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Autor Thema: OLG München, B. v. 15.05.2009, Az. AR (K) 7/09 zu § 102 EnWG  (Gelesen 4235 mal)

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Offline RR-E-ft

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OLG München, B. v. 15.05.2009, Az. AR (K) 7/09 zu § 102 EnWG

Der Beschluss betrifft ersichtlich den Fall, wo ein vor dem Amtsgericht auf Zahlung verklagter Gaskunde allein die Unbilligkeitseinrede gem. § 315 BGB einwendet.

Nicht ersichtlich ist, ob der beklagte Kunde im dortigen Fall sich auch darauf berufen hatte, dass der einseitig festgesetzte Preis gegen die gesetzliche Verpflichtung aus §§ 2, 1 EnWG verstößt. Bei diesen Normen handelt es sich (nunmehr)  um klare gesetzliche Verpflichtungen des Energieversorgungsunternehmens und deshalb nicht lediglich um reine Wertmaßstäbe, wie der erkennende Senat annahm.

Wertmaßstäbe (was meint denn der Begriff?!) wären zudem bei Fragen der Billigkeitskontrolle einer einseitigen Preisfestsetzung wohl zu beachten.

AG Erding, 08.01.09

AG Erfurt 22.01.09

Die Entscheidung betrifft nicht den Fall, wo die Parteien auch darum streiten, ob es sich bei dem Vertragsverhältnis um die Belieferung innerhalb der Grundversorgung gem. § 36 EnWG oder aber außerhalb derselben ggf. gem. § 41 EnWG erfolgt, ob der Kunde Haushaltskunde gem. § 3 Nr. 22 EnWG oder aber überkommener Tarifkunde gem. § 116 EnWG ist, was auch nach den Bestimmungen des EnWG zu entscheiden wäre.

AG Erfurt, 12.03.08

Die Entscheidung betrifft auch nicht den Fall, wo der beklagte Kunde einwendet, der Versorger nutze mit der vorgenommenen Preisgestaltung auch seine marktbeherrschende Stellung missbräuchlich aus (§ 87 GWB).

Weitere Gerichte stellen zutreffend auf die vom Gesetzgeber erstrebte Konzentrationswirkung ab.

LG Lüneburg 14.10.08

LG Gießen 05.12.08

Die Entscheidung verkennt meines Erachtens, dass bei der Grundversorgung gem. § 36 EnWG die gesetzliche Verpflichtung des Energieversorgers aus §§ 2, 1 EnWG zu einer möglichst preisgünstigen leitungsgebundenen Versorgung nach der Rechtsprechung des Kartellsenats des BGH als bei der Billigkeitskontrolle zu beachtende Preisbildungsschranke wirken kann. Der Kartellsenat des BGH hat eine solche Preisbildungsschranke bereits zu einer Zeit hergeleitet, als es noch keine ausdrückliche gesetzliche Verpflichtung gab, nicht minder der VIII.Zivilsenat des BGH in der Entscheiung vom 02.10.1992 - VIII ZR 240/90.

Siehe im Einzelnen hier.

Es wäre gut, wenn der Kartellsenat des BGH einmal mit dieser Frage befasst würde.

Offline tangocharly

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OLG München, B. v. 15.05.2009, Az. AR (K) 7/09 zu § 102 EnWG
« Antwort #1 am: 24. Juni 2009, 10:11:50 »
Die Gerichte sind nach Art. 20 Abs. 3 GG an Recht und Gesetz gebunden.

Wenn bei der Entscheidungsfindung auf den Inhalt gesetzlicher Bestimmungen gem. § 1 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 EnWG (2005) keine Rücksicht genommen wird, die nun gesetzestechnisch als Diktion ausgeprägt einen Verpflichtungsinhalt tragen und damit für alle Rechtsanwender verbindlich sind, dann stellt diese richterliche Haltung Willkür dar.

Willkür liegt immer dann vor, wenn die einer behördlichen oder gerichtlichen Entscheidung zu Grunde liegende Interpretation einer Rechtsnorm keine Grundlage in der Rechtsordnung und in der höchstrichterlichen Rechtsprechung findet und schließlich, wenn der Entscheidungssatz nicht mehr verständlich und damit nicht mehr nachvollziehbar ist.

Den Inhalt einer Norm, der der Gesetzgeber (1) mit einer klaren Aussage (2) vor einem erkannten Problem (3) eine Lösung geben wollte (zudem schon mit der Wortwahl expressis verbis einen bestimmten und konkteten Sinn {Verpflichtung} verbindend), einer anderen hierzu im Widerspruch stehenden Interpretation zuzuführen (aliud), ist unverständlich, nicht nachvollziehbar und damit willkürlich.
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

 

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