Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Gewinne nicht gestiegen? - Der erste Blick trügt oft.
reblaus:
Leider muss ich meinen Eintrag vom 18.03.2009 korrigieren.
Eine WP-Bescheinigung kann zwar grundsätzlich dadurch auf ihre Plausibilität überprüft werden, indem man die Materialkosten vor dem bescheinigten Zeitraum von den Materialkosten nach dem bescheinigten Zeitraum abzieht. Die Differenz muss in etwa die bescheinigten Bezugskostensteigerungen pro kWh multipliziert mit dem Gesamtabsatz ergeben. Wichtig ist aber dabei, dass ab dem Jahr 2006 die gesondert ausgewiesene Erdgassteuer zu den Materialkosten des selben Jahres addiert wird.
Hintergrund ist, dass zum 1.07.2006 der Steuerschuldner für die Erdgassteuer nicht mehr der Erdgasimporteur sondern der regionale Gasversorger ist. Dies führt dazu, dass die Steuer für den Gasversorger nicht mehr Teil seiner Bezugskosten ist, und auch nicht mehr unter Materialaufwand verbucht wird. Um die Zahlen dennoch vergleichen zu können, muss der Betrag, der in der Bilanz danach separat ausgewiesen wird, zu den Materialkosten hinzugerechnet werden.
Ansonsten erhält man eine massive Verzerrung der Bezugskostensteigerungen, da die Steuer immerhin 0,55 ct./kWh ausmacht.
Soweit die WP-Bescheinigung den Systemwechsel zum 1.07.2006 umfasst, muss diese steuerliche Änderung auch bei der Berechnung der Bezugskostensteigerungen berücksichtigt werden, da die Bezugskosten nach dem 1.07.2006 die Erdgassteuer nicht mehr enthalten. Wenn die Änderung berücksichtigt wurde, sind zu den Bezugskosten 0,55 ct./kWh hinzuzurechnen, um den Vergleich mit dem Materialaufwand vornehmen zu können. Sollte die Änderung \"vergessen\" worden sein, hätten sich die Bezugskosten tatsächlich um 0,55 ct./kWh weniger erhöht als behauptet.
Weiterhin muss die Erhöhung der Mehrwertsteuer zum 1.01.2007 berücksichtigt werden. In der Gewinn- und Verlustrechnung werden alle Beträge ohne Mehrwertsteuer aufgeführt. Es muss daher beachtet werden, ob die behaupteten Bezugskostensteigerungen einschließlich Mehrwertsteuer oder als Nettobetrag berechnet wurden. Weiterhin ist zu kontrollieren, ob nicht etwa Nettobezugskostensteigerungen mit Bruttopreiserhöhungen verglichen wurden.
reblaus:
--- Zitat --- § 10 Abs. 3 EnWG
(3) Unternehmen, die im Sinne von § 3 Nr. 38 zu einem vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen verbunden sind, haben zur Vermeidung von Diskriminierung und Quersubventionierung in ihrer internen Rechnungslegung jeweils getrennte Konten für jede ihrer Tätigkeiten in den nachfolgend aufgeführten Bereichen so zu führen, wie dies erforderlich wäre, wenn diese Tätigkeiten von rechtlich selbständigen Unternehmen ausgeführt würden:
1. Elektrizitätsübertragung;
2. Elektrizitätsverteilung;
3. Gasfernleitung;
4. Gasverteilung;
5. Gasspeicherung;
6. Betrieb von LNG-Anlagen.
Tätigkeit im Sinne dieser Bestimmung ist auch jede wirtschaftliche Nutzung eines Eigentumsrechts an Elektrizitäts- oder Gasversorgungsnetzen, Gasspeichern oder LNG-Anlagen. Für die anderen Tätigkeiten innerhalb des Elektrizitätssektors und innerhalb des Gassektors sind Konten zu führen, die innerhalb des jeweiligen Sektors zusammengefasst werden können. Für Tätigkeiten außerhalb des Elektrizitäts- und Gassektors sind ebenfalls eigene Konten zu führen, die zusammengefasst werden können. Soweit eine direkte Zuordnung zu den einzelnen Tätigkeiten nicht möglich ist oder mit unvertretbarem Aufwand verbunden wäre, hat die Zuordnung durch Schlüsselung der Konten, die sachgerecht und für Dritte nachvollziehbar sein muss, zu erfolgen. Mit der Erstellung des Jahresabschlusses ist für jeden der genannten Tätigkeitsbereiche intern jeweils eine den in Absatz 1 genannten Vorschriften entsprechende Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung aufzustellen. Dabei sind in der internen Rechnungslegung die Regeln einschließlich der Abschreibungsmethoden anzugeben, nach denen die Gegenstände des Aktiv- und Passivvermögens sowie die Aufwendungen und Erträge den gemäß den Sätzen 1 bis 4 geführten Konten zugeordnet worden sind.
