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Autor Thema: Preisanhebung durch Extraenergie  (Gelesen 9986 mal)

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Offline ThomasW69

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Preisanhebung durch Extraenergie
« am: 24. Oktober 2014, 14:15:56 »
Hallo Zusammen. Ich habe gerade ziemlich stress mit Extraenergie. Mir wurd emein Abschlag von 77€ auf 88€ erhöht. Auf meine frage wieso wurde ich darauf hingewiesen, dass mit einer Email vom 30.07.2014 ich darüber informiert wurde, dass man mir den Arbeitspreis von 19,45ct auf 30,3ct, also um satte 57%erhöht habe. Die mail habe ich nicht erhalten und habe jetzt widerspruch eingelegt mit dem verweis, dass preisanhebungen 6 Wochen vorher per Post angekündigt werden müssten.
Von Extraenergie kam folgendes Statement
Zitat
"Rechtsprechungen, die Preiserhöhung per E-Mail als unwirksam einstufen, ergingen ausschließlich zu Grundversorgern. Da wir nicht zu diesen zählen, sind diese Urteile für uns nicht relevant.
 
Grundversorger sind verpflichtet, Preiserhöhungen öffentlich bekannt zu geben und diese zusätzlich per Brief (nicht per E-Mail) an ihre Kunden zu senden.
Wir zählen nicht zu den Grundversorgern und haben keine „allgemeinen Preise“ gemäß Grundversorgungsverordnung, die erst durch öffentliche Bekanntgabe wirksam werden.
Bei Vertragsschluss stimmten Sie ausdrücklich einer Kommunikation per E-Mail zu, diese beinhaltet auch die Mitteilung einer Preiserhöhung in Textform (E-Mail). "

Was ist nun richtig? Muss ich diese doch extreme Preiserhöhung akzeptieren nur weil die Email vielleicht irgendwo im SPAM gelandet ist? Warum wird mir der Preis so stark erhöht, aber gleichzeitig auf Verivox und Check24 immer noch der alte Preis angeboten.

Offline khh

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Re: Preisanhebung durch Extraenergie
« Antwort #1 am: 24. Oktober 2014, 17:09:25 »
Hallo ThomasW69,

das sind halt die Machenschaften mancher "Billiganbieter", um bei (mit vermeintlich besonders günstige Preise angelockte) Kunden spätestens ab dem 2. Vertragsjahr abzukassieren. Schon seit Jahren wird vor speziellen Anbietern dringend gewarnt  -  bspw. hier  www.bezahlbare-energie.de !  Sie als langjähriger User dieses Forums hätten das eigentlich wissen können. ;)

Mit dem zitierten "Statement" dürfte ExtraEnergie recht haben, denn die Bestimmungen der StromGVV "mindestens 6 Wochen vorher und per Brief" gelten gesetzlich tatsächlich nur für Grundversorgungsverträge. Für Sonderverträge bestimmt u.a. das EnWG in § 41 Abs. 3 "rechtzeitig und auf transparente Weise".

Ob Sie diese extreme Preiserhöhung bezahlen müssen (ich vermute mal, das wird eher nicht der Fall sein :) ), hängt vom Ergebnis der Prüfung verschiedener Fragen ab  -  bspw.:
1. Wie hat die (angeblich) am 30.07.2014 gemailte Preiserhöhungsmitteilung (m.E. hat EE den Zugang nachzuweisen) denn ausgesehen? War die Preismitteilung womöglich in einer mehrseitigen allgemeinen Info "versteckt" (Stichwort: gesetzliches Transparenzgebot)?
2. Was ist in der für IHREN Vertrag bei Auftragserteilung verwendeten AGB bzgl. Preiserhöhungsmitteilungen festgelegt?
3. Wie lautetet die gesamte für Ihren Vertrag geltende AGB-Preisanpassungsklausel? Hier ist zu prüfen (nötigenfalls anwaltlich oder durch die VZ), ob die Klausel den rechtlichen Anforderungen genügt und überhaupt wirksam ist (Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB).

Interessant könnte werden, wie ExtraEnergie eine fast 56%ige Arbeitspreiserhöhung begründen will (rechtliches Erfordernis: "Anlass, Voraussetzungen und Umfang" sind zu benennen, unzulässig ist zudem die Erhöhung des Gewinnanteils durch Preisanpassungen).

Gruß, khh
« Letzte Änderung: 24. Oktober 2014, 21:24:57 von khh »
Aussagen zu Rechtsfragen sind als persönliche Einschätzung/Meinung zu verstehen.
Rechtliche Beratung ist allein gesetzlich befugten Personen/Institutionen vorbehalten.

