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Autor Thema: Neues Argument: Bezugskostenerhöhung  (Gelesen 4140 mal)

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Offline Pedro

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Neues Argument: Bezugskostenerhöhung
« am: 14. August 2008, 19:25:25 »
Die neue Argumentationslinie (wie auch bei ESWE AG), nicht mehr so sehr auf die Ölpreisbindung abzuheben, sondern auf die Weitergabe der Preiserhöhungen der  Lieferanten scheint auf Versorgerebene verabredet zu sein: Auch die Gas- und Wasserwerke Grevenbroich GmbH nutzen aktuell dieses Argument.
Dazu noch die Behauptung, dass die Preissteigerungen allein von den Gewinnsteigerungen ausländ. Lieferanten verursacht worden seien (Zitat: \"Wir als Versorger verdienen keinen Cent mehr  :(. Die Gewinne fahren andere ein - etwa Konzerne   aus  Erdgas exportierenden Ländern Russland, Norwegen u. Niederlande\" (Neuss-Grevenbroicher Zeitung 12. 8.).
Der hiesige  inländische Vorlieferant EON-Ruhrgas wird damit verschont und soll von GWG einen \"Persilschein\" erhalten.
Dass die  GWG-Aussage nicht stimmt (so kurze Beine haben Lügen!), konnte man bereits heute (14.8.) in denWirtschaftsteilen lesen: Bei EON klingeln die Kassen (wg. Steigerung der Strom- und Gaspreise).
Wir haben dem hiesigen GWG-Geschäftsführer öffentlich auf unserer Homepage (http://www.Fairer-Gaspreis-Grevenbroich.de) hierzu Fragen gestellt, die wohl kaum von ihm beantwortet werden dürften.
Es bleibt zu hoffen, dass Gerichte nicht einfach nur die Weitergabe von Preissteigerungen der Vorlieferanten als Entscheidungsgrundlage nehmen.

Offline tangocharly

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Neues Argument: Bezugskostenerhöhung
« Antwort #1 am: 15. August 2008, 09:12:24 »
Wir steuern auf dem Sektor der Daseinsvorsorge sicher noch weiteren rosigen Zeiten entgegen

Stichwort: \"Privatisierung  - die Lösung der Wasserprobleme des Nordens\"

Nachdem es mit der Privatisierung der Wasserversorgung im nahen europäischen Ausland große Probleme gibt, wollen die Engländer und Franzosen hier wieder gegensteuern.

Beispiel für die Investitionstätigkeiten des investorgelenkten Privatiers in London:
Weil die maroden Wasserleitungen ständig in die Brüche gingen, hatte man in London den Druck in den Leitungen gesenkt, um damit die maroden Leitungen zu schonen. In der Folge wurden die höher gelegenen Wohnungen statt mit Wasser nur noch mit Heißluft versorgt (was sich sicherlich schlecht für die englischen Teetrinkgewohnheiten auswirkte).

P.S.: die armen Kommunen. Wenn sie dann ihren letzten Eurocent in Verkehrskreiseln und Innenstadttunnels verbuddelt haben, dann muß schon mal das \"Tafelsilber\" herhalten, wenn es darum geht Schwimmbäder und Parkhäuser in Betrieb zu halten. Schon mancher knitze Stadtkämmerer ist dann aber schon mal dazu über gegangen, weil schon seit Jahrzehnten nichts mehr in die Erhaltung von Bädern und Parkhäusern investiert wurde, seinem Stadtverordnetenrat den Abriss der Institutionen vorzuschlagen.
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

Offline bjo

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Neues Argument: Bezugskostenerhöhung
« Antwort #2 am: 15. August 2008, 09:17:59 »
vor Monaten gings durch die Presse, ausgelöst durch Spiegel oder Stern!
Der Wasservergleich, dort gabs eine Tabelle mit den Wasserkosten!

RWE ist dort auch wieder negativ aufgefallen!
Beispiel:
mein Anschluß: Bereitstellung: 13 EUR / Monat
günstigster Anbieter: 3 EUR / Monat

Auch das Wasser war bei diesem Anbieter merklich billiger!

Offline revoluzzer58

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Neues Argument: Bezugskostenerhöhung
« Antwort #3 am: 15. August 2008, 20:42:43 »
Welche Möglichkeiten haben wir als Verbraucher zu erzwingen, dass Gerichte (oder Kartellbehörden) nicht nur den Bezugspreis des Gasversorgers überprüfen sondern die gesamte Kette der Gaspreisbildung zurückverfolgen, um den \"Absahner\" ausfindig zu machen.
Ich habe dies in meinem Bekanntenkreis diskutiert.
Die überwiegende Meinung ist, dass dies nur schwer möglich ist, da dann auch jemand den Milchendpreis hinterfragen könnte. Also zurück vom Supermarktspreis über diverse Zwischenhändler bis hin zum produzierenden Bauern.
Wir würden dann eine Lawine lostreten.
Nur, ich trete gerne eine Lawine los, wenn dadurch  \"Absahner\" ausfinding und unschädlich gemacht werden können.
Kennt sich jemand mit dieser Möglichkeit aus ?

