Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
ESG-Rebell:
--- Zitat ---Original von Black
Wenn der Sonderkundenvertrag normal endet und danach weiter Energie bezogen wird kommt dadurch ein Grundversorgungsvertrag zustande.
...
Gas und Strom fleuchen ja nicht herrenlos in der Leitung herum damit jeder sich frei bediene. Wer dann weiterhin Energie entnimmt schließt damit nach ständiger Rechtsprechung einen Grundversorgungsvertrag ab.
--- Ende Zitat ---
Niemand verlangt, kostenlos Energie beziehen zu dürfen.
Mit den folgenden Fragen hat sich der BGH allerdings noch gar nicht befasst:
\"Wenn ein Liefervertrag durch Entnahme von Energie konkludent zustande kommt, erklärt der Kunde sich dadurch mit der Höhe der Allgemeinen Tarife einverstanden, auch wenn er diese nicht vorbehaltlos zahlt sondern sie ausdrücklich als unbillig rügt?
Falls ja, gilt dies auch wenn dem Kunden als einzige Alternative der Verzicht auf den Energiebezug insgesamt bleibt; ihm also keine anderen Lieferanten zur Verfügung stehen?\"
--- Zitat ---Original von Black
Wenn also ein Sonderkundenvertrag endet (und das tut er ja überraschend nicht von einer Sekunde auf die Andere) kann der Kunde entweder eine Verlängerung anstreben, einen neuen Sonderkundenvertrag abschließen oder in die Grundversorgung gehen.
--- Ende Zitat ---
Es gibt mehrere Situationen, in denen es für einen Kunden unausweichlich ist, auch gegen seinen Willen zumindest vorübergehend in die Grundversorgung zu gelangen:
[*]Der Kunde wird über das Ende des Sondervertrags nicht informiert. Auch Kündigungsschreiben der Versorger werden i.d.R. als normaler Brief verschickt.
War der bisherige Vertragspartner der Sondervertrags zugleich auch Grundversorger des Kunden, so ist dieser auch der Versuchung ausgesetzt, den Kunden heimlich in die Grundversorgung einzustufen und ihn erst mit der ersten Jahresabrechnung damit zu überraschen.
[*]Der Wechsel zu einem neuen Lieferanten dauert oft sechs Wochen oder länger. Die Ankündigung einer Preiserhöhung oder eine Kündigung durch den Altlieferanten erfolgt aber nicht selten weniger als sechs Wochen vor Inkrafttreten; mithin nicht rechtzeitig für eine lückenlose Anschlusslieferung.
[*]Der Grundversorger bietet als einziger Sonderverträge in einem Gebiet an und entscheidet, dies zukünftig zu unterlassen. Seine bisherigen Sondervertragskunden kündigt er in seine eigene - lukrativere - Grundversorgung.
[*]Der zum selben Konzern, wie der Grundversorger, gehörende Netzbetreiber behindert einen Lieferantenwechsel von Kunden mutwillig, um diese zumindest für einige Monate in die Grundversorgung zu zwingen.
[/list]
--- Zitat ---Original von Black
--- Zitat ---Original von ESG-RebellDies hieße aber im Ergebnis, dass der Preisbestimmende immer quasi einen Freischuß am Vertragsbeginn hat und dort die Messlatte schonmal so hoch wie irgend möglich legen darf.
--- Ende Zitat ---
Da die Grundversorgung zu allgemeinen Tarifen erfolgt, kann der Versorger bei einem Neukunden nicht einfach \"die Latte hochlegen\".
--- Ende Zitat ---
Doch - genau das kann er.
Da die Grundversorgung zu den jeweils gültigen allgemeinen Tarifen erfolgt, kann der Versorger bei einem Neukunden einfach \"die Latte hochlegen\", indem er seine Allgemeinen Tarife erhöht.
Wer zum Zeitpunkt der Erhöhung bereits Tarifkunde war, der kann gegen den Erhöhungsbetrag Unbilligkeitseinwand erheben. Wer hingegen zum Erhöhungszeitpunkt oder später - auch gegen seinen Willen - in die Grundversorgung kommt, muss den Preis widerspruchslos hinnehmen.
Dies gälte selbst dann, wenn es zu einem Prozess mit dem Altkunden käme und das Gericht die Preiserhöhung für unbillig erkennen würde. Davon profitieren würde nur dieser eine Kunde. Alle Neukunden sowie alle Altkunden, die sich mit der Lüge über den Nutzen einer Vorbehaltszahlung haben ruhigstellen lassen, würden in die Röhre gucken.
Das Ergebnis wäre eine groteske Ungleichbehandlung der Kunden in der Grundversorgung.
