Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?  (Gelesen 88054 mal)

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Offline reblaus

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Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
« Antwort #285 am: 22. Juli 2009, 17:02:50 »
@Kampfzwerg
Mit Ihrer mehrjährigen Erfahrung in diesem Forum dürften Sie gut darüber Bescheid wissen, dass das Ergebnis rechtswissenschaftlicher Untersuchung nicht zwischen richtig oder falsch unterscheidet sondern nur zwischen vertretbar und nicht vertretbar. Fast jedes Gesetz kann in unterschiedlicher Weise ausgelegt werden. Deshalb entscheidet schlussendlich ein oberstes Gericht welche Auslegung Gültigkeit haben soll.

Bei der in der Entscheidung vom 15.07.2009 vom BGH vorgenommenen Stellungnahme haben weder Black noch Ronny oder ich jemals behauptet, dass die von RR-E-ft vertretene Auffassung nicht vertretbar und damit unwissenschaftlich wäre. Wir wenden uns einzig gegen den Anspruch von RR-E-ft, seine Auffassung sei unfehlbar, und die Stellungnahme des BGH ein „Skandal“. Wer derart schweres Geschütz gegen das höchste deutsche Gericht auffährt und damit scharf schießt, von dem darf erwartet werden, dass er präzise und stichhaltige Argumente liefert, warum die besten Juristen des Landes so fatal versagt haben sollen.

Würden solche Behauptungen von RR-E-ft nicht auf scharfen Widerspruch stoßen, käme bei den Laien in diesem Forum unweigerlich der Verdacht auf, die obersten Gerichte würden gar nicht nach Recht und Gesetz entscheiden, sondern es stünden bei den Urteilen Willkür und Interessenpolitik im Vordergrund.

Tatsächlich ist die Ursache zahlreicher versorgerfreundlicher Entscheidungen nicht die Unwilligkeit der Richter, sondern die Unfähigkeit der beteiligten Verbraucheranwälte. Hätten die sich vor der jeweiligen Entscheidung ein paar hypothetische Gedanken gemacht, wäre der Sockelpreis oder seine Anwendbarkeit auf Sonderverträge vielleicht nie in die obergerichtliche Rechtsprechung eingegangen. Insoweit nehme ich folgendes Zitat als Kompliment auf.

Zitat
Original von RR-E-ft Spezialist für die Gestaltung hypothetischer Fälle ist reblaus.

Offline RR-E-ft

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Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
« Antwort #286 am: 22. Juli 2009, 18:32:24 »
@Black

Der VIII. Zivilsenat prüft die unmittelbare Anwendung von § 315 Abs. 1 und 3 BGB bisher vorrangig (VIII ZR 36/06 Tz. 32 und VIII ZR 138/07 Tz. 16).

Dass muss auch so sein. Denn wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen, verbietet es sich von selbst, erst nach der Einbeziehung und Wirksamkeit einer Preisänderungsklausel zu fragen. Sonst würde man in einem solchen Fall, in dem die Voraussetzungen für die unmittelbare Anwendung des § 315 Abs. 1 und 3 BGB auf den konkreten Vertrag vorliegen, ja fehlerhaft ein wirksames Preisbestimmungsrecht des Versorgers verneinen, wenn keine Preisänderungsklausel über AGB in den Vertrag einbezogen wurde.

Deshalb muss man m. E. die Prüfungsreihenfolge legis artis zwingend einhalten, um nicht zu Fehlentscheidungen zu gelangen.

Zitat
BGH VIII ZR 138/07 Tz. 16

Eine unmittelbare Anwendung von § 315 Abs. 1 und 3 BGB setzt voraus, dass die Parteien vereinbart haben, eine von ihnen solle nach Abschluss des Vertrages die Leistung bestimmen. Daran fehlt es, wenn zwischen den Parteien eine vertragliche Einigung über den Preis zustande gekommen ist.

Fast wie in Stein gemeißelt.

Entscheidend wird es wohl auf die Frage ankommen, wann die tatbestandlichen Voraussetzungen der Klausel eindeutig für eine Verpflichtung zur Preisanpassung (nachträgliche Preisabsenkung) vorliegen.

