Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Unbillige Weitergabe eines tatsächlichen Bezugskostenanstiegs laut Bundesgerichtshof

<< < (2/3) > >>

RR-E-ft:
@Black

Es kommt wohl nicht darauf an, ob es sich um das \"bundesweit erste Sachverständigengutachten\" in Sachen BHAG handelte. ;)
Das Gutachten liegt in der Gerichtsakte, muss denknotwendig zeitlich früher liegen als der Hinweisbeschluss des LG Köln vom 07.01.2009.

Black:
Doch, denn daraus wird ja eine gewisse Leitbildfunktion für folgende Gutachten hergeleitet. Andernfalls ist es nur irgendein Gutachten.

Nicht umsonst wurde es ja betont.  ;)

RR-E-ft:
@Black

Sie sollten den Begriff \"Leitbildfunktion\" ggf. aus Ihren Denkkategorien streichen. Der Beschluss des LG Köln vom 07.01.2009 genügt uns allein zur Ergötzung.


--- Zitat ---Landgericht Köln
Hinweisbeschluss
in dem Rechtsstreit


I.

Die Parteien werden angesichts der durch das Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Volksw. Canty aufgeworfenen Frage nach der Berechnungsmethode, welche für die Vergleichsbeurteilung zwischen Bezugskosten- und Tarifänderung maßgeblich ist, auf folgendes hingewiesen:

1.

Für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits kommt es darauf an, ob die seit dem 01.12.2004 vorgenommenen Tariferhöhungen jeweils der Billigkeit entsprechen. Das bedeutet, dass jede einzelne Tariferhöhung gesondert auf ihre Angemessenheit zu überprüfen ist. Zeigt sich dabei auch nur hinsichtlich einer einzelnen der in Rede stehenden Tariferhöhungen ein Missverhältnis im Vergleich zu der für die Erhöhung zum Anlass genommenen Veränderung der Bezugskosten, so kann dieser Umstand auch die nachfolgenden von den Beklagten angegriffenen Tariferhöhungen „infizieren\", sofern diese nicht zum Anlass einer Korrektur des Ungleichgewichts genommen wurden (vgl. zuletzt BGH vom 19.11.2008, Az. VIII ZR 138/07 Rn. 15). Eine solche Fernwirkung des einmal unbillig erhöhten Tarifes stellt sich insbesondere dann ein, wenn auf der Grundlage des einmal verzerrten Verhältnisses zwischen Kosten- und
 
Tarifseite anschließend weitere Erhöhungen vorgenommen werden, selbst wenn diese isoliert betrachtet in einem angemessenen Verhältnis zwischen Bezugskostenerhöhung und Tariferhöhung stehen. Sogar eine spätere Umkehrung des verzerrten Verhältnisses zu Gunsten des zunächst Benachteiligten kann nach Auffassung der Kammer jedenfalls nicht dazu herangezogen werden, die infolge der Verzerrung unbillige Tariferhöhung rückwirkend zu heilen, sondern allenfalls eine Korrektur für die Zukunft bewirken. Denn zu berücksichtigen ist, dass von einer solchen späteren Korrektur diejenigen Kunden nicht mehr zu profitieren vermögen, deren Vertragsverhältnis zur Klägerin (etwa infolge Umzugs) zwischenzeitlich beendet wurde.

Aus den vorstehenden Grundsätzen folgt ferner, dass die klägerseits durchweg vorgenommenen Durchschnittsermittlungen auf Jahresbasis oder gar längeren Zeiträumen den Anforderungen an die gemäß § 315 BGB für jede Tariferhöhung spezifisch durchzuführende Billigkeitsprüfung nicht gerecht wird. Abgesehen davon sind Durchschnittsberechnungen je nach Größe des Betrachtungszeitraums und Schwankungsbreiten der in die Betrachtung weiterhin einbezogenen Größen für die Beurteilung des Verlaufs der Entwicklung innerhalb dieses Zeitraums nicht hinreichend aussagekräftig. Dies mag anhand eines einfachen Beispiels erläutert werden: So kann eine deutlich über der Bezugskostensteigerung liegende Tariferhöhung, welche zu Beginn des Betrachtungszeitraums vorgenommen wurde, gegen Ende dieses Zeitraums wieder zurückgenommen worden sein, mit der Folge, dass bei der klägerseits summarisch durchgeführten Delta-Berechnung die Tariferhöhung der Bezugskostensteigerung zwar entspräche; unberücksichtigt bliebe bei dieser Betrachtung jedoch der Umstand, dass über einen Großteil des Betrachtungszeitraums ein Ungleichgewicht bestand, welches sich zu Lasten des Kunden auch kostenmäßig ausgewirkt hat. Für die Billigkeitsprüfung kommt es demgegenüber darauf an, dass die durchgeführten Tariferhöhungen möglichst detailgetreu die Erhöhung der Betriebskosten auf der Klägerseite widerspiegeln beziehungsweise deren Entwicklung nachzeichnen.

