Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Kartellrecht

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Ronny:
Ich kann ja in Grenzen nachvollziehen, dass Herr Fricke die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes negiert, soweit diese für ihn nicht von Vorteil ist. Das führt zwar nicht gerade zur neutralen Information hier im Forum, aber sei´s drum.

Umso schwerer verständlich ist, warum sich Herr Fricke derart vehement gegen die Vorschläge von Reblaus wehrt, schließlich könnten sie sich (vielleicht) als wirksame juristische Waffe für die Gaskunden erweisen.

Sollte Herrn Fricke hier etwa eine Laus über die Leber gelaufen sein, weil jemand anderes mal eine gute Idee hatte?

Das wird doch wohl keine gekränkte Eitelkeit sein ...


Ronny

RR-E-ft:
Es ist (für mich) wie umfassend dargelegt nicht recht nachvollziehbar, dass die etwaige Nichtigkeit eines Vorlieferantenvertrages für den Versorgungsunternehmen oder dessen Kunden bei einseitigem Leistungsbestimmungsrecht iSv. § 315 BGB zu einem unabänderlichen (stabilen) Gaspreis führen könnte. Insbesondere ist nicht ersichtlich, wer dann auf welcher Grundlage auf den Änderungen der BAFA- Erdgasimportpreise sitzen bleiben sollte. Die Behörde, die am ehesten über alle notwendigen Informationen verfügen könnte, legt ihren Entscheidungen eine solche Überlegung ersichtlich auch nicht zu Grunde. Möglicherweise erbringt reblaus schon bald den Nachweis der Praktikabilität seiner Überlegungen. Er vermittelt den Eindruck, mit diesen weit vorangeschritten zu sein. Dann wird man sich ein solches Ergebnis unvereingenommen ansehen können.

Wie es sich mit Preisänderungen gegenüber Kunden  verhält, denen gegenüber kein wirksames Preisänderungsrecht besteht, wurde auch bereits entschieden (BGH, Urt. v. 29.04.2008, KZR 2/04; BGH, Urt. v. 17.12.2008, VIII ZR 274/06; BGH, Urt. v. 20.07.2005, VIII ZR 199/04). Auf die Frage, ob und auf welcher Grundlage Kosten gestiegen sind, kommt es in diesen Fällen  regelmäßig überhaupt nicht an, so dass dahingehende Überlegungen in dieser Konstellation obsolet sind.


Eine vollkommen andere Frage ist es wiederum, ob der von einem marktbeherrschenden Unternehmen geforderte Preis im Sinne des Kartellrechts missbräuchlich überhöht ist und deshalb ein Schadensersatzanspruch des betroffenen Kunden gem. § 33 GWB selbst dann bestehen kann, wenn der Preis zwischen Versorger und Kunde vertraglich vereinbart wurde und kraft dieser vertraglichen Vereinbarung gerade keiner Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB  unterliegt.

Als gesichert erscheint, dass eine (wegen eines bestehenden einseitigen Leistungsbestimmungsrechts iSv. § 315 Abs. 1 BGB dem Grunde nach zulässige) einseitige Leistungsbestimmung gem. § 315 Abs. 2 BGB , die zu einem kartellrechtswidrig überhöhten Preis führt, gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht im Rahmen der Billigkeit liegen kann (BGH, Urt. v. 29.04.2008, KZR 2/07 Tz. 15) und dass bei Vorliegen der übrigen Tatbestandsvoraussetzungen einer solchen deshalb (auf Antrag) eine Ersatzbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB zu treffen ist (BGH, Urt. v. 02.10.1991, VIII ZR 240/90 am Ende).


--- Zitat --- BGH, Urt. v. 29.04.2008, KZR 2/07 Tz. 15
Zwar nimmt das Berufungsgericht zu Recht an, dass eine Preiserhöhung, mit der die Beklagte ihre marktbeherrschende Stellung missbrauchen würde, auch vertragsrechtlich nicht angemessen wäre und nicht der Billigkeit im Sinne des § 315 BGB entspräche.
--- Ende Zitat ---

Unbilligkeit im Sinne von § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB bedeutet eine besondere Form der Unwirksamkeit, jedoch keine unbedingt endgültige Nichtigkeit.


