Diskussion zur kgu- Klausel„kgu darf den Festpreis und den Verbraucherpreis entsprechend § 5 Abs. 2 GasGVV anpassen. Es handelt sich um eine einseitige Leistungsbestimmung, die wir nach billigem Ermessen ausüben werden. Soweit sich der Festpreis oder der Verbrauchspreis ändert, können Sie den Vertrag entsprechend § 20 GasGVV kündigen“
Der Versorger hat sich ein zu seinen Gunsten ein Preisänderungsrecht vorbehalten. Die Klausel dient nur der einseitigen Wahrung der Verwenderinteressen.
Abgewichen wird von der grundsätzlichen Regelung des Kaufrechts, wonach eine Preisvereinbarung für beide Vertragsteile gleichermaßen bindend ist.
Aus der Formulierung \"darf anpassen\" ist ersichtlich, dass das Unternehmen beabsichtigt, vornehmlich Preiserhöhungen auf diese Klausel zu stützen.
Die Regelung erscheint allein deshalb für die Kunden unangemessen benachteiligend, weil keine korrespondierende Verpflichtung zu Preissenkungen im Falle rückläufiger Kosten vorgesehen ist, so dass sie eine nachträgliche Verschiebung des Äquivalenzverhältnisses zu Lasten der Vertragspartner ermöglicht und nicht ausschließt (vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07).
Die Klausel berechtigt die Beklagte zu einer Preisanpassung bei einer Preisänderung durch ihren Vorlieferanten. Ein solches Preisanpassungsrecht ist im Allgemeinen dahin auszulegen, dass dem Versorger das Recht eingeräumt wird, den Umfang der Preisanpassung im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB nach billigem Ermessen zu bestimmen (vgl. BGHZ 97, 212, 217 zu Zinsanpassungsklauseln). Dies schließt es entgegen der Auffassung des Landgerichts jedenfalls aus, eine Senkung des Einstandspreises zum Anlass für eine Preiserhöhung zu nehmen.
Die Bindung der Preisanpassung an den Maßstab billigen Ermessens mag es ferner ausschließen, bei einer Preisanpassung nur Erhöhungen des Einstandspreises zu berücksichtigen, jedoch ein vorübergehendes Absinken des Einstandspreises außer Betracht zu lassen.
Jedoch lässt die Klausel eine Auslegung zu, nach der die Beklagte zwar berechtigt, nicht aber verpflichtet ist, nach gleichmäßigen Maßstäben zu bestimmten Zeitpunkten eine Preisanpassung unabhängig davon vorzunehmen, in welche Richtung sich der Einstandspreis seit Vertragsschluss oder seit der letzten Preisanpassung entwickelt hat.
Die Möglichkeit zur Preisanpassung ist als Recht, nicht als Pflicht der Beklagten ausgestaltet. Dies ist nicht grundsätzlich zu beanstanden, da es nicht im Interesse der Kunden der Beklagten sein kann, diese zu verpflichten, jede Erhöhung der Gaskosten unverzüglich weiterzugeben. Die Ausgestaltung der Preisanpassungsklausel als Recht der Beklagten für den Fall einer Preisänderung durch ihren Vorlieferanten lässt indessen erkennen, dass die Klausel jedenfalls primär auf die Weitergabe von Preissteigerungen zugeschnitten ist. Ihr ist damit jedenfalls nicht mit der ein anderes Verständnis ausschließenden Eindeutigkeit zu entnehmen, nach welchen Kriterien die Beklagte den Preisänderungszeitpunkt zu bestimmen hat. Der Einstandspreis des Versorgers ändert sich typischerweise häufiger als sein Abgabepreis. So ändert sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch der von der Beklagten zu zahlende – an den Preis für leichtes Heizöl in einer bestimmten Referenzperiode gekoppelte – Arbeitspreis quartalsweise jeweils zum ersten Tag des ersten Monats, während die Beklagte den Vertragspreis in den Jahren 2005 und 2006 jeweils zweimal, jedoch zu unterschiedlichen Terminen, angepasst hat. Mangels an-derweitiger vertraglicher Vorgaben hat die Beklagte damit die Möglichkeit, den Zeitpunkt zu bestimmen, zu dem sie von dem Preisänderungsrecht Gebrauch macht, und durch die in der Preisanpassungsklausel nicht vorgegebene Wahl des Preisanpassungstermins erhöhten Einstandskosten umgehend, niedrigeren Einstandskosten jedoch nicht oder erst mit zeitlicher Verzögerung durch eine Preisänderung Rechnung zu tragen.
