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Autor Thema: GASAG antwortet auf Widerspruch zur Jahresabrechnung  (Gelesen 4320 mal)

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Offline Berliner1983

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GASAG antwortet auf Widerspruch zur Jahresabrechnung
« am: 26. November 2008, 19:55:09 »
Nach Erhalt der Jahresabrechnung habe ich der GASAG einen Brief geschrieben (Standardbrief-Widerspruch, den es auf der Seite des Energieverbraucher-Bundes gibt), in dem ich mich weigere, die letzten beiden Gaspreiserhöhungen (1.1.2008 und 1.9.2008) zu bezahlen. Ich habe mich bereiterklärt, die Rechnung auf der Basis des alten kW/h-Preises vom Vorjahr zu begleichen. Hier die Antwort der GASAG. Meine Frage und Bitte: Wie kann ich nun weiter vorgehen? Insbesondere die fett-markierten Stellen werfen Fragen auf.


Ihren Widerspruch vom 12.11.2008 haben wir zur Kenntnis genommen.
Wir haben unsere Preisänderungen stets den gesetzlichen Regelungen entsprechend bereits
sechs Wochen vor ihrem Inkrafttreten schriftlich angekündigt. Unabhängig davon, dass wir unsere
Preisgestaltung nach wie vor für rechtmäßig halten, müssen wir Ihren Widerspruch daher als verspätet
zurückweisen.

Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass die Berechtigung unserer Forderung nicht davon abhängig
gemacht werden kann, dass wir jeden einzelnen Kunden individuell von ihrer Billigkeit unter
Offenlegung sämtlicher Kalkulationsgrundlagen überzeugen. Die Kalkulationsgrundlagen sind außerordentlich
komplex; ihre Überprüfung ist Aufgabe der Landeskartellbehörde oder der Gerichte.
Das Berliner Kammergericht hat die GASAG am 12.02.2008 in einem Beschluss aufgefordert, die
Preiskalkulation offen zu legen. Das Verfahren ist nicht beendet. Die GASAG wird der richterlichen
Anordnung selbstverständlich nachkommen. Eine Offenlegung sämtlicher Daten erfolgt allerdings
nur vor Gericht, nicht in der Öffentlichkeit, da dies einen Wettbewerbsnachteil bedeuten würde.
Das sogenannte Sammelklageurteil des Landgerichts Berlin vom 19. Juni 2006 bzw. das Urteil
des Kammergerichts Berlin vom 28. Oktober 2008 ist bis heute nicht rechtskräftig. Uns liegt allerdings
aus einem anderen Verfahren ein Urteil des Landgerichts Berlin vom 25. April 2007 vor, wonach
die zum 1. Oktober 2005 und 1. Januar 2006 vorgenommenen streitgegenständlichen Preiserhöhungen
wirksam waren. Dieses Urteil (AZ 48 S 100/06) ist rechtskräftig.

Sie haben selbstverständlich das Recht, die Angemessenheit unserer Preise gerichtlich überprüfen
zu lassen. Nach § 17 der GasGVV sind Sie jedoch verpflichtet, die Forderung des Gasversorgers zunächst auszugleichen, um Ihre Ansprüche dann ggf. in einem Rückforderungsprozess geltend zu machen. Der Einwand einer unbilligen Preisgestaltung berechtigt Sie jedoch nicht zur Kürzung von Abschlags- und Rechnungsbeträgen (LG Berlin, Urteil vom 14. Juni 2005, 20O 450/04).

In diesem
Zusammenhang möchten wir Sie bitten, Ihre geplante Vorgehensweise noch einmal zu überdenken.
Bitte beachten Sie, dass unsere Ansprüche auf die vollständige Bezahlung bei einer eigenmächtigen
Kürzung Ihrer Abschläge bestehen bleiben und spätestens mit Ihrer Jahresrechnung
fällig werden.
Damit besteht nach wie vor für Sie kein Anspruch auf Neuberechnung zu alten Preisen bzw. Rückzahlung
von Differenzbeträgen.
Wir weisen darauf hin, dass der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 13. Juni 2007 (AZ VIII ZR 36/06) im Rahmen einer Billigkeitsprüfung nach § 315 anerkannt hat, dass ein Gasversorgungsunternehmen sind berechtigten Interessen wahrnimmt, wenn es lediglich erhöhte Kosten der eigenen Gasbeschaffung an seine Kunden weitergibt. Dies ist bei der GASAG der Fall.

Offline RR-E-ft

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GASAG antwortet auf Widerspruch zur Jahresabrechnung
« Antwort #1 am: 26. November 2008, 20:06:03 »
@Berliner1983

Nur bei Tarifkunden/ grundversorgten Kunden besteht ein einseitiges Preisbestimmungsrecht und besteht die Möglichkeit einer Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB. Der Gasversorger muss dabei die Billigkeit nachweisen, bevor er Zahlung verlangen bzw. gerichtlich durchsetzen kann, vgl. BGH, Urt. v. 19.11.2008 (  Az. VIII ZR 138/07 ).

In einer mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Berlin am 19.11.2008 kam klar zum Ausdruck, dass die Gasag erst die Billigkeit nachweisen muss, bevor sie nach Unbilligkeitseinrede die erhöhten Gastarifpreise verlangen könne.

