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Autor Thema: LG Hannover, Urt. v. 08.05.08 - 21 O 62/07 - Tarifkunde kann Zahlung erhöhter Preise verweigern  (Gelesen 3209 mal)

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LG Hannover, Urt. v. 08.05.2008 Az. 21 O 62/07

Zitat
Entscheidungsgründe

Die Klage ist unzulässig.

Dem Kläger steht ein rechtliches Interesse an der isolierten Feststellung der Unwirksamkeit der Preiserhöhungen vom 01.10.2004, 01.09.2005, 02.01.2006 und 01.10.2006 nicht zu.

Dem Kläger kann nicht dahin gefolgt werden, dass die die Preisanhebung leugnende Feststellungsklage bereits deshalb zulässig sei, weil die Beklagte sich dieses Anspruchs aufgrund ihrer Leistungsbestimmung berühme, diese aber aufgrund nicht nachgewiesener Angemessenheit unverbindlich sei. Dieses grundsätzlich zu bejahende Interesse bezüglich einer negativen Feststellungsklage trägt den Besonderheiten des Schuldverhältnisses der Parteien nicht hinreichend Rechnung. Denn ein rechtliches Interesse an der Feststellung ist nur dann gegeben, wenn zumindest dem Grunde nach eine endgültige Klärung des Rechtsverhältnisses der Parteien durch die Entscheidung des Rechtsstreits erreicht werden kann. Daran fehlt es vorliegend.

Der Ausspruch der Unwirksamkeit der Preiserhöhung führt nicht unmittelbar dazu, dass die Beklagte nicht berechtigt wäre, von dem Kläger ein höheres Entgelt als das bis zu den jeweiligen Erhöhungsdaten verlangte zu berechnen.

Die Parteien streiten nicht darum, ob der Beklagten überhaupt ein Recht zur Preisan-passung zusteht. Denn die Berechtigung dazu aufgrund der Regelung in § 4 AVB GasV wird vom Kläger, der im allgemeinen Tarif K versorgt wird, nicht in Zweifel gezogen. Da die AVB GasV als die auf das Rechtsverhältnis der Parteien zwingend anzuwendende Verordnung mit Rechtsnormqualität nicht der Kontrolle entsprechend § 305 ff. BGB unterliegt (vgl. bereits BGH NJW 87, 1622), steht die grundsätzliche Berechtigung der Beklagten zur Preisanpassung nicht in Zweifel. Vielmehr betrifft der Streitgegenstand ausschließlich den Umfang der Preisanpassung, die nach billigem Ermessen zu erfolgen hat. Damit ist eine diesen Anforderungen nicht genügende Preis-anpassung für den Kläger unverbindlich. Er müsste den erhöhten Preis mangels Verbindlichkeit nicht zahlen. An dieser isolierten Feststellung hat der Kläger jedoch kein anerkennenswertes berechtigtes Interesse. Denn die Feststellung der Unwirksamkeit gerade dieser Preisbestimmung führt nicht dazu, dass der Beklagten jedwede Preisan-hebung danach abgeschnitten wäre. Die Feststellung der Unwirksamkeit führt nicht zur endgültigen Nichtigkeit und Unwirksamkeit einer auf § 4 AVB GasV im jeweiligen Zeitpunkt gestützten Preisanhebung. Vielmehr wäre die Beklagte berechtigt, ihr Preis-anpassungsrecht – in welchem Umfang auch immer – erneut auszuüben. Wollte man die Feststellungsklage als zulässig ansehen, wäre naturgemäß auch gegenüber dieser erneuten Preisanpassung eine erneute Feststellungsklage zulässig. Im Falle eines Erfolges wäre damit trotz zweier Klagen das von dem Kläger zu zahlende Entgelt nicht abschließend geklärt und es käme eine dritte Preisanpassung in Betracht.

Diese Erwägungen zeigen, dass mittels des von dem Kläger gewählten Verfahrens keine endgültige verbindliche Klärung des Rechtsanspruchs der Parteien ab den jeweiligen Zeitpunkten erreicht werden kann. Vielmehr ist der Kläger als ggf. Betroffener einer unverbindlichen aber rechtlich nicht endgültig unwirksamen Preisanpassung darauf zu verweisen, dass er eine Verfahrensweise wählt, die mittels Urteil zu einer verbindlichen Preisbestimmung zwischen den Parteien führt.

Dies kann der Kläger als von der Preisbestimmung Betroffener auf zwei Wegen erreichen. Er hat die Möglichkeit, die erhöhten Preise nicht zu bezahlen und in einem ggf. von der Beklagten angestrengtem Prozess die Einrede der Unbilligkeit zu erheben. Durch Urteil wird der von dem Kläger zu zahlende Preis sodann verbindlich festgesetzt. Im Falle, dass der Kläger  den Schwebezustand vermeintlicher Unverbindlichkeit geklärt wissen will, hat der Kläger daraus die Konsequenzen zu ziehen und mittels auch ihm möglicher Gestaltungsklage gem. § 315 BGB die Feststellung des geschuldeten Entgeltes endgültig wirksam zu erreichen (vgl. Palandt § 315 Rdnr. 17, siehe auch BGH Urteil vom 04.03.2008 KZR 29/06 Rdnr. 29, der den Erlass eines Grundurteils in vergleichbaren Fällen der Bewertung von Netznutzungsentgelten ablehnt).


Das Gericht meint, einem Tarifkunden fehle für die Feststellung der Unwirksamkeit einer einzelnen Tariferhöhung das besondere Feststellungsinteresse, mithin das besondere Feststellungsinteresse an einer negativen Feststellungsklage. Damit steht das Urteil im Widerspruch zum Urteil des BGH vom 13.06.2007 - VIII ZR 36/06.

 

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