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BGH, Urt. v. 15.07.2009 VIII ZR 225/07 Abgrenzung Tarifkunde, Unwirksame Klausel

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RR-E-ft:

--- Zitat ---Pressemitteilung des BGH Nr. 107/09 vom 14.05.2009


VIII ZR 225/07

AG Tiergarten - Urteil vom 12. Dezember 2006 – 6 C 402/06

LG Berlin - Urteil vom 28. Juni 2007 – 51 S 16/07

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von Gaspreiserhöhungen. Der Kläger bezog im Tarif \"GASAG-Aktiv\" Erdgas von der Beklagten, einem Gasversorgungsunternehmen. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten heißt es unter anderem:

\"§ 1 Geltungsbereich

1. (…)

2. Für den Abschluss eines Erdgasversorgungsvertrags mit Sonderpreiskonditionen gelten die nachfolgenden AGB vorrangig. Die Vorschriften der AVBGasV gelten, soweit diese AGB nichts anderes vorsehen, für Kunden mit Sonderpreiskonditionen bzgl. der Preisangebote \"GASAG-Vario\", \"GASAG-Fix\" und \"GASAG-Aktiv\" ergänzend.

(…)

§ 3 Preisanpassungen

1. Der Gaspreis folgt den an den internationalen Märkten notierten Ölpreisen. Insofern ist die GASAG [Beklagte] berechtigt, die Gaspreise vorbehaltlich der Regelungen in §§ 16 bis 19 dieser AGB [diese betreffen den hier nicht einschlägigen Tarif \"GASAG-Fix\"] auch während der laufenden Vertragsbeziehung an die geänderten Gasbezugskosten der GASAG anzupassen. Die Preisänderungen schließen sowohl Erhöhung als auch Absenkung ein.
(…)\"

Die Beklagte erhöhte den Netto-Arbeitpreis im Tarif \"GASAG-Aktiv\" zum 1. Oktober 2005 um 0,5 Cent/kWh auf 4,1 Cent/kWh und zum 1. Januar 2006 um weitere 0,5 Cent/kWh auf 4,6 Cent/kWh. Der Kläger meint, die von der Beklagten verwendete Preisanpassungsklausel sei unwirksam. Außerdem hielten die Preiserhöhungen einer Billigkeitskontrolle nicht stand. Mit seiner Klage hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass die Erhöhungen der Bezugspreise zum 1. Oktober 2005 und 1. Januar 2006 unwirksam seien.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte Erfolg. Nach Auffassung des Berufungsgerichts sind die Preiserhöhungen wirksam. Die Beklagte sei zur Preisanpassung gemäß § 4 Abs. 2 AVBGasV (Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden*) berechtigt gewesen. Bei dem Kläger handele es sich um einen Tarifkunden, weil die Beklagte den Tarif \"GASAG-Aktiv\" der Allgemeinheit und nicht nur einzelnen Kunden anbiete. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass es sich nicht um einen Tarifkundenvertrag handelt, und § 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Inhaltskontrolle nicht standhielte, sei die AVBGasV im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung heranzuziehen. Die Preiserhöhungen hielten auch einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle gemäß § 315 Abs. 3 BGB stand, weil die Bezugskosten der Beklagten entsprechend gestiegen seien.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

*Gültig bis 7. November 2006.

Verhandlungstermin: 17. Juni 2009
--- Ende Zitat ---

Beim BGH ist in einem Parallelverfahren weiter die Revision gegen das Urteil des Kammergerichts Berlin vom 28.10.2008 (21 U 160/06 - Gasag- Sammelklage) anhängig.

Das Kammergericht hatte die Gaspreiserhöhungen der Gasag für unwirksam erklärt, weil die Preiserhöhungsklausel in den AGB unwirksam waren.

Der BGH hat sich in beiden Verfahren u.a. mit der Abgrenzung Sondervertragskunde/ Tarifkunde zu befassen.

Eine ähnliche Klausel wie die Gasag- AGB enthalten die Gaslieferungsverträge der Gaskunden, welche gegen die Gaspreiserhöhungen der E.ON Hanse AG vor dem Landgericht Hamburg eine Sammelklage erhoben haben, über welche noch nicht entschieden ist.

