Original von bolli Ein Zahlungsanspruch ist übrigens meines Erachtens bereits mit dem Stromverbrauch entstanden, jedoch vom EVU noch nicht geltend gemacht worden.
Diese Ansicht ist falsch, soweit sie die Ansprüche auf die Nachzahlung betrifft. Es kommt auf die Fälligkeit eines Zahlungsanspruchs an. Das Gesetz ordnet die gegenteilige Rechtsfolge an.
§ 271 BGB
Leistungszeit
(1) Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken.
(2) Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner aber sie vorher bewirken kann.
Es ist eine Zeit für die Leistung bestimmt.
§ 17 GasGVV Zahlung, Verzug
(1) Rechnungen und Abschläge werden zu dem vom Grundversorger angegebenen Zeitpunkt, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der Zahlungsaufforderung fällig. (...)
Sie sagen nichts dazu was Ihrer Ansicht nach die Rechtsnatur einer Stromabrechnung sein soll. Um beurteilen zu können, was rechtsdogmatisch passiert, ist diese Rechtsnatur aber Voraussetzung. Es ist die Abrechnung einer Leistung mit einer Gegenleistung ähnlich der Lieferung auf laufende Rechnung nach § 355 HGB.
§ 355 HGB
(1) Steht jemand mit einem Kaufmanne derart in Geschäftsverbindung, daß die aus der Verbindung entspringenden beiderseitigen Ansprüche und Leistungen nebst Zinsen in Rechnung gestellt und in regelmäßigen Zeitabschnitten durch Verrechnung und Feststellung des für den einen oder anderen Teil sich ergebenden Überschusses ausgeglichen werden (laufende Rechnung, Kontokorrent), so kann derjenige, welchem bei dem Rechnungsabschluß ein Überschuß gebührt, von dem Tage des Abschlusses an Zinsen von dem Überschusse verlangen, auch soweit in der Rechnung Zinsen enthalten sind.
Da die Abrechnung vertraglich vorab vereinbart wurde, beinhaltet sie einen Aufrechnungsvertrag als Verfügungsgeschäft. Die §§ 387 ff. BGB sind nicht einschlägig, da nach § 387 BGB nur bereits fällige Forderungen durch einseitige Willenserklärung aufgerechnet werden können. Aus diesem Grunde kann es sich bei der Stromabrechnung um keine einseitige Willenserklärung des Energieversorgers handeln, sondern es ist die Mitwirkung des Kunden in Form des Anerkenntnisses erforderlich. Und dieser Mitwirkungsanspruch unterliegt der Verjährung.
Original von bolli Meiner Meinung nach dürfte auch die Verwirkung kaum in betracht, da jaroslavi sich kaum darauf berufen kann, dass er der Meinung sei, das EVU verzichte freiwillig auf die Geltendmachung seiner Ansprüche, da es sich schließlich um ein Geschäftsunternehmen handelt, welches von der Stromlieferung lebt und sicherlich nicht absichtlich auf Ansprüche verzichtet.
Mit diesem Argument stellen Sie das Rechtsinstitut der Verwirkung in Gänze in Frage. Dann könnten Zahlungsansprüche überhaupt nie verwirken, da niemand freiwillig auf seine Ansprüche verzichtet. Es sei denn er wolle dem anderen etwas schenken, aber für ein Schenkungsversprechen ist die Schriftform erforderlich.
Wer mit der Geltendmachung eines Anspruchs auf Abrechnung solange zuwartet, bis der Gegenanspruch des anderen Teils verjährt ist, um die Abrechnung dann intern vorzunehmen und nur dann mitzuteilen, wenn eine Forderung zum eigenen Gunsten besteht verstößt gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Er hat seinen Anspruch mit diesem Verhalten zumindest verwirkt. Wenn Sie da anderer Auffassung sind, würde ich Sie doch bitten, die Uni an der man Sie entsprechendes gelehrt hat mitzuteilen.
