Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Gewinne nicht gestiegen? - Der erste Blick trügt oft.

<< < (5/12) > >>

nomos:

--- Zitat ---Original von RR-E-ft
@reblaus
Vollkommen richtig, was Sie zur Intention der Verpflichtung zur Aufstellung eines Jahresabschlussses schreiben. ......
--- Ende Zitat ---
Richtig, aber es handelt sich hier  nicht um freie Kapitalgesellschaften. Stadtwerke sind Zweckgesellschaften, denen sich Städte bedienen um ihre kommunalen Verpflichtungen zu erfüllen.

Da reicht das bisschen \"Offenlegung\" nicht.  Das ist auch keine rein privat- oder handelsrechtliche Frage. Es ist die Frage, was die Bürger und Verbraucher sich da auf Dauer so zumuten lassen und die ist auch politisch.

Außerdem empfiehlt sich mal in den diversen  Gesetzen und Verordnungen des kommunalen Wirtschaftsrechts nachzulesen:

z.B. Gemeindeordung BW  § 103  ff.   oder § 105

Die Regelungen sind halt in den Bundesländern nicht einheitlich, aber das sollte nicht davon abhalten.[/list]

reblaus:
@nomos
§ 103 Abs. 1 Nr. 5 b GemO BW bestimmt, dass privatwirtschaftlich betriebene Unternehmen der Gemeinde Ihre Geschäftszahlen gemäß HGB aufzustellen haben. Die Größenerleichterungen fallen hierbei weg. Aus dieser Vorschrift können Sie dann aber auch entnehmen, dass es keine umfangreicheren Veröffentlichungspflichten gibt. Es verbliebe als einzige Möglichkeit nach Art. 100 Abs. 1 GG, Art. 68 Abs. 1 Nr. 3 Verf BW eine konkrete Normenkontrolle durch den Staatsgerichtshof, was aussichtslos sein dürfte.

Ärgern Sie sich nicht über die Möglichkeiten, die man Ihnen verwehrt, sondern nutzen Sie diejenigen, welche man Ihnen gewährt.

@DocTom
Soweit sich an Ihrem Beispiel allgemeingültige Anregungen erläutern lassen, will ich Ihre Zahlen gerne aufnehmen. Eine konkrete Bilanzanalyse müssen Sie aber selber vornehmen oder vornehmen lassen.

Bei einem Monoversorger müssen Sie einfach alle Bilanzzahlen durch die abgesetzte Gasmenge dividieren, dann kommen Sie auf die Kosten pro kWh. Den Umsatz pro kWh vergleichen Sie mit Ihrem Gaspreis und stellen dadurch fest, ob es Gasverbraucher gibt, die erheblich weniger bezahlen müssen. Verändern sich diese Preisunterschiede über die Jahre erheblich zu Ihren Ungunsten, ist das ein Zeichen dafür, dass anderen Marktteilnehmer unzulässigerweise Vorzugskonditionen eingeräumt werden.

Bei den Kosten müssen Sie zwischen absatz- oder umsatzabhängigen Kosten z. B.  für den Gasbezug und relativ statischen Kosten z. B. für Verwaltung, Gasleitungen unterscheiden. Die Bezugskosten entwickeln sich entsprechend dem Gasabsatz. Die statischen Kosten bleiben von Absatzschwankungen durch milde oder strenge Winter unbeeinflusst. Auch Absatzsteigerungen durch Kundengewinne führen zuerst zu einer besseren Auslastung der Gasnetze und der Verwaltung, ohne deren Kosten zu erhöhen. Erst wenn die Gasleitungen vor Überbeanspruchung platzen und die Köpfe der Verwaltung wegen des Arbeitspensums rauchen, wird man die Kapazitäten erweitern.

Bei der Preiskalkulation wird der Versorger daher den Absatz bei durchschnittlichen Wetterverhältnissen zugrunde legen. Was bezogen auf die kWh zu Schwankungen dieser Preisbestandteile über die Jahre führen kann. Die Effizienzgewinne durch zusätzliche Kunden kann der Versorger erst in den Folgejahren bei der Kalkulation berücksichtigen.

Bei dem Betriebsführungsentgelt handelt es sich vermutlich um die Netzkosten, die zwischenzeitlich getrennt erfasst werden müssen. Dann ist es aber zulässig, diese Kosten nicht mehr bei Personal- und sonstigem Aufwand, sowie den Abschreibungen zu verbuchen, sondern in den Materialaufwand einzustellen (Aufwendungen für bezogene Leistungen). Bei der Ausgliederung einer Netzgesellschaft ist dies sogar zwingend. Die anderen Positionen reduzieren sich entsprechend.

Ob die so ermittelten Werte nun gut oder schlecht sind, erschließt sich Ihnen erst dann, wenn Sie diese Werte mit den Werten eines besonders preisgünstigen Versorgers und denen eines landesweit bekannten Abzockers vergleichen.

Sie dürfen Ihr Augenmerk auch nie auf eine Position alleine richten. Nur als Ganzes ergibt eine Bilanz ein Bild. Ein günstiger Preis führt zu geringerem Umsatz bei gleichem Absatz, das erhöht automatisch das Umsatz/Gewinnverhältnis. Das Rohmarge/Gewinnverhältnis kann hoch sein, wenn der preisgünstige Versorger kosteneffizient wirtschaftet oder aber wenn er hohe Preise verlangt und die Einnahmen verschwendet.

