[ III-ZR-294-04 10-02-2005 ; 1-BvR-2087-03 1-BvR-2111-03 14-03-2006 ]
Das Bundesverfassungegericht hat eine Entscheidung zugunsten der TELEKOM getroffen:
http://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg06-027.htmlhttp://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rs20060314_1bvr208703Dort hatten Wettbewerber der Telekom Einsicht in Genehmigungsunterlagen der Regulierungsbehörde verlangt, aus denen Geschäftsgeheimnisse der Telekom hervorgehen sollen.
Diese Situation ist mit der bei der gerichtlichen Billigkeitskontrolle von Energiepreisen m.E. nicht vergleichbar.
Denn die EVU werden nicht unmittelbar gezwungen, ihre Kalkulation offen zu legen, auch werden Geschäftsgeheimnisse Wettbewerbern nicht unmittelbar zugänglich.
Insoweit besteht ein wesentlicher Unterschied zu der v.g. Entscheidung, dort Textziffern 83 bis 85, wo es heißt:
83
Die Entgeltregelung des Telekommunikationsrechts und damit auch die Regelung über die gerichtliche Kontrolle der Entgeltfestsetzung gehen von einer wettbewerblichen Einbettung der unternehmerischen Tätigkeit derjenigen aus, die Telekommunikationsdienstleistungen erbringen. Die Beschwerdeführerin befindet sich ungeachtet ihrer marktbeherrschenden Stellung in Wettbewerbsbeziehungen zu anderen Unternehmen, darunter auch solchen, die den Zugang zu ihrer Netzinfrastruktur begehren und gewerbliche Telekommunikationsdienstleistungen in Konkurrenz zu ihr anbieten. Diese Wettbewerbsbeziehungen werden durch die gesetzliche Regelung, nach der die Beschwerdeführerin ihren Konkurrenten den Netzzugang gewähren muss, dafür aber ein behördlich überprüftes Entgelt verlangen kann, gestaltet.
84
Werden im Rahmen der Entgeltkontrolle Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse durch den Staat offen gelegt oder verlangt er deren Offenlegung, ist Art. 12 Abs. 1 GG in seinem Schutzbereich berührt. Denn dadurch kann die Ausschließlichkeit der Nutzung des betroffenen Wissens für den eigenen Erwerb im Rahmen beruflicher Betätigung am Telekommunikationsmarkt beeinträchtigt werden. Behindert eine den Wettbewerb beeinflussende staatliche Maßnahme die Beschwerdeführerin in ihrer beruflichen Tätigkeit, so stellt dies eine Beschränkung ihres Freiheitsrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG dar ( vgl. BVerfGE 86, 28 <37> ).
85
Wird exklusives wettbewerbserhebliches Wissen den Konkurrenten zugänglich, mindert dies die Möglichkeit, die Berufsausübung unter Rückgriff auf dieses Wissen erfolgreich zu gestalten. So können unternehmerische Strategien durchkreuzt werden. Auch kann ein Anreiz zu innovativem unternehmerischen Handeln entfallen, weil die Investitionskosten nicht eingebracht werden können, während gleichzeitig Dritte unter Einsparung solcher Kosten das innovativ erzeugte Wissen zur Grundlage ihres eigenen beruflichen Erfolgs in Konkurrenz mit dem Geheimnisträger nutzen.Bei der zivilrechtlichen Billigkeitskontrolle gilt:
Es besteht schon
kein einklagbarer Anspruch der Kunden auf Offenlegung der Preiskalkulation, mögen auch teilweise noch entsprechende Missverständnisse bestehen.
Das EVU hat im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung entsprechend seiner Darlegungs- und Beweislast die Kalkulation offen zu legen, um die Billigkeit seiner Preisforderungen nachzuweisen.
Daraus folgt lediglich eine entsprechende
Obliegenheit.
Das Gericht kann und wird das EVU nicht zur Offenlegung zwingen.
Anders als im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten besteht kein Amtsermittlungsgrundsatz, sondern die Parteien entscheiden selbst darüber, welchen Sachverhalt sie dem Gericht unterbreiten und ggf. unter Beweis stellen.
Einen entsprechenden Druck mag das EVU allein aufgrund der prozessualen Lage verspüren.
Das EVU kann damit selbst frei darüber entscheiden, ob es der ihm obliegenden Darlegungs- und Beweislast genügen möchte und dazu seine Kalkulation offen legt oder ob es zur Verfolgung anderer Interessen seiner Darlegungs- und Beweislast nicht genügen will und damit lediglich prozessuale Nachteile im Verfahren in Kauf nimmt.
Die Entscheidungskompetenz darüber, ob und wieweit Unterlagen offen gelegt werden, verbleibt somit vollständig beim EVU. Der Staat legt mithin keine Betriebsgeheimnisse offen noch erzwingt er dies.
Somit kann m.E. auch kein unmittelbarer Eingriff in die Grundrechte der EVU hinsichtlich Art. 12, 14 GG vorliegen.
Das EVU kann für sich selbst abwägen, welches Interesse ihm selbst höher wiegt: das Interesse an der Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen oder das Interesse an der gerichtlichen Durchsetzung einseitig bestimmter Preisforderungen.
Anders als im Fall, der vom Bundesverfassungsgericht entschieden wurde, hat nicht ein Gericht diese Abwägungsentscheidung zu treffen.
Bis vor kurzem hatten sich EVU ersichtlich immer zugunsten des Schutzes ihrer Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse hinsichtlich ihrer Gewinnspannen entschieden.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt