Original von Black
Warum klagt der Kunde dann nicht auf Belieferung zu genau diesem Preis? Dem billigst möglichen Preis?
Ihre Frage verstehe ich
angesichts der geltenden Zivilprozessordnung nicht.
Der grundversorgte Kunde wird zu den vom Grundversorger einseitig festgesetzten (bestimmten) Allgemeinen Preisen beliefert.
Die Ausgangsfrage (sofern es eine solche gibt) war wohl, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen der Gesamtpreis der Billigkeitskontrolle unterliegt.
Meinem Stil entsprechend habe ich in meinem letzten Beitrag insbesondere unter Verweis auf die umstrittene Gaspreisneufestsetzung der Stadtwerke Delmenhorst zum 01.10.08 dargelegt, dass und warum m. E. die vom Grundversorger einseitig festgesetzten Allgemeinen Preise der Billigkeitskontrolle unterliegen.
Die Angemessenheit der Allgemeinen Preise hängt von der
unternehmensindividuellen Kostenkalkulation ab, wobei der Kunde nicht erkennen und wissen kann, welche Kosten in die konkrete Preiskalkulation einfließen, wie diese Kosten sich ändern, welche Kosten in die Grundpreise und welche Kosten in die Arbeitspreise Eingang finden. Gerade darum wird ja oft und gern ein Geheimnis gemacht.
BGH, Urt. v. 04.03.2008 (KZR 29/06) Rn. 20:
Ebenso wie der Gesetzgeber den Energieversorgern, die nach § 10 EnWG 1998 allgemeine, d.h. für jedermann geltende Tarife aufzustellen haben, hierdurch ein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt hat (BGH NJW 2007, 2540 Tz. 17), ist damit den Netzbetreibern, die allein über die für die Bestimmung des zulässigen Preises erforderlichen tatsächlichen Kenntnisse verfügen, das Recht gegeben worden, unter Beachtung der Vorgaben des Energiewirtschaftsgesetzes und gegebenenfalls der durch Rechtsverordnung konkretisierten Kriterien allgemeine Entgelte für die Netznutzung zu bilden.
Der betroffene Kunde selbst verfügt also nicht
über die erforderlichen tatsächlichen Kenntnisse für die Bestimmung des zulässigen (angemessenen) Preises. Deshalb kann er auch nicht mit Erfolg auf die Festsetzung eines solchen bestimmten Preises klagen. Schließlich ist der angemessene Preis auch nicht für alle Zeiten feststehend, sondern er ändert sich mit den unternehmensindividuellen Kosten, vgl. nur BGH, Urt. v. 29.04.2008 (KZR 2/07, Rdn. 26).
Es muss deshalb vollkommen ausreichen, wenn der betroffene Kunde die einseitig (neu) festgesetzten Entgelte insgesamt, bestehend aus Grund- und Arbeitspreis, gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 3 GVV als unbillig rügt und hiernach Abschlags- und Rechnungsbeträge kürzt. Es bleibt dann dem Versorger überlassen zu entscheiden, ob er den Kunden wegen zurückbehaltener Beträge auf Zahlung verklagt und einer möglicherweise im Prozess bestehenden Obliegenheit zur Offenlegung der Preiskalkulation nachkommt oder aber nicht, vgl. BGH, Urt. v. 30.04.2003 (VIII ZR 278/02, VIII ZR 279/02), Urt. v. 02.10.1991 (VIII ZR 240/90).
Sieht sich der Versorger in der Lage, die Angemessenheit seiner einseitig festgesetzten Preise vor Gericht nachzuweisen, wird er es tun, ansonsten wohl lassen. Gibt der Versorger sich mit den gekürzten Zahlungen zufrieden (nicht selten der Fall), ist der Kunde auch zufrieden und auch die Justiz wird entlastet. Ganz nebenbei wird kein Versorger gezwungen, Betriebsgeheimnisse vor Gericht zu erörtern, noch nicht einmal gem. § 172 Abs. 2 GVG unter Ausschluss der Öffentlichkeit. (Freiwilligkeitsprinzip)
Schließlich kann der Versorger seine Zahlungsklage erst kurz vor Ablauf der Verjährung anbringen, zu einem Zeitpunkt also, zu dem die für den streitgegenständlichen Zeitraum relevante Kostensituation jedenfalls nicht mehr wettbewerbsrelevant sein kann, weil sich die Kostensituation zwischenzeitlich längst wieder geändert hat (Vorlieferantenwechsel, Neuverträge auf Bezugsseite etc. pp.)
Streitet man sich z. B. ab Ende 2008 um die Angemessenheit von in 2005 geforderten (einseitig festgesetzten) Erdgaspreisen, hat jedenfalls kein Heizölhändler (vorgeblicher Wettbewerber) mehr die Möglichkeit, daraus noch Honig für sich zu saugen.
Das nenne ich eine
praktikable Lösung.
Möglicherweise gibt es bessere.
Kurze Frage:
Haben Sie einen besseren Vorschlag?
Wenn ja, welchen?Auf einen wertvollen Beitrag zur praktischen Diskussion bin ich gespannt. Immer nur kritisieren (etwa den Inhalt der Musterbriefe) und selbst nichts Konstruktives beizutragen, kann nicht Sinn der Diskussion sein.
Der betroffene Kunde wird sich immer darauf einstellen, dass es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommt. Auf eine solche legt er es ja an. Er provoziert sie. Es kommt ihm auf eine gerichtliche Klärung an. Nur war es noch immer so, dass derjenige, der etwas (mehr) will, klagen muss und nicht umgekehrt.
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Ihren
Exkurs betreffend, steht zu hoffen, dass es sich um
eigenes Gedankengut handelt und dieser nicht etwa unter Verletzung eines Urheberrechts Dritter hier eingestellt wurde. Mancher schmückt sich gern mit fremden Federn, was dann
irgendwie blöd erscheint. Kein feiner Stil jedenfalls, wenn Zitate nicht als solche bezeichnet werden, im Rahmen wissenschaftlicher Auseinandersetzungen unverzeihlich. :rolleyes: