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Autor Thema: Fälligkeit nach Klärung der Rechtslage  (Gelesen 6337 mal)

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Offline facubais

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Fälligkeit nach Klärung der Rechtslage
« am: 14. August 2008, 19:23:21 »
Hallo,

ich habe  Dezember 2004 gemäß §315BGB der Gaspreiserhöhung meines Versorgers widersprochen und die Zahlungen angepasst. Nach mehrfachem Schriftwechsel im Laufe der Jahre habe ich im Februar 2007 vom Versorger ein Schreiben erhalten aus dem ich zitiere:

„… hiermit bestätigen wir den Eingang Ihres Gaswiderspruches. Die ausstehenden Beträge werden wir nach Überprüfung der Rechtslage fällig stellen.“

Nach Kündigung des Versorgungsvertrages wegen Umzug habe ich November 2007 eine letzte Zahlungserinnerung erhalten. Heute ist  vom Inkassounternehmen Creditreform eine Zahlungsaufforderung in der Post.

Frage: Kann ich neben dem Verweis auf meine Widerspruch gegenüber Creditreform auch anführen, dass die Beträge nicht fällig gestellt und auch die Rechtslage nicht geklärt ist?

Vielen Dank für eure Informationen!

facubais

Offline userD0009

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Fälligkeit nach Klärung der Rechtslage
« Antwort #1 am: 14. August 2008, 20:07:04 »
Hallo faculbais,

ob das EVU oder ein Inkassounternehmen auf Sie zu kommt mit der Aufforderung zur Zahlung spielt keine Rolle für die Einwendungen.

Vorne weg eine kurze Anmerkung: Haben Sie gegen die Gaspreiserhöhung oder gegen den Gaspreis den Einwand der Unbilligkeit erhoben?

Ich gehe im Folgenden davon aus, dass Sie den Gesamtpreis als unbillig gerügt haben. Ansonsten gibt es evtl. Abweichungen zur Höhe des fälligen Betrages, wenn man die Rspr. des VIII. Senates des BGH zu Grunde legt.

Was mit dem \"fällig stellen\" genau gemeint ist, kann ich nur raten. Die Forderung auf Zahlung der Energiepreise ist spätestens mit Abschluss des Abrechnungszeitraums zur Zahlung fällig.
Und wenn Sie sogar den Anbieter gewechselt haben, dann von diesem im November eine Abschlussrechnung bekommen haben, dann sind die Beträge grundsätzlich fällig.

Eine Ausnahme besteht allerdings bei dem Einwand des § 315 BGB, dass die Beträge doch nicht automatisch mit Rechnungslegung, sondern mit der gerichtlichen Feststellung eines billigen Preises fällig werden.

Ein Hinweis, dass Sie den Einwand des § 315 BGB erhoben haben und die Beträge damit nicht fällig sind ist daher wohl ausreichend.
Hinweise auf \"fällig stellen\" und \"ungeklärte Rechtslage\" machen keinen Sinn.
Es ist ja Aufgabe eines Gerichtsverfahrens, die Rechtslage im konkreten Rechtsverhältnis (EVU-Kunde) zu klären. Und ohne Gerichtsverfahren besteht somit zwangsläufig \"Streit\".

Gruß
belkin

Offline facubais

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Fälligkeit nach Klärung der Rechtslage
« Antwort #2 am: 14. August 2008, 20:52:33 »
Hallo belkin,

vielen Dank für deine Antwort! Ich werde die Forderung zunächst aufgrund des Fehlen einer Vollmacht ablehnen und dann mit dem Hinweis auf § 315 BGB widersprechen.

Unabhängig davon bin ich der Meinung, dass der Versorger in diesem Fall meinen Widerspruch anerkannt hat und die offenen Beträge erst nach Klärung der Rechtslage fällig stellt. Und bisher ist meines Wissens die Rechtslage nicht eindeutig geklärt und der Versorger hat die Beträge danach auch nicht fällig gestellt.
Oder bin ich da komplett auf dem Holzweg?

Grüße facubais

Offline userD0009

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Fälligkeit nach Klärung der Rechtslage
« Antwort #3 am: 14. August 2008, 21:16:37 »
Hallo facubais,

die Forderung ist Kraft Gesetz nicht fällig.

Ihre Überlegung wäre, ob der Versorger die Forderung mittels Stundungsabrede mit Ihnen gestundet hat. Was ich allerdings nicht so annehmen würde.