Zudem entspricht diese Klausel nicht den Anforderungen, die nach der ständigen Rechtsprechung des BGH nach dem Transparenzgebot an Preisänderungsvorbehalte zu stellen sind:
BGH NJW 2000, 651:
Einseitige Bestimmungsvorbehalte für Entgelte sind mit dem Transparenzgebot nur vereinbar, soweit sie bei unsicherer Entwicklung der Verhältnisse als Instrument der Anpassung notwendig sind sowie Anlaß, Richtlinien und Grenzen der Ausübung möglichst konkret angeben.
BGH, Urt. v. 19.11.2002 - X ZR 243/01
Diese Regelung entspricht dem in der Rechtsprechung anerkannten und nunmehr in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB n.F. auch kodifizierten Grundsatz, daß es für die Wirksamkeit einer Preiserhöhungsklausel entscheidend darauf ankommt, daß der Vertragspartner des Verwenders den Umfang der auf ihn zukommenden Preissteigerungen bei Vertragsschluß aus der Formulierung der Klausel erkennen und die Berechtigung einer von dem Klauselverwender vorgenommenen Erhöhung an der Ermächtigungsklausel selbst messen kann (BGHZ 94, 335; BGH, Urt. v. 26.5.1986 - VIII ZR 218/85, NJW 1986, 3134).
BGH, Urt. v. 13.07.2004 - KZR 10/03 unter II.6:
Die Unangemessenheit der Klausel läßt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht mit dem Argument ausräumen, eine einseitige Leistungsbestimmung habe gemäß § 315 BGB nach billigem Ermessen zu erfolgen und sei andernfalls unverbindlich. § 315 BGB scheidet als unmittelbare Rechtfertigung einer Klausel schon deshalb aus, weil die Vorschrift eine wirksame Anwendungsvereinbarung
bereits voraussetzt und die Entscheidung über die Wirksamkeit der Vertragsklausel sich ausschließlich nach den Angemessenheitsmaßstäben des § 307 BGB, § 9 AGBG richtet (BGHZ 89, 206, 213).
Auch als inhaltliche Beschränkung des Anwendungsbereichs einer Klausel läßt sich der in § 315 BGB enthaltene Rechtsgedanke nicht verwerten, weil der weite Spielraum der Billigkeit nicht den an die Eingrenzung und Konkretisierung einer Formularbestimmung zu stellenden Anforderungen genügt (BGHZ 89 aaO).
BGH, Urt. v. 21.09.2005 - VIII ZR 38/05
Ohne Rechtsfehler ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die von der Beklagten verwendete Preisanpassungsklausel deren Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt und deshalb nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist. Eine unangemessene Benachteiligung der Vertragspartner der Beklagten hat das Berufungsgericht mit Recht jedenfalls darin gesehen, dass die Klausel weder die Voraussetzungen noch den Umfang einer Gaspreiserhöhung hinreichend bestimmt regelt, was zur Folge hat, dass die Vertragspartner der Beklagten die Berechtigung von Preiserhöhungen nicht verlässlich nachprüfen können und der Beklagten hierdurch die Möglichkeit eröffnet wird, das in dem ursprünglich vereinbarten Gaspreis zum Ausdruck kommende Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung zu ihren Gunsten zu verändern.
OLG Frankfurt/ Main, Urt. v. 13.12.2007 - 1 U 41/07 zitiert den BGH zutreffend:
Solche Klauseln dürfen aber - bei Meidung ihrer Unwirksamkeit nach § 307 Abs. 1 BGB - nicht zu einer ausschließlichen oder überwiegenden Wahrung der Verwenderinteressen führen.
Das Kaufrecht geht in § 433 Abs. 2 BGB von einer grundsätzlich bindenden Preisbestimmung aus und misst somit der Vorstellung der Parteien von der Gleichwertigkeit der von ihnen zu erbringenden Leistungen entscheidende Bedeutung bei (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 13. Dezember 2006, NJW 2007, S. 1054, 1055; Urteil vom 22. Februar 2002, MDR 2002, S. 752 ff., juris Rn. 17; Urteil vom 21. September 2005, NJW-RR 2005,S. 1717; Urteil vom 12. Juli 1989, NJW 1990, S. 115 f. mit weiteren Nachweisen).
Deshalb sind Preisanpassungsklauseln gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, die dem Verwender nicht nur einen Ausgleich gestiegener Kosten, sondern eine zusätzliche Gewinnerzielung und damit eine nachträgliche Verschiebung des Preis-Leistungs-Verhältnisses zulasten des Vertragspartners ermöglichen (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 13. Dezember 2006, NJW 2007, S. 1054, 1055; Urteil vom 21. September 2005, NJW-RR 2005, S. 1717; Urteil vom 12. Juli 1989, NJW 1990, S. 115, 116; Urteil vom 6. Dezember 1984, NJW 1985, S. 855, 856; Urteil vom7. Oktober 1981, NJW 1982, S. 331, 332).