Wenn die die Verpflichtung zur Preisanspassung nicht tatbestandlich eindeutig geregelt ist, dann soll sich wohl die Frage nach dem Recht zur Anpassung schon nicht mehr stellen [VIII ZR 56/08 und VIII 225/08]

Zitat
Original BGH

Etwas anderes ergibt sich auch nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit aus dem Verweis auf § 5 Abs. 2 GasGVV und die einseitige Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen.

Der durchschnittliche Verbraucher muss anhand der Klausel erkennen können, wann eine Verpflichtung zur Preisanspassung besteht und ob einer solchen bestehenden Verpflichtung (vollumfänglich) entsprochen wurde.

Die Eindeutigkeit in diesem Punkt ist wohl auch erforderlich für Ihren Prüfungsschritt Nr. 3.

Zitat
Original von Black

 3.Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Preisanpassung vor?

wenn ja

4. Wurde die Anpassungshöhe korrekt umgesetzt.

Offline Kampfzwerg

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Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
« Antwort #287 am: 22. Juli 2009, 22:22:43 »
Geschrieben von Ronny
Ihre Bewunderung für Herrn Fricke in allen Ehren, aber Herr Fricke wird auch mal die Kritik vertragen müssen, auf ganz konkrete Fragen nur sehr ausweichend und ablenkend geantwortet zu haben.


@Ronny  

Ihre Äußerung ermöglicht mir mindestens drei Schlussfolgerungen.
1. (Entweder) Sie haben mich nicht verstanden. 2. (Oder) Sie wollen mich nicht verstehen. (Und) 3. entspreche ich offensichtlich nach Ihrer Ansicht dem von mir beschriebenem Klischee.  
Wie praktisch – und so einfach kann die Welt dann erklärt sein.
(Eine vierte, mögliche Interpretation wäre natürlich, dass Sie mich nicht verstehen können.)  

Das Wort meiner Wahl war: Respekt. Anders ausgedrückt: Achtung.
Nicht Bewunderung. Das Wort Bewunderung hat, nach meiner Meinung, immer den schalen Beigeschmack einer völlig kritiklosen, verehrenden Art der „Götteranbetung“.
Beides entspricht weder meinem Wesen noch meinem Intellekt.
In Kenntnis dieser weiterführenden Hintergrund-Informationen werden Sie mir sicher verzeihen, dass ich mich des Eindrucks leichter Herablassung hinsichtlich der Wahl Ihrer Worte „Bewunderung“ und „in Ehren“ des ersten Satzteils leider nicht erwehren konnte.  

Der Inhalt des zweiten Satzteil Ihrer Bemerkung fordert, Sie ahnen es wahrscheinlich bereits, ebenfalls meinen Widerspruch heraus.
Mir persönlich erschienen die besagten Antworten oftmals durchaus sehr verständlich, logisch und nachvollziehbar.
Ihnen offenbar nicht.
„Ausweichend und ablenkend“ wird eben subjektiv von jedem Leser anders empfunden.
Andererseits riefen die besagten „ganz konkreten Fragen“  bei mir auch oftmals ein Kopfschütteln (naturgemäß ebenfalls subjektiv empfunden; ob der mir zumindest so erscheinenden - Verzeihung -„Korinthenkackerei“  bzw. ?vorgegebenen? Begriffsstutzigkeit) hervor.  
Und nun? Spricht das jetzt gegen mich und für Sie. Oder für mich und gegen Sie.
Oder gar für eine neuartige, andere Art der Relativitätstheorie?
Ist schon erstaunlich, was man in (aus) ein paar Worte (n) so alles hineininterpretieren oder auch herauslesen kann.
Frei nach dem Motto: Bei Kopf verlieren Sie – bei Zahl gewinne ich. ;-)  




@reblaus  

zu Absatz 1:
ich stimme Ihnen zu. Denn leider haben Sie recht, dass die Legislative, sprich herrschende und verantwortliche Politiker, nicht in der Lage ist (sind), trotz der Mitarbeit von Heerscharen hochbezahlter Fachleute mit juristischer Ausbildung, eine eindeutig auszulegende Gesetzgebung zu formulieren, die nicht erst höchstrichterlich interpretiert bzw. kassiert werden muss.
Zum Leidwesen der jeweils Betroffenen. Und zur Freude von Juristen.
Und das -  das ist der eigentliche Skandal!
In diesem Zusammenhang kann sich der Gedanke an Willkür und Interessenpolitik erstmalig aufdrängen.  