Ich denke eher, dass der Versorger lediglich die gesetzliche Situation wiedergibt und mit \"Klärung der Rechtslage\" ein rechtskräftiges Urteil in diesem konkreten Fall meint. Dies ist allerdings Spekulation und spielt wie bereits oben geschrieben keine Rolle, da die Forderung de jure nicht fällig ist.

Grüße
belkin

Offline facubais

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Fälligkeit nach Klärung der Rechtslage
« Antwort #4 am: 14. August 2008, 22:26:50 »
Vielen Dank!

Offline tangocharly

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Fälligkeit nach Klärung der Rechtslage
« Antwort #5 am: 20. August 2008, 09:20:10 »
@ facubais

Die Forderungen werden nicht \"fällig gestellt\", sondern nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB erst fällig, wenn die Billigkeit nachgewiesen ist.

Abgesehen davon können Sie erwarten, wenn der Versorger Ihnen eine \"Klärung der Rechtslage\" in Aussicht stellt, dass dessen Prüfungsergebnis zuerst mitgeteilt wird, bevor rechtliche Schritte eingeleitet werden. Das hat aber mit Stundung nichts zu tun, denn stunden kann man nur bereits fällige Forderungen. Dieses Merkmal fehlt aber bei § 315 BGB.
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Offline RR-E-ft

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Fälligkeit nach Klärung der Rechtslage
« Antwort #6 am: 20. August 2008, 10:08:33 »
@tangocharly

Das stimmt so nicht.

Aufgrund eines bestehenden einseitigen Leistungsbestimmungsrechts einseitig festgesetzte Entgelte sind gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB für den anderen Vertragsteil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entsprechen.
Demnach sind sie von Anfang an verbindlich und fällig oder aber unverbindlich. Unter der Voraussetzung des § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB wird die Forderung erst mit der Rechtskraft des Gestaltungsurteils mit der gerichtlichen Ersatzbestimmung fällig.

Unabhängig davon, kann der Schuldner indes darauf verweisen, dass die Frage der Billigkeit gem. § 315 Abs. 3 BGB erst durch ein Zivilgericht zu klären ist. Kommt das Gericht bei der Prüfung zum Ergebnis, dass das einseitig festgesetzte Entgelt der Billigkeit entsprach, so war die Forderung von Anfang an verbindlich und fällig, weshalb in diesem Falle auch Verzugszinsen geschuldet sind.

Die Unbilligkeitseinrede führt also nicht zur Herausschiebung der Fälligkeit einer der Billigkeit entsprechenden Bestimmung. Wird erst fällig ist deshalb nicht  uneingeschränkt richtig.

Offline tangocharly

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Fälligkeit nach Klärung der Rechtslage
« Antwort #7 am: 21. August 2008, 19:53:47 »
@ RR-E-ft

Siehe BGH, 24.11.1995, Az.: V ZR 174/94  - unter Ziff. II.3a.,b (= NJW 1996, 1054)

Zitat
Unter der Voraussetzung des § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB wird die Forderung erst mit der Rechtskraft des Gestaltungsurteils mit der gerichtlichen Ersatzbestimmung fällig.

Und genau daraüber reden wir ja.
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Offline RR-E-ft

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Fälligkeit nach Klärung der Rechtslage
« Antwort #8 am: 22. August 2008, 12:01:58 »
@tangocharly

Bei gesetzlichem oder vertraglichem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht hat der andere Vertragsteil die Einrede aus § 315 Abs. 3 BGB.

Ob die Bestimmung der Billigkeit entspricht, hat die zur Leistungsbestimmung berechtigte Partei im Prozess darzulegen und ggf. zu beweisen.

Das Gericht könnte feststellen, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht und deshalb von Anfang an verbindlich war oder aber, dass die Billigkeit nicht nachgewiesen sei. Die Unbilligkeit steht damit jedoch auch nicht fest.

Nur wenn (positiv) feststeht, dass die Leistungsbestimmungs unbillig war, und zudem ein Antrag auf Ersatzbestimmung gestellt ist, kann überhaupt eine Entscheidung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ergehen mit der Folge der Fälligkeit mit Rechtskraft des Gestaltungsurteils (BGH NJW 1996, 1054).

Lässt sich nicht feststellen, ob die einseitige Leistungsbestimmung der Billigkeit entsprach oder nicht, muss eine Zahlungsklage hingegen als derzeit unbegründet abgewiesen werden, ohne dass es zu einer Ersatzbestimmung überhaupt kommt (BGH NJW-RR 1992, 183).

Fälligkeit?

 

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