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Autor Thema: LG Köln, B. v. 02.03.2009 Az. 90 O 50/07 gesonderte Billigkeitskontrolle jeder einzelnen Änderung  (Gelesen 3098 mal)

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Verfügung
In dem Rechtsstreit
Bad Honnef AG gegen


1.Beweistermin und Fortsetzung der mündlichen Verhandlung wird bestimmt auf Freitag, 05.06.2009, 10:30 Uhr, 02. Etage, Sitzungssaal 0257, Luxemburger Straße 101, 50939 Köln. (Termin inzwischen verschoben)
2.Besondere gerichtliche Auflagen und Hinweise an die beteiligten Parteien:

a)
Die Parteien werden mit Rücksicht auf die Stellungnahme der Klägerin klarstellend nochmals auf folgendes hingewiesen.

Die von der Kammer geforderte quartalsbezogene (nicht stichtagsbezogene) Billigkeitsprüfung knüpft an dem Umstand an, dass die Klägerin quartalsweise von ihrem Recht auf Preisbestimmung gemäß § 315 Abs. 3 BGB Gebrauch gemacht hat. Soweit längere Zeiträume zwischen einzelnen Leistungsbestimmungen liegen, sind diese maßgeblich.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes stellt jede einzelne Preisbestimmung eine Leistungsbestimmung im Sinne von § 315 Abs. 3 BGB dar; jede für sich genommen ist daher einer gesonderten Billigkeitsprüfung zu unterziehen. Für die von der Klägerin ihren Überlegungen zugrunde gelegte summarische Betrachtung mehrerer Preisbestimmungen nach beliebig festgelegten Zeiträumen (so etwa von 2004 bis 2007) ergibt sich aus keiner der Entscheidungen ein Anhalt.

Im Gegenteil: Nach der Rechtsprechung des BGH ist es Sache des Kunden, gegen eine Tariferhöhung zeitnah vorzugehen. Würde man entsprechend der Auffassung der Klägerin davon ausgehen, dass sich eine Billigkeitsprüfung jeweils nicht auf die einzelne Tariferhöhung, sondern auf eine klägerseits im Nachhinein bestimmte Gesamtheit von Tariferhöhungen bezieht, so wäre es dem Kunden mangels Kenntnis der weiteren Entwicklungen unmöglich, verantwortlich und sicher festzustellen, ob die konkrete Leistungsbestimmung seiner Einschätzung nach der Billigkeit entspricht. Um nicht sein Recht auf die Erhebung des Billigkeitseinwands zu verlieren, müsste er dann rein vorsorglich diesen Einwand anbringen, um dann später (nach welchem Zeitraum?) überprüfen zu können, ob bei summarischer Betrachtung die Tariferhöhung der Billigkeit entsprach. Eine solche Vorgehensweise ist der Rechtsprechung des BGH auch nicht annähernd zu entnehmen.

Im übrigen berufen sich die Versorger durch die Bank selbst auf die Betrachtungsweise der Kammer, wenn es nämlich darum geht, festzustellen, bis zu welchem Zeitpunkt ein Kunde die Preisanpassungen des Versorgers akzeptiert hat. In diesem Zusammenhang wird – zu Recht – eine an den einzelnen Leistungsbestimmungen orientierte abschnittsweise Betrachtung zugrunde gelegt und jede einzelne Preisbestimmung als mögliche Zäsur aufgefasst. Erhebt der Kunde den Unbilligkeitseinwand erst gegen eine Jahresrechnung, so lässt kein Versorger (und, soweit ersichtlich, auch kein Gericht) dies als Einwand gegen sämtliche in dem abgelaufenen Jahr vorgenommenen Preisanpassungen gelten. Ist aber eine schrittweise Genehmigung jeder einzelnen Leistungsbestimmung durch Unterlassung des Unbilligkeitseinwands möglich, so muß auch eine schrittweise Anfechtung sowie eine schrittweise Überprüfung derselben zulässig sein.

Die auf jede einzelne Leistungsbestimmung bezogene Billigkeitsprüfung rechtfertigt sich auch daraus, dass jede dieser Bestimmungen eine eigene Ermessensentscheidung darstellt. Diese Entscheidung wird vom Versorger unter Berücksichtigung aller zum Zeitpunkt der Entscheidung bekannten Umstände getroffen. Spätere, insbesondere Jahre danach stattfindende Entwicklungen vermag er naturgemäß nicht zu berücksichtigen, so dass diese auch bei einer nachträglichen Überprüfung der Ermessensausübung außer Betracht zu bleiben haben. Wenn die Klägerin sich also zur Begründung der Preiserhöhungen im Jahre 2004 auf eine Klägerin sich also zur Begründung der Preiserhöhungen im Jahre 2004 auf eine Durchschnittsbetrachtung der Jahre 2004 bis 2007 bezieht, so ist dies erkennbar unzulässig, zumal sie auch eine Erklärung dafür schuldig geblieben ist, weshalb gerade die Betrachtung dieser drei Jahre maßgeblich sein soll. Welche Jahre sind ihrer Auffassung nach für die Beurteilung von Preisanpassungen im Jahre 2008 zugrunde zu legen?

Soweit die Klägerin sich auf eine dem Gaswirtschaftsjahr entsprechende Betrachtungsweise zurückziehen möchte, mag sie dies bei der Festlegung der Preisanpassungsintervalle berücksichtigen. Sind diese kürzer als das Wirtschaftsjahr, so ist auch der Überprüfungszeitraum kleiner.

b)
Der Sachverständige Canty wird zum Termin geladen und gebeten, soweit erforderlich, vorab zu den Einwendungen und Fragen der Parteien Stellung zu nehmen.

Köln, 02.03.2009
10. Kammer für Handelssachen

Dr. Jung-Walpert
Vorsitzende Richterin am
Landgericht

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