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Autor Thema: Verhindert der Verweis auf einen neuen Sondervertrag eine Billigkeitskontrolle?  (Gelesen 3104 mal)

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Offline ESG-Rebell

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Nach Durchsicht der Threads, die sich mit dem Thema befassen, habe ich den Eindruck dass diese Frage noch nicht geklärt worden ist. Man möge mich ggf. korrigieren und auf die Beiträge verweisen.

Zur Frage der eigenen Kündigung eines Sondervertrags, um in der Grundversorgung Unbilligkeitseinwand erheben zu können, führte RR-E-ft bereits im Oktober 2006 aus:

Zitat
Original von RR-E-ft
Wäre eine solche Kündigung nicht etwa rechtsmissbräuchlich?
Immerhin kündigt man einen Vertrag, um in die Grundversorgung zu gelangen, deren höhere Preise einem bekannt sind.
Man kann doch warten, bis der Versorger einen in die günstige Grundversorgung abschiebt.
Man hüte sich davor, selbst gierig zu werden. :wink:
Die Kündigung von Sonderverträgen kann man den Versorgern überlassen.
Soweit, so gut.

Wie aber verhält es sich nun, wenn der Sondervertrag wirksam vom Versorger gekündigt wurde? (Wirksame Kündigungsklausel und ordentliche, fristgerechte Kündigung mal vorausgesetzt)

Dann befindet sich der Kunde für maximal drei Monate zunächst in der Ersatzversorgung. Wenn er in dieser Zeit keinen neuen Sondervertrag abschließt, dann kommt er in die Grundversorgung.

Im Stromsektor gibt es inzwischen ja zahlreiche Anbieter von Sonderverträgen, deren Preise in der Regel deutlich günstiger sind als die Tarife des jeweiligen Grundversorgers.

Dieser könnte sich bei einem Unbilligkeitseinwand doch nun auf den Standpunkt stellen, der Kunde könne der Grundversorgung doch durch einen Sondervertrag bei FlexStrom oder sonst wem entgehen; erst Recht, wenn er keine missbräuchliche Änderungskündigung ausgesprochen hatte sondern der Kunde zuvor bereits bei einem anderen Versorger war und von diesem gekündigt worden ist.

Entgegenstehen könnte diesem Argument der Kontrahierungszwang des Grundversorger gem. §§ 36 EnWG:
§ 36 Grundversorgungspflicht  (1) Energieversorgungsunternehmen haben für Netzgebiete, in denen sie die Grundversorgung von Haushaltskunden durchführen, Allgemeine Bedingungen und Allgemeine Preise für die Versorgung in Niederspannung oder Niederdruck öffentlich bekannt zu geben und im Internet zu veröffentlichen und zu diesen Bedingungen und Preisen jeden Haushaltskunden zu versorgen. Die Pflicht zur Grundversorgung besteht nicht, wenn die Versorgung für das Energieversorgungsunternehmen aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar ist.  

Desweiteren könnte der Kunde ja auch die Preise aller ihm angebotenen Sonderverträge für unbillig überhöht oder die Vertragsbedingungen für unzumutbar halten und sich deshalb außer Stande sehen, einen der Verträge abzuschließen; selbst wenn die Preise deutlich unter denen der Grundversorgungstarife liegen.

Gruss,
ESG-Rebell.

Offline u.h.

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Zitat
Original von ESG-Rebell
Wie aber verhält es sich nun, wenn der Sondervertrag wirksam vom Versorger gekündigt wurde? (Wirksame Kündigungsklausel und ordentliche, fristgerechte Kündigung mal vorausgesetzt).
Diese Frage habe ich GAS betreffend (zumindest sinngemäß) schon mehrfach gestellt - bisher OHNE (annähernd ausreichende) Antwort.

Mehr noch - habe auch gefragt:
Wie aber verhält es sich nun, wenn der Sondervertrag wirksam vom Versorger gekündigt wurde und zugleich neuer (natürlich teurer) Sondervertrag angeboten wird (somit ja keine Kündigung in die Grundversorgung!)?

Die befragten Kartellämter haben sich jeweils geschickt \'herausgewunden\' ohne die Frage konkret zu beantworten.

Mein FAZIT:
Unklare (d.h. bisher noch nie gerichtlich entschiedene) Rechtslage!

Offline ESG-Rebell

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Zitat
Original von u.h.
Wie aber verhält es sich nun, wenn der Sondervertrag wirksam vom Versorger gekündigt wurde und zugleich neuer (natürlich teurer) Sondervertrag angeboten wird (somit ja keine Kündigung in die Grundversorgung!)?
Das Angebot setzt eine Annahme durch den Kunden voraus, damit der neue Vertrag zustande kommt. Schweigen eines Privatkunden ist als Ablehnung zu interpretieren.
Somit stellt die Kündigung - die ja wohl nur aufgrund eines Widerspruchs gegen eine Preiserhöhung ausgesprochen wurde(?) - meines Erachtens eine missbräuchliche Änderungskündigung dar.