zu Absatz 2, Satz 2 und 3:
Woraus Sie den subjektiven Schluss ziehen, dass RR-E-ft einen „Anspruch auf seine unfehlbare Meinung“ vertreten würde, entzieht sich sowohl meinem Verständnis als auch meinem Empfinden.
Wie Sie bereits richtig bemerkt haben, habe ich mehrjährige Erfahrung in diesem Forum und kann Ihre Meinung eben deswegen nicht nachvollziehen.
Dahingegen kann man bei genauerer Betrachtung des besagten „schweren Geschützes“ „gegen“ den BGH unschwer eine entschärfte Formulierung in Gestalt der Verwendung des Konjunktivs „wäre ein Skandal“ erkennen, der dann ebenfalls die weitere Kommentierung des Sachverhalts unter m. E. durchaus „ präziser und stichhaltiger Argumente“ kennzeichnet.  

Ich weiss nicht, wie es Ihnen geht, aber das, was ich erwarte, ist eine schlüssige Urteilsbegründung des BGH - und dann sehen wir weiter, ob und wie die Ihrer Ansicht nach „besten Juristen des Landes“ ggf. versagt haben sollten.
Sie werden gestatten, dass sich, ob des Anflugs eines weiteren Gedankens an Willkür und Interessenpolitik, auch am Wahrheitsgehalt dieser, Ihrer Aussage begründete Zweifel einschleichen könnten.  

Zu Absatz 3:
Über die Qualität des kolportierten „scharfen Widerspruchs“ kann man durchaus geteilter Meinung sein. Grundsätzlich kann und sollte Widerspruch, bestenfalls, eine Bereicherung jeder Diskussion darstellen. Wie mir persönlich allerdings wiederholt eindrucksvoll bewiesen wurde: Das wäre der Idealfall. Kann. Muss aber nicht.
Bei mir, als einem Laien in diesem Forum, kam dieser subjektive Verdacht bereits schon lange vor meiner hiesigen Anmeldung auf.
Zumindest in Bezug auf die Interessenpolitik. Und unabhängig von Energiepolitik. Willkür verbietet sich wegen der Offensichtlichkeit bzw. Nachprüfbarkeit wohl von selbst. Und wahrscheinlich leider auch nur deswegen.
„bei den Laien in diesem Forum unweigerlich...“ Glauben Sie wirklich an dieses Klischee des „depperten Verbrauchers“?
Oder möchten Sie den Verbraucher nur vor seiner eigenen Dummheit beschützen. Herablassung oder Hochmut? Hoffentlich beides nicht.
Ich gehe allerdings auch nicht wirklich von reinem Altruismus aus.  

Zu Absatz 4:
Tatsächlich? Ist das so?
Entweder es handelt sich bei der von Ihnen aufgestellten Behauptung ! die „Ursache zahlreicher versorgerfreundlicher Entscheidungen [wäre]nicht die Unwilligkeit der Richter, sondern die Unfähigkeit der beteiligten Verbraucheranwälte“  um eine reine Hypothese, oder Sie können hellsehen.
Und mit dieser Bemerkung würde ich noch nicht einmal die Möglichkeit negieren, dass Sie recht haben könnten.
Und das Bestehen dieser Möglichkeit wiederum ist, und das ganz nebenbei, die Basis jedweder Diskussion.      





Und noch einmal für alle zur Klarstellung:
Mir geht es definitiv nicht darum, dass/ob/wie jemand in der Lage ist, oder auch nicht,  auf konstruktive Kritik einzugehen.
Unterschiedliche Argumente, Ansichten, Kritik und auch die Stellungnahme darauf, gehört zu jeder lesenswerten Diskussion.
Die im Idealfall den Horizont des Lesers erweitern sollte.
Das, was mir definitiv von Tag zu Tag weniger gefiel, war die Art der Kritik und der m. E. zunehmend schlechte Stil, den die Beiträge der von mir angesprochenen Herren – und das täglich mehr und in verschiedenen Threads– erkennen ließen.
Mir persönlich erscheint ein zunehmend schlechter Stil - damit einhergehende persönliche, und negativ pauschalierende Bemerkungen - und die dokumentierte, dementsprechende Wortwahl wie „unflätig“, „Orchideendasein“, „Sie fälschen schlicht und ergreifend den Wortlaut der Presseerklärung“, „Herr Fricke gibt nie konkrete Antworten - zumindest keine, die die konkrete Frage beantworten“ etc. pp. (das ist nur ein Minimalausschnitt),
die lediglich den Selbstzweck einer negativen Stimmungsmache erfüllen soll, und unter der Berücksichtigung der jeweils gegebenen Antworten, als äußerst unfair.
Davon einmal abgesehen, dass der Verbraucher an sich in manchen Augen nur als Persiflage eines treudoofen, leichtgläubigen Deppen taugen mag. Und wissen Sie, was das Dumme bei einem Klischee ist?
Es entspricht viel zu oft der Realität. Und eben vielleicht auch deswegen - unter anderem ! - reagiere ich auf derartige, zunächst unterschwellig und später offen ausgedrückte, Unterstellungen und Unfairness, noch dazu hier in diesem Forum, leicht allergisch!  

