Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Festpreis- Modelle pro und contra  (Gelesen 23659 mal)

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Offline Black

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Festpreis- Modelle pro und contra
« Antwort #30 am: 27. Juli 2009, 10:02:14 »
Der \"Tod\" der Preisänderung zugunsten von Festpreisverträgen ist eine Folge des \"Preisprotestes\". Viele gerade kleinere EVU sind nicht mehr Willens das Risiko zu tragen, nach  Jahren per Richterschluss die Nichtigkeit ihrer Preisklausel bescheinigt zu bekommen und dann unter Umständen sämtliche Anpassungen wieder an Kunden auskehren zu müssen.

Durch das aktuelle Urteil des BGH zur Übernahme des gesetzlichen Preisanpassungsrechtes könnte dieser Trend allerdings gemindert werden.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline jroettges

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Festpreis- Modelle pro und contra
« Antwort #31 am: 27. Juli 2009, 10:33:21 »
Zitat
@Black schrieb:

Durch das aktuelle Urteil des BGH zur Übernahme des gesetzlichen Preisanpassungsrechtes könnte dieser Trend allerdings gemindert werden.

... daher noch mal meine höfliche Anfrage an Sie: Wo kann man das \"gesetzliche Preisanpassungerecht\" nachlesen?

@All

Es ist wohl offensichtlich so, dass eine Riege von Versorgeranwälten auf RA Fricke angesetzt worden ist und jeden seiner Sätze zerpflückt.

Das tut er zwar selbst gern und oft genug mit den Beiträgen von uns juristischen Laien, das Trommelfeuer der letzten Wochen spricht aber für sich.

Da man befürchten muss, dass jedes Wort auf der juristischen Goldwaage zu leicht befunden wird, halten sich viele Forenteilnehmer zurück. Mir geht es zumindestens so.

Dabei ist der offene Austausch von Argumenten und Meinungen in diesem Forum doch das eigentliche Ziel im Rahmen des Preisprotestes.

So wie die juristischen Laien keinen Zugang zu bestimmten Bereichen des Forums haben, sollten sich die Götter, Könige und Routiniers selbst beschränken, bevor das Forum totgeredet ist.

Diese juristischen Scharmützel über ungelegte Eier gehen auf den Geist.

Nur immer das rechte und letzte Wort zu haben, macht auf die Dauer einsam.

Offline RuRo

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Festpreis- Modelle pro und contra
« Antwort #32 am: 27. Juli 2009, 10:52:22 »
@Black
Da muss man erst mal drauf kommen.

Die Festpreisangebote der Versorger haben eine zeitlich weit längere Tradition als der Preisprotest. Letztlich ist es Zockerei auf beiden Seiten. Wer sich darauf einlässt, braucht dann auch nicht jammern. Dem Verbraucher wird es evtl. in einem lauen Winter mit Preissenkungen für variable Tarife bewusst, dass er sich verzockt hat. Der Versorger wird auf dem vereinbarten Preis bestehen und bringt den Makel des \"über den Tisch ziehen\" nur mit Mühe wieder los, schüttelt sich und behält das Geld.

Das aktuelle Urteil des BGH, welches sich so \"nebenbei\" mit der Übernahme des gesetzlichen Preisanpassungsrechts beschäftigt hat, könnte allerdings zum Waterloo der Versorger werden.

Fair wäre es, wenn sich die stärkere Partei im Energiepreisspiel auf die Grundprinzipien des § 1 Abs. 1 EnWG besinnen würde. Die \"Hinterfotzigkeiten\", wie man auf gut bayerisch zu sagen pflegt, der Beliebigkeit gegen die Vertragspartner auf der anderen Seite könnten so ein gütliches Ende finden.
Leiderln hoits z\'sam, sonst gehts nimma recht lang

