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Autor Thema: Negative Amtsgerichtsurteile in Regensburg  (Gelesen 45135 mal)

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Offline § 315 BGB

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Negative Amtsgerichtsurteile in Regensburg
« am: 01. April 2009, 23:18:38 »
Ich habe gehört, dass das Amtsgericht Regensburg zwei Urteile erlassen haben soll, die besagen, dass § 315 BGB auf Versorgungsentgelte gar nicht anwendbar ist. Ist jemandem dazu genaueres bekannt? Stimmt das?

Offline RR-E-ft

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Negative Amtsgerichtsurteile in Regensburg
« Antwort #1 am: 01. April 2009, 23:24:22 »
In Regensburg setzt sich ein Amtsrichter bewusst über die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes hinweg.

AG Regensburg, Urt. v. 15.09.2008 - 10 C 1336/08 steht im Widerspruch u.a. zu BGH, Urt. v. 13.06.2007 - VIII ZR 36/06 und zu BGH, Urt. v. 19.11.2008 - VIII ZR 138/07.

Ob dagegen ggf. Berufung/ Verfassungsbeschwerde erhoben wurde, ist hier nicht bekannt.

Die Entscheidung verletzt den Betroffenen in seinen Grundrechten und ist verfassungswidrig.

Rechtsprechung des Bundesverfassungsrichts zur gerichtlichen Billigkeitskontrolle von einseitigen Entgelterhöhungen.


Zitat
Für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten ist aus dem Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes die Gewährleistung eines wirkungsvollen Rechtsschutzes abzuleiten. Dieser muss die grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstandes ermöglichen. Die Beteiligten müssen die Möglichkeit haben, sich im Prozess mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten. Zu einem wirkungsvollen Rechtsschutz gehört auch, dass der Richter die Richtigkeit bestrittener Tatsachen nicht ohne hinreichende Prüfung bejaht. Ohne eine solche Prüfung fehlt es an einer dem Rechtsstaatsprinzip genügenden Entscheidungsgrundlage (vgl. BVerfGE 54, 277 <291>; 74, 220 <224>; 91, 176 <181 ff.>; vgl. auch BGHZ 116, 47 <58>; BGH, NJW-RR 1993, S. 1034 <1035>; BGH, NJW 1994, S. 2899).

Mit diesen Maßstäben lassen sich die angegriffenen Entscheidungen nicht in Einklang bringen.

Die bis 1994 notwendige Genehmigung der Aufsichtsbehörde konnte der Beschwerdeführer nicht verwaltungsgerichtlich überprüfen lassen, da sie dem einzelnen Versicherungsnehmer gegenüber keine unmittelbaren Rechtswirkungen entfaltete (vgl. BVerwGE 30, 135; 75, 147; BVerwG, VersR 1996, S. 1133). Damit war es unvereinbar, im zivilgerichtlichen Verfahren unter Hinweis auf diese Genehmigung eine sachliche Überprüfung der Prämienerhöhungen anhand der maßgeblichen privatrechtlichen Normen abzulehnen. Anderenfalls wären einseitige Prämienerhöhungen der Versicherungsunternehmen jeglicher wirkungsvollen richterlichen Kontrolle auf Veranlassung und unter Mitwirkung der Versicherungsnehmer entzogen gewesen.

In Regensburg sollte man die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts  gem. §§ 108, 102 EnWG rügen und außerdem wegen grundsätzlicher Bedeutung mit Rücksicht auf die BGH- Rechtsprechung vorsorglich für den Unterliegensfall die Zulassung der Berufung beantragen.

Offline Black

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Negative Amtsgerichtsurteile in Regensburg
« Antwort #2 am: 02. April 2009, 10:42:47 »
sehr interessantes Urteil des AG Regensburg
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline jroettges

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Negative Amtsgerichtsurteile in Regensburg
« Antwort #3 am: 02. April 2009, 12:14:36 »
Wirklich. Ein Urteil mit interessanten Begründungen und Folgerungen.

Für mich steht es damit in einer Linie mit dem Urteil des OLG Oldenburg vom 5.9.08, das die Situation in Sonderverträgen ebenfalls sehr sauber seziert hat.

Der Regensburger Richter zeigt die ganze Absurdität der Streitereien um den § 315 BGB im Rahmen des EnWG auf. Möglicherweise war er nicht zuständig und wird zurückgepfiffen, seine Gedankengänge sind aber schlüssig und zutreffend.

Wohin soll es denn führen, wenn ein einzelner Tarifkunde in einem Rechtsstreit die Unbilligkeit der Preise seines Versorgers bescheinigt bekommt?

