Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?

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bolli:

--- Zitat ---Original von Münsteraner
@ bolli

--- Zitat ---Und es bleibt die Frage, wie man in die gesetzliche Grundversorgung kommt, wenn es denn nicht die Ersatzversorgung ist. Da bin ich auf die Abgrenzung auch mal gespannt.
--- Ende Zitat ---

Wenn nach Beendigung des Sondervertrags kein neues Vertragsverhältnis begründet wurde (etwa bei ausdrücklichem Widerspruch, in die Grundversorgung eingestuft zu werden), greift für 3 Monate die Ersatzversorgung. Wird danach noch weiter Gas entnommen, kommt nach § 2 Abs. 2 GasGVV ein Vertragsverhältnis der Grundversorgung zustande.
--- Ende Zitat ---

Womit wir ja wieder bei der Problematik wären, dass einige (natürlich nur unter Berufung auf das BGH-Urteil des 8. Senats  ;) ) behaupten, durch die reine Entnahme käme ein Vertrag zustande, mit dem ich den Sockelpreis anerkenne, dem ich nicht mehr widersprechen kann. Eigene gute Gründe, die mir meine oben aufgezeigte Problematik der unterschiedlichen gesetzlichen Grundversorgungspreise auflösen, können diese Leute aber bisher nicht nennen. Sehr unbefriedigend !

Ich gehe nicht davon aus, dass der Gesetzgeber solche Konstrukte wie EnWG, Gas-/StromGVV u.ä. als Verbraucherschutz und Marktregulierungsinstrumente erlassen hat, um den Verbraucher letztendlich doch vollkommen im Regen stehen zu lassen. Und wenn dem so ist, bleibt das Problem der billigen Preise in der gesetzlichen Grundversorgung, die ich immer noch von einer allgemeinen Grundversorgung (die der Verbraucher freiwillig eingegangen ist), abgrenze, wenn ich diese nicht auch tatsächlich angreifen kann. Danach gäbe es nämlich keinen Unterschied zwischen einer gesetzlichen und einer sonstigen Grundversorgung, da ich letztlich bei beiden den Preissockel nicht angreifen könnte, mit den von mir oben schon mal beschriebenen Konsequenzen.

Das erscheint mir nicht logisch.

Und einfach auf einen anderen Energieträger umsteigen kommt natürlich aus Kostengründen auch nicht in Frage.

Bei der Ersatzversorgung ist bei mir auch noch offen, ob diese automatisch greift oder vom EVU angekündigt und begrenzt werden muss.

RuRo:

--- Zitat ---Original von reblaus
Müsste der anfängliche Vertragspreis der Billigkeit entsprechen, könnte jedermann mit Aussicht auf Erfolg gegen diesen Preis den Einwand der Unbilligkeit erheben. Dann würden wir hier gar nicht diskutieren. Der BGH hat aber entschieden, dass der anfängliche Preis ein vertraglich vereinbarter Preis ist.
--- Ende Zitat ---

Sie meinen wohl diese Entscheidung:
BGH vom 13.06.07

Darin ging es nicht um den hier geschilderten Sachverhalt eines von Vertragsbeginn an geführten Unbilligkeitseinwands.

jroettges:
@RuRo

Der Link zeigt auf das BGH-Urteil vom 13.06.2007.
Welches Urteil meinten Sie wirklich?

bolli:

--- Zitat ---Original von RuRo

Sie meinen wohl diese Entscheidung:
BGH vom 13.07.09

Darin ging es nicht um den hier geschilderten Sachverhalt eines von Vertragsbeginn an geführten Unbilligkeitseinwands.
--- Ende Zitat ---

Das verlinkte Urteil ist o.k., nur das Datum im Text nicht.

Das Problem ist aber, dass die Befürworter der Preissockeltheorie argumentieren, bereits durch die Entnahme von Gas würde man einen Vertrag eingehen und den zu diesem Zeitpunkt geltenden Preissockel akzeptieren.
Der BGH hat dazu in obiger Entscheidung zwar auch etwas gesagt, hat aber darauf abgestellt, dass der Gasversorger keine Monopolstellung habe und sich auf dem Wärmemarkt in einem Substitutionswettbewerb befinde. Somit sei § 315 BGB auf den Preissockel nicht anwendbar.

Dem gegenüber hat der XI. Senat (Kartellsenat) des BGH eine Monopolstellung eines örtlichen Grundversorgung in seinem Urteil vom 10.12.2008 - XI  KVR 2/08 siehe auch hier noch einmal bejaht, was er auch schon in seiner Entscheidung vom 25.07.2007  -  XI KZR 33/06 siehe auch hier schon einmal so geäußert hatte.

Der 8. Senat wiederum hat in seiner Entscheidung vom 19.11.2008 - VIII ZR 138/07 siehe auch hier auf einmal (nachdem man sich wohl bewusst geworden ist, dass die Sache mit der Monopolstellung etwas schwach ist) entschieden, dass es auf eine Monopolstellung gar nicht ankomme, da eine Prüfung nach § 315 BGB nicht im Sinne des Gesetzgebers gewesen sei, weil dieser keine staatliche Preiskontrolle vorgesehen habe.