Und das alles dann unter der Schutzbehauptung: „Würden solche Behauptungen von RR-E-ft nicht auf scharfen Widerspruch stoßen, käme bei den Laien in diesem Forum unweigerlich der Verdacht auf,...“ ??? Danke. Nein Danke.


Mich erinnert der Stil irgendwie an Stadler und Waldorf.
Allerdings sassen die nur zu zweit auf dem Balkon. ;)

Offline reblaus

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« Antwort #288 am: 23. Juli 2009, 17:36:38 »
Zitat
Original von Kampfzwerg ich stimme Ihnen zu. Denn leider haben Sie recht, dass die Legislative, sprich herrschende und verantwortliche Politiker, nicht in der Lage ist (sind), trotz der Mitarbeit von Heerscharen hochbezahlter Fachleute mit juristischer Ausbildung, eine eindeutig auszulegende Gesetzgebung zu formulieren, die nicht erst höchstrichterlich interpretiert bzw. kassiert werden muss.
Zum Leidwesen der jeweils Betroffenen. Und zur Freude von Juristen.
Und das - das ist der eigentliche Skandal!
In diesem Zusammenhang kann sich der Gedanke an Willkür und Interessenpolitik erstmalig aufdrängen.
Zitat
Original von reblaus Es mag ja sein, dass der Gesetzgeber häufig unkluge Gesetze erlässt, die oft auch noch schlampig formuliert wurden. Das gesetzliche Preisanpassungsrecht in der Grundversorgung ist sicherlich keine gesetzgeberische Meisterleistung. Dieser Regelung vorzuwerfen, sie würde einseitig die Interessen der Gasversorger bevorzugen, und sei deshalb nach § 307 BGB ungeeignet wortgleich in Privatverträgen verwendet zu werden, ist ungerecht und halte ich für undemokratisch. Es steht uns jederzeit frei, eine Mehrheit dafür zu organisieren, dass eine transparentere Regelung geschaffen wird, die dann automatisch auch alle neu abgeschlossenen Sonderverträge ändern würde
Hierauf die Antwort von RR-E-ft
Zitat
Original von RR-E-ft Echt?! In der Theorie klingt das gut, wie so vieles von Ihnen.

Wie würde denn Ihr enstprechender Klageantrag auf Kundenseite lauten und wie begründen Sie einen solchen?
oder
Zitat
Original von RR-E-ftSie bauen in Ihren Beiträgen immer nur Popanze auf.
Noch besser war
Zitat
Original von RR-E-ft Ich stelle mir schon länger die Frage, wovon Sie hier reden bzw. \"hyperventilieren\", wie Sie es gelegentlich auszudrücken pflegen. Das möchte ich gern eingestehen.

@Kampfzwerg
Tut mir leid, wenn ich den Diskussionsstil von RR-E-ft nur äußerst unvollkommen kopiert habe :D.

Bei Ihnen meine ich, dass Sie mit zweierlei Maß messen. Die Scharfzüngigkeit von RR-E-ft kann Ihnen ja wohl kaum entgangen sein. Ich halte es da mit Ronny. Es gibt in diesem Forum Bewunderer von RR-E-ft und Sie gehören dazu. Das ist auch Ihr gutes Recht und wird von mir nicht in Frage gestellt. Aber bitte verstehen Sie auch mich, dass ich mich nicht von jedem kreischenden Fan zur Ordnung rufen lassen will.

