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Autor Thema: Unabhängigkeit eines Richters  (Gelesen 24300 mal)

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Offline nomos

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Unabhängigkeit eines Richters
« am: 09. Oktober 2007, 15:41:58 »
Zitat
RR-E-ft:Obschon noch weitere Gaspreisverfahren derzeit in der Revision vor dem VIII. Zivilsenat des BGH sind, hat sich dessen Vorsitzender auf einer Veranstaltung der Energiewirtschaft zu den Auswirkungen des ersten Gaspreis- Urteils vom 13.06.2007 geäußert. Entsprechende Vorträge werden regelmäßig mit Honorar vergütet.

Leider stärkt es nicht das Vertrauen in die Unabhängigkeit der Justiz, wenn trotz anhängiger Revisionsverfahren beteiligte Richter durch die Gegend reisen und ihre Auffassungen zu den womöglich auch erst noch zu entscheidenden Fragen auf solchen Veranstaltungen der Energiewirtschaft zum besten geben. Insbesondere die an der Veranstaltung maßgeblich beteiligte Kanzlei Clifford Chance, insbesondere Herr Kollege Dr. Rosin, betreut als Prozessbevollmächtigte von Gasversorgern selbst entsprechende Verfahren.

Von einem Vorsitzenden Richter des höchsten deutschen Zivilgerichts hätte ich persönlich erwartet, dass er sich nicht als Referent für eine derart beworbene Veranstaltung zur Verfügung stellt.
    Das hohe Gut der Unabhängigkeit des Richters, auf das der Bürger vertraut, wird da ordentlich beschädigt.  Oder bedeutet \"Unabhängigkeit\", dass ein Richter machen kann was er will?

    Als Quasi-Beamter hat er sich doch mit voller Hingabe seinem Beruf zu widmen. Er hat sein Amt uneigennützig nach bestem Gewissen zu verwalten. Sein Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muß der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Beruf erfordert.

    Da kommen einem doch an der Ordnungsmässigkeit und dem Verhalten des Richter-Referenten erhebliche Zweifel wenn man den Beitrag von RR-E-ft und die Verweise liest.  Wo hat diese \"Unabhängigkeit\" denn ihre Grenzen und wer zeigt die auf?

Offline RR-E-ft

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Unabhängigkeit eines Richters
« Antwort #1 am: 09. Oktober 2007, 16:20:04 »
@nomos

Jedenfalls sind Bundesrichter vom Einkommen so gestellt, dass sie nicht auf entsprechende nebenberufliche Referententätigkeiten angewiesen sind.

Die entsprechende Besoldung soll gerade die Unabhängigkeit der Richterschaft sichern.

Offline nomos

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Unabhängigkeit eines Richters
« Antwort #2 am: 12. Oktober 2007, 12:21:21 »
Siehe hier: RR-E-ft

Zitat
Für mich persönlich ist es schwer vorstellbar, dass ein Bundesrichter Vorträge zur Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofes in noch zu entscheidenden, nicht abgeschlossenen Fällen verkauft, bei dessen Entscheidung er ggf. selbst mitwirken möchte bzw. soll. Einen Amtsrichter, von dem mir dies bekannt würde, würde ich gewiss wegen besorgter Befangenheit ablehnen wollen. Gleiches Recht für alle.
    Das ist auch für mich nicht vorstellbar, ob Amtsrichter oder Bundesrichter!

Offline RR-E-ft

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Unabhängigkeit eines Richters
« Antwort #3 am: 12. Oktober 2007, 12:36:22 »
@nomos

Die Sache ist die, dass derjenige, der sich dem Urteil eines Gerichts stellt, erwarten können muss, sich mit seinen Argumenten in der mündlichen Verhandlung durchsetzen zu können, dass Gericht also keine vorgefasste Meinung hat, so dass es im konkreten Fall auf den Inhalt der mündlichen Verhandlung gar nicht mehr ankommt, vorgetragene Argumente der Partei  diese nicht mehr beeinflussen können. Eine vorgefasste Meinung eines Gerichts, die unabhängig vom Inhalt der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, schon besteht, ist deshalb problematisch.

Das hat nichts mit der Person irgendeines Richters zu tun, sondern ist eine prinzipielle Frage auch des rechtlichen Gehörs und der Fairness in einem laufenden Prozess. Wird der Eindruck einer vorgefassten Meinung erweckt, so steht die Besorgung der  Befangenheit des Gerichts im Raum.

Offline terminator3

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Unabhängigkeit eines Richters
« Antwort #4 am: 16. Oktober 2007, 18:40:37 »
@all: Da ist doch wohl nicht das Wort  Kxxxxxx im Spiel ??

Oder nennt man das jetzt moderne Lobby ?

War es nicht so das Richter unabhängig sein müssen, sollen ?