Mein Schluss aus der Sache: Der Gesetzgeber hat sie nicht zuende gedacht und muss schleunigst handeln.

Zitat
(3.6)
Abschließend hierzu sei wiederholt, dass - gerade angesichts der öffentlichen Diskussion hierzu - nicht verkannt werden soll, dass vorstellbar ist, dass die Klägerin (möglicherweise in Zusammenwirkung mit anderen großen Gasversorgern) tatsächlich ein faktisches Monopol an den Gasleitungen durch faktische Zugangsbeschränkung dazu nutzt, um Preise zu verlangen, welche auf einem (wirklich) freien Markt nicht erzielbar wären.

Hierauf kann jedoch nicht vernünftig mit einer Preiskontrolle gemäß §315 BGB reagiert werden, sondern dieses Problem ist entweder dadurch zu beheben, dass der Staat als Konsequenz der Liberalisierung die Voraussetzungen dafür schafft, dass in der leitungsgebundenen Energieversorgung ein funktionierender Wettbewerb stattfindet, oder die Liberalisierung ist aufzuheben, und die Gaspreise sind wieder direkt einer staatlichen Reglementierung zu unterwerfen.

Aus dem Urteil des AG Regensburg vom 15.09.2008

Offline reblaus

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Negative Amtsgerichtsurteile in Regensburg
« Antwort #4 am: 02. April 2009, 14:03:32 »
Da arrangiert sich mal einer nicht mit der ihm von einem völlig unwilligen Gesetzgeber zugewiesenen Rolle: die ärgsten Auswüchse eines nur pro forma europarechtlichen Vereinbarungen genügen sollenden \"freien\" Energiemarktes zu verhindern. Kam schon mal irgend ein Endkunde auf die Idee die Deutsche Telekom wegen überhöhter Telefontarife vor den Kadi zu zerren?

Offline RR-E-ft

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Negative Amtsgerichtsurteile in Regensburg
« Antwort #5 am: 02. April 2009, 15:04:33 »
Das Urteil des AG Regensburg ist falsch, weil es verkennt, dass dem Versorgungsunternehmen gegenüber Tarifkunden gesetzlich ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt wurde und auf dieses einseitige Leistungsbestimmungsrecht § 315 BGB unmittelbare Anwendung findet (BGH Urt. v. 02.07.1998 - III ZR 287/97; BGH, Urt. v. 13.06.2007 - VIII ZR 36/06 Tz. 14, 17; BGH, Urt. v. 04.03.2008 - KZR 29/06 Tz. 20). Gegenüber Tarifkunden ist der Versorger nicht nur gesetzlich berechtigt, die Tarife der Billigkeit entsprechend einseitig neu festzusetzen. Er ist dazu auch gesetzlich verpflichtet (BGH, Urt. 29.04.2008 - KZR 2/07 Tz. 26). Die gesetzliche Verpflichtung zu einer möglichst preisgünstigen, effizienten verbraucherfreundlichen leitungsgebundenen Versorgung gem. §§ 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG ist dabei zu berücksichtigen (BGH, Urt. v. 19.11.2008 - VIII ZR 138/07 Tz. 43).


Die bestrittene Billigkeit ist wegen § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB somit  entscheidungserheblich und die entsprechenden gesetzlichen Regelungen sind bei der Streitentscheidung deshalb vom Gericht zwingend anzuwenden, andernfalls ein Verstoß unter anderem gegen Art. 20, 19 IV GG vorliegt (vgl. BVerfG, aaO.)

@reblaus

Möglicherweise sollte man sich - bevor man hier umfangreich Statements abgibt - zunächst mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur gerichtlichen Billigkeitskontrolle der Tarife von Versorgungsunternehmen befassen. Dazu eignen sich besonders  Energiedepesche Sonderheft Nr. 1 vom April 2006 wie auch der Vortrag von RiBGH Barbara Ambrosius, gehalten auf dem Deutschen Mietgerichtstag 2006 in Dortmund.
Die Tarife der Telekom unterliegen wegen einer sog. punktuellen Tarifgenehmigung, die dem Unternehmen - im Gegensatz zu Stromtarifgenehmigungen nach BTOElt - keinen Ermessensspielraum belässt, keiner gerichtlichen Billigkeitskontrolle (BGH Urt. v. 02.07.1998 - III ZR 287/97 = NJW 1998, 3188 (3192).