Zudem muss eine Preisänderungsklausel nach dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB möglichst klar und so verständlich gefasst sein, dass ein aufmerksamer und sorgfältiger Vertragspartner (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 13. Januar 2005, NJW-RR 2005, S. 858; Urteil vom 3. Juni 1998, NJW 1998,S. 3114, 3116) des Verwenders den Umfang der auf ihn zukommenden Preissteigerungen bei Vertragsschluss aus der Formulierung der Klausel erkennen und die Berechtigung einer vom Verwender vorgenommenen Erhöhung an der Ermächtigungsklausel selbst messen kann (vgl. Bundesgerichtshof, Urteile vom 19. November 2002, NJW 2003, S. 746, 747 und S. 507, 509; Urteil vom 26. Mai 1986, NJW 1986, S. 3134, 3135; Urteil vom 11. Juni 1980, NJW 1980,S. 2518, 2519).
Auch in dem von der Beklagten herangezogenen Urteil vom 19. Oktober 1999 (NJW 2000, S. 651, 652) ist der Bundesgerichtshof nicht von den geschilderten Grundsätzen abgewichen. Vielmehr hat er ihre Geltung auf einen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen einseitigen Bestimmungsvorbehalt erstreckt: Auch eine solche Regelung könne nur hingenommen werden, soweit sie bei unsicherer Entwicklung der Verhältnisseals Instrument zur Anpassung notwendig sei und Anlass, Richtlinien sowie Grenzen des Bestimmungsrechts möglichst konkret angebe.
Als Instrument zur Anpassung ist eine Preisänderungsklausel - wie bereits unter aa. ausgeführt - nur dann notwendig, wenn sie der Wahrung des Äquivalenzverhältnisses dient.
Ferner hat der Bundesgerichtshof wiederholt klargestellt, dass die Kontrollmöglichkeit nach § 315 Abs. 3 BGB die notwendige Eingrenzung und Konkretisierung einer AGB-Klausel nicht ersetzen kann (vgl. Urteil vom 26. Mai 1986, NJW 1986, S. 3134, 3135; Urteil vom 7. Oktober 1981, NJW 1982, S. 331, 332; Urteil vom 11. Juni 1980, NJW 1980, S. 2518, 2519).
BGH, Urt.v. 15.11.2007 - III ZR 247/06
Dementsprechend sind Preisanpassungsklauseln nur zulässig, wenn die Befugnis des Verwenders zu Preisanhebungen von Kostenerhöhungen abhängig gemacht wird und die einzelnen Kostenelemente sowie deren Gewichtung bei der Kalkulation des Gesamtpreises offen gelegt werden, so dass der andere Vertragsteil bei Vertragsschluss die auf ihn zukommenden Preissteigerungen einschätzen kann (Senatsurteil vom 11. Oktober 2007 aaO; vgl. BGH, Urteile vom 11. Juni 1980 - VIII ZR 174/79 - NJW 1980, 2518, 2519 unter II 2. c); vom 19. November 2002 - X ZR 253/01 - NJW 2003, 746, 747 unter III. 2. a) m.w.N.; vom 21. September 2005 aaO S. 1717 f unter II. 3.b) und vom 13. Dezember 2006 aaO Rn. 23 ff).
BGH, Urt. v. 17.12.2008 - VIII ZR 274/06
Darin liegt zugleich eine unangemessene Benachteiligung der Kunden der Beklagten (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB), weil diese die Berechtigung einer Preisänderung nicht verlässlich nachprüfen können. Der Beklagten wird es dadurch ermöglicht, das in dem ursprünglich vereinbarten Gaspreis zum Ausdruck kommende Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung zu ihren Gunsten zu verändern (vgl. Senatsurteile vom 21. September 2005, aaO, unter II, und vom 13. Dezember 2006 – VIII ZR 25/06, NJW 2007, 1054, Tz. 21).
Dieser Beurteilung lässt sich, anders als das Berufungsgericht gemeint hat, nicht entgegenhalten, die Preisanpassungsklausel entspreche dem gesetzlichen Leitbild des § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV.
Entscheidend ist, ob die Kunden die Berechtigung einer vorgenommenen Preisänderung wie auch die Einhaltung einer notwendigen spiegelbildliche Verpflichtung zu einer solchen anhand der Klausel selbst verlässlich nachprüfen können.
Fehlt es daran, ist eine Preisanpassungsklausel unwirksam.