Offline nomos

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Unabhängigkeit eines Richters
« Antwort #5 am: 19. Oktober 2007, 19:45:34 »
Besten Dank Herr Rechtsanwalt Fricke für diese klare und fundierte Meinung.
    Ihre Expertise dürfte nicht nur für Juristen nachvollziehbar sein. Hoffentlich wird das an entscheidender Stelle auch gelesen. Man müsste das ja geradezu befördern. Gibt es da kein passendes Fachorgan für eine Veröffentlichung?

Offline RR-E-ft

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Unabhängigkeit eines Richters
« Antwort #6 am: 21. Oktober 2007, 17:10:11 »

Offline nomos

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Unabhängigkeit eines Richters
« Antwort #7 am: 21. Oktober 2007, 17:20:03 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Montags am Kiosk
    Dieses \"Fachorgan\" hatte ich aber jetzt nicht gemeint.  ;)

PS: @RR-E-ft, aber das wäre ja auch nicht die schlechteste Publikation. Den Leserbrief oder die Presseerklärung zu diesem Artikel müssten allerdings Sie schreiben.   :)

Offline RR-E-ft

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Unabhängigkeit eines Richters
« Antwort #8 am: 21. Oktober 2007, 17:37:39 »
@nomos

Warum soll ich immer alles machen? Es braucht sich niemand davor scheuen, an den SPIEGEL oder sonstige Pressefachorgane einen Leserbrief zu schreiben. Im richtigen Leben bin ich nur nebenbei Schriftsteller.

Offline nomos

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Unabhängigkeit eines Richters
« Antwort #9 am: 21. Oktober 2007, 18:09:43 »
@RR-E-ft, ich schreibe schon den einen oder anderen Leserbrief.  Ihre Expertise war für mich nur so exzellent, dass ich mir keinen besseren Leserbriefschreiber in dieser Sache vorstellen kann. Ich warte jetzt mal die Printversion ab. Gegebenenfalls werde ich in die Tasten greifen. Kommentarlos kann das nicht bleiben.

Offline Cremer

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Unabhängigkeit eines Richters
« Antwort #10 am: 28. Oktober 2007, 23:24:01 »
Im Spiegel Nr. 43 dieser Woche auf Seite 102:

Der Richter Ball am Bundesgerichtshof, seines Zeichens Richter im Fall Waldmeyer-Hartz, erklärt der Energiebranche auf Seminaren, was bei Tariferhöhungen bei Strom und Gas beachtet werden muss - eine fragwürdige Nebenbeschäftigung.

Z.B. soll er am 3. Dezember bei einer Veranstaltung des Instituts für Energie- und Regulierungsrecht Berlin e.V. sprechen.
MFG
Gerd Cremer
BIFEP e.V.

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Offline nomos

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Unabhängigkeit eines Richters
« Antwort #11 am: 29. Oktober 2007, 10:11:51 »
@cremer:
Institut für Energie- und Regulierungsrecht Berlin e.V.

Ein toller Vereinsname! Bei diesem Vorstand ist mir die Angelegenheit doch etwas einseitig und warum kommen mir da Begriffe wie, Feldherrenstrategie  und Tarnen und Täuschen in den Sinn.

Es geht da ja wohl eher um Regulierungsverhinderung mit den Möglichkeiten des \"Rechts\".

Vorstand:
Dr. Jürgen Kroneberg (Vorsitzender), Mitglied des Vorstandes der RWE Energy AG
Hans-Jürgen Cramer, Sprecher des Vorstandes der Vattenfall Europe AG
Dr. Ludger Mansfeld, Sprecher des Vorstandes der WIBERA Wirtschaftsberatung AG
Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Franz Jürgen Säcker, Direktor des Institutes für deutsches und europäisches Wirtschafts-, Wettbewerbs- und Regulierungsrecht der Freien Universität Berlin
Prof. Dr. Matthias Schmidt-Preuß, Institut für Öffentliches Recht, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Erik von Scholz, Vorsitzender des Vorstandes der Electrabel Deutschland AG
Dr. Rudolf Schulten, Vorsitzender des Vorstandes der MVV Energie AG

Offline Cremer

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Unabhängigkeit eines Richters
« Antwort #12 am: 29. Oktober 2007, 13:29:22 »
@nomos,

ergänzend für alle hier der Link

http://www.vetek.de/personal.html
MFG
Gerd Cremer
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Offline RR-E-ft

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Unabhängigkeit eines Richters
« Antwort #13 am: 13. November 2007, 19:34:00 »
Nachspiel

Meine bescheidene Meinung wurde offensichtlich an der richtigen Stelle gelesen.

Offline nomos

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Unabhängigkeit eines Richters
« Antwort #14 am: 13. November 2007, 19:55:58 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Meine bescheidene Meinung wurde offensichtlich an der richtigen Stelle gelesen.
    Das war eine fachlich fundierte und wohlbegründete Meinung, die sicher auf der Jahrestagung am 3./4.12.2007 Teil des Gesprächsstoff sein wird. Die Wirkung ist angebracht, hoffentlich nachhaltig.

 

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