Offline ESG-Rebell

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Neues Argument: Bezugskostenerhöhung
« Antwort #4 am: 11. Oktober 2008, 02:15:28 »
Zitat
Original von revoluzzer58
Welche Möglichkeiten haben wir als Verbraucher zu erzwingen, dass Gerichte (oder Kartellbehörden) nicht nur den Bezugspreis des Gasversorgers überprüfen sondern die gesamte Kette der Gaspreisbildung zurückverfolgen, um den \"Absahner\" ausfindig zu machen.
In meinem Beitrag 31353 vor einem Jahr hatte ich RR-E-ft zur Bedeutung von vertraglichen Nebenpflichten zitiert.

Zunächst trifft es zu, dass ausschliesslich der Endverteiler (Stadtwerke) Vertragspartner der Kunden ist. Somit wird auch nur er Zahlungsklage erheben oder Beklagter in einer Feststellungsklage sein.

Bei diesem Endverteilern könnte es tatsächlich zutreffen, dass er nur Kosten durchreicht, selbst keinen oder nur einen geringen Gewinn erzielt und somit seine Kunden nicht unangemessen benachteiligt. Auf den ersten Blick besteht somit die Gefahr, dass der Endverteiler die Funktion eines juristischen Airbags im Interesse des Energiekonzerns erfüllt. Die berechtigten Forderungen des Kunden prallen am bettelarmen Endverteiler ab, während die Gewinne beim Vorlieferanten versickern.

Der Endverteiler hat jedoch die vertragliche Nebenpflicht zur Rücksichtnahme auf seine Kunden. Er darf also nicht einfach beliebige Preisforderungen seiner Vorlieferanten vorbehaltlos akzeptieren und an seine Kunden weiterreichen sondern muss bei der Gasbeschaffung auch die berechtigten Interessen seiner Kunden im Blick haben.

Wäre der Endverteiler eine Glashütte, die das Gas nicht weiterverkaufen kann sondern selbst verbrauchen muss, dann würde er alles Mögliche tun um das Gas möglichst günstig zu erhalten. Er würde auch versuchen, einen anderen Anbieter zu finden und alle rechtlichen Mittel (Unbilligkeitseinwand, Klage wg. Missbrauch einer Monopolstellung) ausschöpfen.

Genau dies tun die Endverteiler regelmäßig nicht und genau dies stellt daher eine Verletzung der vertraglichen Nebenpflichten dar, die der Kunde dem Versorger vorhalten kann.

Einige Endverteiler (z.B. EnBW Gas GmbH) und deren Vorlieferanten (z.B. GVS) sind sogar Bestandteile des jeweiligen Energiekonzerns (z.B. EnBW AG). Sie müssen nicht einmal eigene Geschäftszahlen veröffentlichen, da diese in der Bilanz der AG versteckt werden dürfen. An vielen Stadtwerken halten die Energiekonzerne zumindest sogenannte Sperrminoritäten (25,1%) und haben damit maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsentscheidungen der Unternehmen, die sie selbst beliefern.

Bei dieser Konstellation wird der Kunde leicht behaupten können, dass die Vorlieferanten und Endverteiler an den Vorstand der AG weisungsgebunden sind und die Verletzung der vertraglichen Nebenpflichten somit im Interesse des Konzerns vorsätzlich erfolgt.
Es dürfte schwierig werden, diese Behauptung substantiiert zu bestreiten, denn die Weisungsgebundenheit ergibt sich unmittelbar aus der wirtschaftlichen Abhängigkeit.

Entweder befolgt der Endverteiler die Weisung des AG Vorstands, nur beim konzerneigenen Vorlieferanten zu beziehen, obwohl er einen anderen Anbieter zur Auswahl hat oder der Vorlieferant nutzt sein Monopol missbräuchlich aus ohne dass der Endverteiler sich dagegen wehrt. So oder so sitzt der Endverteiler in der Klemme - bei entsprechendem Vortrag des Kunden im Prozess ;)

Als Kunde kann man also nicht direkt eine Billigkeitskontrolle der Preisforderungen der Vorlieferanten erzwingen sondern man kann seinen Endverteiler dazu zwingen, diese Billigkeitskontrolle im Interesse seiner Kunden durchzusetzen. Für den Missbrauch einer Monopolstellung gilt entsprechendes.

Gruss,
ESG-Rebell.

 

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