E.ON erwägt Verkauf des ÜbertragungsnetzesBei einem veralteten Netz, bei dem man die Netznutzungsentgelte teilweise nach Nettosubstanzerhaltung gebildet, jedoch keine Nettosubstanzerhaltung betrieben hat, sondern das Netz aus Renditegründen jahrelang auf Verschleiß gefahren hat, stellt sich die Frage nach dem Kaufpreis.
Sachzeitwert oder Ertragswert?
Wenn RWE verkaufen will, was wollte man für das Stromnetz mit den tausenden Masten aus versprödetem Stahl zahlen, die allesamt ersetzt werden müssen?
Wer käme wohl als Käufer in Betracht?
Sollte der Staat daran denken, das Eigentum an der Infrastruktur als Rückgrat der gesamten Volkswirtschaft zu erwerben?
Führen die Übertragungsnetzbetreiber nun die Bundesregierung gegenüber der EU- Kommission als eine aus der Augsburger Puppenkiste entsprungene Marionettenfigur vor?
Erst lässt man die Bundesregierung gegen die europäischen Entflechtungspläne Sturm laufen, um dann die Netze zu verkaufen?
Wenn die Übertragungsnetzbetreiber sowieso einen Verkauf der Netze sondieren, kann die Bundesregierung ihren Widerstand gegen die Brüsseler Entflechtungspläne sofort einstellen.
Es ist nicht ersichtlich, in wessen Interesse ein weiterer Widerstand noch liegen sollte. Allen Träumern zum Trotz war immer klar, dass es einen \"Dritten Weg\" nicht gibt.
Stehen alle Netze zum Verkauf, kann sich sogar ein Markt für diese bilden.
Investoren können entscheiden, ob sie lieber das E.ON- Netz oder lieber das RWE- Netz haben wollen. Oder sollte man zuerst das Eigentum an allen Übertragungsnetzen zusammenführen, um das \"Deutsche Stromnetz\" im Paket zu verkaufen? Muss man einen solchen Verkauf an Auflagen knüpfen?
Spannendste Frage: Was, wenn sich gar kein Käufer dafür findet?
Die Konzerne haben jahrelang mit den Netzen prächtig verdient, nur wurden aus diesen Einnahmen wohl keine Rücklagen gebildet, die mit den Netzgesellschaften den Eigentümer wechseln. Denn mit den Milliarden war man doch auf Einkaufstour, E.ON zuletzt in Russland.
Dann steht ein \"nacktes\" Netz, also nur die Assets zum Verkauf, in das kräftig investiert werden muss, das jedoch für diese Investitionen zu wenig abwirft. Die Nettosubstanterhaltungs- Erlöse in Milliardenhöhe dürften wohl ganz wonaders gelandet sein.
Mal etwas anderes: Heuschrecken aus Deutschland.
Das Kapital ist dank Globalisierung mobil.
Wenn das Netz erst einmal kurz vorm Zusammenbruch steht, lohnt sich womöglich auch der Betrieb von Kraftwerken in Deutschland nicht mehr. Die werden also auch nur noch bis zum Auseinanderfallen gefahren, während man die hohen Renditen aus der derzeitigen Stromerzeugung irgendwo anders in der Welt investiert.
Es ist eben nirgends mehr sichergestellt, dass die hier und heute in Deutschland erzielten hohen Erträge auch wieder hier investiert werden.
Um eine Grantie der Nettosubstanzerhaltung für deutsche Stromnetze und den deutschen Kraftwerkspark zu haben, hätte man womöglich das System vollständig anders gestalten müssen.
Das dürfte nun auch der Politik dämmern.
Die Konzerne haben eben selbst kein Eigeninteresse an der Ausweitung des Angebots an Stromerzeugung, wo gerade eine Verknappung für die Gewinnmaximierung sorgt.
Es wäre wohl schwer vorstellbar, wenn vor 15 Jahren ein RWE- Chef posaunt hätte, im Sommer sei in Deutschland mit tagelangen Stromausfällen zu rechnen, weil es an Kraftwerkskapazitäten fehlt.
Seinerzeit war die Nettoengpassleistung immer satt gesichert.
Eine solche Sicherheit gibt es heute ersichtlich nicht mehr, unabhängig davon, wie hochprofitabel die Energiekonzerne arbeiten.
Als die Konzerne mit der Bundesregierung den Ausstiegsvertrag abgeschlossen haben, war klar, dass die Atomkraftwerke ihrem Betriebsende entgegentuckern, dass Ersatz her muss. Dieser Ersatz wurde jedoch gar nicht geschaffen. Lieber droht man jetzt mit der entstehenden \"Stromlücke\", um abgeschriebene Meiler weiter hoch profitabel weitertuckern zu lassen.
Wer sollte dann aber in neue Kraftwerke investieren, um mit dem so preisgünstig erzeugten Strommengen aus längst abgeschrieben Kraftwerken zu konkurrieren?
Es gibt Bereiche, wo der Markt versagt, möglicherweise versagen muss.
Möglicherweise hat E.ON auch angeboten, sich von seinen deutschen Kernkraftwerken zu trennen.Dann könnte man einem Erwerber den baldigen Abbruch und die Entsorgungskosten überlassen. Schließlich will man sich ja auch durch die Trennung von der RAG- Beteiligung der Ewigkeitskosten des deutschen Bergbaus entledigen. Dr. Hohlefelder, E.ON- Vorstand und Chef- Lobbyist des Deutschen Atomforum, darf ähnlich Biblis A in den Ruhestand.
Fraglich nur, warum der börsennotierte Energiekonzern bisher noch keine ad- hoc- Mitteilung über die bedeutenden Transaktionsabsichten herausgegeben hat.