--- Ende Zitat ---
--- Zitat ---§ 10 Abs. 5 EnWG
(5) Der Auftraggeber der Prüfung des Jahresabschlusses hat der Regulierungsbehörde unverzüglich eine Ausfertigung des geprüften Jahresabschlusses einschließlich des Bestätigungsvermerks oder des Vermerks über seine Versagung zu übersenden. Die Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen für die einzelnen Tätigkeitsbereiche sind beizufügen. Unternehmen, die keine Tätigkeiten nach Absatz 3 ausüben, sind von der Verpflichtung nach Satz 1 freigestellt; die Befugnisse der Regulierungsbehörde bleiben unberührt. Geschäftsberichte zu den Tätigkeitsbereichen, die nicht in Absatz 3 Satz 1 aufgeführt sind, hat die Regulierungsbehörde als Geschäftsgeheimnisse zu behandeln.
--- Ende Zitat ---
Dies heißt doch mit anderen Worten, dass die Sparten GuV der unter Absatz 3 aufgeführten Tätigkeitsbereiche keine Geschäftsgeheimnisse darstellen.
Der Versorger muss diese Daten offenlegen, wenn sie zur Überprüfung seiner Angaben in einem Wirtschaftsprüfertestat erforderlich sind. Und das sind sie. Da nach § 275 Abs.2 Nr. 5a die Warenbezugskosten gesondert auszuweisen sind. Durch Vergleich verschiedener Jahre lässt sich so sehr genau die tatsächlichen Kostensteigerung bestimmen.
In einem Gerichtsverfahren ist weiterhin darüber zu entscheiden, ob und in welchem Umfang eine Offenlegungspflicht nicht besteht, wenn Geschäftsgeheimnisse betroffen sind. Hierfür ist § 10 EnWG heranzuziehen. Daraus ergibt sich eine Zuständigkeit nach § 102 EnWG.
RR-E-ft:
@reblaus
--- Zitat ---Original von reblaus
Der Versorger muss diese Daten offenlegen, wenn sie zur Überprüfung seiner Angaben in einem Wirtschaftsprüfertestat erforderlich sind. Und das sind sie.
--- Ende Zitat ---
Was wollen Sie nur immer mit den - zu bestreitenden - Angaben in einem Wirtschaftsprüfertestat, welches als Parteigutachten wegen de Grundsatzes der Beweisunmittelbarkeit gem. § 355 ZPO schon selbst kein zulässiges Beweismittel sein kann?
Schließlich hat der Versorger nicht die Plausibilität eines eingeführten Parteigutachtens, sondern die Billigkeit seiner getroffenen einzelnen Ermessensentscheidungen nachzuweisen !
Siehste hier.
Logisch sind die Angaben in den publizitätspflichtigen Spartenabschlüssen [vgl. nur § 114 EnWG iVm. § 9a EnWG 1998] keine Geschäftsgeheimnisse. Denn soweit eine gesetzliche Publizitätspflicht besteht, kann es sich denknotwendig um keine geschützten Geschäftsgeheimnisse handeln.
--- Zitat ---Der Bekl. hat zudem insbesondere bestritten, dass ein etwaiger Kostenanstieg nicht durch rückläufige Kosten bei anderen preisbildenden Kostenfaktoren des konkreten Preissockels (bestehend aus Grund- und Arbeitspreis) vollständig ausgeglichen bzw. überkompensiert werden konnte.
Nach dem bestrittenen Vortrag der Kl. sollen die Gasbezugspreise in 2004 weniger als 40 Prozent des geforderten Arbeitspreises ausgemacht haben.