Offline ThomasW69

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Re: Preisanhebung durch Extraenergie
« Antwort #2 am: 27. Oktober 2014, 08:11:07 »
Ich habe mal nachgeforscht und im Spam die Mail doch noch ausgraben können. Dort steht allerdings erst nach fast 1100 Wörtern kurz und knapp was von einer Erhöhung. Das ist nach meiner Meinung in keinster Weise transparent.
Ich bin auch zwischenzeitlich an anderer Stelle fündig geworden. Das OLG Hamm hat ausdrücklich festgestellt (Urteil ist rechtskräftig) dass Preisanpassungenmitteilungen per Email nicht zulässig sind. Die Richter ließen keine Revision zu.
http://www.vz-nrw.de/OLG-Hamm-kippt-vage-Strom-und-Gaspreisklauseln-Ankuendigung-von-Preiserhoehungen-per-individueller-Bekanntgabe-unwirksam

« Letzte Änderung: 27. Oktober 2014, 12:45:30 von ThomasW69 »

Offline khh

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Re: Preisanhebung durch Extraenergie
« Antwort #3 am: 27. Oktober 2014, 12:32:49 »
Ich habe mal nachgeforscht und im Spam die Mail doch noch ausgraben können. Dort steht allerdings erst nach fast 1100 Wörtern kurz und knapp was von einer Erhöhung. Das ist nach meiner Meinung in keinster Weise transparent.

ThomasW69,
mit dieser Begründung würde ich der Preiserhöhung widersprechen und die Wirksamkeit bestreiten - siehe hier: http://verbraucherzentrale-sachsen.de/versteckspiel-mit-preiserhoehung !

Außerdem sollte auch die verwendete AGB-Preisanpassungsklausel geprüft werden (siehe meine Antwort #1)  -  wie lautet diese ?


Ich bin auch zwischenzeitlich an anderer Stelle fündig geworden. Das OLG Hamm hat ausdrücklich festgestellt (Urteil ist rechtskräftig) dass Preisanpassungenmitteilungen per Email nicht zulässig sind. ...”

Auf die beiden zitierten Urteile des OLG Hamm v. 22.11.2011 können Sie sich nur dann beziehen, wenn in die AGB Ihres Sondervertrages das (vermeintliche ;)) Preisänderungsrecht gem. § 5 Abs. 2 StromGVV (Grundversorgungs-verordnung) inhaltsgleich übernommen wurde, denn ausschließlich damit befassen sich die Urteile !
Allerdings ist eine solche AGB-Preisänderungsklausel, die sich allein auf eine Inbezugnahme bzw. Übernahme der GVV-Regelung beschränkt, gemäß EuGH-Urteil vom 21.03.2013 (C-92/11) und BGH-Urteil vom 31.07.2013 (VIII ZR 162/09) für Sonderverträge (und lt. aktuellem EuGH-Urteil v. 23.10.2014 auch die GVV-Regelung für Grundversor-gungsverträge) ohnehin unwirksam :).   

Dazu schreibt die VZ NRW am 17.01.2013 explizit - Zitat: "Die Frage, ob eine Klausel, welche die Ankündigung einer Preisänderung lediglich per E-Mail vorsieht, zulässig ist, ließen die Richter offen." !

Gruß, khh


PS:    - gelöscht -
« Letzte Änderung: 27. Oktober 2014, 16:08:58 von khh »
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Offline ThomasW69