Offline reblaus

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Festpreis- Modelle pro und contra
« Antwort #33 am: 27. Juli 2009, 11:32:33 »
@Black
Zitat
Original von Black Der \"Tod\" der Preisänderung zugunsten von Festpreisverträgen ist eine Folge des \"Preisprotestes\". Viele gerade kleinere EVU sind nicht mehr Willens das Risiko zu tragen, nach Jahren per Richterschluss die Nichtigkeit ihrer Preisklausel bescheinigt zu bekommen und dann unter Umständen sämtliche Anpassungen wieder an Kunden auskehren zu müssen.
Jetzt kommen mir aber gleich die Tränen. Die kleinen EVU\'s wurden wohl alle gezwungen diese ganzen \"kann\"-Bestimmungen in ihre Verträge reinzuschreiben. Die wollten doch möglichst flexibel mit ihren Preisen machen, wonach ihnen gerade der Sinn stand. Dass das nicht sonderlich fair war, hätte auch vor Jahren schon auffallen können. Dann hätte man die Klauseln einer kritischen Eigenprüfung unterziehen können, und wäre leicht zu der Feststellung gelangt, dass das vor dem BGH möglicherweise keinen Bestand haben könnte.

Wer danach trachtet seine Kunden zu übervorteilen, muss damit rechnen dass zu Unrecht eingezogene Beträge zurückgefordert werden. Im übrigen ist das Rückforderungsrecht aus ungerechtfertigter Bereicherung soweit beschränkt, dass eine Rückforderung ausgeschlossen ist, wenn die Bereicherung weggefallen ist. Das ist alles schön ausgewogen und transparent gestaltet. Für Krokodilstränen besteht kein Anlass.

Mitleid mit dem Dieb, der das gestohlene Gut zurückgeben muss, habe ich nicht.

Zitat
Original von jroettges Es ist wohl offensichtlich so, dass eine Riege von Versorgeranwälten auf RA Fricke angesetzt worden ist und jeden seiner Sätze zerpflückt.
Ich denke nicht dass Ihnen Ronny oder ich Anlass gegeben hätten, diese Aussage auf unsere Personen zu beziehen. Es nutzt Ihnen als Verbraucher aber nichts, wenn Sie nur die für die Verbraucher günstige Meinung vorgetragen bekommen, weil Sie dann Ihr Prozessrisiko nicht einschätzen können.

Zitat
Original von jroettges Da man befürchten muss, dass jedes Wort auf der juristischen Goldwaage zu leicht befunden wird, halten sich viele Forenteilnehmer zurück. Mir geht es zumindestens so.

Dabei ist der offene Austausch von Argumenten und Meinungen in diesem Forum doch das eigentliche Ziel im Rahmen des Preisprotestes.
Dies ist aber ein Problem des unterschiedlichen Kenntnisstandes. Fundierte Kenntnisse der Rechtswissenschaften gehören nunmal nicht zur Allgemeinbildung. Sie sollten das aber ganz gelassen sehen. Ich habe vom Fachwissen in Ihrem Beruf mindestens so wenig Ahnung wie Sie von meinem.

Zitat
Original von RuRo Das aktuelle Urteil des BGH, welches sich so \"nebenbei\" mit der Übernahme des gesetzlichen Preisanpassungsrechts beschäftigt hat, könnte allerdings zum Waterloo der Versorger werden.
Ganz meine Meinung. Aber bringen Sie das mal RR-E-ft bei.

Offline Black

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Festpreis- Modelle pro und contra
« Antwort #34 am: 27. Juli 2009, 13:31:11 »
Zitat
Original von reblaus

Wer danach trachtet seine Kunden zu übervorteilen, muss damit rechnen dass zu Unrecht eingezogene Beträge zurückgefordert werden. Im (...) Für Krokodilstränen besteht kein Anlass.

Mitleid mit dem Dieb, der das gestohlene Gut zurückgeben muss, habe ich nicht.

Sie lassen dabei außer acht, dass eine Nichtigkeit nach § 307 BGB auch denjenigen Versorger trifft, der seine Preise fair kalkulieren will, aber eine falsch formulierte Klausel gewählt hat.

Der Vergleich mit einem Dieb ist daher unangebracht.

Im übrigen ist der Übergang zu Festpreisverträgen keine emotionale Sache, sondern einfach eine Marktumstellung, über die auf Versorgerseite niemand Tränen vergießt.