Die Klägerin hat zur Entwicklung der weiteren preisbildenden Kostenfaktoren des vorliegend jeweils konkreten sog. Preissockels keinerlei Vortrag gehalten, obschon es – der Klägerin bekannt – für die Beurteilung der Billigkeit entscheidend darauf ankommt (vgl. BGH, Urt. v. 19.11.2008, VIII ZR 138/07 Tz. 39):
Eine auf eine Bezugskostensteigerung gestützte Preiserhöhung kann allerdings - wie die Revisionserwiderung zu Recht einwendet - unbillig sein, wenn und soweit der Anstieg durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen ausgeglichen wird (BGHZ 172, 315, Tz. 26). Unter diesem Gesichtspunkt müssen jedenfalls die Kostenbestandteile des Preissockels in die Beurteilung der Billigkeit der Preiserhöhung einbezogen werden, auch wenn dieser in seiner Gesamtheit, wie ausgeführt (oben unter 1), einer Billigkeitskontrolle entzogen ist (vgl. Dreher, ZNER 2007, 103, 107).
Zu den Kostenbestandteilen des Preissockels (bestehend aus Grund- und Arbeitspreis) des vom Bekl. zu zahlenden Tarifs (Arbeitspreis Stufe ...) zählen u. a.
- die Netzkosten, Kosten der des Messstellenbetriebs und der Messung und Abrechnung, die gem. § 40 Abs. 1 EnWG in den Verbrauchsabrechnungen gesondert auszuweisen sind,
- die Konzessionsabgaben, die gem. § 4 KAV gesondert auszuweisen sind,
- die Energiesteuern, die gesondert auszuweisen sind.
Die Klägerin kann vorliegend kein Geheimhaltungsinteresse für sich reklamieren.
Zunächst ist festzustellen, dass die Klägerin anders als andere Wirtschaftsunternehmen als gesetzlich versorgungspflichtiges Gasversorgungsunternehmen besonderen Publizitätspflichten unterliegt.
So hat die Klägerin etwa ihre netzbezogenen Daten gem. § 20 GasNZV und netznutzungsrelevanter Daten gem. § 21 GasNZV zu veröffentlichen.
Ebenso hat die Klägerin die Netzentgelte, welche als (kalkulatorische) Netzkosten in ihre Preiskalkulation einfließen, gem. § 27 Abs. 1 GasNEV zu veröffentlichen und die Kalkulation der Entgelte gem. § 28 GasNEV für einen sachverständigen Dritten ohne weitere Information vollständig nachvollziehbar zu dokumentieren. Die Grundsätze der Netzkostenermittlung sind in §§ 4 ff. GasNEV geregelt.
Zum preisbildenden Faktor Netzkosten kann nach alldem schon kein Geheimhaltungsbedürfnis bestehen, zumal Wettbewerber, die das Netz in Anspruch nehmen wollen nach der Rechtsprechung des BGH selbst dann Anspruch auf eine zivilrechtliche Billigkeitskontrolle der einseitig festgelegten Netzentgelte haben, wenn diese Netzentgelte mit behördlicher Genehmigung von der Beklagten festgesetzt wurden (vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2005 - KZR 36/04; Urt. v. 07.02.2006 - KZR 8/05 sowie KZR 9/05; BGH, Urt. v. 05.07.2005 - X ZR 60/04 unter II. 1 c).
Die Spartenabschlüsse Gas der Kl. sind gem. § 114 EnWG iVm. § 9a EnWG 1998 publizitätspflichtig und können deshalb keiner Geheimhaltung unterliegen.
Aus der Praxis der Regulierungsbehörden ist bekannt, dass etwa die Bundesnetzagentur die Kostenansätze der Gasversorgungunternehmen für die Netzkosten um bis zu 30 Prozent abgesenkt hat.
Demnach waren die Erdgaspreise deshalb bisher insgesamt überhöht kalkuliert und müssen abgesenkt werden (vgl. Säcker, RdE 2006, 65).
Die Klägerin kann sich vorliegend nicht auf ein geschütztes Geheimhaltungsbedürfnis berufen.
