Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Kartellrecht
reblaus:
Bei der Verwirkung kommt es doch auch darauf an, dass der Gasversorger darauf vertrauen darf, der Kunde werde seine Rechte nicht mehr geltend machen. Dieses Vertrauen ist aber nicht berechtigt, wenn der Versorger nicht redlich war.
In der Gaspreisdiskussion wurde zwar viel über Missbrauch der Marktstellung, Monopole etc. gewettert, der entscheidende Beschluss des BGH, B. v. 10.02.2009 KVR 67/07 hierzu ist aber still und leise hingenommen worden.
Schon im Laufe des Jahres 2007 hat das Bundeskartellamt sämtlichen Gasimporteuren und allen regionalen Ferngasgesellschaften untersagt, aus bestehenden langfristigen Lieferverträgen mit Orts- oder Regionalgasunternehmen zukünftig irgendwelche Rechte geltend zu machen. Insgesamt sind von den Beschlüssen 67% des Gasverbrauchs in Deutschland betroffen. Sämtliche Beschlüsse sind auf den Internetseiten des Bundeskartellamts veröffentlicht (liest sich wie ein Krimi).
Da die Lieferverträge auch von den Regional- und Ortsgasunternehmen unterschrieben wurden, kann man davon ausgehen, dass sich diese zumindest fahrlässig an dem Gaskartell beteiligt haben. Wenn dem so ist, steht aber jedem Verbraucher ein Schadensersatzanspruch nach § 33 GWB gegen seinen Gasversorger zu.
Da die Verjährungsfrist erst nach Bestandskraft der Beschlüsse des Bundeskartellamtes im Herbst 2007 zu laufen beginnt, können sich all die Gasversorger, die an dem Kartell beteiligt waren, nicht auf einen Vertrauenstatbestand berufen, solange die Schadensersatzansprüche aus ihrem Fehlverhalten noch nicht verjährt sind.
Wer nicht weiß, ob der Liefervertrag des eigenen Gaswerks von den Beschlüssen des Kartellamtes betroffen ist, kann sich dort ja mal informieren.
RR-E-ft:
@reblaus
Dis Diskussion, die Sie hier aufmachen, betrifft etwaige kartellrechtliche Schadensersatzansprüche der Kunden marktbeherrschender Gasversorgungsunternehmen gem. §§ 33, (29) GWB. Solche haben mit unserer Diskussion an dieser Stelle nichts zu tun. Denn es geht ja nicht darum, wann solche auf das Wettberbsgesetz gestützten Schadensersatzansprüche der betroffenen Kunden verwirkt sind.
Black:
--- Zitat ---Original von reblaus
Da die Lieferverträge auch von den Regional- und Ortsgasunternehmen unterschrieben wurden, kann man davon ausgehen, dass sich diese zumindest fahrlässig an dem Gaskartell beteiligt haben. Wenn dem so ist, steht aber jedem Verbraucher ein Schadensersatzanspruch nach § 33 GWB gegen seinen Gasversorger zu.
--- Ende Zitat ---
Wer sich von einem (mutmaßlichen) Monopolisten beliefern läßt nimmt fahrlässig an einem Kartell teil?
RR-E-ft:
@Black
Wer soll sich in diesem Zusammenhang von welchem Monopolisten beliefert lassen haben?
Oft bestehen seit langem parallele Leitungen verschiedener Gasgroßhändler nebeneinander, etwa in Thüringen EVG und Wingas.
reblaus:
Nein, nein! Das Thema dieser Diskussion interessiert mich schon ungemein.
Wenn die Billigkeitseinrede nicht verwirkt ist entsteht nämlich kein Schaden. Diese Lösung würde ich daher vorziehen.
Der Gasversorger stützt sich bei seiner angeblich billigen Preiserhöhung auf gestiegene Bezugspreise. Wenn aber sein Bezugsvertrag mit dem Vorlieferanten wegen Verstoßes gegen Art. 81 EG nichtig ist, trifft ihn daran ein zumindest fahrlässiges Mitverschulden, weil er den Vertrag unterzeichnet hat (EuGH Slg. 2001, I-6297, Rn. 26 = GRUR 2002, 367). Aufgrund dieses Fehlverhaltens wird er in aller Regel nicht redlich sein, und kann sich nicht auf die Verwirkung der Billigkeitseinrede berufen.
Anderenfalls wäre der Verbraucher auf die Geltendmachung von Schadensersatz angewiesen. Dies würde aber die Durchsetzung seiner Rechte aus Art. 81 EG schon aus Beweisgründen übermäßig erschweren und gegen den Effektivitätsgrundsatz des EuGH verstoßen.
@ Black
Verträge die den Gasbezug von 100% des Belieferten umfassen und länger als zwei Jahre Laufzeit haben, oder mindestens 80% des gesamten Gasbezuges umfassen und eine Laufzeit von mehr als vier Jahren haben und zusätzlich ein Lieferumfang von mindestens 250 GWh Gas vereinbart wurde verstoßen wegen Marktverschlusses gegen Art. 81 EG, § 1 GWB und sind nichtig.
Wenn der Vorstandsvorsitzende eines Ortsgasunternehmens mit vorgehaltener Waffe gezwungen wurde einen solchen Vertrag zu unterzeichnen, und anschließend ins Verlies gesteckt wurde, um kein Gericht anrufen zu können, dann ist dieses Gasunternehmen vollkommen unschuldig. Bei allen anderen bin ich mir da nicht so sicher.
Eigentlich sollte das jeden Gasverbraucher zum Jubeln bringen.
Navigation
[0] Themen-Index
[#] Nächste Seite
Zur normalen Ansicht wechseln