@reblaus
Fakt ist, dass eine vertragliche Preisvereinbarung einserseits und ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht andererseits als gleichberechtigte Alternativen für einen Vertragsabschluss zur Verfügung stehen und sich denknotwendig gegenseitig ausschließen (vgl. BGH, Urt. v. 07.02.2006 - KZR 24/04).
Eine
künstliche Aufspaltung in einen vereinbarten Ausgangspreis und einen einseitig bestimmten Folgepreis führt - jedenfalls in Konstellationen
Allgemeiner Tarife - nach zutreffender Feststellung des Kartellsenats des BGH
immer zu willkürlichen Zufallsergebnissen (vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2005 - KZR 36/04 Tz. 9 ff.). Für diesen zutreffenden Befund ist es vollkommen ohne Belang, ob das einseitige Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB nun vertraglich vereinbart wurde oder sich aber aus einem Gesetz ergibt.
Der Fehler hat sich in der Entscheidung vom 28.03.2007 - VIII ZR 144/06 \"eingeschlichen\", wo der Senat nicht sauber zwischen einem dem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht unterliegenden Allgemeinen Tarifpreis und einem demgegenüber vertraglich vereinbarten Sondervertragspreis unterschieden hatte. Diese Rechtsprechung, wurde brachial konsequent fortgesetzt (Urt. v. 13.06.2007 VIII ZR 36/06 und Urt. v. 19.11.2008 VIII ZR 138/07), auch wenn es immer weiter in eine falsche Richtung ging.
Spätestens bei der nun zu entscheidenden Frage der Wirksamkeit einer Preisänderungsklausel wird dies offenbar.
Der Kartellsenat des BGH sieht - zutreffend - eine unangemessene Benachteiligung bereits dann, wenn im Sondervertrag eine AGB- Preisänderungsklausel keine Verpflichtung zur Preissenkung bei rückläufigen Kosten vorsieht, weil auch gegenüber Tarifkunden eine entsprechende gesetzliche Verpflichtung besteht (vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07 Tz. 26).
In der mündlichen Verhandlung vor dem VIII. Senat am 17.06.2009 berief sich der Vertreter des Gasversorgungsunternehmens zur Rechtfertigung der inkriminierten Klausel, die keine solche Verpflichtung enthält, bezeichnenderweise darauf, dies hätte eine Besserstellung der Sondervertragskunden zur Folge, schließlich seien nach der Rechtsprechung dieses Senats doch mit den Tarifkunden die Preise zumeist (konkludent) vereinbart, so dass sie keiner Billigkeitskontrolle mehr unterlägen, folglich von Tarifkunden unter Berufung auf § 315 BGB auch keine nachträgliche Preissenkung verlangt werden könnten..., was freilich mit der Entscheidung des Kartellsenats des BGH vom 29.04.2008 - KZR 2/07 Tz. 26 unvereinbar erscheint.
Die Vorschrift bestimmt, dass das Gasversorgungsunternehmen zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen Gas zur Verfügung stellt und dass Änderungen der allgemeinen Tarife und Bedingungen erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam werden. Zwar ergibt sich auch aus dem Tarifbestimmungs- und -änderungsrecht entgegen der Auffassung der Kläger ein (gesetzliches) Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 BGB (BGHZ 172, 315 Tz. 17). Dass die Norm keine Vorgaben zu Zeitpunkt und Inhalt von Preisänderungen nennt, ist jedoch eine unmittelbare Folge des Umstandes, dass Tarifkunden zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen beliefert werden und beliefert werden müssen. Aus der gesetzlichen Bindung des allgemeinen Tarifs an den Maßstab der Billigkeit (BGHZ 172, 315 Tz. 16 f.) ergibt sich nicht nur die Rechtspflicht des Versorgers, bei einer Tarifanpassung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen. Der Versorger ist vielmehr auch verpflichtet, die jeweiligen Zeitpunkte einer Tarifänderung so zu wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung getragen wird als Kostenerhöhungen, so dass Kostensenkungen mindestens in gleichem Umfang preiswirksam werden müssen wie Kostenerhöhungen. Die gesetzliche Regelung umfasst daher neben dem Recht des Versorgers zur Preisanpassung auch die Pflicht hierzu, wenn die Anpassung dem Kunden günstig ist,
So blind kann gar niemand sein, um diesen eklatanten Wertungswiderspruch nicht zu erkennen. Es scheint wohl so, als ließe die Branche nun mit Chuzpe den Senat quasi am Nasenring durch die Arena führen.