2.
 
Wird die von der Klägerin vorgelegte Delta- Tabelle nach Maßgabe der vorstehenden Erwägungen einer Überprüfung unterzogen, so lässt sich schon aufgrund der klägerseits vorgegebenen Zahlen und unabhängig von den weitergehenden gutachterlichen Feststellungen bereits folgendes konstatieren:

Zum 01.12.2004 wurde eine Tariferhöhung um 0,43 Cent/kWh vorgenommen, obgleich die vorangegangene (von der Klägerin so kalkulierte) Bezugskostensteigerung seit dem 01.10.2004 lediglich 0,0939 Cent/kWh betrug. Damit bestand eine Differenz zu Lasten der Tarifkunden im Umfang von 0,3361 Cent/kWh, welche auch durch die nicht an die Tarifkunden weitergereichte kalkulatorische Bezugskostensteigerung zum 01.01.2005 um 0,2728 keineswegs vollständig ausgeglichen wurde, wobei ohnehin nur ein Ausgleich für die Zukunft in Betracht gekommen wäre. Eine Umkehrung des Verhältnisses zwischen kalkulatorischer Bezugskostensteigerung und Tariferhöhung hat sich vielmehr erst zum 01.07.2005 eingestellt, ohne dass diese auch nur annähernd geeignet gewesen wäre, das vorangegangene Ungleichgewicht zu nivellieren. Das gilt schon wegen der nach den vorstehenden Ausführungen ausgeschlossenen Rückwirkung einer solchen Maßnahme, aber auch mit Rücksicht darauf, dass sich die nunmehr kundenfreundliche Tarifgestaltung nur über drei bezugsarme Monate der warmen Jahreszeit erstreckte, nämlich bis zum 01.10.2005. Sie vermochte daher den durch die frühere kundenfeindliche Gestaltung über sieben teilweise bezugsstarke Monate bewirkten Nachteil nicht annähernd zu kompensieren. Ab dem 01.10.2005 lag der Tarif sodann wiederum durchweg, wenn auch teilweise nur geringfügig, über den klägerseits kalkulierten Bezugskosten, und zwar bis zum 01.01.2007. Erst danach drehte sich das Verhältnis wiederum zu Gunsten der Tarifkunden um, allerdings im Umfang von lediglich 0,00819 Cent/kWh bis zum 01.04.2007 und von 0,02592 Cent/kWh bis zum 01.07.2007. Auch insoweit vermochte noch nicht einmal ein Ausgleich der zuvor über mehr als zwei Jahre fortgeschriebenen Verschiebung zu Lasten der Kunden stattzufinden, geschweige denn eine Heilung dieses Ungleichgewichts, das wegen seiner Dauer auch nicht mehr als im Rahmen der Billigkeitsprüfung noch hinnehmbare Abweichung erachtet werden dürfte.

3.

Nach Auffassung der Kammer kommt es daher nicht mehr entscheidend darauf an, ob die von der Klägerin kalkulierten Bezugskostensteigerungen den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen. Unabhängig davon bestehen jedoch auch durchgreifende Bedenken gegen den kalkulatorischen Ansatz der Klägerin, da dieser die tatsächliche Entwicklung der Bezugskosten unter Berücksichtigung der Bezugsmengen, wie sie vom Gutachter anhand der Rechnungen nachvollzogen wurden, nicht hinreichend reflektiert. Auch insoweit steht der von der Klägerin auf das gesamte Gasbezugsjahr bezogenen Betrachtung der Umstand entgegen, dass im Laufe dieses Jahres Tariferhöhungen ausgebracht wurden, deren Billigkeit sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Erhöhung richtet und nicht nach einem zurückbezogenen Jahressaldo. Schließlich ist zu bedenken, dass die gutachterliche Anknüpfung an die tatsächlichen Rechnungsbeträge auch deswegen nicht zu beanstanden, sondern sogar vorzugswürdig ist, weil für die Beurteilung der tatsächlichen Kostenbelastung der Klägerin zu bestimmten Zeitpunkten eben die in den Rechnungen ausgewiesenen Summen und Bezugsmengen maßgeblich sind. Eine Nachberechnung für frühere Monate kann erst ab dem Zeitpunkt als Kostenbelastung der Klägerin berücksichtigt werden, in welchem diese durch Nacherhebung entsprechender Zahlungsbeträge auch anfällt; sie kann nicht auf die früheren Monate zurückbezogen werden, weil hierdurch die tatsächlichen finanziellen Auswirkungen der Nachberechnung, namentlich die erst nachträglich vorgenommene Kostenbelastung verfälscht würden. Diese vom Gutachter seinen Ausführungen zugrunde gelegte Sichtweise ist auch keineswegs ungewöhnlich, insbesondere nicht in solchen Bereichen, in denen es auf den Zeitpunkt der tatsächlichen kostenmäßigen Belastung ankommt, wie beispielsweise in Teilen des Steuerrechts.

