Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB schließt Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB regelmäßig aus
Black:
--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Ein Preisänderungsrecht ist etwas anderes als ein Preisbestimmungsrecht, worauf ich hinweisen wollte. M.E. handelt es sich bei der gesetzlichen Regelung um ein Preisbestimmungsrecht.
--- Ende Zitat ---
andere Ansicht BGH
RR-E-ft:
@Black
--- Zitat ---Original von RR-E-ft
In der Grundversorgung ist wohl klar, dass als Kehrseite der gesetzlichen Versorgungspflicht ein gesetzliches Tarifbestimmungs- und -änderungsrecht (zur Bestimmung des Äquivalenzverhältnisses) besteht, die Allgemeinen Preise gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden sind, §§ 2, 1 EnWG (möglichst preisgünstig, Kosteneffizienz) eine Rolle spielen (BGH KZR 2/07). Die Preise der Grundversorgung müssen jederzeit der Billigkeit entsprechen.
Aus der gesetzlichen Regelung ergab sich schon immer ein Tarifbestimmungs- und -änderungsrecht (BGH KZR 2/07) mit der Folge, dass der gesetzlich versorgungspflichtige Versorger vollkommen neue Tarife bestimmen und in Kraft setzen und seine Kunden in diese neu festgesetzten Tarife einordnen kann. Was es dort deshalb nicht gab, war eine ein Äquivalenzverhältnis begründende Preisvereinbarung (a. A. BGH VIII ZR 36/06, VIII ZR 138/07, VIII ZR 314/07).
--- Ende Zitat ---
Es stünde wohl sehr schlecht, wenn den Grundversorgern kein Tarifbestimmungs- und - änderungsrecht zustände, insbesondere als viele Grundversorger ihre Tarifstruktur zwischenzeitlich grundlegend geändert haben. Dafür fehlte es dann an einer Grundlage, weil dadurch die bis dahin bestehenden Äquivalenzverhältnisse grundlegend verändert wurden. Oftmals haben Verbraucher der Änderung der Tarifstruktur widersprochen. Zu solchen Fällen sind reichlich Prozesse anhängig.
Ich bin der Auffassung, dass sich aus §§ 36, 2, 1 EnWG ergibt, dass schon potentiellen Grundversorgungskunden von Anfang an durch öffentliche Bekanntgabe solche Allgemeine Preise angeboten werden müssen, die der gesetzlichen Verpflichtung aus §§ 2, 1 EnWG entsprechen.
Ohne Tarifbestimmungsrecht könnte kein Versorger eine neue Tarifstruktur einführen und seine Bestandskunden in die neu gebildeten Tarife einseitig einordnen. Es wäre schon fraglich, ob der Versorger einen Kunden nach Vertragsabschluss in einen von mehreren parallel nebeneinander bestehende Tarife einordnen darf, was regelmäßig bei konkludentem Vertragsabschluss gem. § 2 Abs. 2 AVBV/ GVV der Fall ist.
--- Zitat --- BGH KZR 2/07 Tz. 26
Die Vorschrift bestimmt, dass das Gasversorgungsunternehmen zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen Gas zur Verfügung stellt und dass Änderungen der allgemeinen Tarife und Bedingungen erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam werden. Zwar ergibt sich auch aus dem Tarifbestimmungs- und -änderungsrecht entgegen der Auffassung der Kläger ein (gesetzliches) Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 BGB (BGHZ 172, 315 Tz. 17). Dass die Norm keine Vorgaben zu Zeitpunkt und Inhalt von Preisänderungen nennt, ist jedoch eine unmittelbare Folge des Umstandes, dass Tarifkunden zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen beliefert werden und beliefert werden müssen. Aus der gesetzlichen Bindung des allgemeinen Tarifs an den Maßstab der Billigkeit (BGHZ 172, 315 Tz. 16 f.) ergibt sich nicht nur die Rechtspflicht des Versorgers, bei einer Tarifanpassung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen. Der Versorger ist vielmehr auch verpflichtet, die jeweiligen Zeitpunkte einer Tarifänderung so zu wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung getragen wird als Kostenerhöhungen, so dass Kostensenkungen mindestens in gleichem Umfang preiswirksam werden müssen wie Kostenerhöhungen. Die gesetzliche Regelung umfasst daher neben dem Recht des Versorgers zur Preisanpassung auch die Pflicht hierzu, wenn die Anpassung dem Kunden günstig ist
--- Ende Zitat ---
Der Kartellsenat des BGH spricht eindeutig von einem Tarifbestimmungs- und -änderungsrecht, welches der VIII. Zivilsenat des BGH auf ein Tarifänderungsrecht verkürzt.
--- Zitat ---BGH KZR 29/06 Tz. 20
Der jeweilige Netzbetreiber ist hiernach gehalten, nach Art eines Tarifs allgemeine Preise zu bilden, die den in vergleichbaren Fällen tatsächlich oder kalkulatorisch angesetzten internen Leistungsentgelten entsprechen und in den Verträgen mit externen Netznutzern nur unter-, aber nicht überschritten werden dürfen, wobei regelmäßig wegen des kartellrechtlichen Diskriminierungsverbots auch eine Unterschreitung im Einzelfall ausscheidet. Ebenso wie der Gesetzgeber den Energieversorgern, die nach § 10 EnWG 1998 allgemeine, d.h. für jedermann geltende Tarife aufzustellen haben, hierdurch ein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt hat (BGH NJW 2007, 2540 Tz. 17), ist damit den Netzbetreibern, die allein über die für die Bestimmung des zulässigen Preises erforderlichen tatsächlichen Kenntnisse verfügen, das Recht gegeben worden, unter Beachtung der Vorgaben des Energiewirtschaftsgesetzes und gegebenenfalls der durch Rechtsverordnung konkretisierten Kriterien allgemeine Entgelte für die Netznutzung zu bilden.
--- Ende Zitat ---
reblaus:
@RR-E-ft
Ich stimme Ihnen zu, dass das gesetzliche Preisbestimmungsrecht grundsätzlich die gesamte Preisbestimmung umfasst, und nicht nur Preisänderungen. Faktische kann eine Preisbestimmung aber nur einmalig nämlich zum Zeitpunkt des Markteintritts in den Grundversorgungsmarkt wahrgenommen werden. Danach ist dieser einmalig festgelegte Preis nur noch den billigen Preisänderungen unterworfen.
Es steht dem Grundversorger auch frei seinen Tarif alle Jahre in der Namensgebung der neuesten Mode zu unterwerfen und umzubenennen. Dennoch handelt es sich rechtlich immer um den gleichen Tarif, der zum Nachteil des Kunden immer nur unter den gesetzlichen Voraussetzungen verändert werden kann.
@Black
Ihre konkrete Kritik hat sich auf die Änderung des Äquivalenzverhältnisses bei unüblich hohen Gewinnen beschränkt. Darf man daraus schließen, dass Sie sich mit meinen Vorschlägen ansonsten im Grundsatz anfreunden könnten?
RR-E-ft:
@reblaus
Die grundlegende Änderung der Tarifstruktur eines Grundversorgers hat nichts mit einem inhaltlich unveränderten Angebot zu tun (\"Raider heißt jetzt Twix\"). Das Tarifbestimmungsrecht verhindert, dass eine einmal gebildete Tarifstruktur (etwa: Kleinverbrauchstarif K, Grundpreistarif G, Vollversorgungstarif VV I, Vollversorgungstarif VV II) auf ewig uanbänderlich erhalten bleibt.
@Black/ Ronny
Sind Sie auch der Auffassung, dass eine einmal gebildete Tarifstruktur vom Grundversorger auf ewig nicht mehr abgeändert werden kann, der Grundversorger nicht berechtigt ist, neue Tarife zu bilden und seine Bestandskunden in diese einzuordnen?
reblaus:
@RR-E-ft
Der Sockelpreis verhindert, dass der Versorger bestehende Grundversorgungstarife zum Nachteil des Kunden verändern kann. Ob er bestehenden Tarife aus seinem Neukundenangebot nehmen und nur noch bei Altkunden anwenden darf, halte ich insoweit für fraglich, als der neue Tarif Verschlechterungen für die Kunden erbringt. Eine solche Ungleichbehandlung könnte die Ausbeutung einer marktbeherrschenden Stellung bedeuten.
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