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Autor Thema: AVBGasV Tarifkunde und Verständnisfrage  (Gelesen 4334 mal)

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Offline Pölator

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AVBGasV Tarifkunde und Verständnisfrage
« am: 02. April 2009, 11:06:12 »
Hallo,

bekannt ist:

AG Leipzig mit 110 C 9329/07 :
Voraussetzung für die Bezugnahme auf AVBGasV ist aber, dass die AVBGasV den Klägern [hier dem Beklagten] zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses übergeben worden ist.“

§2, Abs 3, AVBGasV:
„Das Gasversorgungsunternehmen ist verpflichtet, jedem Neukunden bei Vertragsabschluss sowie den übrigen Kunden auf Verlangen die allgemeinen Bedingungen kostenlos auszuhändigen.“

Zuerst die Verständnisfrage:
Verstehe ich §2, Abs 3, AVBGasV grammatisch richtig, wenn ich meine, dass der VS dem Neukunden die AVBGasV auf jeden Fall bei Vertragsabschluss zu übergeben hat und nur allen anderen Kunden auf Verlangen oder ist es grammatisch so zu verstehen, dass allen Kunden die AVBGasV nur auf Verlangen auszuhändigen sind?


Was nun, wenn ein Gericht erkennt, dass bei einem Tarifkunden die AVBGasV, da nicht übergeben, nicht Bestandteil sind?
-sind damit automatisch alle Preisänderungen nichtig, auch die, denen nicht (rechtzeitig) widersprochen worden sind  oder nur die, denen widersprochen wurde?
-ist überhaupt ein gültiger Vertrag zustande gekommen? Wenn nein, welchen Status hat das bestehende Lieferverhältnis ab dem Urteil?

Falls es hier schon mal besprochen wurde, bin ich für den link dankbar, ich habe nichts passendes gefunden.

Danke,
der Pölator

Offline RR-E-ft

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AVBGasV Tarifkunde und Verständnisfrage
« Antwort #1 am: 02. April 2009, 14:45:26 »
Das Urteil des AG Leipzig betrifft einen Sondervertrag und die Frage der Einbeziehung der (wegen § 1 AVBGasV gesetzlich dafür nicht geltenden) Bestimmungen der AVBGasV als Allgemeine Geschäftsbedingungen gem. § 305 BGB, vgl. hierzu auch LG Gera, Urt. v. 07.11.2008 - 2 HK.O 95/08.

Bei Tarifkunden galten die Bestimmungen der AVBGasV kraft Gesetzes (vgl. § 1 Abs. 1 und 2 AVBGasV) ohne dass es auf eine Übergabe bei Vertragsabschluss oder eine sonstige vertragliche Einbeziehung ankam, was schon daran deutlich wird, dass der Tarifkundenvertrag gem. § 2 Abs. 2 AVBGasV auch allein durch die Entnahme von Gas aus dem Netz zustande kommen konnte.

Offline Rob

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AVBGasV Tarifkunde und Verständnisfrage
« Antwort #2 am: 02. April 2009, 16:15:59 »
Hallo nach Jena,

auch wenn ich mich wiederhole:
§2, Abs 3, AVBGasV:
„Das Gasversorgungsunternehmen ist verpflichtet, jedem Neukunden bei Vertragsabschluss sowie den übrigen Kunden auf Verlangen die allgemeinen Bedingungen kostenlos auszuhändigen.“

Ist das nicht eine klare Ansage, dass die AVBGasV dem Kunden bei Vertragsabschluß (hier z.B.durch Auftrag zum Haussanschluß beim damaligen einzigen Versorger) übergeben werden müssen?
Kunden, die durch Gasabnahme den Vertrag schließen, würde ich dann hier als \"...übrige Kunden...\"definieren. Wenn meine Deutung (ohne Glaskugel) falsch ist, wie habe ich dann §2, Abs 3, AVBGasV zu verstehen?

Gruß,
Rob

Offline Black

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AVBGasV Tarifkunde und Verständnisfrage
« Antwort #3 am: 02. April 2009, 16:20:25 »
Für gegenwärtig neu abzuschließende Verträge spielt die AVBGasV keine Rolle mehr, das seit dem 26.10.2006 die GasGVV als Nachfolgeregelung in Kraft getreten ist.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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AVBGasV Tarifkunde und Verständnisfrage
« Antwort #4 am: 02. April 2009, 16:22:18 »
@Rob

Wie könnten Sie sich wiederholen.
Oder nennen Sie sich etwa auch Pölator?