II.

Die Kammer sieht daher derzeit keine Veranlassung, den Gutachter mit einer ergänzenden Stellungnahme zu beauftragen, auch nicht zu den bekiagtenseits aufgeworfenen Fragen, welche ohnehin für die Entscheidung des Rechtsstreits ohne Bedeutung sind, da es auf die Art und Weise der Rechnungsstellung gegenüber den Beklagten nicht (mehr) ankommt,

Einer ergänzenden Beauftragung des Gutachters bedarf es allerdings dann, wenn und soweit die Klägerin hilfsweise die Festsetzung eines der Billigkeit entsprechenden Preises im Verhältnis zu den Beklagten begehren sollte, was ihrem allein auf Zahlung gerichteten Antrag nicht zu entnehmen ist.

III.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis....

Köln, 07.01.2009
10. Kammer für Handelssachen


--- Ende Zitat ---


Das Gericht hätte dafür eines Sachverständigengutachtens noch nicht einmal bedurft, sondern allein einer gewissen kaufmännischen Erfahrung, die man bei Kammern für Handelssachen bei den Landgerichten (Handelsrichter) erwarten darf:

Preise, insbesondere kalkulatorische bzw. prognostizierte, sind keine Kosten und bilden die tatsächliche Ist- Kostenentwicklung nicht zutreffend ab.
Entsprechende Schlüsse zu allfälligen Delta- Tabellen, hätte das Gericht selbst ziehen können.

KfH beim LG Erfurt.

Bei Richtern an Amtsgerichten würde ich eine entsprechende Erfahrung hingegen nicht unbedingt vermuten.

RR-E-ft:
Siehste auch hier.

RR-E-ft:
Mindestens seit 2005 Angebot für Stadtwerke/Regionalversorger ohne Ölpreisbindung auf dem Markt


--- Zitat ---Auf der Verkaufsseite bietet WINGAS ihren Kunden, zu denen Regional- und Kommunalverteiler, aber auch Kraftwerksbetreiber und Industrieunternehmen gehören, flexible Verträge. Dies betrifft die Laufzeiten, aber auch die Preisfindung. Neben der Ölpreisbindung offeriert das Unternehmen hier eine Orientierung an Spotmärkten wie zum Beispiel Zeebrügge/Belgien, oder Festpreisformeln. \"Die Mehrzahl unserer Kunden hat sich jedoch überwiegend für eine Ölpreisbindung als wesentliche Preiskomponente entschieden\", sagte Feldmann.
--- Ende Zitat ---


--- Zitat ---Die absolute Höhe des deutschen Gaspreises ergibt sich durch Addition von Steuern und Abgaben, die etwa 30 % des Gesamtpreises ausmachen. Hinzu kommen Kosten für Speicherung, Transport und Verteilung in Deutschland, die etwa 40 % des Gaspreises für den deutschen Verbraucher bestimmen. Demgegenüber machte der Gasimportpreis im 1. Halbjahr 2005 etwa 30 % des Gesamtgaspreises für Haushaltskunden aus. \"Diese Zusammensetzung zeigt, dass man zur Beurteilung des aktuellen Gaspreises nicht allein die Ölpreisbindung heranziehen darf\", sagte Feldmann.
--- Ende Zitat ---

Die Erdgasimportpreise (Wert der Ware Erdgas an der deutschen Grenze laut BAFA)  hatten sich zwischenzeitlich nominal verändert.



Es geht auch ohne


--- Zitat ---Das bedeute aber nicht, dass Wingas ausschließlich mit Ölpreisbindung weiterverkaufe. Den Kunden würden mehrere Optionen eingeräumt bis hin zu Festpreisen.
--- Ende Zitat ---

Weitere Angebote für Stadtwerke
Altenativen und Preisspielräume


--- Zitat ---Von Vorteil ist für natGAS dabei, dass zum Ende des laufenden Gaswirtschaftsjahres viele Bezugsverträge von Stadtwerken mit ihren bisherigen Lieferanten auslaufen. Da im Einkauf immer noch größere Spielräume liegen, kann es sich kaum ein Versorger leisten, keine alternativen Angebote einzuholen – ganz gleich ob für eine Vollversorgung oder Teillieferung.
--- Ende Zitat ---

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

[*] Vorherige Sete

Zur normalen Ansicht wechseln