Original von bolli
Zitat:
Original von reblaus
Bei jaroslavl besteht zudem die Problematik, dass die Vorauszahlungen nie abgebucht wurden, dies könnte vielleicht auch daran liegen, dass solche Vorauszahlungen gar nicht vereinbart wurden. In diesem Falle wären die Stromrechnungen nicht als Abrechnungen einzuordnen sondern als einfache Rechnungen. Einfache Rechnungen sind aber nur eine Aufstellung einer bereits bestehenden Forderung und sind keine Fälligkeitsvoraussetzung.
Sind Sie da sicher ?
Bin ich mir nicht, sonst hätte ich nicht \"vielleicht\" geschrieben. Der Sachverhalt muss daraufhin geprüft werden. Soweit ich dargestellt habe, dass ein rechtlicher Unterschied zwischen einer Stromabrechnung und einer normalen Lieferantenrechnung besteht, bin ich mir sicher. Nach den §§ 433 BGB ist die korrekte Rechnungsstellung keine Fälligkeitsvoraussetzung.
Die Problematik dieser Diskussion besteht darin, dass bei jaroslavl der Eindruck entsteht, der von seinem Versorger geltend gemachte Anspruch sei möglicherweise rechtmäßig. Diese Meinung ist nach meiner Ansicht unwissenschaftlich. Das Risiko für Jaroslavl einen Prozess für die Ansprüche aus 2003 und 2004 zu verlieren, liegt darin, dass er an einen vertrottelten Amtsrichter geraten könnte, der in einem Anflug von vorzeitigem Altersstarrsinn eine von den Grundsätzen der Rechtssprechung völlig losgelöste eigenwillige Entscheidung trifft. Sowas kommt selten vor, ist aber nie auszuschließen. Vor Gericht und auf hoher See ist man bekanntlich in Gottes Hand.
@jaroslavl
Die Ansprüche ab 2005 werden Sie vermutlich bezahlen müssen. Da kann man vielleicht noch argumentieren, dass die Abrechnung nicht korrekt erstellt wurde, und die Zahlung deshalb noch nicht fällig ist. Wurde die Mehrwertsteuer korrekt berechnet? Bis 31.12.2006 waren 16% zu bezahlen, für Verbräuche danach 19%. Wenn die Abrechnung fehlerhaft war, muss der Versorger dies korrigieren. Daraus könnte sich ein Anspruch für Sie ergeben, dass der Versorger wegen positiver Vertragsverletzung Ihre Rechtsanwaltskosten als Schadensersatz bezahlen muss. Schlussendlich wird er aber alles neu und richtig erstellen, so dass Sie danach bezahlen müssen. Man könnte versuchen den Versorger bis zum 1.01.2010 hinzuhalten. Wenn er die 2005er Abrechnung erst danach korrekt erstellt, könnte dieser Anspruch verjährt sein. Wenn er aber kein Vollidiot ist, wird er das zu verhindern wissen.
Diese Einschätzung deckt sich auch mit den von Ihnen eingeholten Meinungen der Anwälte. Wenn Ihr Anwalt aus \"Geschäftssinn\" einen falschen Rat erteilen würde, hätten Sie sofort einen Schadensersatzanspruch gegen ihn. Genauso wie Sie Ihre Arbeit ordentlich abliefern müssen, muss das auch der Anwalt.
Mein Rat wäre daher bezahlen Sie ab 2006 (da kommen Sie früher oder später sowieso nicht drum herum) und geben Sie den Rest an Ihren Anwalt. Für den Fall, dass der Versorger alles pauschal mit 19% Mehrwertsteuer belegt hat, geben Sie die ganze Sache an den Anwalt.
Es liegt jetzt an Ihnen zu entscheiden, ob die Meinung der Anwälte und von mir Sie mehr überzeugt haben, oder ob bolli mit seiner Ansicht besser argumentiert hat. In jedem Fall hat eine Seite nicht allzuviel Ahnung von der Materie.