RR-E-ft:
http://www.energate.de meldet heute, die Berliner Gasag sehe einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs über die Wirksamkeit der streitigen Gaspreiserhöhungen mit Skepsis entgegen.

tangocharly:
..... und wer, wie viele, über keinen login verfügt, noch folgende Ergänzung


--- Zitat ---Berlin (energate) - Die Gasag AG sieht dem Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) wegen unklarer Preiserhöhungen mit Skepsis entgegen... 16.06.2009 - 15:10
--- Ende Zitat ---

RR-E-ft:
Früher zeigte sich die Gasag noch betont optimistisch. Betroffen sein sollen die Verträge von über 300.000 Kunden.

Öffentliche Selbstverpflichtung der Gasag


--- Zitat ---Die Verbraucherzentrale Berlin begrüßte das Urteil. „Die Preiserhöhungsklausel ließ der Gasag viel zu viel Spielraum“, sagte Geschäftsführerin Gabriele Francke dem Tagesspiegel. „Für die Kunden ist nicht nachvollziehbar, nach welchen Kriterien die Preise erhöht werden.“ Francke hofft nun, dass das Urteil nicht nur für die Kläger, sondern auch für diejenigen Gasag-Kunden Anwendung findet, die Widerspruch gegen die Preiserhöhung eingelegt haben. Nach Angaben der Gasag gingen insgesamt mehr als 40 000 Beschwerdebriefe ein. „Wenn die Gasag nicht tausende Verfahren am Hals haben will, muss sie das Urteil auch für diese Kunden akzeptieren“, sagte Francke.

Rein rechtlich gesehen besteht darauf zwar kein Anspruch. „Zivilrechtliche Urteile sind nur für die beteiligten Parteien bindend“, sagte eine Gerichtssprecherin. Die Gasag selbst räumte aber ein, dass sie im Falle einer endgültigen Niederlage das Urteil auf alle Kunden anwenden würde. „Falls die Berufung scheitert, würde das Urteil für alle Kunden gelten“, sagte Unternehmenssprecher Klaus Haschker dieser Zeitung. Er halte es außerdem für möglich, dass die Gasag ihre AGB dann ändere. „Darüber kann man nachdenken“, sagte er.

Das Urteil betrifft nur so genannte Sonderkunden. Das sind 340 000 Verbraucher mit den Tarifen Vario, Aktiv oder Fix – in der Regel also solche, die Gas nicht nur zum Kochen, sondern auch zum Heizen oder zur Warmwasseraufbereitung nutzen. Die anderen 300 000 Gasag-Kunden mit dem so genannten gesetzlichen Tarif sind nicht betroffen.
--- Ende Zitat ---

Die Aussage bezieht sich auf das Parallelverfahren [Sammelklage Kammergericht Berufungsurteil vom 28.10.2008 Az. 21 U 160/06, ]
Gasag beabsichtigte mit der Selbstverpflichtung wohl, weitere Kunden davon abzuhalten, auch noch schriftlich Widerspruch einzulegen, was wegen zugesagter Gleichbehandlung nicht nötig sei....

Gasag- Mitarbeiter refererieren in Branchen- Seminaren regelmäßig über Strategie und Tiktak im Umgang mit Kunden und Öffentlichkeit.

Warten wir mal ab, wie der BGH entscheidet.

Ob eine verbraucherfreundliche Entscheidung etwaig einen Autokorso der Berliner auf der \"Straße des 17. Juni\" auszulösen vermochte, ist rein spekualtiv.

Die Frage der Abgrenzung zwischen Tarif- und Sondervertragskunden ist nicht nur für Gasag- Kunden wichtig. Das von der Gasag gebrauchte Argument ist allenthalben in anhängigen Prozessen vorgetragen worden:


--- Zitat ---Bei dem Kläger handele es sich um einen Tarifkunden, weil die Beklagte den Tarif \"GASAG-Aktiv\" der Allgemeinheit und nicht nur einzelnen Kunden anbiete.
--- Ende Zitat ---

RR-E-ft:
Verbraucher können hoffen, Urteilsverkündung am 15.07.2009

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