Eine Eigenkapitalrendite von 25% kann angemessen sein, wenn der Eigenkapitalanteil nur 6% beträgt und unverschämt, wenn das Unternehmen mit 60% Eigenkapital wirtschaftet.

Hat man es mit einem Multiversorger (nennt man die so?) zu tun, halte ich es für unbedenklich die Kosten anteilig zum Gasumsatz (der veröffentlicht werden muss) anzusetzen. Je geringer der Gasanteil am Gesamtumsatz ist, desto ungenauer wird diese Methode.

nomos:

--- Zitat ---Original von reblaus
Eine Eigenkapitalrendite von 25% kann angemessen sein, wenn der Eigenkapitalanteil nur 6% beträgt und unverschämt, wenn das Unternehmen mit 60% Eigenkapital wirtschaftet.
--- Ende Zitat ---
@reblaus, Ihr Ansatz ist in Ordnung, ich bin bei Ihnen, aber es ist nicht der einzige. Wenn Sie schon selbst auf die minimalen Veröffentlichungspflichen abstellen, ist das eine einseitige Angelegenheit. Selbst der Zugang zu Zahlen die Sie für Ihren Ansatz benötigen (Mengenmäßiger Umsatz etc.), werden heute erschwert.  Sorry, wenn ich hier daher nochmal auf andere Meinungen verweise, die ich teile. Für kommunale Stadtwerke sehe ich gerade bei der Eigenkapitalverzinsung andere Maßstäbe. Das Thema ist nicht wirklich neu:

Petition gegen überhöhte Gewinne

Hier finden Sie die juristisch begründete Meinung zur begrenzten Eigenkapitalrendite von Stadtwerken.

Wenn ich dann nochmal  auf \"meine\" Stadtwerke als Beispiel verweisen darf. Wenn man berücksichtigt, dass von rund 38 Mio. € Eigenkapital lediglich 4 Mio. € aus der ursprünglichen Zeichnung stammen, der Rest in Monopolzeiten über die Preise \"erwirtschaftet\"  wurde und dann dazu noch die in der Holding verblieben und zweckfremd verwendeten Teile gerechnet werden, dann kommt einem das EnWG wieder richtig märchenhaft vor. Angemessene Preise unter Wettbewerbsgesichtspunkten bzw. der Billigkeit nach § 315 BGB?

Betriebswirtschaftliche notwendig sind solche Renditen für die Zweckerfüllung \"Energieversorgung\" nicht. Die zweckfremde Verwendung der   \"erwirtschafteten\" Mittel sind Beweis genug.  Man hat bei der Ablehnung der Petititon auch mit kalkulatorischen und fiktiven Zahlen gearbeitet. Verstanden haben die Entscheider vermutlich wenig. Dass der Jahresabschluss ebenfalls von Wirtschaftsprüfern testiert wird, und die Rechnung der Eigenkapitalrendite keine seitenlangen Abhandlungen bedarf, hat die Politiker nicht berührt.  Da sind die Bedingungen wohl noch schlechter (Sachkundige Richter).  Hoffnung zeigt dieser Beitrag des BdEV. Vielleicht kommt es in Zukunft doch auf faktische und nicht auf fiktive Zahlen an. [/list]

RR-E-ft:
@nomos

Die Festlegung von zulässigen Erlösobergrenzen ist Aufgabe des Kartellrechts.

reblaus:
@nomos
Ich wusste schon warum ich die Problematik der Eigenkapitalrendite angesprochen habe. Nirgendwo wird mehr an der Realität vorbeidiskutiert als bei diesem Thema. Folgendes Beispiel:

Gasversorger A:

150 Mio Umsatz

60 Mio Eigenkapital (entspricht 60%)
40 Mio Fremdkapital
100 Mio Gesamtkapital

2,8 Mio Zinsen auf Fremdkapital (Zinssatz 7%)
15 Mio Gewinn vor Steuern (entspricht 25% Eigenkapitalrendite)

17,8 Mio Gewinn vor Zins und Steuer
10% Umsatzrendite
17,8% Gesamtkapitalrendite

Gasversorger B:

150 Mio Umsatz

6 Mio Eigenkapital (entspricht 6%)
94 Mio Fremdkapital
100 Mio Gesamtkapital

6,58 Mio Zinsen auf Fremdkapital (Zinssatz 7%)
1,5 Mio Gewinn vor Steuern (entspricht 25% Eigenkapitalrendite)
8,08 Mio Gewinn vor Zins und Steuer
1% Umsatzrendite
8,1% Gesamtkapitalrendite

Sie erkennen hoffentlich, dass die Eigenkapitalrendite für sich allein gesehen überhaupt nichts aussagt. Das ist mit zahlreichen Bilanzkennziffern ähnlich. Ich verstehe, wenn ein Fachanwalt für Verwaltungsrecht einen solchen Fehler begeht. Schleierhaft ist mir, wenn dieser Schwachsinn im Handelsblatt oder der FTD unreflektiert nun schon seit Jahren diskutiert wird.

Nur am Rande, man kann die notwendigen Renditen eines Unternehmens nicht mit den Zinssätzen von Kommunalkrediten vergleichen. Der Zinssatz einer Investition muss das Risiko der Investition wiederspiegeln. Kommunalkredite sind das sicherste Investment das es gibt. Der Betrieb eines Gasversorgers ist mit einem deutlich höheren wirtschaftlichen Risiko verbunden, das muss sich in einem Renditeaufschlag niederschlagen, sonst ist der Versorger bei der kleinsten wirtschaftlichen Eintrübung sofort pleite.

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