Das besagt nur, dass der Versorger gegenüber Tarifkunden gesetzlich verpflichtet war, die allgemeinen Bedingungen kostenlos auszuhändigen.
Mir ist kein einziger Fall bekannt geworden, wo sich ein Versorger geweigert hätte, dieser Verpflichtung nachzukommen, die allgemeinen Bedingungen kostenlos auszuhändigen.

@Black

Für § 2 Abs. 4 GVV gilt nichts anderes.

Offline Rob

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AVBGasV Tarifkunde und Verständnisfrage
« Antwort #5 am: 02. April 2009, 17:14:46 »
Hallo nach Jena,

da hat mir wohl meine gespaltene Persönlichkeit einen Streich gespielt :rolleyes: . Ich muss mal über die Medikamentierung nachdenken... .

Nein, ernsthaft: Ich sitze hier gerade über einem Schriftsatz meines Versorgers, bzw. deren Vertreter, in dem es u.a. genau um diese Frage geht. Deswegen sind die Pferde wohl mit mir durchgegangen und ich wollte \"Pölator\" wiederholen.
Sei`s drum.
 \"...ist verpflichtet...kostenlos auszuhändigen... .\"

Auch ich grübele nun über die deutsche Grammatik:
Bezieht sich die Verpflichtung auf \"kostenlos\" oder auf \"auszuhändigen\"?

AGBs werden bei Vertragabschluß mit der zeitnahen Übergabe (z.B. Vertragsrückseite) mit einbezogen. Nur unter Kaufleuten kann erwartet werden, dass diese sich um die AGBs ihres Geschäftspartner selber kümmern.
Setzt man nun
AVBGasV=AGB
sehen Sie, worauf ich hinaus will.
Ich meine hier eine Feinheit herauszulesen, die sich nicht (nur) auf das \"kostenlos\" bezieht. Nach meinem Erachten bestätigt dies auch das AG Leipzig.
Ein Versorger nimmt Bezug auf AVBGasV, da sollte es doch egal sein, obs Sonder- oder Tarifkunde ist?

Gruß,
Rob, der mit Pölator weder verwandt noch verschwägert ist

Offline RR-E-ft

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AVBGasV Tarifkunde und Verständnisfrage
« Antwort #6 am: 02. April 2009, 17:25:02 »
@Rob

Allgemeine Geschäftsbedingungen werden gem. § 305 BGB nur dann Vertragsbestandteil, wenn der Kunde sie vor Vertragsabschluss kannte und sich bei Vertragsabschluss mit deren Einbeziehung einverstanden erklärte. Zeitnahe Übergabe nach Vertragsabschluss genügt demnach nicht.

Wenn ich zB. das Urteil des LG Gera vom 07.11.2008 zitiere, dann vor allem dafür, dass man dieses zum Verständnis auch lesen möge.
Kostenlose Aushändigung meint eine Aushändigung, ohne dass dafür Kosten verlangt werden könnten.
Aushändigung meint eine körperliche Übergabe, besser die Übergabe einer Verkörperung.

Das ist keine Frage der Grammatik, eher eine Frage der Semantik.

Alles was man vor einem Prozess hin- und herschreibt, kann in einem Prozess gegen einen verwandt werden. Man sollte also nichts schreiben, schon gar nicht, wenn einem die rechtlichen Zusammenhänge doch nicht so klar sind und man zudem vergessen haben sollte, seine Pillen einzuwerfen.

Offline Black

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AVBGasV Tarifkunde und Verständnisfrage
« Antwort #7 am: 02. April 2009, 17:34:41 »
Zitat
Original von Rob
AGBs werden bei Vertragabschluß mit der zeitnahen Übergabe (z.B. Vertragsrückseite) mit einbezogen. Nur unter Kaufleuten kann erwartet werden, dass diese sich um die AGBs ihres Geschäftspartner selber kümmern.
Setzt man nun
AVBGasV=AGB
sehen Sie, worauf ich hinaus will.

Da eine Rechtsnorm - im Gegensatz zu AGB - unabhängig von der positiven Kenntnisnahme seine Wirkung entfaltet, kann gerade nicht gefolgert werden AVBGasV=AGB
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

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Offline RR-E-ft

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AVBGasV Tarifkunde und Verständnisfrage
« Antwort #8 am: 02. April 2009, 17:36:59 »
@Rob

Da hat Black vollkommen recht und so sieht es auch das LG Gera im Urteil vom 07.11.2008, welches Sie nun hoffentlich (erst)mal lesen.

 

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