Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Preisgleitklausel  (Gelesen 18177 mal)

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Offline gasmann

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Preisgleitklausel
« am: 15. Juni 2005, 12:41:09 »
Eine bestehende Preisgleitklausel steht nach meinen Informationen einem Widerspruch gem. § 315 entgegen. Mein Erdgas-Sondervertrag enthält folgende Passage: \"Die ... ist berechtigt, die Gaspreise zu ändern, wenn eine Preisänderung durch einen Vorlieferanten der ... erfolgt.\"

Ist das eine wirksame Preisgleitklausel? Ich denke zwar nicht. Kann mir das jemand bestätigen? Vielen Dank!

Offline RR-E-ft

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Preisgleitklausel
« Antwort #1 am: 15. Juni 2005, 12:52:34 »
@gasmann

Nein.

Die Klausel ist schon unwirksam, weil sie inhaltlich vollkommen unbestimmt ist, Preisänderungen in das vollkommene Belieben des EVU stellt, keine notwendige Beschränkung enthält und eine Steigerung des Gewinnanteils zulässt, vgl. Palandt, BGB, 64.A., § 309 Rn. 8 mit Hinweis auf die BGH- Rechtsprechung.

Nach der Rechtsprechung des BGH gibt es bei solchen AGB auch keine geltungserhaltende Reduktion. Die Klausel ist insgesamt unwirksam.

Auf eine unwirksame Klausel kann gar keine Preiserhöhung gestützt werden.

Auf eine Unbilligkeit kommt es dann gar nicht mehr an, weil der Versorger bei Unwirksamkeit der Klausel schon gar nicht zu einer einseitigen Preiserhöhung berechtigt ist.

Sie brauchen zudem nur bestreiten, dass die Vorliefernatenpreise gestiegen sind. Ob dies im konkreten Fall der Fall ist, können Sie schon nicht wissen.

Der Versorger muss dann den Bezugsvertrag offen legen und nachweisen, um wieviel sein Vorlieferantenpreis gestiegen ist.
Weiter ist fraglich, wieviel der Vorlieferantenpreis am Endpreis ausmacht.  


Wäre die Klausel gleichwohl wirksam, käme nach der BGH- Rechtsprechung die Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB zur Anwendung, weil dem Versorger ein Ermessen eingeräumt ist, ob und ggf. in welchem Umfange er Preisänderungen vollzieht.

Eine wirksame Preisgleitklausel muss von Anfang an die Termine und die Berechnungsformel, nach der sich die Preise ändern sollen, betimmen.

Die Preise sind dann immer zu diesen Terminen nach der Formel neu zu berechnen. Es gibt keinerlei Ermessen für den Versorger.

Nur dann scheidet § 315 BGB grundsätzlich aus.

Es kann jedoch dann immer noch eine Inhaltskontrolle der vom Versorger vorgegebenen Formel nach §§ 307, 315 BGB erfolgen, ob die Anwendung der Formel selbst nicht zu Unbilligkeiten führt.....



Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
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Offline gasmann

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Preisgleitklausel
« Antwort #2 am: 15. Juni 2005, 14:28:58 »
Hallo Herr Fricke,

vielen Dank für Ihre schnelle und vor allem so umfassende Beantwortung meiner Frage.

Wenn ich Sie richtig verstehe, dann hätte ich gar nicht erst jetzt bei der saftigten Preiserhöhung von über 15% Widerspruch gem. § 315 BGB erheben müssen, sondern hätte jeder noch so geringen Preiserhöhung der letzten Jahre allein schon aufgrund der Unwirksamkeit dieser Klausel widersprechen können.

Hm, schade! Aber wieso können die Energieversorger es sich eigentlich leisten, mit solchen juristisch nicht haltbaren Formulierungen zu arbeiten. Gibt es keine Aufsicht oder das Kartellamt, die solche Klauseln hätten kippen müssen?

Gruß

gasmann

Offline RR-E-ft

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Preisgleitklausel
« Antwort #3 am: 15. Juni 2005, 15:01:08 »
@gasmann

Die Antwort ist schlicht:

Privatautonomie und Vertragsfreiheit.


Sie sind zunächst einmal selbst dafür verantwortlich, Ihre Rechte zu wahren und sich auf die Unwirksamkeit unzulässiger Klauseln zu berufen. Das kann kein anderer für Sie leisten, auch nicht der Staat.

Nur der uninformierte Verbraucher kann übertölpelt werden.



Wissen ist Macht.

(Vorsicht: Der Umkehrschluss - Nichts wissen macht nichts - gilt gerade nicht.)


Wie man sieht, führen Insuffizienzen der Rechtsabteilungen der EVU und deren Verbänden sogar zu sehr verbraucherfreundlichen Ergebnissen.

Wer anderen eine Grube gräbt, ist noch lange kein Tiefbau- Ing..

Der Verbraucher muss es nur wissen.


Seien Sie froh, wenn die Klausel unwirksam ist.

Einseitige Preiserhöhungen sind dann rechtlich schlicht unmöglich.

Wenn alle Preiserhöhungen der Vergangenheit unwirksam waren, betrachten Sie diese einfach als nicht erfolgt, und schauen nur auf den ursprünglich einmal vertraglich vereinbarten Preis.

Sollte der Preis gegenüber dem ursprünglich vereinbarten Preis mal abgesenkt worden sein, sind Sie damit selbstredend einverstanden.

Dann gilt dieser günstigere Preis.

Preiserhöhungen danach waren ja unzulässig, sind unwirksam.

Nur den zahlen Sie weiter.

Unter Umständen haben Sie dann schon ein viel besseres Preisniveau gegenüber Ihren Nachbarn. :wink:


Auch wenn Sie sonst vielleicht - wie bei den Deutschen anscheind weit verbreitet - mit den Nachbarn hadern, werden Sie diesen und allen anderen Betroffenen davon berichten, damit diese es Ihnen gleichtun können.

Immer gut ist eine Berichterstattung in der örtlichen Presse.

In der großen deutschen Tageszeitung mit den vier großen Buchstaben könnte dann bald Ihr Ort für Schlagzeilen sorgen:

Musterstadt - Gaspreis so günstig wie sonst nirgends in Deutschland.

Von wegen!

Das gilt doch überall in Deutschland.
 

Wegen der Preiserhöhungen in der Vergangenheit könnten Sie ja mal darüber nachdenken, sich auf die Unwirksamkeit der Preiserhöhungen zu berufen und das zuviel gezahlte Geld in Bezug auf den, schon immer geltenden, und ab jetzt nur noch gezahlten Preis im o. g. Sinne zurück zu verlangen.

Es gibt doch genug Rechtsprechung zu Rückerstattungsprozessen.


Der Rückerattungsanspruch unterliegt der Verjährung.

Wendet der Versorger diese ein, besteht der Rückerstattungsanspruch nur hinsichtlich der letzten drei Jahre.


Auch dabei muss der Versorger in jedem Falle seine Preiskalkulation offen legen, um die Angemessenheit und Üblichkeit seiner Preise nachzuweisen.

Darauf kommt es aber schon nicht an, wenn der Versorger aufgrund einer unwirksamen Klausel im laufenden Vertragsverhältnis gar nicht zu einseitigen Preiserhöhungen berechtigt war:

Wer das Recht zur einseitigen Leistungsbestimmung für sich in Anspruch nimmt (EVU) , hat nach der Rechtsprechung (schon des Reichsgerichts) nachzuweisen, dass ihm ein solches Recht wirksam eingeräumt wurde, vgl. Palandt, BGB, 64.A., § 315 Rn. 19, mit weiteren Nachweisen.


Kann oder will der Versorger das vor Gericht nicht, gibt es das Geld zurück.

So bestechend einfach ist das.

Vgl. hierzu nur das Urteil de LG Mühlhausen vom 12.04.2005.

Denken Sie an den Werbespruch des Media- Markts:

La, la,la.... - vor allem nicht beim Preis!


Sie sollten sich jedoch beeilen:

Wenn alle auf die Idee kommen, könnte das Geld bei den Versorgern knapp werden. :shock:

Derzeit ist (noch) genug in der prall gefüllten Kasse:


http://www.handelsblatt.com/pshb?fn=tt&sfn=go&id=1052769
http://www.verivox.de/News/ArticleDetails.asp?aid=10222

Vgl. auch hier:

E.ON Hanse \"Thermostrom\"

Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Offline im

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Preisgleitklausel
« Antwort #4 am: 16. Juni 2005, 11:49:38 »
Sorry ,

Hatten auch Einrede der Unbilligkeit lt. Musterschreiben durchgeführt.

möchte niemanden nerven, habe im Forum auch schon einiges gelesen, komme jetzt aber wirklich durcheinander, bzw nicht richtig weiter.