Man sieht also, da geht es \'rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln\' oder \'wer will noch mal, wer hat noch nicht\'.

Ich gehe mal davon aus, dass hier das letzte Wort noch nicht gesprochen ist, egal wie es denn letztlich ausgeht.

RR-E-ft:
Gerade dann wenn einer Partei ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht zusteht, ist eine Preisvereinbarung für einen wirksamen Vertragsabschluss nicht notwendig. Im Bereich der  Grundversorgung besteht ein gesetzliches Preisbestimmungsrecht. Die Allgemeinen Tarife werden gegenüber allen Kunden gleichermaßen einseitig festgesetzt. Siehe hier.

Viele Versorger bieten verschiedene Allgemeine Tarife nebeneinander an und ordnen die grundversorgten Kunden nach Vertragsabschluss nach Kriterien, die oft erst weit nach Vertragsabschluss feststehen, in einen der nebeneinander bestehenden Allgemeinen Tarife ein.

Als Beispiel seien die Basistarife I und II der Oldenburger EWE genannt. Basistarif I und II unterscheiden sich zB. hinsichtlich des verbrauchsunabhängigen Grundpreises, also des Preisbestandteils, der auch dann zu zahlen ist, wenn im maßgeblichen Verbrauchszeitraum gar kein Gas entnommen wurde. Maßgeblich für die Einordnung in einen der nebeneinander bestehenden Allgemeinen  Tarife ist wohl die Jahresabnahmemenge, auf welche jedoch schon  dann nicht (zutreffend) abgestellt werden kann, wenn der Grundversorgungsvertrag wenige Monate nach seinem Zustandekommen durch ordnungsgemäße Kündigung (des Kunden) beendet wird. Diejenigen Gaskunden, die nur mit Gas heizen, mögen in den Sommermonaten regelämßig gar kein Gas beziehen und somit weniger Gas als Kunden, die mit Gas kochen. Im Jahresdurchschnitt liegt freilich der Gasverbrauch von Kunden, die ausschließlich mit Gas heizen, regelmäßig weit höher als bei Gaskunden, die nur mit Gas kochen.

Die Oldenburger EWE hatte zum 01.10.2004 die bis dahin bestehenden Allgemeinen Tarife Kleinstverbrauchstarif K und Grundpreistarif G durch einen vollkommen neuen Basistarif BT ersetzt. Fraglich, auf welchen Preis sich ein Tarifkunde mit diesem Unternehmen geeinigt haben sollte, dessen Tarifvertrag allein durch Gasentnahme am 27.09.2004 gem. § 2 Abs. 2 AVBV zustande kam.  

Demnach bleibt für den Kunden bei Abschluss eines Grundversorgungsvertrages ohne konkreten Vereinbarung eines bestimmten Tarifs vollkommen offen, welcher Preis am Ende geschuldet sein soll, insbesondere wenn der Grundversorgungsvertrag Anfang  Juli abgeschlossen und bereits Ende des folgenden Monats August durch Kündigung beendet wird. Die entsprechende Schuld ergibt sich dabei erst dadurch, dass der Grundversorger den Kunden nach Vertragsabschluss einseitig in einen von mehreren nebeneinander bestehenden, vom Versorger einseitig festgelegte Allgemeinen Tarifen einordnet, die der Versorger auch einseitig abändern kann, möglicherweise sogar durch eine vollkommen neue Tarifstruktur ersetzen kann.

Obschon sich die Parteien bei Vertragsabschluss wohl ersichtlich noch nicht auf einen konkreten Preis (Allgemeinen Tarif) geeinigt haben, kommt gleichwohl ein Grundversorgungsvertrag wirksam zustande, eben weil es aufgrund des bestehenden gesetzlichen Leistungsbestimmungsrechts des Grundversorgers für den wirksamen Vertragsabschluss nach den einschlägigen gesetzlichen Regelungen gar keiner Preisvereinbarung bedarf. Demgegenüber vertreten einige die Ansicht, ein Grundversorgungsvertrag könne überhaupt nur dann wirksam zustande kommen, wenn sich der Kunde bereits bei Vertragsabschluss mit dem Grundversorger auf einen Preis einigt. Die notwendige Einigung schließe die Billigkeitskontrolle des Preises, auf den man sich dabei geeinigt hat, aus.

Da bei Sonderverträgen von Anfang an kein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht besteht, kommt ein Sondervertrag hingegen nur dann wirksam zustande, wenn die Parteien entweder einen bestimmten Gaspreis vereinbaren (sich auf einen solchen einigen)  oder aber ausdrücklich vertraglich vereinbaren, dass der Lieferant (erst) nach Vertragsabschluss die Leistung bestimmen soll, was zur unmittelbaren Anwendung von § 315 Abs. 1 und 3 BGB führt.

Besteht ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht, ist § 315 BGB unmittelbar anwendbar.

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