--- Zitat ---BGH, Urt. v. 02.10.1991, VIII ZR 240/90 am Ende
Zu Recht hat es das Berufungsgericht auch abgelehnt, die Preisbestimmung selbst durch Urteil zu treffen (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB). Das ist nur zulässig, wenn die Bestimmung durch die dazu befugte Partei nicht der Billigkeit entspricht oder verzögert wird und eine hinreichende tatsächliche Grundlage für eine ersetzende gerichtliche Bestimmung vorhanden ist. Eine Verzögerung liegt ersichtlich nicht vor. Ob und gegebenenfalls inwieweit die Preisfestsetzung der Klägerin unbillig ist, kann dagegen wegen  des zur Nachprüfung ungeeigneten Vortrags der Klägerin nicht beurteilt werden.
--- Ende Zitat ---

reblaus:
@RR-E-ft
Bauen Sie mal eine Mauer zwischen Art. 81 EG, § 1 GWB einerseits und Art. 82 EG und § 19 GWB andererseits, am besten aus Stahlbeton und mit Stacheldraht bewehrt.

Verstöße gegen Art. 81 EG, § 1 GWB zielen auf die Beseitigung eines freien Marktes. Ein solcher Verstoß stellt eine Verletzung des Art. 12 GG dar, weil dadurch die Gewerbefreiheit in ihrem Kern angegriffen wird.

Dagegen regeln Art. 82 EG und § 19 GWB die Ausbeutung einer legal erlangten und legal bestehenden marktbeherrschenden Stellung. Der Unrechtsgehalt eines solchen Verstoßes ist von einer weit geringeren Qualität als der Versuch, den freien Marktzutritt anderer zu beseitigen oder einzuschränken.

Aus diesem Grund ist in Art. 81 Abs. 2 EG bestimmt, dass Verstöße nach Absatz 1 nichtig sind. Aus diesem Umstand leitet der EuGH die Sonderstellung des Art. 81 EG her.


--- Zitat ---EuGH C-453/99
20 Zweitens stellt Artikel 85 EG-Vertrag, wie sich aus Artikel 3 Buchstabe g EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe g EG) ergibt, eine grundlegende Bestimmung dar, die für die Erfuellung der Aufgaben der Gemeinschaft und insbesondere für das Funktionieren des Binnenmarktes unerlässlich ist (siehe Urteil vom 1. Juni 1999 in der Rechtssache C-126/97, Eco Swiss, Slg. 1999, I-3055, Randnr. 36).
21 Die Bedeutung dieser Bestimmung hat die Verfasser des EG-Vertrags im Übrigen dazu veranlasst, in Artikel 85 Absatz 2 EG-Vertrag ausdrücklich anzuordnen, dass die nach diesem Artikel verbotenen Vereinbarungen oder Beschlüsse nichtig sind (siehe Urteil Eco Swiss, Randnr. 36).
22 Diese Nichtigkeit, die von jedem geltend gemacht werden kann, hat das Gericht zu beachten, sofern der Tatbestand des Artikels 85 Absatz 1 erfuellt ist und die betroffene Vereinbarung die Gewährung einer Freistellung gemäß Artikel 85 Absatz 3 EG-Vertrag nicht rechtfertigen kann (zu dem letztgenannten Punkt siehe u. a. Urteil vom 9. Juli 1969 in der Rechtssache 10/69, Portelange, Slg. 1969, 309, Randnr. 10). Da die Nichtigkeit nach Artikel 85 Absatz 2 absolut ist, erzeugt eine nach dieser Vorschrift nichtige Vereinbarung zwischen den Vertragspartnern keine Wirkungen und kann Dritten nicht entgegengehalten werden (siehe Urteil vom 25. November 1971 in der Rechtssache 22/71, Béguelin, Slg. 1971, 949, Randnr. 29). Darüber hinaus erfasst diese Nichtigkeit die getroffenen Vereinbarungen oder Beschlüsse in allen ihren vergangenen oder zukünftigen Wirkungen (siehe Urteil vom 6. Februar 1973 in der Rechtssache 48/72, Brasserie de Haecht II, Slg. 1973, 77, Randnr. 26).
(…)
31 Ebenso wenig verbietet das Gemeinschaftsrecht, sofern die Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität beachtet werden (siehe Urteil Palmisani, Randnr. 27), dass das innerstaatliche Recht einer Partei, die eine erhebliche Verantwortung für die Wettbewerbsverzerrung trägt, das Recht verwehrt, von ihrem Vertragspartner Schadensersatz zu verlangen. Nach einem in den meisten Rechtssystemen der Mitgliedstaaten anerkannten Grundsatz, den der Gerichtshof bereits angewandt hat (siehe Urteil vom 7. Februar 1973 in der Rechtssache 39/72, Kommission/Italien, Slg. 1973, 101, Randnr. 10), darf ein Einzelner nämlich nicht aus seinem eigenen rechtswidrigen Verhalten Nutzen ziehen.
(…)
33 Insbesondere hat dieses Gericht zu prüfen, ob die Partei, die durch den Abschluss eines Vertrages, der den Wettbewerb beschränken oder verfälschen kann, angeblich einen Schaden erlitten hat, der anderen Partei eindeutig unterlegen war, so dass ihre Freiheit, die Vertragsbedingungen auszuhandeln, und ihre Fähigkeit, insbesondere durch den rechtzeitigen Einsatz aller ihr zur Verfügung stehenden Rechtsschutzmöglichkeiten den Schadenseintritt zu verhindern oder den Schadensumfang zu begrenzen, ernsthaft beschränkt oder nicht vorhanden gewesen waren.
--- Ende Zitat ---
Es ist für mich nicht nachvollziehbar warum Sie bei einer Nichtigkeit der Leistungsbestimmung so zimperlich sind, den Versorger auf seinen Kosten sitzen zu lassen. An anderer Stelle haben Sie doch bereits das Zeitalter der Rückforderung ausgerufen. Dort scheint der unverhoffte und unverdiente Vorteil eines unwirksam vereinbarten Leistungsbestimmungsrechts, bei dem ein Anfangspreis vertraglich bestimmt war, Ihre Vorstellungen von Anstand und Moral oder gar Ihre Besorgnis über das finanzielle Wohlergehen eines Versorgers nicht in den Grundfesten zu erschüttern.
 