Auf jeden Fall kann man dem Kunden in dieser Situation nicht vorwerfen, den Status \"Grundversorgung\" herbeigeführt zu haben, um einen Unbillgkeitseinwand anführen zu können.

Gruss,
ESG-Rebell.

Offline Black

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Zitat
Original von ESG-Rebell
Somit stellt die Kündigung - die ja wohl nur aufgrund eines Widerspruchs gegen eine Preiserhöhung ausgesprochen wurde(?) - meines Erachtens eine missbräuchliche Änderungskündigung dar.

1. Eine Kündigung ohne spezielle Begründung (wegen Widerspruch etc.) im Rahmen eines ordentlichen Kündigungsrechts des Versorgers ist nicht rechtsmissbräuchlich.

Die meisten Versorger werden dazu übergehen im Bereich der Sonderkundenverträge keine risikoreichen Rechtsstreite mit den Kunden  um Preisanpassungsrechte mehr zu führen, sondern sich recht schnell von den  Widersprchskunden zu trennen. Es steht zu erwarten, dass derjenige, der auf diese Weise bei mehreren Versorgern \"geflogen\" ist irgendwann zwangsläufig in der Grundversorgung landet.

2. Nach meiner Ansicht kann § 315 BGB in der Grundversorgung nicht mit dem Verweis auf günstigere Sonderkundenverträge abgelehnt werden.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline nomos

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Zitat
Original von Black
2. Nach meiner Ansicht kann § 315 BGB in der Grundversorgung nicht mit dem Verweis auf günstigere Sonderkundenverträge abgelehnt werden.
    Einen  Paragraphen ablehnen?  Wo geht das denn? =)  

    Verträge laufen aus oder können ordentlich gekündigt werden. Was gilt schon ewig? Wer gekündigt und dann grundversorgt wird, hat bei günstigeren Sonderkundenverträgen allerdings ein starkes zusätzliches Indiz für die Unbilligkeit der Grundversorgungspreise. Der unmittelbare Nachweis der Billigkeit ist dann angebracht. Von einem akzeptierten Preis kann ja wohl keine Rede sein. Im alternativlosen Gassektor erst recht nicht.
PS:
Wer jetzt noch mit der KA kommt. Die unterschiedliche Konzessionsabgabe ist weder recht noch \"billig\"  ;)

Offline ESG-Rebell

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Zitat
Original von Black
1. Eine Kündigung ohne spezielle Begründung (wegen Widerspruch etc.) im Rahmen eines ordentlichen Kündigungsrechts des Versorgers ist nicht rechtsmissbräuchlich.
Wenn der kündigende Versorger nicht zugleich auch Grundversorger des Kunden ist oder ein ordentliches, beiderseitiges Kündigungsrecht vertraglich vereinbart war, dann ist dies sicher richtig.

Problematisch waren bisher wohl die Änderungskündigungen von Grundversorgern gegenüber ihren Sondervertragskunden, deren Verträge etwa konkludent - ohne schriftliche vertragliche Regelungen - zustanden gekommen waren.

Zitat
Original von Black
Die meisten Versorger werden dazu übergehen im Bereich der Sonderkundenverträge keine risikoreichen Rechtsstreite mit den Kunden  um Preisanpassungsrechte mehr zu führen, sondern sich recht schnell von den  Widersprchskunden zu trennen. Es steht zu erwarten, dass derjenige, der auf diese Weise bei mehreren Versorgern \"geflogen\" ist irgendwann zwangsläufig in der Grundversorgung landet.
Ja, danach sieht es aus. Die GGEW etwa bietet nur noch auf ein Jahr befristete Sonderverträge an. In den Vertragsbedingungen stellt sie in Aussicht, rechtzeitig vor Vertragsende ein neues Vertragsangebot unterbreiten zu wollen.

Vermieter und Arbeitgeber haben so etwas zwecks Umgehung des Mieter- bzw. Kündigungsschutzes ja auch mal probiert; mit dem Ergebnis, das ab dem fünften Vertrag von einem Dauerschuldverhältnis ausgegangen wurde. Dies wird im Energiebereich aber wohl nicht so kommen. Der Kunde ist ja durch die Grundversorgungspflicht abgesichert und kann eventuell auch bei einem anderen Anbieter einen neuen Sondervertrag abschließen.

Zitat
Original von Black
2. Nach meiner Ansicht kann § 315 BGB in der Grundversorgung nicht mit dem Verweis auf günstigere Sonderkundenverträge abgelehnt werden.
Na wenn Sie das sagen - schön!

Sehe ich da etwa schon die Sonne des Rechtsfriedens am Horizont aufgehen?

Aber halt - die aufmüpfigen Kunden in der Grundversorgung werden für die Versorger weiterhin ein Problem darstellen.

Was ist mit den Totalverweigerern, die sich für ganz clever halten und schon vor Lieferbeginn in der Ersatz- und Grundversorgung einen Unbilligkeitseinwand stellen?

Woher soll bei diesen Kunden der angeblich vereinbarte und somit vor einer Billigkeitskontrolle geschützte Sockelbeitrag kommen?

Gruss,
ESG-Rebell.

Offline Black

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