Offline tangocharly

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Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
« Antwort #289 am: 26. Juli 2009, 17:39:00 »
Zitat
@reblaus
Bei Ihnen meine ich, dass Sie mit zweierlei Maß messen. Die Scharfzüngigkeit von RR-E-ft kann Ihnen ja wohl kaum entgangen sein. Ich halte es da mit Ronny. Es gibt in diesem Forum Bewunderer von RR-E-ft und Sie gehören dazu. Das ist auch Ihr gutes Recht und wird von mir nicht in Frage gestellt. Aber bitte verstehen Sie auch mich, dass ich mich nicht von jedem kreischenden Fan zur Ordnung rufen lassen will.



..... in der Ruhe liegt die Kraft.
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

Offline Kampfzwerg

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« Antwort #290 am: 29. Juli 2009, 15:11:00 »
...
Zitat
Original von reblaus
Treiben Sie ihn nicht zu sehr in die Ecke. Er wird dann unflätig.

Offline Black

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Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
« Antwort #291 am: 29. Juli 2009, 16:01:22 »
Die Urteilsbegründungen des BGH zu den Urteilen vom 15.07.2009 liegen nun vor und sollten auch bald der Allgemeinheit veröffentlicht werden.

Der BGH hat nun wie folgt entschieden:

Zitat
BGH, Begründung zum Urteil vom 15.07.2009, VIII ZR 56/08


Der Revision ist allerdings zuzugeben, dass eine § 5 Abs. 2 GasGVV nachgebildete vertragliche Preisanpassungsklausel nicht den Anforderungen genügt, die die höchstrichterliche Rechtsprechung in anderen Fällen an die tatbestandliche Konkretisierung von Anlass, Voraussetzungen und Umfang eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts stellt (Urteilszitate). § 5 Abs. 2 GasGVV regelt nur ...(Inhaltswidergabe).... Die Vorschrift läßt nicht erkennen, dass das Versorgungsunternehmen bei der Preisanpassung das Äquivalenzverhältnis wahren muss und sie nicht nutzen darf, über die Abwälzung konkreter  ostensteigerungen hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne Begrenzung anzuheben, um nicht nur Gewinnschmälerungen zu vermeiden, sondern einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen. Sie läßt den Kunden weiterhin im Unklaren (...)

Dies steht der unveränderten Übernahme von § 5 Abs. 2 GasGVV in einen Sonderkundenvertrag unter dem Gesichtspunkt einer unangemessenen Benachteiligung des Sonderkunden (§ 307 Abs. 1 BGB) indes nicht entgegen.

Wie oben ausgeführt, soll es den Versorgungsunternehmen nach dem Willen des Gesetzgebers freistehen, ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit Sonderabnehmern entsprechende den allgemeinen Versorgungsbedingungen auszugestalten, und soll der Schutz der Sonderabnehmer nicht weitergehen als derjenige Tarifabnehmer.

Der Gesetzgeber hat deshalb mit der Regelung der Gasgrundversorgungsverordnung selbst den Maßstab gesetzt, nach dem zu beurteilen ist, ob Sonderkunden durch eine Preisanpassungsklausel im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB unangemessen benachteiligt werden. Mit einer unveränderten Übernahme von § 5 GasGVV in das Sonderverhältnis wird das vom Gesetzgeber angestrebte Ziel erreicht, Sonderkunden nicht besser aber auch nicht schlechter zu stellen als Tarifkunden.

Es ist nicht ersichtlich, dass dafür im Bereich von Sonderverträgen höhere Anforderungen an die Bestimmtheit und Konkretisierung einer Preisanpassungsregelung gestellt werden müssten, als sie im Bereich der Grundversorgung durch § 5 GasGVV unmittelbar erfüllt werden. Dem Sonderkunden steht ebenso wie dem Grundversorgungskunden eine Überprüfung von Preisänderungen nach § 315 BGB offen.

Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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« Antwort #292 am: 31. Juli 2009, 15:07:17 »
@Black

Nun habe ich das Urteil VIII ZR 56/08, das den BGH- Anwälten des Klägers am 30.07.2009 zuging, auch gelesen. Becker Büttner Held lag es wohl früher vor.