Sollte der BGH die obigen beiden Fragen mit \"Ja\" beantworten, so hätte dies außerdem zur Folge, dass die Höhe aller Allgemeinen Tarife aller Grundversorger für alle Zukunft geschützt wären; und zwar für alle Bestandskunden und alle zukünftigen Tarifkunden. Kein Grundversorger bräuchte jemals seine Preise absenken. Das ist keine Propaganda, sondern Mathematik der dritten Grundschulklasse.
--- Zitat ---Original von Black
--- Zitat ---Original von ESG-Rebell
Wenn der Kunde dies alles nicht will, müßte er die Entnahme von Energie unterlassen.
--- Ende Zitat ---
--- Zitat ---Original von ESG-Rebell
Im Interesse einer einheitlichen Rechtsprechung müsste dieses Prinzip konsequenterweise auch auf alle anderen Lebensbereiche angewendet werden - eine sehr weitreichende Konsequenz.
Also: Entweder zahlen oder verzichten.
--- Ende Zitat ---
Willkommen im Leben! So läuft es doch bei jeder Leistung, die Sie in Anspruch nehmen wollen, bei jeder Ware, die Sie erwerben wollen.
--- Ende Zitat ---
Sie werden es kaum glauben - aber diese bittere Erfahrung mache ich täglich auf\'s Neue beim viel zitierten Bäcker ;-)
Wenn dies dem Willen des Gesetzgebers entspräche, so frage ich mich, warum der §315 BGB nicht schon längst abgeschafft worden ist. Am fehlenden Lobby-Druck der Profiteure kann es ja sicherlich nicht liegen.
Gruss,
ESG-Rebell.
Black:
--- Zitat ---Original von ESG-Rebell
Es gibt mehrere Situationen, in denen es für einen Kunden unausweichlich ist, auch gegen seinen Willen zumindest vorübergehend in die Grundversorgung zu gelangen:
[*]Der Kunde wird über das Ende des Sondervertrags nicht informiert. Auch Kündigungsschreiben der Versorger werden i.d.R. als normaler Brief verschickt.
--- Ende Zitat ---
Wenn der Vertrag automatisch durch Zeitablauf endet, ist es das Problem des Kunden sich das Auslaufen des Vertrages rechtzeitig zu notieren. Wird der Vertrag vom Versorger gekündigt, dann muss diese Kündigung dem Kunden auch zugehen um wirksam zu sein.
--- Zitat ---Original von ESG-RebellWar der bisherige Vertragspartner der Sondervertrags zugleich auch Grundversorger des Kunden, so ist dieser auch der Versuchung ausgesetzt, den Kunden heimlich in die Grundversorgung einzustufen und ihn erst mit der ersten Jahresabrechnung damit zu überraschen.
--- Ende Zitat ---
Eine \"heimliche Umbuchung\" in die Grundversorgung ist ohne Zustimmung des Kunden nicht wirksam.
--- Zitat ---Original von ESG-Rebell[*]Der Wechsel zu einem neuen Lieferanten dauert oft sechs Wochen oder länger. Die Ankündigung einer Preiserhöhung oder eine Kündigung durch den Altlieferanten erfolgt aber nicht selten weniger als sechs Wochen vor Inkrafttreten; mithin nicht rechtzeitig für eine lückenlose Anschlusslieferung.
--- Ende Zitat ---
Dafür gibt es § 5 Abs. 3 GasGVV/StromGVV eine Preiserhöhung wird für den \"Wechselkunden\" nicht wirksam.
--- Zitat ---Original von ESG-Rebell[*]Der Grundversorger bietet als einziger Sonderverträge in einem Gebiet an und entscheidet, dies zukünftig zu unterlassen. Seine bisherigen Sondervertragskunden kündigt er in seine eigene - lukrativere - Grundversorgung.
--- Ende Zitat ---
Das ist kein Problem von Vertragsschluss und § 315 BGB sondern ein Kartellrechtsproblem. Dafür gibt es auch rechtliche Handlungsoptionen.
--- Zitat ---Original von ESG-Rebell[*]Der zum selben Konzern, wie der Grundversorger, gehörende Netzbetreiber behindert einen Lieferantenwechsel von Kunden mutwillig, um diese zumindest für einige Monate in die Grundversorgung zu zwingen.
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--- Ende Zitat ---
Wenn das der Fall ist können Sie Schadenersatz verlangen.
Wenn Ihre größte Sorge ist, dass der Versorger Sie durch \"Behinderungen\" oder \"heimliche Umbuchungen\" hintergeht, muss ich Ihnen sagen, dass Sie gegen solches rechtswidriges Verhalten der \"Anfangswiderspruch\" auch nicht schützen könnte. Denn ein solcher Versorger mit der von Ihnen befürchteten kriminellen Energie könnte auch dieses Verhalten kriminell umgehen.
