Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Black:
Bleibt man einmal bei der vom BGH geprüften Vertragsklausel:
\"Der vorstehende Gaspreis ändert sich, wenn eine Änderung der allge-meinen Tarifpreise eintritt.\"
und verfolgt die Prüfungsschritte des BGH, stellt man fest, dass der BGH prüft ob die Klausel hinreichend transparent den Zeitpunkt und den Umfang einer Preisanpassung regelt.
1. Zeitpunkt der Preisanpassung transparent benannt? ( + )
Hier sagt der BGH:
Nach ihrem Wortlaut ändern sich die Gaspreise, \"wenn eine Änderung der allgemeinen Tarifpreise eintritt\". Damit regelt die Klausel zwar die Voraussetzung für eine Preisänderung.
Der Zeitpunkt für Preisanpassungen ist also mit der Aussage \"wenn eine Änderung der allgemeinen Tarifpreise eintritt\" ausreichend bestimmt formuliert. Die Klausel scheitert erst am folgenden Prüfungspunkt:
2. Umfang der Preisanpassung transparent benannt? ( - )
Und hier bemängelt der BGH:
Nicht hinreichend klar geregelt ist aber, wie sich die Gaspreise bei Vorliegen der Voraussetzung ändern sollen. Unklar ist insbesondere, ob die Änderung in einem bestimmten Verhältnis zur Änderung der allgemeinen Tarifpreise erfolgen und welches Verhältnis dies ge-gebenenfalls sein soll. Die Bestimmung ist in diesem Punkt objektiv mehrdeutig.
Damit hat der BGH recht. Die Klausel ist unwirksam weil Sie den Umfang der Anpassung nicht benennt. Der BGH gibt sogar Möglichkeiten vor:
BGH:
Insofern kommen zumindest die folgenden Auslegungsmöglichkeiten in Betracht:
- Eine Änderung der Tarifpreise wird nominal auf die Sonderkundenpreise übertragen (Beispiel: Bei einer Erhöhung bzw. Senkung der Tarifpreise um 0,5 Cent/kWh werden auch die Sonderkunden-preise um 0,5 Cent/kWh erhöht bzw. gesenkt.).
- Eine Änderung der Tarifpreise wird prozentual auf die Sonderkun-denpreise übertragen (Beispiel: Der Tarifpreis von 5 Cent/kWh wird um 0,5 Cent/kWh – also 10% – erhöht bzw. gesenkt; der Sonderkundenpreis beträgt 4 Cent/kWh, er wird um 10% – also 0,4 Cent/kWh – erhöht bzw. gesenkt.).
- Bei einer Änderung der Tarifpreise besteht ein einseitiges Leis-tungsbestimmungsrecht der Beklagten, die Preise für Sonderkun-den zu erhöhen (im Falle einer Erhöhung der Tarifpreise) oder zu senken (im Falle einer Senkung der Tarifpreise), ohne dass eine feste rechnerische Bindung an die Änderung der Tarifpreise besteht.
Hätte der Versorger also seine Klausel um diesen Zusatz ergänzt und damit klargestellt, wie der Umfang der Anpassung erfolgen soll, wäre sie wirksam gewesen.
RR-E-ft:
@Black
Dass die vom BGH geprüfte Klausel unwirksam ist, bestreitet doch niemand.
Darüber bedarf es also keiner Diskussion.
Der BGH hat verschiedene Auslegungsmöglichkeiten aufgezeigt, ohne dass sich daraus ergibt, dass auch nur eine von diesen - als AGB vertraglich vereinbart - eine wirksame Klausel darstellen würde. Allein, weil es verschiedene Auslegungsmöglichkeiten gab, lag bereits eine unangemessene Benachteiligung des Kunden vor und die Klausel war deshalb unwirksam, ohne dass es etwa noch darauf ankam, ob diese etwa auch unzulässig eine nachträgliche Erhöhung des Gewinnanteils am Vertragspreis ermöglichte. Auch eine Vorhersehbarkeit künftiger weiterer Belastungen bei Vertragsabschluss wäre nicht gegeben gewesen. Auch darauf kam es aber nicht mehr an.
Sie wollten aber, wenn ich es richtig verstanden habe, eine andere Klausel für wirksam halten.
Wie eine solche Klausel aussehen soll und wie Sie sodann nach juristischer Prüfung anhand der ständigen Rechtsprechung des BGH zum Transparenzgebot gem. § 307 BGB (Schritt für Schritt) zur Wirksamkeit dieser von Ihnen zu benennenden Klausel gelangen wollen, haben Sie indes nicht aufgezeigt.
--- Zitat ---Transparenz erfordert zum einen Vorhersehbarkeit und zum anderen eine Kontrollmöglichkeit anhand der Klausel selbst hinsichtlich Anlass, Richtlinien und Umfang. Ausgeschlossen sein müssen unzulässige Beurteilungsspielräume des Klauselverwenders.
--- Ende Zitat ---
RR-E-ft:
Interessante Gesichtspunkte:
Urteil des AG Wolfsburg vom 08.11.2006.
LG Bremen vom 30.01.2009, Az. 3 O 177/08.
Black:
Sehr nett, aber derzeit messe ich Entscheidungen von AG und LG bestenfalls Indizcharakter für vertretbare Rechtsauffassungen zu, aber mehr auch nicht. Alles unterhalb des BGH ist nicht verlässlich und selbst der BGH ist sich intern uneins.
Die Entscheidungen von AG\'s können Sie derzeit in Bezug auf eine Einheitlichkeit und Verbindlichkeit komplett vergessen, da gibt es die wildesten Entscheidungen jeglicher Färbung.
RR-E-ft:
@Black
Möglicherweise sind Sie einer von denen, der \"seinen Mantel in den Wind hängt\" und so verfahren muss, weil er keine eigene, juristisch fundierte Meinung hat.
Das wäre überaus schade, gerade auch für dieses Forum.
Ich zähle keine Entscheidungen danach, wer gerade obsiegt hat.
Mir geht es um inhaltliche Feststellungen in den Entscheidungen. Ich meine, es lohnt sich, sich gerade mit diesen auseinanderzusetzen.
Dabei gibt es durchaus auch qualitativ hochwertige Entscheidungen von Amtsgerichten, ebenso wie es auch grottenschlechte gibt.
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