@jroettges

Das gesetzliche Leistungsbestimmungsrecht gegenüber Tarifkunden ergibt sich bereits aus § 10 EnWG 1998 (vgl. BGH, Urt. v. 04.03.2008 - KZR 29/06 Tz. 20). Die von Ihnen genannte Entscheidung des OLG Oldenburg vom 05.09.2008 betrifft Sondervertragskunden und keine Tarifkunden.  Dass dem Versorgungsunternehmen gegenüber Tarifkunden ein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt ist, stellt das OLG Oldenburg überhaupt nicht in Frage. Auch Ihnen sei eine Befassung mit der einschlägigen BGH- Rechtsprechung ggf. nahe gelegt, insbesondere mit dem Urteil des BGH vom 05.07.2005 - X ZR 60/04. Bei Sondervertragskunden geht es nicht um Billigkeit, sondern um die Inhalts- und Transparenzkontrolle gem. § 307 BGB.

Es gibt Grund zu der Annahme, dass nicht einmal volkskundlich urige Kanibalen alles in einen Topf werfen würden, weil danach Ungenießbarkeit zu besorgen steht.

Offline Black

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Negative Amtsgerichtsurteile in Regensburg
« Antwort #6 am: 02. April 2009, 15:46:48 »
Das Urteil des AG Regensburg \"verkennt\" nicht die Rechtsprechung des BGH, es lehnt sie ab und Begründet diese Ablehnung (sehr ausführlich). Gerade diese Möglichkeit der Abweichung von der BGH Rechtsprechung wurde hier doch bereits als besonders auszeichnend für den selbständigen Richter gefeiert.

Zitat
Original von RR-E-ft
Ein Richter, der dies aufgrund seiner juristischen Ausbildung und Erfahrung erkennt, darf dieser Entscheidung des BGH in diesem Punkt nicht folgen. So habe ich die sehr erfahrene Vorsitzende Richterin am Landgericht Dortmund Frau Marlies Bons-Künsebeck verstanden.

Das AG Regensburg verkennt auch nicht die Billigkeitsprüfung, sondern prüft § 315 BGB und lehnt diesen begründet ab. Die Begründung ist auch in sich schlüssig:

Zitat
Solange die Gasversorger kein gesetzliches Monopol haben, und die Kunden nicht rechtlich gezwungen sind, die Leistungen der Gasversorger abzunehmen, liegt der Kern der Regelung (§ 4 AVBGasV) nicht darin, dass die Gasversorger einen Preis festlegen, sondern dass die Gasversorger einen Preis veröffentlichen müssen, zu dem sie jedenfalls mit jedem vertragswilligen Kunden einen Vertrag schließen (müssen).

Sie steht lediglich im Widerspruch zu abweichenden Ansichten in der übrigen Rechtsprechung.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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Negative Amtsgerichtsurteile in Regensburg
« Antwort #7 am: 02. April 2009, 15:49:32 »
@Black

Die Entscheidung ist in erster Linie verfassungswidrig, wie sich aus der Rechtsprechung des BVerfG ergibt. Private Karnkenversicherungen haben ebensowenig eine rechtlich abgesicherte  Monopolstellung wie Verkehrsflughäfen, deren einseitige Entgelterhöhungen der gerichtlichen Billigkeitskontrolle unterliegen (vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2007 - III ZR 277/06). Auch Freiberufler wie Ärzte, Architekten und Rechtsanwälte haben keine rechtlich abgesicherte Monopolstellung und gleichwohl unterliegen deren einseitigen Honorarfestsetzungen auf gesetzlicher Grundlage der gerichtlichen Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB (vgl. BGH, Urt. v. 08.11.2007 - III ZR 54/07; BGH, Urt. v. 04.12.2008 - IX ZR 219/07). Ohne dass Banken eine rechtlich eingeräumte  Monopolstellung hätten, unterliegen auch deren einseitige Zinsänderungen der gerichtlichen Billigkeitskontrolle (vgl. BGHZ 97, 212, 217 ff.; BGHZ 118, 126, 130 f.; BGH, Urt. v. 12.10.1993 – XI ZR 11/93, NJW 1993, 3257, 3258].


Ohne gesetzliches/ vertragliches einseitiges Leistungsbetimmungsrecht
ist der Versorger schon nicht berechtigt, die Entgelte einseitig zu erhöhen (vgl. BGH, Urt. v. 17.12.2008 - VIII ZR 274/06).

Der Versorger wäre in diesem Fall bis zur Vertragsbeendigung vertraglich verpflichtet gewesen, zu dem bei Vertragsabschluss vereinbarten Preis zu liefern, da er an die vertragliche Vereinbarung gem. § 433 Abs. 2 BGB gebunden ist (vgl. BGH, Urt. 19.11.2002- X ZR 243/01).