@RuRo

Interessant, dass Sie scheinbar bereits eine normale Geschäftskalkulation, inklusive der Risikoabwägung von möglichen Ausfällen (milder Winter etc.)als \"Zockerei\" verdammen.
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Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RuRo

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« Antwort #35 am: 27. Juli 2009, 13:32:34 »
@reblaus

Ich habe es so verstanden (gelesen, eigene Meinung gebildet), dass der VIII. Zivilsenat des BGH, ohne Notwendigkeit in einer Randbemerkung eine Rechtsauffassung geäußert hat, die für den zu entscheidenden Fall (GASAG) rechtlich ohne Belang war! Nach dem Motto: \"Herr Lehrer ich weiß was – auf dem Sch...haus brennt Licht. Darf ich\'s aus machen?\"

Ich denke, dass ist es, was auch in meinen Augen, zu Recht von RR-E-ft kritisiert und als \"Skandal\" tituliert wird.

Ich empfinde es persönlich auch so, dass die 3. Gewalt teilweise eine Haltung einnimmt, die nicht gerade zum Vorteil der schwächeren (rechtlich nicht bewanderten) Vertragspartei neigt. Warten wir mal ab, was aus der Revision zum Urteil des OLG Düsseldorf wird.

Im Gegenteil, demjenigen, dem im täglichen Rechtsleben eine gewisse Erfahrung und Bewandertheit zu unterstellen wäre, wird auch noch die \"Gehhilfe\" mitgegeben.

Es scheint auch so, dass es ggf. auch nur regional bedingt, eine ausgeprägtere \"Hau drauf\"-Mentalität gibt.

Fragen Sie mal Verbraucheranwälte, denen unverhohlen der Umfang der Klageerwiderung in der mündlichen Verhandlung \"um die Ohren gehauen\" wird, wo es doch nur um Peanuts geht (Damit ist offenbar die Erwachsenheitssumme der Streitgenossen gemeint, für die sich der Verbrau-cheranwalt so verausgabt hat, ohne einen daraus resultierenden erquicklichen Ertrag geltend machen zu können).
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Offline Black

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« Antwort #36 am: 27. Juli 2009, 13:38:14 »
Zitat
Original von RuRo
@reblaus

Ich habe es so verstanden (gelesen, eigene Meinung gebildet), dass der VIII. Zivilsenat des BGH, ohne Notwendigkeit in einer Randbemerkung eine Rechtsauffassung geäußert hat, die für den zu entscheidenden Fall (GASAG) rechtlich ohne Belang war! Nach dem Motto: \"Herr Lehrer ich weiß was – auf dem Sch...haus brennt Licht. Darf ich\'s aus machen?\"

Ich denke, dass ist es, was auch in meinen Augen, zu Recht von RR-E-ft kritisiert und als \"Skandal\" tituliert wird.

Interessanter Ansatz. Die Frage ob eine solche Übernahme möglich sei war bislang ungeklärt und daher umstritten.

Nur weil der BGH diese Frage nun (nicht in Ihrem Sinne) beantwortet hat, soll darin ein Skandal liegen? Als wäre es ein Grundrecht eine ungeklärte Rechtsfrage bitteschön weiterhin ungeklärt zu lassen um seine eigene Auffassung weiter vertreten zu können.

Zitat
Original von RuRo
Es scheint auch so, dass es ggf. auch nur regional bedingt, eine ausgeprägtere \"Hau drauf\"-Mentalität gibt.

Fragen Sie mal Verbraucheranwälte, denen unverhohlen der Umfang der Klageerwiderung in der mündlichen Verhandlung \"um die Ohren gehauen\" wird, wo es doch nur um Peanuts geht (Damit ist offenbar die Erwachsenheitssumme der Streitgenossen gemeint, für die sich der Verbrau-cheranwalt so verausgabt hat, ohne einen daraus resultierenden erquicklichen Ertrag geltend machen zu können).

Jetzt kommen MIR aber gleich die Tränen...
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Offline Ronny

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« Antwort #37 am: 27. Juli 2009, 14:20:45 »
@ RuRo

Zitat von RuRo
Zitat
Ich habe es so verstanden (gelesen, eigene Meinung gebildet), dass der VIII. Zivilsenat des BGH, ohne Notwendigkeit in einer Randbemerkung eine Rechtsauffassung geäußert hat, die für den zu entscheidenden Fall (GASAG) rechtlich ohne Belang war! Nach dem Motto: \"Herr Lehrer ich weiß was – auf dem Sch...haus brennt Licht. Darf ich\'s aus machen?\"

Ich denke, dass ist es, was auch in meinen Augen, zu Recht von RR-E-ft kritisiert und als \"Skandal\" tituliert wird.
Die Alternative zu der (von Herrn Fricke in einem - zugegebenermaßen schicken - Wortspiel \"obiter dicta-tur\" genannten) vom BGH gewählten Verfahrensweise hätte doch darin bestanden, dass der BGH jede Klausel, die aus seiner Sicht nicht wirksam gewesen wäre, abgelehnt hätte, bis nach einigen Monaten oder eher Jahren mal zufällig eine Klausel zur Entscheidung angestanden hätte, die er akzeptiert hätte.

