecht wird scharf kritisiert, dass die GasGVV keine transparente Regelung getroffen hat, nach der auch Otto Normalverbraucher kapiert, dass und wieso es dieses Preisänderungsrecht gibt. In § 2 GasGVV ist transparent und für jedermann klar nachvollziehbar die Rechtsfolge benannt, die auf Gasentnahme aus dem Netz folgt, und es wird einfach so getan, als gäbe es diese Regelung nicht. Es scheint sich daher nicht so sehr um ein Verständnisproblem bei intransparenten Regelungen zu handeln, sondern eher darum, dass Vorschriften nur dann beachtet werden, wenn sie zum eigenen Vorteil beitragen.

Dass eine solche Rechtsauslegung vor Gericht kein Erfolg beschieden sein sollte, liegt hoffentlich auf der Hand.

nomos:

--- Zitat ---Original von reblaus
Der entscheidende Unterschied zu einer späteren Preisänderung liegt in der Beweislast. Beim Anfangspreis muss der Kunde die Unbilligkeit des Preises beweisen, bei der Preisänderung liegt die Beweislast beim Versorger.
--- Ende Zitat ---
@reblaus, muss nicht jeder einseitig bestimmte Preis der Billigkeit entsprechen?

Ist ein beispielsweise zum 1.9.09 in der Grundversorgung einseitig bestimmter Preis unterschiedlich zu sehen? Davon abhängig, ob es sich um einen Anfangspreis oder einen geänderten Preis handelt?

Was gilt bei einer im Änderungsfall für den einseitig bestimmten Preis zum 1.9.09 festgestellten Unbilligkeit in Bezug auf ein Vertragsverhältnis, das am 1.9.09 begonnen hat? Der Preis, dessen Unbilligkeit festgestellt wurde? Was muss da vom Kunden noch bewiesen werden?

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