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Autor Thema: Verjährung von Rückforderungsansprüchen der Sondervertragskunden - Zeit der Gegenrechnungen  (Gelesen 200743 mal)

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Offline Münsteraner

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@ Christian Guhl
In meinem Fall ginge es da schon um mehrere Tausend.

@ reblaus
Hätten Sie zu den genannten Entscheidungen (Hamm, etc.) auch die Aktenzeichen? Oder noch besser einen Link auf die Urteile?

Offline Gas-Rebell

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Ich hab übrigens mal ein Muster zusammengebastelt, wie ein Rückforderungsschreiben evtl. aussehen könnte.

Hintergrund war auch der Gedanke, dass es vielleicht ganz sinnvoll ist, dies erst einmal selbst zu fertigen. Denn wenn sich das EVU (um Öffentlichkeit zu vermeiden) auf eine stille, außergerichtliche Einigung einlassen sollte, dann wären die Anwaltskosten für das Aufforderungsschreiben nicht erstattungsfähig.

Also hier das Muster (mit Bitte um Verbesserungsvorschläge jedweder Art):

Zitat
Sehr geehrte Damen und Herren,

vom ... bis zu Ihrer Vertragskündigung zum .... bestand zwischen Ihnen und mir ein Vertragsverhältnis (Sondervertrag) über den Bezug von Erdgas. Im Hinblick darauf mache ich – vorbehaltlich weiterer Gründe - folgende Rückzahlungsansprüche geltend.  

Wie mir erstmals 2008 durch Medienberichte über die Rechtssprechung des BGH zur Inhaltskontrolle von Preisanpassungsklauseln in Gas-Sonderverträgen (Az. ......) bewusst wurde, habe ich auf die von Ihnen nach Vertragsbeginn vorgenommenen Preiserhöhungen Zahlungen geleistet, ohne dass hierfür ein Rechtsgrund vorlag.

Denn eine einvernehmliche Parteienvereinbarung über nachträgliche Preisanhebungen liegt nicht vor. Die im Vertrag vom ... enthaltene Preisanpassungsklausel ist nämlich unwirksam. (Hier weiter mit ausführlichem BGH-Zitat insbesondere zu Benachteiligung durch nicht enthaltene Preissenkungsverpflichtung und Verletzung des Transparenzgebots)  

Aus der mir bis 2008 nicht bekannten Rechtsgrundlosigkeit meiner Zahlungen auf Ihrerseits verlangte Preiserhöhungen ergibt sich nach § 812 BGB ein Herausgabeanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung, der sich unter Berücksichtigung der gesetzlichen Verjährungsregeln im Einzelnen wie folgt errechnet:

Im Zeitraum von ... bis ... habe ich an Sie aufgrund der festgestelten Verbräuche und gemäß beiliegender Zahlungsaufstellung insgesamt einen Betrag von ... Euro gezahlt Wirksam vereinbart war aus oben genannten Gründen für die ermittelten Verbräuche jedoch nur der mit Vertragsbeginn vereinbarte Preis von ... je kWh, sodass ich Ihnen für den Vertragszeitraum insgesamt nur einen Betrag von .... schulde. Die Differenz zu meinen tatsächlichen, ohne Rechtsgrund erfolgten Zahlungen i.H.v. ... Euro  ist mir nach § 812 BGB herauszugeben.  

Ich bitte insoweit höflich, mir die Summe von ... Euro zwecks Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung innerhalb einer Eingangsfrist bis zum ....  auf mein Konto ... bei ... BLZ zu überweisen.  

Im Falle der außergerichtlichen Streitbeilegung bin ich gern bereit, über diese Abrede und Ihre Zahlung Stillschweigen zu bewahren. Im Streitfalle ließen sich ein erhöhtes Öffentlichkeitsinteresse und daraus resultierende Nachahmerklagen dagegen wohl nicht vermeiden.    

Mit freundlichen Grüßen

Offline Münsteraner

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@ Gas-Rebell

Nicht übel. ;)

Allerdings fällt mir auf: Wenn jemand in 2008 Kenntnis davon erlangt haben sollte, dass Zahlungen auf Preiserhöhungen ohne Rechtsgrund dastehen, dann müsste er auch sofort alle weiteren Überzahlungen eingestellt haben. Denn ansonsten müsste er sich gemäß § 814 BGB entgegen halten lassen, dass insoweit eine Rückforderung ausscheidet, weil er in Kenntnis der Rechtsgrundlosigkeit geleistet hat.

@ reblaus
Wobei der Inhalt von § 814 BGB ja durchaus auch ein Hinweis darauf sein könnte, dass es dem Gesetzgeber gerade (vgl. AG Dannenberg) auf den Apekt der Kenntnis bzw. auch Nichtkenntnis der Rechtsgrundlosigkeit ankam.

Offline reblaus

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@münsteraner
Es geht um die Kenntnis aus § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Hier stand bisher zur Diskussion, ob es auf die Kenntnis des Wortlauts der Klausel ankomme, und es sich bei der Tatsache, dass die Klausel unwirksam ist, um einen unbeachtlichen Rechtsirrtum handele, was die 10-jährige Verjährungsfrist ausgeschlossen hätte. Die Kenntnis von der Klausel hat der Kunde schon bei Vertragsschluss erhalten, und der liegt länger als drei Jahre zurück.

