Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?
Black:
Auch der BGH sagt:
--- Zitat ---Original von BGH vom 19.11.2008
Allgemeine Tarife eines Gasversorgers im Sinne von § 10 EnWG 1998, § 4 AVBGasV unterliegen, soweit sie Gegenstand einer vertraglichen Einigung zwischen dem Versorger und dem Kunden geworden sind, nicht einer umfassenden gerichtlichen Billigkeitskontrolle in entsprechender Anwendung von § 315 BGB. (...)
Einseitige Tariferhöhungen nach § 4 Abs. 1 AVBGasV während des laufenden Vertragsverhältnisses sind gemäß § 315 BGB von dem Versorger nach billigem Ermessen vorzunehmen und gerichtlich zu überprüfen
--- Ende Zitat ---
RR-E-ft:
@Black
In der genannten Entscheidung prüft der BGH sehr genau, ob und unter welchen Voraussetzungen § 315 BGB überhaupt Anwendung findet.
Als allererste Frage beschäftigte ihn dabei:
Besteht ein vertraglich vereinbartes Leistungsbestimmungsrecht, auf welches § 315 Abs. 1 und 3 BGB unmittelbare Anwednung findet?
Diese Prüfung ist bei jedem Vertragsververhältnis gesondert vorzunehmen.
Er verneint dies, weil die Parteien nicht vereinbart hatten, eine von ihnen solle nach Vertragsabschluss die Leistung einseitig bestimmen, sondern sich bereits auf einen Preis geeinigt hatten.
Nächster Prüfungschritt war die Frage, ob sich ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSv. § 315 Abs. 1 BGB aus einem Gesetz ergibt.
Im dortigen Fall eines Tarifkunden konnte § 315 BGB nur deshalb dennoch unmittelbar angewendet werden, weil sich ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSv. § 315 Abs. 1 BGB gegenüber Tarifkunden aus einem Gesetz ergibt.
Das hilft jedoch bei Sondervertragskunden nicht weiter, da sich in Bezug darauf unbestritten kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSv. § 315 Abs. 1 BGB aus einem Gesetz ergibt (so schon BGH KZR 2/07, VIII ZR 274/06, VIII ZR 225/07).
Nächster Prufungsschritt war die Frage, ob § 315 BGB wenn nicht unmittelbare, so doch wenigstens entsprechende (analoge) Anwendung findet. Diese Frage hat der BGH jeweils verneint, weil die Voraussetzungen dafür nicht vorlägen.
Man muss also genau diese drei Fragen hintereinander auf jedes betroffene Vertragsverhältnis anwenden, um zu wissen, ob § 315 Abs. 1 und 3 BGB darauf überhaupt unmittelbare oder entsprechende Anwendung findet.
Man darf nicht mit einer Billigkeitskontrolle loslegen, wenn deren Voraussetzungen im konkreten Vertragsverhältnis überhaupt nicht vorliegen.
Black:
Dann verzichten Sie also bei Sonderverträge künftig auf die Unbilligkeitseinrede nach § 315 BGB und belassen es stattdessen bei § 307 BGB?
Das ist schön.
RR-E-ft:
@Black
Natürlich nicht, wenn Kunde und EVU vereinbart haben, das EVU solle nach Vertragsabschluss die Leistung bestimmen.
Auch sonst ist die Einrede bei Sondervertragskunden nicht schädlich (vgl. nur BGH, Urt. v. 17.12.2008 - VIII ZR 274/06).
In der Regel wird das Recht zur einseitigen Leistungsbestimmung bestritten und es ist dann Sache desjenigen, der sich auf ein solches Recht beruft, die wirksame vertragliche Vereinbarung des selben nachzuweisen (Palandt, BGB, § 315 Rn. 19).
Hilfsweise, für den Fall, dass ein solches Recht wirksam vereinbart ist (was sich ja oft erst durch Auslegung ergibt), wird man die Unbilligkeitseinrede erhoben.
Zudem hat man bei Sonderverträgen zu hinterfragen, ob überhaupt eine Preisänderungsklausel gem. Art. 229 § 5 EGBGB iVm. § 305 Abs. 2 BGB wirksam in den Vertrag einbezogen wurde und wo dies der Fall sein sollte, ob diese einer Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB standhält, wofür man dann den Prüfstein bemühen muss.
Wir haben also auch weiterin das gesamte bekannte Prüfraster abzuarbeiten.
Falsch wäre es, mit einer Billigkeitskontrolle loszulegen, wo schon deren Voraussetzunge nicht vorliegen (so passiert LG Bonn, Urt. v. 07.09.2006 in Sachen Euskirchen).
Wenn die Voraussetzungen für eine Billigkeitskontrolle schon nicht vorliegen, erübrigt sich die Frage vollkommen, ob diese etwaig eingeschränkt zu erfolgen habe.
Black:
--- Zitat ---Original von RR-E-ft
@Black
Natürlich nicht, wenn Kunde und EVU vereinbart haben, das EVU solle nach Vertragsabschluss die Leistung bestimmen.
.
--- Ende Zitat ---
Ich denke Sie vertreten die Auffassung vertreten eine Vereinbarung der einseitigen Leistungsbestimmung nach § 315 BGB sei in AGB generell nach § 307 BGB unzulässig. Da brauchen Sie auch den § 315 BGB für den Fall wenn Kunde und EVU vereinbart haben, das EVU solle nach Vertragsabschluss die Leistung bestimmen nicht.
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