Entscheidend ist Tz. 36

Zitat
Im Gesamtzusammenhang gewährleisten die Vorschriften damit, dass dem Grundversorgungskunden im Falle einer Preisänderung zwei Alternativen offen stehen. Er kann entweder am Vertrag festhalten und die Preisänderung gem. § 315 BGB auf ihre Billigkeit überprüfen lassen. Oder er kann sich spätestens gleichzeitig mit dem Wirksamwerden der Preisänderung vom Vertrag lösen und den Anbieter wechseln. Daraus folgt, dass dem Haushaltskunden im Zusammenhang mit einer entsprechend den Regelungen der Gasgrundversorgungsverordnung gestaltete Preisanpassungsregelung ein § 20 Abs. 1 Satz 1 GasGVV entsprechendes Kündigungsrecht eingeräumt werden muss, um eine sachliche Gleichbehandlung von Grundversorgungskunden und Haushaltssonderkunden in jeder Hinsicht zu gewährleisten. Das ist Voraussetzung dafür, dass eine derartige Preisanpasungsregelung in einem Haushaltssonderkundenvertrag einer Inhaltskontrolle gem. § 307 Abs. 1 BGB standhält. Dann kann das Kündigungsrecht aber nicht zugleich als Kompensation für eine unangemessene Benachteiligung des Haushaltssonderkunden dienen, die sich daraus ergibt, dass die Preisanpassungsregelung als solche zum Nachteil des Kunden von den Regelungen der Gasgrundversorgungsverordnung abweicht.

§ 20 Abs. 1 GasGVV bestimmt, dass der Grundversorgungsvertrag mit einer Frist von einem Monat auf das Ende eines Kalendermonats gekündigt werden kann. An einem solchen Kündigungsrecht  fehlt es bei Energielieferungsverträgen, die eine Mindestvertragslaufzeit vorsehen. Eine solche Preisanpassungsmöglichkeit funktioniert mithin jedenfalls nicht bei Verträgen, die auf längerfristige Kundenbindung (Mindestvertragslaufzeit) angelegt sind.

Offline Black

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« Antwort #293 am: 31. Juli 2009, 16:20:47 »
Zitat
Original von RR-E-ft
§ 20 Abs. 1 GasGVV bestimmt, dass der Grundversorgungsvertrag mit einer Frist von einem Monat auf das Ende eines Kalendermonats gekündigt werden kann. An einem solchen Kündigungsrecht  fehlt es bei Energielieferungsverträgen, die eine Mindestvertragslaufzeit vorsehen. Eine solche Preisanpassungsmöglichkeit funktioniert mithin jedenfalls nicht bei Verträgen, die auf längerfristige Kundenbindung (Mindestvertragslaufzeit) angelegt sind.

Sehe ich nicht so:

Zitat
BGH, Urteil vom 15.07.2009, VIII ZR 225/07


Insofern ist eine sachliche Gleichbehandlung der Haushaltssonderkunden mit den Tarifkunden geboten. Die Haushaltssonderkunden der Beklagten werden auf der Grundlage des Vertrages (Vertragsname) ebenso wie Tarifkunden aufgrund eines standartisierten Vertrages zu einheitlichen Preisen mit Gas beliefert. Der Vertrag ist auch trotz der besonderen Bedingungen über die Vertragslaufzeit in § … der Allgemeinen Geschäftsbedingungen einem auf unbestimmte Zeit laufenden Tarifkundenvertrag vergleichbar. Denn es ist zwar ein Kündigungsrecht beider Parteien jeweils für einen bestimmten Zeitraum ausgeschlossen, der Vertrag wird jedoch automatisch verlängert, wenn er von keiner der beiden Parteien gekündigt wird.

.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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« Antwort #294 am: 31. Juli 2009, 16:27:31 »
@Black

Wo haben Sie denn diese Urteilsbegründung schon wieder her?

Ein Vertrag mit Mindestvertragslaufzeit ist bereits wirtschaftlich nicht mit einem unbefristeten Sondervertrag vergleichbar, der auch im Falle eines Kostenanstiegs durch ordnungsgemäße Kündigung oder  Änderungskündigung durch den Lieferanten beendet werden kann. Mit einem Tarifkundenvertrag, der aufgrund der bestehenden gesetzlichen Versorgungspflicht vom Versorger nicht gekündigt werden kann (§ 20 Abs. 1 Satz 3 GVV enthält nur eine Klarstellung), ist ein solcher Vertrag auch nicht vergleichbar.