Die Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin hatten als integriertes Gasversorgungsunternehmen bereits nach § 114 EnWG iVm. § 9a EnWG 1998 (BGBl. I S. 730) in ihrer internen Buchführung getrennte Konten für die verschiedenen Bereiche Gashandels- und Vertriebsaktivitäten sowie für die Bereiche Speicherung sowie ein konsolidiertes Konto für Aktivitäten außerhalb des Erdgassektors zu führen, den Jahresabschluss in einer besonderen Form zu führen und eine Ausfertigung des Jahresabschlusses in der Hauptverwaltung zur Einsicht für jedermann bereit zu halten.
Die darin enthaltenen Wirtschaftsdaten der Klägerin unterliegen also einer gesetzlichen Publizitätspflicht und können deshalb keine Geschäftsgeheimnisse darstellen.
Ebenso keine Geschäftsgeheimnisse können die in die Tarifpreise einkalkulierten Verbrauchssteuern und Abgaben sein, also etwa die Erdgassteuer, die Konzessionsabgaben gem. Konzessionsabgabeverordnung usw. sein.
Ein anerkanntes Geheimhaltungsinteresse der Klägerin ergibt sich insbesondere nicht aus der Entscheidung des BGH vom 19.11.2008 – VIII ZR 138/07, in der es in Tz. 46 heißt:
Sollte es im weiteren Verlauf des Rechtsstreits darauf ankommen, rügt die Revision allerdings zu Recht, dass das Berufungsgericht ohne Weiteres davon ausgeht, die Beklagte müsse im Rechtsstreit uneingeschränkt ihre gesamte Kalkulation offen legen. Insofern lässt das angefochtene Urteil eine Klärung der Frage vermissen, bezüglich welcher Daten im Einzelnen ein durch Art. 12 Abs. 1 GG geschütztes Interesse der Beklagten an der Geheimhaltung dem Gericht, einem Sachverständigen, dem Kläger oder der Öffentlichkeit gegenüber besteht und inwiefern für die Beweisführung - auch unter Berücksichtigung der Ergebnisse der beantragten Zeugenvernehmung - gerade solche geschützten Daten einem Sachverständigen zugänglich gemacht werden müssten. Dafür bedarf es gegebenenfalls weiteren substantiierten Sachvortrags der Beklagten dazu, bei Offenlegung welcher konkreten Geheimnisse sie welche Nachteile zu befürchten hätte. Es ist jedoch rechtsfehlerhaft, jegliches Geheimhaltungsinteresse der Beklagten von vornherein mit der Begründung zu verneinen, dass eine vergleichbare umfassende Offenlegungspflicht alle Versorgungsunternehmen treffe.
Vorliegend handelt es sich bei der Klägerin unstreitig um ein kommunales Unternehmen der Stadt .... zum Zwecke der Erbringung von Leistungen der Daseinsvorsorge, welches von der Gemeinde beherrscht wird.
Die kommunale Energieversorgung fällt unter den Bereich der kommunalen Selbstverwaltung gem. Art. 28 Abs. 2 GG.
Die Klägerin kann sich für einen Schutz von Geschäftsgeheimnissen insbesondere nicht auf den Beschluss des BVerfG vom 14.03.2006 – 1 BvR 2087/03 (Telekom) berufen.
In dessen Absatz 72 heißt es ausdrücklich:
Die Grundrechtsfähigkeit der Beschwerdeführerin entfällt nicht deswegen, weil der Bund an dieser Anteile hält. Ein beherrschender Einfluss des Bundes auf die Unternehmensführung der Beschwerdeführerin, der die Beschwerdefähigkeit in Zweifel ziehen könnte, war schon auf Grund der Regelungen in § 3 des Gesetzes über die Errichtung einer Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost vom 14. September 1994 (BGBl I S. 2325) und in § 32 der Satzung der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost vom 14. September 1994 (BGBl I S. 2331) ausgeschlossen und ist nach der Privatisierung erst recht nicht begründet worden; er wird auch von keinem der Beteiligten geltend gemacht.
Vorliegend liegt der Fall ersichtlich anders. Die Klägerin wird als kommunales Unternehmen von der Stadt ... beherrscht.