Da erscheint es doch viel sinnvoller, einen Weg vorzugeben, der eine Preisanpassung möglich macht. Insofern bestand und besteht eine große Notwendigkeit für das Vorgehen des BGH.

Es ist nun auch wahrhaftig nicht so, dass ein obiter dictum rechtlich unzulässig oder nicht bindend ist.

Mit der Aussage des BGH selbst kann man einverstanden sein oder auch nicht, aber die Entscheidungen des höchsten deutschen Zivilgerichtes wird man wohl zu akzeptieren haben.

Die große Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Wirksamkeit der Preisanpassungsklauseln ist doch nur für die Cleverles interessant, die darauf hoffen, dass sie auf immer und ewig die Preise von 2005 weiterzahlen können.

Jeder Kunde, der sich von seinem Versorgungsunternehmen hintergangen fühlt, weil er befürchtet, dass es überhöhte Preise nimmt, kann entweder einen anderen Versorger wählen oder ein Festpreisangebot oder beides zusammen.

Offline Ronny

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« Antwort #38 am: 27. Juli 2009, 15:04:16 »
@ jroettges

Das Recht zur einseitigen Preisanpassung in Grundversorgungsverträgen ergibt sich nach dem Urteil des BGH vom 13.06.2007 aus § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV. In Randnummer 14 und 15 hat der BGH klargestellt:

Zitat
14 aa) Ein Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB kann einer Vertragspartei nicht nur durch vertragliche Vereinbarung, sondern auch durch Gesetz eingeräumt werden (BGHZ 126, 109, 120 zu § 12 Abs. 3 Gesetz über Arbeitnehmererfindungen; Palandt/Grüneberg, BGB, 66. Aufl., § 315 Rdnr. 4; Soergel/Wolf, BGB, 12. Aufl., § 315 Rdnr. 29; Bamberger/ Roth/Gehrlein, BGB, 2003, § 315 Rdnr. 3; Staudinger/Rieble, BGB (2004), § 315 Rdnr. 255; Erman/Hager, BGB, 11. Aufl., § 315 Rdnr. 10).

15 So verhält es sich hier. Die Beklagte hat als Energieversorgungsunternehmen, das die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern durchführt, allgemeine Tarife für die Versorgung in Niederdruck öffentlich bekannt zu geben und zu diesen Tarifen jedermann an ihr Netz anzuschließen und zu versorgen, (§ 10 Abs. 1 des hier anwendbaren Energiewirtschaftsgesetzes vom 24. April 1998, BGBl. I S. 730, EnWG 1995). Ferner gilt für die von der Beklagten zum 1. Oktober 2004 vorgenommene Preiserhöhung § 4 Abs. 1 und 2 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden vom 21. Juni 1979 (BGBl. I S. 676, AVBGasV; vgl. nunmehr § 5 Abs. 2 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung mit Gas aus dem Niederdrucknetz vom 26. Oktober 2006, BGBl. I S. 2396, i. V. m. § 39 Abs. 2 des Energiewirtschaftsgesetzes vom 7. Juli 2005, BGBl. I S. 1970, EnWG 2005). Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AVBGasV stellt das Gasversorgungsunternehmen zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen Gas zur Verfügung. Änderungen der allgemeinen Tarife werden gemäß § 4 Abs. 2 AVBGasV nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam.

Das klingt erst einmal recht verbindlich.

Vor dem VIII. Zivilsenat ist allerdings noch das Verfahren des OLG Oldenburg vom 05.09.2008 - 12 U 49/07 anhängig, in welchem das OLG die Regelung des § 4 AVBGasV nicht als ausreichende Anspruchsgrundlage angesehen hat. Dieses Verfahren ist allerdings schon lange vor dem Urteil vom 15.07.2009 anhängig gewesen.

