Original von revoluzzer58
Welche Möglichkeiten haben wir als Verbraucher zu erzwingen, dass Gerichte (oder Kartellbehörden) nicht nur den Bezugspreis des Gasversorgers überprüfen sondern die gesamte Kette der Gaspreisbildung zurückverfolgen, um den \"Absahner\" ausfindig zu machen.
In
meinem Beitrag 31353 vor einem Jahr hatte ich RR-E-ft zur Bedeutung von vertraglichen Nebenpflichten zitiert.
Zunächst trifft es zu, dass ausschliesslich der Endverteiler (Stadtwerke) Vertragspartner der Kunden ist. Somit wird auch nur er Zahlungsklage erheben oder Beklagter in einer Feststellungsklage sein.
Bei diesem Endverteilern könnte es tatsächlich zutreffen, dass er nur Kosten durchreicht, selbst keinen oder nur einen geringen Gewinn erzielt und somit seine Kunden nicht unangemessen benachteiligt. Auf den ersten Blick besteht somit die Gefahr, dass der Endverteiler die Funktion eines
juristischen Airbags im Interesse des Energiekonzerns erfüllt. Die berechtigten Forderungen des Kunden prallen am
bettelarmen Endverteiler ab, während die Gewinne beim Vorlieferanten versickern.
Der Endverteiler hat jedoch die vertragliche Nebenpflicht zur Rücksichtnahme auf seine Kunden. Er darf also nicht einfach beliebige Preisforderungen seiner Vorlieferanten vorbehaltlos akzeptieren und an seine Kunden weiterreichen sondern muss bei der Gasbeschaffung auch die berechtigten Interessen seiner Kunden im Blick haben.
Wäre der Endverteiler eine Glashütte, die das Gas nicht weiterverkaufen kann sondern selbst verbrauchen muss, dann würde er alles Mögliche tun um das Gas möglichst günstig zu erhalten. Er würde auch versuchen, einen anderen Anbieter zu finden und alle rechtlichen Mittel (Unbilligkeitseinwand, Klage wg. Missbrauch einer Monopolstellung) ausschöpfen.
Genau dies tun die Endverteiler regelmäßig nicht und genau dies stellt daher eine Verletzung der vertraglichen Nebenpflichten dar, die der Kunde dem Versorger vorhalten kann.
Einige Endverteiler (z.B. EnBW Gas GmbH) und deren Vorlieferanten (z.B. GVS) sind sogar Bestandteile des jeweiligen Energiekonzerns (z.B. EnBW AG). Sie müssen nicht einmal eigene Geschäftszahlen veröffentlichen, da diese in der Bilanz der AG versteckt werden dürfen. An vielen Stadtwerken halten die Energiekonzerne zumindest sogenannte Sperrminoritäten (25,1%) und haben damit maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsentscheidungen der Unternehmen, die sie selbst beliefern.
Bei dieser Konstellation wird der Kunde leicht behaupten können, dass die Vorlieferanten und Endverteiler an den Vorstand der AG weisungsgebunden sind und die Verletzung der vertraglichen Nebenpflichten somit im Interesse des Konzerns vorsätzlich erfolgt.
Es dürfte schwierig werden, diese Behauptung substantiiert zu bestreiten, denn die Weisungsgebundenheit ergibt sich unmittelbar aus der wirtschaftlichen Abhängigkeit.
Entweder befolgt der Endverteiler die Weisung des AG Vorstands, nur beim konzerneigenen Vorlieferanten zu beziehen, obwohl er einen anderen Anbieter zur Auswahl hat oder der Vorlieferant nutzt sein Monopol missbräuchlich aus ohne dass der Endverteiler sich dagegen wehrt. So oder so sitzt der Endverteiler in der Klemme - bei entsprechendem Vortrag des Kunden im Prozess

Als Kunde kann man also nicht direkt eine Billigkeitskontrolle der Preisforderungen der Vorlieferanten erzwingen sondern man kann seinen Endverteiler dazu zwingen, diese Billigkeitskontrolle im Interesse seiner Kunden durchzusetzen. Für den Missbrauch einer Monopolstellung gilt entsprechendes.
Gruss,
ESG-Rebell.