Bei dieser Sachlage ist die Klägerin nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts schon nicht grundrechtsfähig. Ist die Klägerin demnach als kommunal beherrschtes Energieversorgungsunternehmen schon nicht grundrechtsfähig (BVerfG NJW 2000, 1783; BVerfGE 45, 63; BverfGE 95,172), so kann sie von vornherein nicht in einem Grundrecht aus Art. 12 GG betroffen sein.
Darüber hinaus lässt die Klägerin substantiierten Vortrag dazu vermissen, bezüglich welcher Daten im Einzelnen ein durch Art. 12 Abs. 1 GG geschütztes Interesse an Geheimhaltung bestehen könnte und bei Offenlegung welcher Daten sie welche Nachteile konkret zu befürchten hätte. Dabei ist auch beachtlich, dass es vorliegend um Daten aus der Vergangenheit geht, also nicht um aktuelle Daten.
Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 19.11.2008 – VIII ZR 138/07 Tz. 47 aufgezeigt, wie einem berechtigten Interesse an grundrechtlich geschützten Daten vorrangig Rechnung zu tragen ist:
Dabei ist zunächst eine Inanspruchnahme der prozessualen Möglichkeiten des Ausschlusses der Öffentlichkeit und der - strafbewehrten (§ 353d Nr. 2 StGB) - Verpflichtung der Prozessbeteiligten zur Geheimhaltung nach § 172 Nr. 2, § 173 Abs. 2, § 174 Abs. 3 Satz 1 GVG in Betracht zu ziehen. Es ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass ein solches Vorgehen geeignet ist, den Schutz der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zu gewährleisten, insbesondere, weil es sich bei der Gegenpartei nicht um einen Wettbewerber der Beklagten, sondern um einen Kunden handelt und folglich nicht schon die Bekanntgabe der Geheimnisse selbst eine Geheimnisverletzung zur Folge hätte.
Bei den von der Kl. vorgelegten WP- Bescheinigungen handelt es sich um keine zulässigen Beweismittel. Eine Verwertung derselben würde gegen Art. 103 GG verstoßen.
Selbst das Zeugnis des Ausstellers einer solchen Bescheinigung käme nicht als zulässiges Beweismittel in Betracht. Zum „Beweiswert“ solcher Bescheinigungen und \"Zeugen\" verweisen wir nochmals auf BGH, Urt. v. 02.06.2008 – II ZR 67/07:
[...] Diese Privatgutachten stellten - lediglich - qualifizierten Parteivortrag dar (BGH, Urt. v.14. April 1981 - VI ZR 264/79, VersR 1981, 576 f.; Zöller/Greger, ZPO 26. Aufl. § 402 Rdn. 2 m.w. Nachw.). Hiergegen hat die Beklagte (GA II, 23 bis 28 ) umfängliche Einwendungen erhoben. Die daraufhin von der Klägerin vorgelegte Gegenäußerung des Privatgutachters stellte wiederum nur Parteivortrag dar, dem sich das Berufungsgericht unter Verstoß gegen Art. 103 GG angeschlossen hat. Das Berufungsgericht hätte den qualifizierten Parteivortrag der Klägerin nur dann - wie geschehen - gemäß § 286 ZPO seiner Entscheidung zugrunde legen dürfen, ohne dadurch den Anspruch der Beklagten aus Art. 103 GG zu verletzen, wenn es eigene Sachkunde besaß und darlegte, dass es deswegen in der Lage war, die streitigen Fragen abschließend zu beurteilen (vgl. Sen.Beschl. v. 21. Mai 2007 - II ZR 266/04, ZIP 2007, 1524 ff., Tz. 9). Anderenfalls musste das Berufungsgericht, wie von den Parteien beantragt, zu dem tatsächlichen Wert der Grundstücke im Zeitpunkt der Veräußerung Beweis erheben durch Einholung des beantragten gerichtlichen Sachverständigengutachtens. [...]
--- Ende Zitat ---
Es geht auch nicht darum, ob der Gewinn in der Gassparte gestiegen ist, sondern darum, ob der Deckungsbeitrag im konkret betroffenen Vertragspreis, der sich zumeist aus Grund- und Arbeitspreis zusammensetzt, zwischenzeitlich gestiegen ist, was sich nur kontrollieren lässt, wenn die konkret preisbildenden Kostenfaktoren des konkreten Vertragspreises und deren zwischenzeitliche Entwicklung offen gelegt werden.