Jeder mag für sich selbst entscheiden, wie wahrscheinlich es ist, dass der BGH § 4 AVBGasV für eine unzureichende Anspruchsgrundlage hält, wenn er sich mit seinem obiter dictum im Urteil vom 15.07.2009 in Kenntnis des anhängigen Verfahrens des OLG Oldenburg schon so weit aus dem Fenster lehnt, dass der eine Klausel mit dem Wortlaut des § 4 AVBGasV für zulässig erklärt.

Ich möchte ausdrücklich anregen, dass jeder sich seine eigenen Gedanken macht und nicht blind Herrn Fricke (oder eventuell mir) glaubt.

Offline nomos

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« Antwort #39 am: 27. Juli 2009, 15:20:42 »
Zitat
Original von Ronny
.......
Da erscheint es doch viel sinnvoller, einen Weg vorzugeben, der eine Preisanpassung möglich macht. Insofern bestand und besteht eine große Notwendigkeit für das Vorgehen des BGH.
    @Ronny, richtig ist, dass es einen Weg geben muss,
faire Preise fair an die Kostenentwicklung anzupassen. Hier ist zuerst der Gesetz- und Verordungsgeber aufgerufen und nicht ein Gericht.[/list]
Zitat
Original von Ronny
Es ist nun auch wahrhaftig nicht so, dass ein obiter dictum rechtlich unzulässig oder nicht bindend ist.

Mit der Aussage des BGH selbst kann man einverstanden sein oder auch nicht, aber die Entscheidungen des höchsten deutschen Zivilgerichtes wird man wohl zu akzeptieren haben.
    @Ronny, das ist so eine Sache mit der Akzeptanz. Wie die Erfahrungen zeigen, gibt es nicht selten mehrerer Entscheidungen aus der selben Institution die nicht miteinander im völligen Einklang stehen und daher weiter umstritten bleiben.

    Daher auch hier nochmal, ich sehen einen dringenden Handlungsbedarf für der Gesetz- und Verordnungsgeber!
Zitat
Original von Ronny
Die große Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Wirksamkeit der Preisanpassungsklauseln ist doch nur für die Cleverles interessant, die darauf hoffen, dass sie auf immer und ewig die Preise von 2005 weiterzahlen können.
    @Ronny, das ist jetzt eine unfeine Unterstellung. Ich denke, kein vernünftiger Verbraucher hat etwas gegen eine faire Preisanpassungsregelung. Das was hier aber an Klauseln vorgegeben wurde, entsprach eben nicht der Fairness, was ja ebenfalls von deutschen Zivilgerichten schon festgestellt wurde und da sind wir dann wieder bei der Akzeptanz. Clever wollten mit solchen Klauseln wohl eher die Versorger oder deren juristische Berater sein, um sich damit die Einseitigkeit so weit wie möglich zu sichern.
Zitat
Original von Ronny
Jeder Kunde, der sich von seinem Versorgungsunternehmen hintergangen fühlt, weil er befürchtet, dass es überhöhte Preise nimmt, kann entweder einen anderen Versorger wählen oder ein Festpreisangebot oder beides zusammen.
    @Ronny, schön wäre es, wenn die Situation die ausreichende Wahl unter fairen Versorgern ermöglichen würde. Sie wissen genau, dass wir davon noch weit entfernt sind, insbesondere beim Gasmarkt. Versorger bieten hier oft ihre \"kundenfreundliche Beratung\" an. Gerade beim Angebot von Festpreisverträgen zeigt die Erfahrung, dass man überiwiegend nur den eigenen Vorteil im Blick hat. Jeder Verbraucher ist gut beraten, sich seine eigene Rechnung und sein eigenes Bild zu machen. Lieber variable und faire Wettbewerbspreise als Festpreise, die den Wettbewerb eher behindern und die aufgrund der Bedingungen in aller Regel vorrangig dem Versorger Vorteile bringen.
Zitat
Original von Ronny
Ich möchte ausdrücklich anregen, dass jeder sich seine eigenen Gedanken macht und nicht blind Herrn Fricke (oder eventuell mir) glaubt.
    Das sowieso!  Hilfreich ist dazu der Informations- und Meinungsaustausch (fast immer). Daher gilt der Dank an alle die dazu beitragen.

    Nicht einseitig informieren und dann eigene Gedanken machen! ;)
    .. und dann hoffentlich die richtigen Entscheidungen treffen.