Laut AG Dannenberg ist aber die Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit der Jahresabrechnung maßgeblich. Da handelt es sich um eine zu beachtende Kenntnis des Sachverhalts.

Offline AKW NEE

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Offline reblaus

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@AKW NEE
Das Gericht wird nicht mehr hinter seine eigene rechtliche Einschätzung zurückfallen.

Die berechtigte Frage ist natürlich, ob die Auffassung einer Revision standhält.

@Münsteraner

OLG Hamm Urt. vom 29. Mai 2009 - Az. I- 19 U 52/08
OLG Koblenz Urt. vom 12. Februar 2009 - Az. U 781/08 (Kart)
OLG Frankfurt Urt. vom 4. November 2008 - Az: 11 U 60/07 (Kart)
OLG Oldenburg Urt. vom 5. September 2008 - Az: 12 U 49/07

Die Urteile sind in der Datenbank des Forums veröffentlicht.

Offline AKW NEE

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@reblaus
Auf Grund eines Beitrages hier konnte der Eindruck entstehen, als es bei einer Revision um den Streitwert dieses Teilurteils gehen würde, deshalb mein Hinweis.

Offline Münsteraner

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@ reblaus

Danke für die Urteilshinweise.

Inwieweit könnte § 814 BGB denn greifen?

Zum Off-Topic-Thema: Hier geht\'s weiter.

Offline courage

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Zitat
Original von Gas-Rebell

Also hier das Muster (mit Bitte um Verbesserungsvorschläge jedweder Art):

Zitat
Sehr geehrte Damen und Herren,
...
Wie mir erstmals 2008 durch Medienberichte über die Rechtssprechung des BGH zur Inhaltskontrolle von Preisanpassungsklauseln in Gas-Sonderverträgen (Az. ......) bewusst wurde, habe ich auf die von Ihnen nach Vertragsbeginn vorgenommenen Preiserhöhungen Zahlungen geleistet, ohne dass hierfür ein Rechtsgrund vorlag.
...
Mit freundlichen Grüßen

Danke für den Entwurf, ein sehr konstruktiver Beitrag.

Frage 1: Müssten für die behaupteten Medienberichte aus 2008 nicht doch die Quellen und Fundstellen angegeben werden, um Bestreiten vorzubeugen?
Frage 2: Wäre es nicht denkbar, dass ein Kunde erst 2009 auf das Problem und seine eigene mögliche Betroffenheit aufmerksam wurde?

Offline reblaus

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@münsteraner, courage
Sie müssen es positiv wissen, dass Sie zu der Leistung nicht verpflichtet waren. Es reicht weder aus, dass Sie es hätten wissen können noch dass Sie ernsthafte Zweifel hatten. An dem Tag an dem man Ihnen von dem Artikel erzählt haben Sie frühestens Kenntnis davon. Wahrscheinlich sogar erst an dem Tag, an dem Ihnen Ihr Anwalt bestätigt, dass dieser Journalist keinen Unsinn geschrieben hat.

Beweisbelastet ist der Leistungsempfänger. Er muss nachweisen, dass Sie die Leistung freiwillig in Kenntnis der Nichtschuld erbracht haben.

Offline Gas-Rebell

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@ courage

Danke. Ggf. könnte/sollte man auch noch hilfsweise die Einrede aus § 315 BGB wiederholen.

Was sagen im Übrigen gerade unsere \"Cracks\" bzw. Anwälte wie RR-E-ft, reblaus, Black, RA Lanters zu dem Entwurf?

Wird auch der BdEV noch einen solchen Entwurf entwickeln?

Das Thema 10-jährige Verjährung wär doch m.E. auch mal ein toller Fall für ein erfolgsabhängig geführtes Mandat. Nach dem RVG geht das doch.

Offline Münsteraner

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@ reblaus

Haben Sie die PN von mir erhalten?

Wissen Sie bzgl. des Urteils des OLG Hamm, ob hiergegen seitens RWE in Karlsruhe Revision eingelegt worden ist? Die 1-monatige Notfrist ist ja verstrichen.

Offline AKW NEE

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Die E.ON Avacon hat angekündigt, dass sie in die Revision will.

Offline reblaus

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@münsteraner
Das weiß ich leider nicht.

Sollte Ihnen da RR-E-ft nicht weiterhelfen können (der weiß solche Sachen immer), müssten Sie bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen anfragen. Die ist Klägerin in dem Verfahren.

Offline Münsteraner

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Zitat
Original von reblaus
@münsteraner
Das weiß ich leider nicht.

Sollte Ihnen da RR-E-ft nicht weiterhelfen können (der weiß solche Sachen immer) ...

Da sich RR-E-ft bisher noch nicht gerührt hat, frage ich ihn hiermit noch einmal direkt, ob er über eine Revision Näheres weiß.

 

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