Dies gilt umso mehr, wenn verschiedene Kundengruppen zu unterschiedlichen Preisen beliefert werden und ein erheblicher Eigenverbrauch des Unternehmens (zB. für den Betrieb von gasbetriebenen KWK- Anlagen) besteht, weil es dann zu Quersubventionen innerhalb der Gassparte zu Lasten einer betroffenen Kundengruppe kommen kann. Bei solchen Quersubventionen innerhalb der Gassparte sind in der Regel die Kleinkunden die Gekniffenen. Innerhalb der Gruppe der Kleinkunden trifft es die mit dem geringsten Jahresverbrauch oft am Härtesten.
tangocharly:
Also das mit den WP-Testaten muß man sich so vorstellen:
(1) RR-E-ft verfasst im Forum einen Beitrag darüber, dass das Ei vor der Henne da war.
(2) Der Bekl. macht sich eine Copie von diesem thread und trägt im Prozess vor, RR-E-ft hat in seinen UNtersuchungen festgestellt, dass das Ei-vor-der-Henne da war und beruft sich zum Beweis dieser Tatsache auf
Beweis: Forumbeitrag RR-E-ft vom xxxx unter Nummer: 57873 in Copie anliegend;
(3) Das Gericht stellt fest: auf Grund der überzeugenden Ausführungen von RR-E-ft ist zur Überzeugung des Gerichts als bewiesen festgestellt, dass das Ei vor der Henne da war.
Würde das Gericht diesen bestrittenen Teil des Prozesses für wahr als bewiesen feststellen, dann hätte das Gericht in dieser Situation eine Feststellung getroffen, die es ohne eigene Sachkenntnis nicht feststellen durfte. Gegen den Prozessgegner kann nichts für wahr unterstellt werden, was sich nur aus dem eigenen Parteivortrag selbst ergibt.
Und wenn das Gericht die Ei-Henne-Frage aus eigener Sachkenntnis zu beurteilen wußte, dann muß es in seinem Urteil deutlich und ausführlich darstellen, worauf das Gericht sein Fachwissen aufbaute.
Die sachverständige Urkunde existiert in der Verfahrensordnung nicht (mal abgesehen davon, dass der gerichtlich bestellte Sachverständige sein Gutachten in schriftlicher Form zur Gerichtakte reicht. Dann haben wir aber nicht den Urkundenbeweis, sondern immer noch den Sachverständigenbeweis).
Schließlich kennt die Verfahrensordnung noch den sachverständigen Zeugen. Der ist aber im Prozess mündlich zu vernehmen. Dieser Zeuge geniesst, genauso wie der sonstige Zeuge, abgesehen von seiner Fachkenntnis, keine Privilegierung; jedenfalls ist auch dieser Zeuge auf seine Glaubwürdigkeit abzuklopfen, wie ein sogenannter \"Lager-Zeuge\", der beim Beweisführer seine Brötchen verdient (\"Wes Brot ich ess, des Lied ich sing\").
Halten wir fest:
(1) Der im Internet veröffentlichte thread von RR-E-ft hat keinen Beweiswert (dies kann man auch in BGH,19.11.2008, Az.: VIII ZR 138/07, Tz. 35 nachlesen: \"Zur Substantiierung ihres Vortrags hat die Beklagte ein diesen jedenfalls teilweise bestätigendes Testat einer Wirtschaftsprü-fungsgesellschaft vorgelegt\").
(2) Wenn RR-E-ft als sachverständiger Zeuge heran gezogen werden sollte, dann müßte erst einmal geklärt werden, woher RR-E-ft sein Fachwissen bezieht und ob deshalb seine etwaige Zeugenaussage als sachverständig qualifiziert werden kann.
(3) Schließlich müßte aufgeklärt werden, ob RR-E-ft vielleicht für die Fa. Barelli laufend Gutachten erstellt.
(4) Hilft dies alles nicht zu einer Überzeugung des Gerichts über die Beweisfrage, dann wird ein Sachverständiger durch das Gericht beauftragt.
Anm.: RR-E-ft möge mir diesen nicht ganz Ernst zu nehmenden Beitrag nicht übel nehmen.