Offline Ronny

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« Antwort #40 am: 27. Juli 2009, 16:25:32 »
@ nomos

Zitat
@Ronny, richtig ist, dass es einen Weg geben muss, faire Preise fair an die Kostenentwicklung anzupassen. Hier ist zuerst der Gesetz- und Verordungsgeber aufgerufen und nicht ein Gericht.
Auch ich hätte es sehr viel lieber, wenn der Gesetzgeber die Preisanpassungsregelungen klarer formuliert hätte und das auch für Kunden außerhalb der Grundversorgung. Aber unser aller Rufe wurden bisher nicht erhört.

Zitat
@Ronny, das ist jetzt eine unfeine Unterstellung. Ich denke, kein vernünftiger Verbraucher hat etwas gegen eine faire Preisanpassungsregelung. Das was hier aber an Klauseln vorgegeben wurde, entsprach eben nicht der Fairness, was ja ebenfalls von deutschen Zivilgerichten schon festgestellt wurde und da sind wir dann wieder bei der Akzeptanz. Clever wollten mit solchen Klauseln wohl eher die Versorger oder deren juristische Berater sein, um sich damit die Einseitigkeit so weit wie möglich zu sichern.
Naja, ich bin eher der Auffassung, man hat sich bei der Formulierung der Klauseln keine großen Gedanken gemacht, weil man die Wirkungen des AGB-Rechtes außerhalb der Grundversorgung schlicht nicht bedacht hat. Aber ich kann nicht Gedankenlesen, was anderen bei der Klauselgestaltung durch den Kopf gegangen ist.

Zitat
@Ronny, schön wäre es, wenn die Situation die ausreichende Wahl unter fairen Versorgern ermöglichen würde...
Dann nehmen Sie halt den billigsten und wechseln, wenn ein anderer billiger ist. Von anderen Lieferanten verlangt auch niemand Fairness. Von Ihnen verlangt auch niemand Fairness oder Treue gegenüber Ihrem Lieferanten.

Und: Auch mit der schönsten Preisanpassungsklausel wissen Sie doch trotzdem nicht, ob der Versorger sich an seine Klausel gehalten hat. Die Einrede der Unbilligkeit in allen Ehren, aber das ist doch eine sinnlose Sackgasse. Wer soll denn das kontrollieren? (Sehr interessantes Urteil dazu übrigens vom AG Regensburg: Negative Amtsgerichtsurteile in Regensburg) Und dem Wettbewerb hilft es erst recht nichts.

Also: Wechseln Sie den Versorger! In Ihrem Interesse und im Interesse der Allgemeinenheit an fairen Gaspreisen!

Offline nomos

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« Antwort #41 am: 27. Juli 2009, 16:53:54 »
Zitat
Original von Ronny
Naja, ich bin eher der Auffassung, man hat sich bei der Formulierung der Klauseln keine großen Gedanken gemacht, weil man die Wirkungen des AGB-Rechtes außerhalb der Grundversorgung schlicht nicht bedacht hat. Aber ich kann nicht Gedankenlesen, was anderen bei der Klauselgestaltung durch den Kopf gegangen ist.
    Das wäre aber schon ein Armutszeugnis, wenn sich die Juristen der Versorger bei der Formulierung keine Gedanken gemacht hätten.
Zitat
Original von Ronny
...
Von anderen Lieferanten verlangt auch niemand Fairness. Von Ihnen verlangt auch niemand Fairness oder Treue gegenüber Ihrem Lieferanten.
    Aber aber, wer verlangt keine Fairness? Das sehe ich nicht so! Treue weniger, aber wenn es sich lohnt und auf Gegenseitigkeit beruht, dann .. . Man kann ja z.B.  einen Treuerabatt gewähren, wie man im Forum schon diskutiert hat. Wäre auch gerechtfertigt, treue Kunden verursachen weniger Kosten. Es gibt auch Bindung außerhalb juristischer Vertragsformulierungen, in der Regel sind diese streitfreier und dauerhafter.
Zitat
Original von Ronny
Und: Auch mit der schönsten Preisanpassungsklausel wissen Sie doch trotzdem nicht, ob der Versorger sich an seine Klausel gehalten hat. Die Einrede der Unbilligkeit in allen Ehren, aber das ist doch eine sinnlose Sackgasse. Wer soll denn das kontrollieren? (Sehr interessantes Urteil dazu übrigens vom AG Regensburg: Negative Amtsgerichtsurteile in Regensburg) Und dem Wettbewerb hilft es erst recht nichts.
    Ja, sie haben recht, die Klausel allein reicht nicht! Die Fairness der Preisanspassungsklausel ist selbstverständlich nachzuweisen.  Auch das könnte der Gesetz- und Verordnungsgeber eindeutig regeln und wirksame Instrumente dafür bereitstellen. Die Einrede wegen Unbilligkeit könnte man sich dann sparen.