Kann es sein, das die Preisregelung (einseitige Bestimmung) hier komplett nichtig ist, und , so wie dies sich anhört, durch keine Preisregelung ersetzt wird? Würde dann nicht etwa der Preis von \'99 noch Gültigkeit haben (zzgl. Ökosteuererhöhung von 2003), oder gilt da noch altes Recht vom BGB in Bezug auf sog. salvatorische Klauseln, die bei Ungültigkeit einer Klausel durch eine vergleichbare ersetzt werden?


Vertragswerk von 1.9.99 Sondervereinbarung

Ergänzende Bestimmung (8/99) der EVU zu den AVBgasV

(6) Mahn- und Inkassogebühren gemäss § 27 AVBgasV
bla bla bla..
Bei Nichterfüllen einer Zahlungsverpflichtung, trotz Mahnung, kann die EVU die Versorgung unverzüglich nach Androhung einstellen. Die Androhung kann zugleich mit der Mahnung erfolgen.

(8) Steuern und Abgaben
Die Berechnung von neu hinzukommenden Steuern und Abgaben bleibt vorbehalten.

(9) Inkrafttreten
Diese Ergänzenden Bestimmungen treten mit Wirkung vom xx.1988 in Kraft.

Der eigentliche Vertrag
(1) Liefer und Abnahmepflicht
EVU verpflichtet sich Gas nach Maßgabe der Vereinbarung zu Liefern.
Kunde Verpflichtet sich Wärmeenergie durch Gasbezug von EVU abzunehmen
(3) Preise und Preisregelung
Gaspreis Grundpreis (nach KW) und Arbeitspreis.
Bla bla bla
Kunde hat für Laufzeit des Vertrages Preisregelung X gewählt. Die bei Vertragsabschluss gültigen Preise sind in dem diesen Vertrag beigefügten Preisblatt enthalten, das insoweit Vertragsbestandteil ist.
EVU behält sich die jederzeitige Änderung der Preise und Bedingungen vor. Eine Änderung wird wirksam, sobald sie dem Kunden schriftlich mitgeteilt wird, spätestens aber, wenn diese öffentlich in der örtl. Tagespresse bekannt gemacht ist.

(6) Vertragsänderungen
Änderungen des Vertrages und zusätzliche Abmachungen bedürfen schriftlicher Anerkennung der Vertragsparteien.

(7) Unwirksamkeit einzelner Vertragsbestimmungen
Sollte eine Vertragsbestimmung unwirksam sein oder werden, so sind sich Vertragsparteien darüber einig , dass die Wirksamkeit des Vertrages hierdurch nicht berührt wird. Die Parteien verpflichten sich vielmehr , die unwirksame Bestimmung durch eine im wirtschaftlichen Erfolg ihr möglichst gleichkommende wirksame Regelung zu ersetzen, die das bei Vertragsabschluss bestehende Verhältniss zwischen Leistung und Gegenleistung wiederherstellt.

(10) Vertragsdauer 1 Jahr ,verlängert sich jeweils um ein Jahr wenn nicht drei Mo. vor Vertragsende von einer der Parteien schriftl. gekündigt wird.
(11) Vertragsbestandteile
Preisblatt, AVBgasV, ergänzende Bestimmungen zu AVBgasV

unterschrift


Kollidieren nicht etwa die §3 und §6 vom Vertrag? Hätte die EVU , bei Preiserhöhungen nicht ein Anerkenntniss von uns gebraucht?
Wäre das der Fall, könnten doch die Differenzbeträge bis 2002 zurückgefordert werden? Wir hatten die Jahre seit der Gaspreisexplosion 2000 , bis heute nahezu alle Zahlungen mit dem Vermerk \'Zahlung unter Vorbehalt\' durchgeführt.

Irgendwie bin ich jetzt schon durcheinander..

Fällt dazu jemandem was ein?



Viele Gruesse

im

Offline RR-E-ft

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Preisgleitklausel
« Antwort #5 am: 16. Juni 2005, 12:22:41 »
@im

Auch in diesem Vertrag ist eine Preiserhöhung in das vollkommene Belieben des Versorgers gestellt.

Nach der Rechtsprechung des BGH zu solchen Preisklauseln dürfte sich diese als unwirksam erweisen.

Eine Salvatorische Klausel kann keine unwirksame Klausel ersetzen, sondern nur einen Vertrag im Sinne von §§ 139, 140 BGB retten, wenn sonst eine unwirksame Bestimmung die Unwirksamkeit des gesamten Vertrages zur Folge hätte.

Allein die Steuererhöhungen konnten so auf den vertraglich vereinbarten Preis draufgesetzt werden.

Der Inhaltskontrolle der Klausel gem. § 307 ff. BGB steht auch nicht etwa § 310 Abs. 2 BGB entgegen, weil es in der AVBV gar keine Bestimmung gibt, wonach die Preise geändert werden können. § 4 Abs. 2 AVBV verhält sich nur zu einem frühestmöglichen Wirksamwerden.

Voraussetzung ist jedoch bei Strompreisen die Genehmigung einer Tariferhöhung gem. § 12 BTOElt.

Der Genehmigung unterliegt aber nicht nur die Tariferhöhung, sondern auch der gesamte Tarif. Das folgt daraus, das eine Genehmigung immer zeitlich befristet ist.

Deshalb muss sich ein Recht zu einseitigen Preisanpassungen aus dem Vertrag selbst ergeben.

Wer sich auf ein solches Recht beruft, hat es nachzuweisen, vgl. Palandt, BGB, § 315 Rn. 19.

Erst wenn ein solches Recht vertraglich vereinbart ist, gibt es überhaupt eine Grundlage für die Regelung des § 4 Abs. 2 AVBV.

Die Kommentierung der Versorgungswirtschaft zu dieser Vorschrift sieht das naturgemäß anders.

Jedoch ausweislich der Urteil des BGH vom 05.02.2003 und 30.04.2003 hält dieser von dieser Kommentierung oft nichts- zurecht.

Selbst wenn die Klausel nicht unwirksam wäre, unterlägen die Preisänderungen allesamt der Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB.

Nach einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum kann nicht ledigleich ein Teil eines Energiepreises der Billigkeitskontrolle unterfallen, sondern immer nur der Gesamtpreis.

Deshalb ist schon der Ansatz untauglich, nur die Billigkeit einer Preiserhöhung kontrollieren zu wollen.

Zu diesem Ergebnis kommt auch eine Vielzahl neuer Rechtsgutachten.

Hierzu haben die Versorger selbst erst in jüngster Zeit die entscheidenden Urteile erstritten und Fachaufsätze veröffentlichen lassen, ohne wohl zu erkennen, welchen Gefallen sie sich damit an anderer Stelle tun.

Ein Urteil hierzu vom LG Hannover, RdE 2004, 54, (55) zu den Strompreisen wurde bezeichnenderweise mitgeteilt von dem, den Forumslesern bestens bekannten Herrn Kollegen Dr. Kunth, Düsseldorf von der E.ON- Kanzlei Freshfields Bruckaus Deringer.

In dem Urteil heißt es in dürren Worten:


\"Darüber hinaus ist auch zu berücksichtigen, dass die Kl. nur den Gesamtpreis als solchen einer Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB unterwerfen kann, nicht aber einzelne Bestandteile, da eine einzelne Überhöhung an anderer Stelle bei der Kostenberechnung ausgeglichen werden kann.

Ebenso können Preiserhöhungen des Vorlieferanten durch Einsparungen an anderer Stelle kompensiert werden.

Ebensolche Ausführungen finden sich in den von der Branche in letzter Zeit in Auftrag gegebenen und an vielen Stellen veröffentlichten Gutachten:

 
Umfangreiche Hin- und Rückkompensationen bei der Gaspreisbildung  werden auch in dem Aufsatz von Salje in et 2005, 278 beschrieben.  

Deshalb sollte die Unbilligkeit auch immer gegen den Gesamtpreis eingewandt werden.

Denn es spricht sehr viel dafür, dass die Preise schon vor den Preiserhöhungen überteuert/ unbillig  waren.


Wo keiner kontrolliert, bildet sich leicht eine Selbstbedienungsmentalität heraus.

Irgendwann wird es zu einer schlechten Angewohnheit, von der man nicht mehr lassen mag oder kann.

Sie führt jedoch auch dazu, dass die verehrte Kundschaft mit berechtigten Rückforderungsansprüchen an die Türe klopft.

Schlecht dann, wenn man keine Rücklagen für diesen Fall gebildet hat.

Eigentlich sollte man erwarten, dass die dafür Verantwortlichen selbst eins und eins zusammenrechnen und aus Gründen kaufmännischer Vorsicht entsprechende Rückstellungen bilden, das zuviel kassierte Geld nicht an Aktionäre auskehren oder besser von Anfang an faire Preise in Rechnung stellen.


Nur Mut beim Kürzen und gutes Gelingen beim Zurückfordern zuviel gezahlter Energiepreise. An die dreijährige Verjährung ist zu denken.


Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
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Offline im

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Preisgleitklausel
« Antwort #6 am: 16. Juni 2005, 13:45:39 »
Hallo Herr Fricke,

vielen Dank für diese umfassende Darstellung.

Nicht einmal der Verbraucherpreisindex wäre zu berücksichtigen,da es doch dann ein Festpreis ist.

Da könnten doch tatsächlich für 2005 die Abschläge auf das Limit von \'99 + Ökosteuer begrenzt werden, bzw. einen Abschlag ausfallen lassen, da ja die Abschläge (natürlich der Verbrauchsmenge angepasst) nach dem Vertrag niedriger sein sollten.

Zum gegebenen Zeitpunkt wäre dann ja eine Überzahlung vorhanden.

Und die nächste Preiserhöhung steht am 1.7. sowieso bei der EVU auf dem Plan

Schliesslich wäre dies ja ein Vertragsbruch vom Versorger :twisted:

Sehe ich das richtig?

Zur Zeit sind wir hier wohl Einzelkämpfer. Ba-Wü gibt sich da leider noch nicht sehr kämpferisch. (Heilbronn natürlich ausgeschlossen!)
 
Aber so wie ich das sehe, gibt es hier sehr viele Heizgaskunden (bestimmt auch mit diesen Verträgen) , denen das bestimmt noch nicht aufgefallen ist.


mfg

im

Offline RR-E-ft

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Preisgleitklausel
« Antwort #7 am: 16. Juni 2005, 18:49:43 »
@im

Auch für BaWü gilt das Motto: Waking up our neighbours.

Sagen Sie es allen Leuten, dann sind Sie nicht allein.

Sie haben zudem einen Ansprechpartner in der VZ BaWü.


Wenn die Preiserhöhungen unwirksam waren, brauchen Sie nur den vertraglich vereinbarten Preis zzgl. Ökosteuer zahlen.

Teilen Sie dies Ihrem Versorger mit, damit der sich nicht wundert, wo das restliche Geld bleibt. Wenden Sie die Unbilligkeit gegen den Gesamtpreis ein und zahlen Sie nur die alten Preise.

Augen auf: § 31 AVBV sieht ein Aufrechnungsverbot vor.

Sie dürfen also nicht mit Rückforderungen aufrechnen, sondern nur kürzen, damit es nunmehr nicht zu weiteren Überzahlungen kommen kann, welche Sie sich erst zurück erstreiten müssen.

Freiwillig hat noch kein Versorger zurück gezahlt.

Wenn erst einmal die ersten Prozesse erfolgreich gelaufen sind, könnte sich das ändern, weil dann die Versorger selbst ersehen können, was ihnen die Gerichte ins Stammbuch schreiben.

Machen Sie Ihren Versorger auf die Urteile LG Mannheim und LG Mühlhausen aufmerksam, damit man dort nicht weiter an der Sache vorbei argumentiert und unnütz Zeit darauf verwendet, Sie vollzutexten.

Dass es sich beim Gaspreis um einen Kostenpreis handelt, ergibt sich aus dem  Urteil des LG Hannover NJW- RR 1992, 1198,  in welchem ausdrücklich auf die (1998 außer Kraft getretene)  BTOGas Bezug genommen wurde.

\"Googeln\" Sie einfach mal nach BTOGas und Sie werden erstaunt sein, wieviele  Gasversorger in Deutschland heute immer noch in ihren Preisblätten Bezug nehmen auf die BTOGas um zu suggerieren, ihre Preise seien immer noch behördlich genehmigt.

Sie werden erstaunt sein.

So zum Beispiel die Stadtwerke Bad Pyrmont, bei denen auch sonst die Uhren oft anders gehen.

Kundendienstmitarbeiter hatten gar am Telefon felsenfest behauptet, die Tarife seien genehmigt.

Manche Irrtümer halten sich beharrlich.

Man denke nur an die Auffassung, die Welt sei eine Scheibe.


Es wird Zeit, einiges richtig zu stellen.


Helfen Sie mit und gewinnen Sie viele Mitstreiter.

Es lohnt sich.


Denken Sie an den Werbespruch der RWE:


Einer muss da sein.


Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
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Offline Harald Derkum

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Preisgleitklausel
« Antwort #8 am: 01. Juli 2005, 16:53:07 »
Ich habe in folgenden Beitrag die Preisgleitklausel von Rheinenergie Köln eingestellt:

Suche nach einem Anwalt in Köln wg. Streit mit Rheinenergie

Ich würde mich freuen, wenn sich Herr RA Fricke sich diese einmal ansehen könnte und uns mitteilen würde, ob diese den Paragraphen 315 BGB tatsächlich aushebelt, wie Rheinenergie behauptet.

Offline RR-E-ft

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Preisgleitklausel
« Antwort #9 am: 01. Juli 2005, 17:34:52 »
@Harald Derkum

Na dann lesen Sie mal:

Suche nach einem Anwalt in Köln wg. Streit mit Rheinenergie


Rechtsprechung dazu gibt es jedoch nur sehr wenig.


Um nicht zu sagen: teilweise terra inkognita.



Freundliche Grüße
aus Jena


Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Offline Monaco

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Preisgleitklausel
« Antwort #10 am: 04. Juli 2005, 14:47:58 »
In einem Vertrag zur Fernwärmeversorgung fand ich eine Preisgleitklausel, die zumindest auf den ersten Blick wenigstens den Eindruck einer korrekten Preisgestaltung erweckt:

Arbeitspreis = Arbeitspreis* x ((0,33 x (Preis Heizöl extra leicht : Preis Heizöl extra leicht*)) + (0,30 x ( Monatstabellenlohn : Monatstabellenlohn*)) + (0,20 x (Investitionsgüterindex : Investitionsgüterindex*)) + 0,17)

* sind vermutlich die Zahlen bei ehemaligem Vertragsabschluss

neuer Arbeitspreis = Arbeitspreis* x neuer Faktor

Eine weitere Bestimmung sagt aus, dass eine Preisänderung nur erfolgen darf, wenn sie mehr als 5% vom aktuell gültigen Arbeitspreis beträgt.

Die Feststellung des Heizölpreises erfolgt (hier) für einen Zeitraum 3 bis 9 Monate vor Inkrafttreten des neuen Preises (vermutlich ein Durchschnittspreis)

Wäre dies eine Preisgleitklausel mit der man leben könnte (oder müsste)?

Offen bleibt nur noch die Frage: Worauf bezieht sich der Preis bei den \"offenen\" 17%.

Abschließend bitte ich um Entschuldigung wegen der vielen Klammern und der \"eigenmächtigen\" Zeichensetzung. Ich hoffe dennoch, dass alles einigermaßen verständlich ist. Leider konnte ich hier die eigentlich vorgesehene Angabe in Brüchen hier nicht wiedergeben.

Klarstellen möchte ich abschließend, dass es hierbei keine Streitigkeiten mit dem Versorger gibt und ich die Formel nur als Beispiel aufführen möchte. Das heißt jedoch nicht, dass die Formel (Preisgleitklausel) korrekt sein muss!

Vielleicht bekomme ich ja hier im Forum einen Hinweis hierzu.


Mit freundlichen Grüßen

Monaco

Offline Cremer

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Preisgleitklausel
« Antwort #11 am: 04. Juli 2005, 15:11:56 »
@ Monaco,

der Meinung war ich anfangs auch.

so ähnlich sieht meine Preisgleitformel auch aus.

Habe deshalb die Stadtwerke aufgefordert, \"en detail\" mir den Nachweis der Steigerung von der letzten Formeländerung aus 1992 bis heute nachzuvollziehen.

Als Antwort erhielt ich verschiedene Preissteigerungsangaben mit terminen für leichtes Heizöl aus den Jahfren 2003 bis 2005 und im übrigen der Hinweis ich solle mir die Heizölnotierungen vom Statistischen Bundesamt holen.

Habe klargestellt, dass nicht ich eine \"Holschuld\" habe, sondern die SW eine \"Bringschuld\". Nachfrist bis zum 30.7.05 gesetzt, anderenfalls erfolgt eine weitere \"Preisanpassung\" meinerseits der der monatlichen Zahlungsabschläge nach unten.
MFG
Gerd Cremer
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Offline MD

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« Antwort #12 am: 19. Juli 2005, 11:46:22 »
Hallo,
E.ON Bayern hat zum 1.1. die GVS (Gasversorgung Schwandorf) übernommen und jetzt eine Preiserhöhung von knapp 15 % zum 1.8. angekündigt. 15 % ist ziemlich happig und ich beabsichtige, Widerspruch zu erheben. Als ich jetzt mal wie gasmann Ausschau nach hinderlichen Preisgleitklauseln im Vertrag gehalten habe, fand ich bei mir folgendes im meinem \"Sondervertrag\" mit der GVS:

\"Den Preisen liegen die derzeitigen Erdgasbezugspreise der GVS zugrunde. Ändern sich die Erdgasbezugspreise, so ist die GVS zu einer entsprechenden Anpassung der Erdgaspreise gemäß Ziffer 1.2 der Bedingungen für Sonderverträge über die Lieferung von Erdgas für Haushalts- und Gewerbevollversorgung berechtigt\".

1.2 der Bedingungen....:
\"GVS ist berechtigt, die Preise der Sonderverträge im gleichen prozentualen Umfang wie die Lieferpreise des jew. Vorlieferanten zu ändern. Ist der Kunde mit einer Preisanpassung nicht einverstanden, so hat er Anspruch auf Einräumung der Allgemeinen Tarife, ohne an eine Kündigungsfrist gebunden zu sein.

Ist dies eine wirksame (die Einrede der Unbilligkeit verhindernde) Klausel oder eine unwirksame Klausel?

Selbst wenn sie unwirksam sein sollte: Ist diese Unwirksamkeit durch die Übernahme der E.ON mit ihren neuen Tarifen (jetzt \"E.ON Bestpreis Gas\") nicht bereits hinfällig geworden?

Danke für Antworten,

Grüße,

MD

Offline Cremer

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« Antwort #13 am: 19. Juli 2005, 13:44:08 »
@MD

Anspruch auf die Allgemeinen Tarife hat der Kunde ja sowieso.

Nur ist dies hier in diesem Zusammenhang m.E. nicht relevant, da der Einwand/wiederspruch gilt:
- Preissteigerungen sind unbillig
- Preishöhe ansich ist unbillig

Dies trifft ebenso auf den Allgemeinen Tarif wie auf den Sondertarif zu.
MFG
Gerd Cremer
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« Antwort #14 am: 19. Juli 2005, 14:59:29 »
@MD


Die Regelung unter 1.2. stellt vollkommen sicher, dass sich auch der Gewinnanteil des Versorgers, der natürlich in die Preise einkalkuliert ist, sich genauso erhöht wie die Bezugspreise.

Das ist gerade unbillig. Der Gewinnanteil darf sich doch durch eine Preiserhöhung gerade nicht erhöhen !!!!

Es dürfen nur tatsächlich gestiegene Kosten weitergegeben werden.  

Deshalb ist die Klausel unwirksam.

Sie können mit Ihrer VZ in Verbindung treten, ob diese Ihren Versorger nicht wegen der unzulässigen Klausel anwaltlich abmahnen und ggf. nach dem UKlaG gerichtlich auf Unterlassung in Anspruch nehmen will.

Das ist viel wirksamer als tausende einzelne Rechtsstreite zwischen Versorger und Kunden.

Deshalb wurde den Verbraucherverbänden gerade ein entsprechendes Recht, auf Unterlassung zu klagen, eingeräumt.

Gern können Sie sich deshalb auch an den Bund der Energieverbraucher e.V. wenden.
Dieser hat insbesondere Flüssiggasanbieter wegen unzulässiger Klauseln schon in einer Vielzahl von Fällen  erfolgreich abgemahnt bzw. auf Unterlassung verklagt.

Danaach darf sich der Versorger gegenüber Kunden nicht mehr auf die Klausel berufen.

Aus die Maus.



Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

 

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