Die meisten Gaskunden der Gasag sind jedoch Sondervertragskunden. Die in deren Verträgen enthaltenen Preisänderungsklauseln und die darauf gestützten Preisänderungen sind nach der Rechtsprechung des Berliner Kammergerichts unwirksam, vgl. Urt. v. 28.10.2008 (Az. 21 U 160/06).

Offline Berliner1983

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GASAG antwortet auf Widerspruch zur Jahresabrechnung
« Antwort #2 am: 27. November 2008, 19:44:36 »
Vielen Dank für die schnelle Antwort!

Ist es also sinnvoll, weiterhin die Zahlung der Differenz zwischen erhöhten Gaspreisen dieses Jahres und jenen vom letzten Jahr zu verweigern?
Hat die GASAG recht, wenn sie von mir zunächst verlangt, den Betrag auszugleichen, um dann anschließend einen Rückforderungsprozess zu führen?

\"Das sogenannte Sammelklageurteil des Landgerichts Berlin vom 19. Juni 2006 bzw. das Urteil des Kammergerichts Berlin vom 28. Oktober 2008 ist bis heute nicht rechtskräftig. Uns liegt allerdings aus einem anderen Verfahren ein Urteil des Landgerichts Berlin vom 25. April 2007 vor, wonach die zum 1. Oktober 2005 und 1. Januar 2006 vorgenommenen streitgegenständlichen Preiserhöhungen wirksam waren. Dieses Urteil (AZ 48 S 100/06) ist rechtskräftig.\"

Wie ist diese Passage zu verstehen? Die Preiserhöhungen der Jahre 2005 und 2006 beanstande ich gar nicht. Bringt mir ein Urteil, das nicht rechtskräftig ist, irgendeinen Vorteil?

Offline RR-E-ft

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GASAG antwortet auf Widerspruch zur Jahresabrechnung
« Antwort #3 am: 27. November 2008, 20:10:35 »
@Berliner1983

Dass die Gasag damit nicht recht haben kann, zeigt das Gas- Tarifkunden betreffende Urteil des BGH vom 19.11.2008 (Az. VIII ZR 138/07 ).

Dabei ging es um eine Zahlungsklage gegen einen Gastarifkunden, in deren Rahmen die Billigkeit der widersprochenen Gastarifpreiserhöhung zu klären ist.

Wäre der Tarifkunde zunächst verpflichtet, den geforderten Gastarifpreis zu bezahlen, um hiernach einen Rückforderungsprozess zu führen, so hätte der BGH das erstinstanzliche Urteil des AG Dinslaken wieder hergestellt, mit dem der Gastarifkunde unter Verweis auf § 30 AVBGasV zur Zahlung verurteilt worden war.

Das hat der BGH nicht getan, sondern die Sache an das Landgericht Duisburg zurückverwiesen, welches bereits innerhalb der Zahlungsklage des Gasversorgungsunternehmens die Billigkeit zu kontrollieren hat.

Dass die Billigkeit bereits im Zahlungsprozess gegen einen Tarifkunden zu kontrollieren ist, führte auch das Landgericht Berlin in einer mündlichen Verhandlung am 19.11.2008 [Az. 22 O 191/08] aus, wo die GASAG einen Kunden auf Zahlung verklagt hat, von dem die Gasag behauptet, dass er Tarifkunde sei.

Zunächst ist jedoch zu klären, ob man überhaupt Kunde in der Grundversorgung ist oder aber ein Sonderabkommen besteht, zu denen das Kammergericht Berlin mit Urteil vom 28.10.2008 (Az. 21 U 160/06) entscheiden hat, dass die Preisänderungsklauseln in den AGB der Gasag und somit die darauf gestützten Preiserhöhungen unwirksam sind.

Wenn man nicht verstanden haben sollte, worum es dabei geht, sollte man sich ggf. von einem Rechtsanwalt oder der Verbraucherzentrale beraten lassen.

Offline Gulliver08

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GASAG antwortet auf Widerspruch zur Jahresabrechnung
« Antwort #4 am: 27. November 2008, 20:52:08 »
Ich bin jetzt schon gespannt, wieviel Versorger mit dem Hinweis auf das jüngste BGH-Urteil versuchen werden, Widersprüchler zur Zahlung zu zwingen (ob SV-Kunde oder nicht).

Offline RR-E-ft

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GASAG antwortet auf Widerspruch zur Jahresabrechnung
« Antwort #5 am: 27. November 2008, 20:54:08 »
@Gulliver08

786.

Aber was soll uns dieser Beitrag sagen?

Offline Gulliver08

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GASAG antwortet auf Widerspruch zur Jahresabrechnung
« Antwort #6 am: 27. November 2008, 21:01:03 »
Nicht viel, lediglich dass Versorger einiges, wie z.B. Rechtssprechung, Vertragsinterpretation etc. in ihrem Sinne vermischen (so m.E. auch im Eingangsposting beschrieben), um ihre Ansprüche durchzusetzen.

Offline RR-E-ft

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GASAG antwortet auf Widerspruch zur Jahresabrechnung
« Antwort #7 am: 27. November 2008, 21:06:31 »
Ein bekanntes Faktum, dass sich fast zu jedem Beitrag hier im Forum anmerken ließe. Könnte man, muss man nicht. ;)

Offline Gulliver08

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GASAG antwortet auf Widerspruch zur Jahresabrechnung
« Antwort #8 am: 27. November 2008, 23:23:16 »
Stimmt!  ;)

 

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