ESG-Rebell:
--- Zitat ---Original von Black
Wird der Vertrag vom Versorger gekündigt, dann muss diese Kündigung dem Kunden auch zugehen um wirksam zu sein.
--- Ende Zitat ---
Versorger, die eine Kündigung per normalem Brief aussprechen, gehen also ein gewisses Risiko ein.
--- Zitat ---Original von Black
--- Zitat ---Original von ESG-RebellWar der bisherige Vertragspartner der Sondervertrags zugleich auch Grundversorger des Kunden, so ist dieser auch der Versuchung ausgesetzt, den Kunden heimlich in die Grundversorgung einzustufen und ihn erst mit der ersten Jahresabrechnung damit zu überraschen.
--- Ende Zitat ---
Eine \"heimliche Umbuchung\" in die Grundversorgung ist ohne Zustimmung des Kunden nicht wirksam.
--- Ende Zitat ---
Natürlich würde der Versorger behaupten, dem Kunden gekündigt zu haben und dieser habe durch Schweigen dem Wechsel in die Grundversorgung zu den dann gültigen Allgemeinen Tarifen zugestimmt.
Dies läuft aber auf das oben genannte Problem des Zugangsnachweises hinaus, wenn der Kunde die Kündigung bestreitet.
--- Zitat ---Original von Black
--- Zitat ---Original von ESG-Rebell[*]Der Wechsel zu einem neuen Lieferanten dauert oft sechs Wochen oder länger. Die Ankündigung einer Preiserhöhung oder eine Kündigung durch den Altlieferanten erfolgt aber nicht selten weniger als sechs Wochen vor Inkrafttreten; mithin nicht rechtzeitig für eine lückenlose Anschlusslieferung.
--- Ende Zitat ---
Dafür gibt es § 5 Abs. 3 GasGVV/StromGVV eine Preiserhöhung wird für den \"Wechselkunden\" nicht wirksam.
--- Ende Zitat ---
Grundversorgungsverträge können doch garnicht gekündigt werden.
Wir reden über Sonderverträge, die die GasGVV/StromGVV nicht unbedingt einbeziehen müssen (und inzwischen auch vielfach garnicht mehr tun). Dort können daher auch abweichende Kündigungs- und Ankündigungsfristen geregelt sein.
--- Zitat ---Original von Black
--- Zitat ---Original von ESG-Rebell[*]Der Grundversorger bietet als einziger Sonderverträge in einem Gebiet an und entscheidet, dies zukünftig zu unterlassen. Seine bisherigen Sondervertragskunden kündigt er in seine eigene - lukrativere - Grundversorgung.
--- Ende Zitat ---
Das ist kein Problem von Vertragsschluss und § 315 BGB sondern ein Kartellrechtsproblem. Dafür gibt es auch rechtliche Handlungsoptionen.
--- Ende Zitat ---
Aber sicher doch.
Einerseits kann das Kartellamt einschreiten, wenn es noch Personal für die Bearbeitung der entsprechenden Kundenbeschwerde frei hat und anderseits kann der Kunde dem Versorger ein kartellrechtswidriges Verhalten nachweisen und daraus einen Unterlassungsanspruch für die Zukunft ableiten.
--- Zitat ---Original von Black
--- Zitat ---Original von ESG-Rebell[*]Der zum selben Konzern, wie der Grundversorger, gehörende Netzbetreiber behindert einen Lieferantenwechsel von Kunden mutwillig, um diese zumindest für einige Monate in die Grundversorgung zu zwingen.
--- Ende Zitat ---
Wenn das der Fall ist können Sie Schadenersatz verlangen.
--- Ende Zitat ---
Was selbstverständlich wieder eine wasserdichte Beweisführung voraussetzt, welche i.d.R. den Zugang zu betriebsinternen Dokumenten erfordert. Das auch zahlreiche andere Kunden über Behinderungen beim Wechsel berichten, ist für solche Prozesse vollkommen ohne Belang.
Ein sehr effektiver Weg, seine Forderungen durchzusetzen, besteht auch darin, die Ansprüche der Gegenseite garnicht abzuwehren sondern mit einer unerfüllbaren Beweislast zurück zu lassen; genauso wie bspw. die notwendige Beweisführung zur Unbilligkeit in Rückzahlungsprozessen. Weshalb die Versorgerseite ja auch zunächst versucht hat, jegliche Unbilligkeitsprüfung mit Verweis auf eben solche zu unterbinden.