Besteht aber ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB, ist die unmittelbare Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB die unmittelbare Folge davon, so dass bei Unbilligkeitseinrede wegen § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB zwingend eine gerichtliche Billigkeitskontrolle erfolgen muss, andernfalls ein Verstoß u.a. gegen Art. 20, 19 IV GG vorliegt.

Offline Black

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Negative Amtsgerichtsurteile in Regensburg
« Antwort #8 am: 02. April 2009, 15:52:56 »
Woraus sollte sich eine Verfassungswidrigkeit ergeben?
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Offline RR-E-ft

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« Antwort #9 am: 02. April 2009, 15:57:58 »
@Black

Ich habe eine entsprechende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur unterlassenen gerichtlichen Billigkeitskontrolle von einseitigen Prämienerhöhungen der Krankenversicherung angeführt. Lesen und gedanklich einordnen müssen Sie diese schon selbst.

Offline Black

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Negative Amtsgerichtsurteile in Regensburg
« Antwort #10 am: 02. April 2009, 16:10:56 »
Na dann mal ab vor das Verfassungsgericht  :D
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Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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« Antwort #11 am: 02. April 2009, 16:16:40 »
Möglicherweise befindet sich die Entscheidung des AG Regensburg in der Berufung oder es wurde Gehörsrüge gem. § 321a ZPO erhoben. Es steht jedoch jedem Bürger frei, auch verfassungswidrige Entscheiungen gegen sich gelten zu lassen und diese nicht mit einem Rechtsmittel anzufechten, so dass sie (im Verhältnis der am Rechtsstreit beteiligten Parteien) in Rechtskraft erwachsen.

Offline reblaus

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Negative Amtsgerichtsurteile in Regensburg
« Antwort #12 am: 02. April 2009, 17:51:49 »
Zum Glück subsumiere ich nicht jeden Gedankengang unter ein mir bekanntes Gesetz, da würde ich kirre werden. Leute, wie dieser Regensburger Richter liegen möglicherweise in 99% der Fälle völlig falsch, aber mit dem einen Prozent, bei dem sie richtig liegen, verändern sie die Welt. 8)

Offline Black

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Negative Amtsgerichtsurteile in Regensburg
« Antwort #13 am: 02. April 2009, 18:16:21 »
Wenn man als Jurist nicht verstanden hat, dass es zu komplexen Rechtsproblemen verschiedene vertretbare Lösungsansätze geben kann, findet sich leicht in einer Welt voller \"offensichtlich falscher\" Urteile wieder, die natürlich alle die einzig wahre Rechtsmeinung verkennen. Das hilft jetzt zwar dem Kunden nicht weiter, bewahrt aber das eigene Weltbild.  ;)
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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Negative Amtsgerichtsurteile in Regensburg
« Antwort #14 am: 02. April 2009, 18:58:00 »
Nun ist immer noch nicht ersichtlich geworden, woraus sich ohne einseitiges Leistungsbestimmungsrecht- auf welches § 315 BGB unmittelbar zwingend anwendbar ist - im Widerspruch zu § 433 Abs. 1 BGB ein Preisänderungsrecht des Versorgers ergeben sollte, welches ihn von einer - so das Gericht zuvor  vertraglich getroffenen Preisvereinbarung -  entbinden könnte.

Einer der ältesten Rechtsgrundsätze überhaupt ist der, dass beide Vertragspartner an einen vertraglich vereinbarten Preis gleichermaßen gebunden sind, pacta sunt servanda.

Bemerkenswert ist an dieser Entscheidung, dass der Richter sich zunächst entgegen §§ 108, 102 EnWG für zuständig erklärt, um dann in einer umfangreichen Begründung darüber zu sinnieren, dass er die ihm gestellte Aufgabe nicht bewältigen könne. Dies ist so ungewöhnlich, dass es interessant wäre zu erfahren, was diesen Richter tatsächlich angetrieben haben mag. An Arbeitsüberlastung mag er wohl nicht gelitten haben.

Wo er aber soviel Zeit hatte, hätte er auch den Willen des Gesetzgebers ergründen können und sollen.

Dabei hätte er wohl auf die Frage stoßen müssen, was sich wohl der Gesetzgeber bei der Regelung des § 17 Abs. 1 Satz 3 GVV gedacht haben mag.

Zitat
§ 315 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bleibt von Satz 2 unberührt.

Der Gesetzgeber ging davon aus, dass dem grundversorgten Kunden die Unbilligkeitseinrede gem. § 315 BGB zusteht undzwar gegen die dort geregelten Rechnungen und Abschläge. Das ergibt sich aus der Gesetzesbegründung, die darauf verweist, dass dies schon der vorherigen Gesetzeslage entsprach.

 

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