Der Gesetzgeber teilt Ihre Ansichten nicht, und sieht z. B. bereicherungsrechtliche Ausgleichsansprüche bei  Gesetzesverstößen nach § 817 BGB nicht vor. Auf welche gesetzliche Grundlage Sie sich bei Ihren Bedenken berufen, teilen Sie nicht mit (wenn man mal von Ihrer Idee § 315 BGB sei lex spezialis von § 138 BGB mangels Ernstlichkeit absieht).

Dem Gasversorger stand frei, gesetzeskonforme Bezugsverträge abzuschließen bzw. Rechtsschutz gegen kartellrechtswidrige Verträge in Anspruch zu nehmen. Dann hatte er die Möglichkeit gehabt, seine Preise um die gestiegenen Bezugskosten zu erhöhen. Diese legale Möglichkeit hat er aus freien Stücken nicht genutzt. Da braucht dann niemand ein schlechtes Gewissen zu haben, dass er auch auf den Kosten sitzen bleibt, die er hätte weitergeben können. Er hat es nicht getan!!!! Das ist entscheidend.

@ronny
Es freut mich natürlich, dass meine Thesen auch auf unvoreingenommene Ohren treffen. Darum geht es mir ja, nicht darum irgendwelche Eitelkeiten zu kränken. Ich möchte aber nicht verhehlen, dass meine Theorie in einem Verfahren auf weit erbitterteren Widerstand stoßen dürfte, als RR-E-ft jemals in der Lage sein wird zu leisten. Insoweit ist jedes konträre Argument Gold wert. Nur wer die Schritte des Gegners vorher erkennt, kann sich darauf vorbereiten.

RR-E-ft:
@reblaus
Ich habe auch Ihre neuerlichen Behauptungen nicht verstanden, lasse mich aber ggf. gern überzeugen, wenn Sie mit einem praktisch Ergebnis aufwarten.


--- Zitat ---Verstöße gegen Art. 81 EG, § 1 GWB zielen auf die Beseitigung eines freien Marktes. Ein solcher Verstoß stellt eine Verletzung des Art. 12 GG dar, weil dadurch die Gewerbefreiheit in ihrem Kern angegriffen wird.
--- Ende Zitat ---
Wer soll dabei konkret wodurch in seinem Grundrecht aus Art. 12 GG verletzt sein?

schmidol:
Meine sehr geehrten Damen und/ oder Herren, Ihr Beiderseitiges Imponiergehabe auf rechtlichem Gebiet ist zunehmend unertraeglich. WIR Verbraucher haben verstanden, sie scheinen sich wohl etwas auszukennnen, aber geholfen haben Sie noch Niemanden. Konzentrieren Sie sich doch bitte darauf worum es hier geht, die Anwaelte der Energiekonzerne duerften sich aufrund Ihrer \"Erguesse\" hier nun herzlich auf die Schenkel klopfen. Danke fuer Ihr Verstaendnis.

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