RR-E-ft:
@tangocharly
Ich habe keinen Grund, etwas übel zu nehmen. Leider sind einige Gerichte entsprechend vorgegangen, was man kaum für möglich halten sollte.
Bei den WP- Bescheinigungen kann es sich allenfalls um substantiierten Parteivortrag handeln, der auf (substantiiertes) Bestreiten eines Beweises bedarf, der aus genannten Gründen nicht in der WP- Bescheinigung liegen kann. Oft ist schon das nicht der Fall, weil die WP- Bescheinigung nur als \"Beweismittel\" benannt wurde, welches sie schon nicht sein kann.
Dem Verbraucher muss es grundsätzlich möglich sein, die Tatsachen mit Nichtwisen zu bestreiten, schließlich handelt es sich zumeist um Tatsachen, die außerhalb seiner eigenen Wahrnehmung lagen und liegen, so dass er sein Bestreiten gar nicht weiter substantiieren kann.
Der Ersteller der WP- Bescheinigung kommt zumeist auch nicht als Zeuge in Betracht, weil er zu den maßgeblichen Tatsachen, auf welche es ankommen könnte, keine eigenen Wahrnehmungen hatte. Schließlich wurden ihm selbst nur nachträglich- nachdem die zu kontrollierende Ermessensentscheidung längst Geschichte ist - selektiv von der Partei Umstände mitgeteilt.
Das wäre so ähnlich, als wenn eine unfallbeteiligte Partei einem ihr bekannten Unfallsachverständigen der DEKRA den Unfall (natürlich unabdingbar aus ihrer Sicht) nachträglich schildert und dann diesen DEKRA- Mitarbeiter nach dessen Bezahlung durch die Partei (!) im Prozess als Zeugen für den Unfallhergang benennen wollte, bei dem dieser Sachverständige selbst nicht vor Ort war und den er nicht durch eigene Wahrnehmung erlebt hat. Möglicherweise kennt die Partei viele solcher Sachverständiger und hatte Dutzende von ihnen abgeklappert, die sich alle geweigert haben, in deren Sinne Feststellungen zu treffen. Nur einer fand sich gegen Bezahlung denn doch bereit... Der von der Partei beauftragte DEKRA- Mann kann also von Anfang an kein Zeuge für den eigentlichen Unfallhergang sein, ohne dass es auf seinen Sachverstand ankäme, der die eigene unmittelbare Wahrnehmung eines Geschehensablaufs nun einmal überhaupt nicht ersetzen kann.
Wer etwas über eine Reise zum Mond gelesen hat, war deshalb (zumeist) selbst noch nicht dort und kann die Situation vor Ort deshalb nicht aus eigener Wahrnehmung zutreffend bekunden.
Völlig verfehlt wäre es, wenn der \"Zeuge\" nun bekunden sollte, dass ihm alle maßgeblichen Umstände von der Partei (die ihn bezahlt hat) vollständig mitgeteilt worden seien. Solche \"Beweisangebote\" gab es auch schon.
Nach alldem braucht man also wohl jemand anders als Zeugen. Ob dieser Zeuge dann zudem mit Sachverstand gesegnet ist, steht wieder auf einem anderen Blatt.
Die WP- Bescheinigung kann man nach entsprechendem Bestreiten deshalb eigentlich vollständig ad acta legen.
Eine Beweisaufnahme kommt zudem erst in Betracht, wenn die maßgeblichen Tatsachen zunächst überhaupt substantiiert vorgetragen wurden, weil sie erst dann substantiiert bestritten werden können und erst hiernach eine Beweisaufnahme erforderlich ist.
Auch für ein gerichtliches Sachverständigengutachten müssen die maßgeblichen Anknüpfungstatsachen zunächst entsprechend vorgetragen sein. Alles andere liefe auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis hinaus.
Der Prozessgegner der beweisbelasteten Partei kann zudem gegenbeweislich ein gerichtlich einzuholendes Sachverständigengutachten anbieten, was die eigentlich beweisbelastete Partei dazu zwingen kann, diesem gerichtlich bestellten Sachverständigen die notwendigen Unterlagen zur Verfügung zu stellen, wenn sie nicht Gefahr laufen will, den Gegenbeweis zu vereiteln.
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