--- Zitat ---Original von Black
Wenn Ihre größte Sorge ist, dass der Versorger Sie durch \"Behinderungen\" oder \"heimliche Umbuchungen\" hintergeht, muss ich Ihnen sagen, dass Sie gegen solches rechtswidriges Verhalten der \"Anfangswiderspruch\" auch nicht schützen könnte. Denn ein solcher Versorger mit der von Ihnen befürchteten kriminellen Energie könnte auch dieses Verhalten kriminell umgehen.
--- Ende Zitat ---
Es ist nicht meine größte Sorge aber eine bestehende Möglichkeit. Welche ggf. kriminellen Maßnahmen könnte der Versorger denn gegen meinen \"Anfangswiderspruch\" einleiten?
In den allermeisten Fällen dürfte eine Ersatz- oder Grundversorgung, wie oben geschildert, vorübergehend eintreten.
Hinzu kommen derzeit noch die zahlreichen Kunden, die sich noch in einem Sondervertrag wähnen, der sich aber ggf. erst viel später doch als wirksam gekündigt herausstellen wird.
Oder Kunden, die auch die Preise der angebotenen Sonderverträge für überhöht halten, noch auf mehr Verständnis des BGH für die Verbraucher hoffen und deshalb in der Grundversorgung bleiben.
Langfristig werden aus meiner Sicht aber nur noch wenige Kunden in der Grundversorgung sein. Offen ist nur noch die Frage, ob die Preise der Grundversorgung - und damit auch die der Sonderverträge - gedeckelt sind oder vollkommen unkontrolliert explodieren können. Dies hängt meines Erachtens hautpsächlich von der weiteren Rechtsprechung des BGH ab und weniger vom Wettbewerb der Sondervertragsanbieter.
Um auf die Eingangsfrage zurückzukommen:
Wenn ich Energie beziehe, ohne eine vorherige Willenserklärung abzugeben, dann kann der Versorger einwenden, ich sei mit dem verlangten Preis einverstanden; genauso wie ein Kunde, der auf die Tankstelle fährt, zur Zapfpistole greift und den ersten Tropfen Benzin in seinen Tank rinnen lässt.
Der BGH könnte dem Argument folgen oder es zurückweisen.
Wenn ich aber zuvor erkläre, dass ich den Preis nur dann akzeptiere, wenn er der Billigkeit entspricht und außerdem Energie beziehe nur weil ich keine andere Wahl habe, dann kann mir niemand eine konkludente Einverständniserklärung unterstellen.
Der BGH müsste dann erklären, dass einseitig festgelegte Preise auch dann bindend sind, wenn sie unbillig überhöht sein könnten (sie werden ja gerade nicht auf ihre Unbilligkeit hin überprüft) wenn der Verbraucher auf die Lieferung angewiesen ist.
Um bei dem Autofahrer zu bleiben: Dieser kann immer an der Tankstelle vorbeifahren und es ist ihm immer zuzumuten, auf ÖPNV umzusteigen; dies wird regelmäßig sogar Hartz-IV-Eltern mit vier Kindern zugemutet(!)
Die Unterschiede zwischen Autofahrern und Heizöl-Verbrauchern einerseits und leitungsgebundenen Energiebeziehern andererseits können und dürfen nicht unberücksichtigt bleiben.
Gruss,
ESG-Rebell.
Black:
--- Zitat ---Original von ESG-Rebell
In den allermeisten Fällen dürfte eine Ersatz- oder Grundversorgung, wie oben geschildert, vorübergehend eintreten.
--- Ende Zitat ---
Und um welche Summen würde man sich dann - bestenfalls bis vor den BGH - streiten wollen, wenn man 2 Monate ungewollt in der Grundversorgung war?
ESG-Rebell:
--- Zitat ---Original von Black
--- Zitat ---Original von ESG-Rebell
In den allermeisten Fällen dürfte eine Ersatz- oder Grundversorgung, wie oben geschildert, vorübergehend eintreten.
--- Ende Zitat ---
Und um welche Summen würde man sich dann - bestenfalls bis vor den BGH - streiten wollen, wenn man 2 Monate ungewollt in der Grundversorgung war?
--- Ende Zitat ---
Und für welche Summen würde man dann - bestenfalls bis vor den BGH - ziehen wollen und eine neue - eventuell weniger versorgerfreundliche Grundsatzentscheidung - riskieren?
Beide Seiten müssen sich fragen, welches Risiko sie für einen kleinen Streitwert einzugehen bereit sind.
Aufgrund der fragwürdigen Rechtsauffassung des BGH könnte eine einmalige vorbehaltlose Zahlung - auch nur für einen Monat - einen Sockelbetrag zementieren, auf den sich der Versorger jederzeit in der Zukunft wieder berufen könnte.
Dieser Umstand würde mithin quasi eine ähnliche Wirkung entfalten wie eine positiv beschiedene Feststellungsklage des Versorgers.
Gruss,
ESG-Rebell.
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