Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: OLG Celle, B. v. 08.03.10 - 4 AR 16/10 und B. v. 10.03.10 - 4 AR 17/10 zu § 102 EnWG  (Gelesen 3367 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline RR-E-ft

  • Moderator
  • Forenmitglied
  • *****
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
OLG Celle, B. v. 08.03.2010 Az. 4 AR 16/10

OLG Celle, B. v. 10.03.2010 Az. 4 AR 17/10

Entgegen der Entscheidungen des OLG Celle hat der BGH in der Entscheidung vom 19.11.08 VIII ZR 138/07 Rn. 43 zum Ausdruck gebracht, dass es bei der Billigkeitskontrolle auch auf die gesetzliche Verpflichtung aus §§ 2, 1 EnWG zu einer möglichst preisgünstigen leitungsgebundenen Versorgung mit Elektriztät und Gas ankommt.


Zitat
BGH VIII ZR 138/07 Rn. 43

Das schließt allerdings nicht aus, dass jedenfalls die Weitergabe solcher Kostensteigerungen im Verhältnis zum Abnehmer als unbillig anzusehen ist, die der Versorger auch unter Berücksichtigung des ihm zuzubilligenden unternehmerischen Entscheidungsspielraums ohne die Möglichkeit einer Preiserhöhung aus betriebswirtschaftlichen Gründen vermieden hätte.

Das Recht zur Preiserhöhung nach § 4 AVBGasV kann, wie die Revisionserwiderung zutreffend geltend macht, angesichts der sich aus § 2 Abs. 1, § 1 Abs. 1 EnWG ergebenden Verpflichtung des Energieversorgungsunternehmens zu einer möglichst sicheren, preisgünstigen, verbraucherfreundlichen, effizienten und umweltverträglichen leitungsgebundenen Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas nicht dazu dienen, dass es zu beliebigen Preisen einkauft, ohne günstigere Beschaffungsalternativen zu prüfen (Markert, RdE 2007, 263, 265; Säcker, ZNER 2007, 114, 115), und im Verhältnis zu seinem Vorlieferanten Preisanpassungsklauseln und -steigerungen akzeptiert, die über das hinausgehen, was zur Anpassung an den Markt und die Marktentwicklung im Vorlieferantenverhältnis erforderlich ist (vgl. zu einer entsprechenden Einschränkung des Änderungsrechts von Banken bei Zinsänderungsklauseln in Kreditverträgen BGHZ 97, 212, 217 ff., 222; 158, 149, 155).

Damit haben m.E. die energierechtlichen Vorschriften unmittelbar Auswirkungen auf die Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB (so bereits BGH, Urt. v. 02.10.91 VIII ZR 240/90 = NJW-RR 1992, 183 unter III 2 a) und III 3 a). Nach BGH VIII ZR 240/90 wirkt sich die gesetzliche Verpflichtung gem. § 1 EnWG bei der zivilrechtlichen Billigkeitskontrolle unmittelbar auf die Darlegungs- und Beweislast aus.

So auch LG Dortmund, Urt. v. 20.08.09

Dem BGH lag ersichtlich bisher noch kein Fall vor, wo unter Berufung auf §§ 108, 102 EnWG die sachliche Zuständigkeit eines Amtsgerichts gerügt worden war, so dass er auch noch nicht darüber zu entscheiden hatte.

Die Entscheidungen BGH zu Tarifkundenverhältnissen VIII ZR 36/06, VIII ZR 138/07, VIII ZR 314/07 betrafen Fälle, wo die Klagen bereits vor Inkrafttreten der §§ 102, 108 EnWG bei den Amtsgerichten erhoben wurden und vor diesen rügelos verhandelt wurde.

Mittlerweile ist am BGH jedoch eine Revision genau zu dieser Frage anhängig.
Siehste hier.

 

Bund der Energieverbraucher e.V. | Impressum & Datenschutz