    ... und man muss sich nach Kenntnisnahme nicht mit jedem Amtsgerichtsurteil weiter beschäftigen. Das hier ist eher ein Muster ohne Wert. ..

    Ich empfehle schon lange, die gebotenen Wechselmöglichkeiten zu nutzen und praktiziere das auch. Nur so wird das Pflänzchen Wettbewerb wachsen.

Offline reblaus

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« Antwort #42 am: 27. Juli 2009, 19:07:43 »
@Black
Das Gleichnis mit dem Dieb ist sicherlich nicht auf jeden Versorger anwendbar, aber mit Sicherheit auf die Mehrheit. Insoweit nehme ich Ihre Kritik zu Herzen und schließe die anständigen Kaufleute ausdrücklich von meinen Unflätigkeiten aus.

Es mag auch sein, dass viele Versorger sich in der Vergangenheit keinerlei Gedanken über die Ausformulierung ihrer Preisanpassungsklauseln gemacht haben. Wenn aber der Geschäftsführer mehr Gedanken auf das Ausstattungspaket seines Dienstwagens als auf die Ausgestaltung seiner Kundenverträge verwendet, ist das sein Problem und nicht meines. Da stellt sich für die Eigentümer die Frage, ob der Herr nicht einfach überbezahlt und unterqualifiziert für seine Tätigkeit war oder ist. Von einem Kaufmann ist mehr rechtliche Sorgfalt zu erwarten als vom Normalbürger.

Am Rande bemerkt haben auch die oben zitierten Goldgas Stadtwerke (das sind gar keine Stadtwerke) trotz neuer AGB eine \"kann\"-Klausel eingefügt. Ich habe mit denen einen Vertrag geschlossen, und beabsichtige nicht diese Schwäche auszunutzen.

Wer mit seinen Kunden in der Vergangenheit ordentlich umgegangen ist, der wird auch nicht verklagt (von Querulanten und Cleverles mal abgesehen).

Offline RuRo

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« Antwort #43 am: 27. Juli 2009, 22:08:09 »
Zitat
Original von Black
Jetzt kommen MIR aber gleich die Tränen...

Das wollte ich nun wirklich nicht. Sie haben es auch falsch aufgefaßt.

Es gibt mind. drei Forums-Mitglieder, die live erlebt haben, dass ein bayer. Landgerichtsrichter, einem Verbraucheranwalt weit nach Ende der mündlichen Verhandlung, dass vorbereitete Urteil eines anderen Verfahrens, mit der Bemerkung unter die Nase hält: \"Das ist ein Streitwert ...\"

Was in diese Handlung und Äußerung alles hinein interpretiert werden kann, bleibt der Phantasie jedes Einzelnen überlassen.

Zitat
Original von Ronny
Jeder Kunde, der sich von seinem Versorgungsunternehmen hintergangen fühlt, weil er befürchtet, dass es überhöhte Preise nimmt, kann entweder einen anderen Versorger wählen oder ein Festpreisangebot oder beides zusammen.

Sie sind wohl kein Heizgas-Kunde?! Sie verkennen dabei den zeitlichen Zusammenhang. In 2004 ging es nämlich nicht, in 2005 auch nicht, Ende 2006 evtl., in 2007 möglicherweise zu einem \"installierten\" Wettbewerber. Seit 2008 steigen die Chancen einer wirklichen Alternativ-Belieferung.

Zitat
Original von Ronny
Auch ich hätte es sehr viel lieber, wenn der Gesetzgeber die Preisanpassungsregelungen klarer formuliert hätte und das auch für Kunden außerhalb der Grundversorgung.

Innerhalb der Grundversorgung ist wohl alles geregelt. Außerhalb der Grundversorgung sollte die Vertragsfreiheit wohl Vorrang vor dem gesetzgeberischen Korsett haben. Konnte ja keiner wissen, dass es auch böse Buben gibt, die die Unbedarftheit des Kunden über Gebühr strapazieren. Das Risiko der unwirksamen Klausel trägt deren Verwender deshalb zu Recht.
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Offline RR-E-ft

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« Antwort #44 am: 30. Juli 2009, 18:13:34 »
@reblaus

Ich bleibe bei meiner Unterscheidung der Letztverbraucher- Energielieferungsverträge.

Dass es sich bei allen gängigen Energielieferungeverträgen um Warentermingeschäfte handeln soll, bezweifle ich. In vielen Energielieferungsverträgen besteht schon keine Abnahmeverpflichtung des Kunden. Ein Bezugsvertrag schafft deshalb für den Kunden in der Regel nur die Option,  bei dem Lieferanten, mit dem er einen Liefervertrag abgeschlossen hatte, Energie zu bestimmten Bedingungen zu beziehen. Wer einen Strom- oder Gasliefervertrag abgeschlossen hat, ist deshalb zumeist nicht verpflichtet, Strom oder Gas auch tatsächlich abzunehmen. Die genannte Option zu Abnahme zu vereinbarten Bedingungen selbst ist nicht Gegenstand eines eigenständigen Handels.

Es ging ja auch nur um die Frage, welche wirtschaftlichen Risiken für den Lieferanten insbesondere bei Abschluss eines unbefristeten Energielieferungssondervertrages bestehen oder nicht bestehen.

Ein wirtschaftliches Risiko, einen unbefristeten Sondervertrag auch bei gestiegenen Kosten zu unveränderten Preisen weiter bedienen zu müssen, besteht wegen der Möglichkeit einer Änderungskündigung gerade nicht, auch dann nicht, wenn der Vertrag keine Preisänderungsklausel enthält. Beteht kein solches wirtschaftliches Risiko, besteht auch keine Berechtigung zur Einpreisung entsprechender Risikozuschläge.

Ein unbefristeter Sondervertrag, bei dem der Kunde den Vertrag jeweils mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende kündigen kann, schränkt die Liquidität eines Marktes auch nicht übermäßig ein. In der Grundversorgung bestehen unbefristete Energielieferungsverträge, die nur der grundversorgte Kunde mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende kündigen kann. Deshalb steht auch diese Nachfrage der grundversorgten Kunden für attraktivere Angebote von Wettbewerbern fast uneingeschränkt offen.  

Jede längerfristige Bezugsbindung führt hingegen zwangsläufig zur abnehmenden Liquidität des betroffenen Marktes, was im Extremum bis zum Marktverschluss führen kann. Umso mehr längerfristige Bezugsbindungen bestehen, um so weniger bildet sich ein Marktpreis aus einem unmittelbaren Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage, die an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit (sog. Markt) zugleich  aufeinandertreffen.

Unbestritten ist, dass bei Sonderverträgen mit längerer Bezugsbindung (vereinbarte Mindestlaufzeit größer sechs Monate), die keine Fixpreisverträge sein sollen, ein wirtschaftliches Risiko für den Lieferanten wegen sich ändernder Kosten bestehen kann, das durch Preisänderungsklauseln abgesichert werden kann. Wo ein Risiko veränderlicher Kosten besteht, besteht immer auch eine eben solche Chance aus nachträglich sinkenden Kosten. Für Preisänderungsklauseln kommt es u.a. entscheidend darauf an, ob die sich aus veränderlichen Kosten folgenden Chancen und Risiken zwischen den Vertragsprtnern ausgewogen verteilt werden.

Ob und ggf. wie der Lieferant sein Risiko veränderlicher Kosten bei einem als solchen vereinbarten längerfristigen Fixpreisvertrag absichert, weiß der Kunde nicht und hat er auch nicht in der Hand.  

Der Kunde weiß beim Abschluss von Energielieferungsverträgen grundsätzlich nicht, ob und ggf. in welchem Umfange und aus welchem Grunde Preisaufschläge in die Preise einkalkuliert sind (etwa Defizite kommunaler Bereiche bei einem kommunalen Versorger oder ambitionierte Expansionspläne eines Konzerns), weil zumeist keine offene Preiskalkulation besteht.

 

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