Offline Black

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« Antwort #295 am: 31. Juli 2009, 16:40:29 »
Der BGH setzt zumindest offensichtlich einen Sondervertrag mit Festlaufzeit und automatischer Verlängerungsfunktion - unter dem Gesichtspunkt der zulässigen Übernahme der Preisanpassung - mit einem Tarifkundenvertrag gleich.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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« Antwort #296 am: 31. Juli 2009, 16:42:40 »
Birnen oder Pflaumen aus dem Glas sind schließlich gleichermaßen Kompott....

Dass reblaus keinem begreiflich machen kann, dass es sich bei Energielieferungsverträgen eigentlich um Warentermingeschäfte handelt, für die möglicherweise ein anderer Senat zuständig ist. ;)

Ich habe VIII ZR 225/07 noch nicht im Wortlaut vorliegen.

Findet sich darin auch eine Passage folgenden Inhalts?

Zitat
\"Mangels anderweitiger vertraglicher Vorgaben hat die Beklagte damit die Möglichkeit, den Zeitpunkt zu bestimmen, zu dem sie von dem Preisänderungsrecht Gebrauch macht, und durch die Wahl des Preisanpassungstermins erhöhten Gasbezugskosten umgehend, niedrigeren Gasbezugskosten jedoch nicht oder erst mit zeitlicher Verzögerung durch eine Preisänderung Rechnung zu tragen. Mit diesem Inhalt weicht die Klausel von dem gesetzlichen Leitbild des § 5 Abs. 2 GasGVV (§ 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV) zum Nachteil des Sonderkunden ab (BGHZ 176, 244, Tz. 20 f., 26).\"

Offline reblaus

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« Antwort #297 am: 01. August 2009, 08:11:21 »
@RR-E-ft
Zitat
Original von reblaus Dass reblaus keinem begreiflich machen kann, dass es sich bei Energielieferungsverträgen eigentlich um Warentermingeschäfte handelt, für die möglicherweise ein anderer Senat zuständig ist.
Schließen Sie nicht so sehr von sich auf andere. Andere können die Definition von Wikipedia sowohl lesen als auch verstehen.

Zitat
Ein Termingeschäft, auch Zeitgeschäft genannt, ist ein Geschäft über den Kauf bzw. Verkauf eines Gutes zu einem fest vereinbarten Preis, der erst eine gewisse Zeit nach dem Abschluss erfüllt wird. Üblicherweise spricht man ab einem Zeitraum von mehr als zwei Tagen von einem Termingeschäft, darunter von einem Kassageschäft.
Falls Sie es jetzt noch immer nicht verstanden haben, könnte das einfach daran liegen, dass Sie mit diesem Thema überfordert sind.

Offline nomos

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« Antwort #298 am: 02. August 2009, 09:02:46 »
Da bieten sich doch langsam wieder die Stellagegeschäfte an, nachdem manche Forenteilnehmer kräftig dabei sind nicht nur Energie zu verbrauchen, sondern \"Bio\"-Gas*) und \"Öko\"-Strom auch produzieren.  Jetzt fehlt dafür nur noch ein ordentlicher Börsenhandel für die Energiewarentermingeschäfte. Ahoi Wettbewerb! ;)

PS:
*) \"Bio\"-Gas - warum nur für Tansania. Zurück zur Natur auch in Stuttgart auf dem Küchenbalkon. Man spart die Abfalltonne.  ;)

Offline reblaus

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« Antwort #299 am: 02. August 2009, 12:25:05 »
@nomos
Ein Warentermingeschäft hat per Definition nichts mit einem Börsengeschäft zu tun. Das ist der Denkfehler dem RR-E-ft unterliegt. Eine Warenterminbörse ist lediglich ein Marktplatz an dem solche Geschäfte zu standardisierten Regeln abgeschlossen werden können.

Der Vorteil einer Börse liegt darin, dass dort stets Geschäftspartner zu finden sind, die die gewünschte Gegenposition einnehmen wollen. Durch die stetigen und hohen Umsätze ergibt sich eine hohe Preistransparenz.

Sollten auf dem zukünftigen Erdgasmarkt die Strukturen mit vielen kleinen Gasversorgern erhalten bleiben, besteht langfristig überhaupt keine andere Möglichkeit als die verschiedenen Erdgasqualitäten an einer Börse zu handeln. Nur mit einem solchen Marktplatz haben kleinere Händler überhaupt eine Chance ihren Bedarf zu Marktpreisen einzukaufen.

 

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