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Re: Preisanhebung durch Extraenergie
« Antwort #4 am: 07. November 2014, 08:53:55 »
Hier die Preisanpassungsklausel laut AGB
Zitat
Der Lieferant ist verpflichtet, den nach Ziff. 6.1 zu zahlenden Gesamtpreis bei Stromtarifen mit
Ausnahme der Umsatzsteuer und der jeweils gesondert nach Ziff. 6.2 bis 6.8 an den Kunden weitergegebene
EEG-Umlage, der KWK-Aufschläge, der Konzessionsabgabe, einer Umlage nach
§ 19 Abs. 2 StromNEV, einer sog. Offshore-Umlage, einer sog. Umlage für abschaltbare Lasten
sowie der Stromsteuer; bei Gastarifen mit Ausnahme der Umsatzsteuer und der jeweils gesondert
nach Ziff. 6.9 bis 6.10 an den Kunden weitergegebenen Konzessionsabgabe und Energiesteuer
durch einseitige Leistungsbestimmung gem. § 315 BGB nach billigem Ermessen der Entwicklung
der Kosten anzupassen, die für die Preisberechnung maßgeblich sind. Eine solche Erhöhung oder
Ermäßigung erfolgt insbesondere, wenn sich die Kosten für die Beschaffung von Energie oder die
Nutzung des Verteilnetzes ändern oder sonstige Änderungen der energiewirtschaftlichen oder
rechtlichen Rahmenbedingungen zu einer veränderten Kostensituation führen. Der Lieferant ist
verpflichtet, bei Ausübung seines billigen Ermessens die jeweiligen Zeitpunkte einer Preisänderung
so zu wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben
Rechnung getragen werden als Kostenerhöhungen, also Kostensenkungen mindestens in gleichem
Umfang preiswirksam werden wie Kostenerhöhungen. Änderungen des Gesamtpreises
nach dieser Ziffer sind nur zum 01. eines Kalendermonats, bei Pakettarifen nach Ablauf der Mindestvertragslaufzeit
bzw. des jeweiligen Verlängerungszeitraumes möglich. Preisanpassungen
werden nur wirksam, wenn der Lieferant dem Kunden die Änderungen spätestens 2 Monate vor
dem geplanten Wirksamwerden in Textform mitteilt. Der Lieferant wird den Kunden in gesonderter
Mitteilung zur Preisanpassung auf sein Sonderkündigungsrecht hinweisen.
6.17 Informationen über aktuelle Produkte und Tarife erhält der Kunde im Internet unter
www.extraenergie.com / www.hitenergie.de / www.prioenergie.de.

Offline khh

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Re: Preisanhebung durch Extraenergie
« Antwort #5 am: 07. November 2014, 09:54:22 »
Hallo ThomasW69,

ist das wirklich ein Auszug aus der AGB, die Sie mit der Auftragsbestätigungs-Email von Verivox bzw. Check24 bekommen haben?

Unwirksam ist die Preiserhöhung jedenfalls, wenn Sie die Preiserhöhungsmitteilung inhaltlich der mehrseitigen Email ""Energiemarktentwicklungen und -preisanpassungen" erhalten haben (siehe oben verlinkte Abmahnung der Verbraucherzentrale Sachsen).

Wenn bzw. sobald 4 Wochen seit Ihrem Widerspruch ohne "Abhilfe" durch EE vergangen sind, sollten Sie sich mit einer Beschwerde an die www.schlichtungsstelle-energie.de wenden (siehe Thread "Extraenergie versteckte Strom Preiserhöhung - Sofort kündigen! Auch Gas?") und evtl. auch die VZ Sachsen informieren.

Gruß, khh


Frage: Warum haben Sie den Vertrag bei EE nicht "zum Ablauf des ..." (Ende des 1. Lieferjahres) gekündigt ?
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Offline ThomasW69

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Re: Preisanhebung durch Extraenergie
« Antwort #6 am: 07. November 2014, 10:17:39 »
Hallo khh.

Sie haben recht, der AGB Auszug aus dem vorigen Post war aus den mit der Jahresrechnung mitgelieferten AGB. Das dürfte also der aktuell gültige sein. Der Originale bei Vertragsabschluss ist der Folgende



Übrigens habe ich gerade auf dem Kontoauszug festgestellt, dass man von meinem Konto 105€ abgebucht hat obwohl der Abschlag nur von 77€ auf 88€ erhöht wurde. Dem Unternehmen hatte ich aber schon vorab die Einzugsermächtigung entzogen. Dies wurde mir sogar per Email bestätigt und ich wurde aufgefordert nun per Überweisung zu bezahlen. Seriös ist das wohl kaum.

Offline khh

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Re: Preisanhebung durch Extraenergie
« Antwort #7 am: 07. November 2014, 11:05:28 »
OK, ob die AGB-Klausel wirksam ist (ich habe Zweifel), werden wohl nur Juristen beurteilen können. Es wäre allerdings mal interessant zu erfahren, welche Kostensteigerungen "nach billigem Ermessen" eine solche Preiserhöhung rechtfertigen sollen. Offensichtlich geht es EE allein darum, den eigenen Gewinnanteil (unzulässigerweise!) zu erhöhen >:(.

Für Sie ist das aber nicht maßgeblich, da die Arbeitspreiserhöhung bereits aus den in Antwort #5 genannten Gründen unwirksam ist und folglich nicht bezahlt werden muss. Bei der Abschlagsfestsetzung ist also unverändert der ursprünglich vereinbarte Preis zugrunde zu legen. Und wie bereits geschrieben: Wenden Sie sich nötigenfalls an die Schlichtungsstelle Energie e.V.


PS: Wie ersichtlich, ist bei dem Laden wenig bis nichts "seriös" !
« Letzte Änderung: 07. November 2014, 11:19:37 von khh »
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Offline gwkr

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Re: Preisanhebung durch Extraenergie
« Antwort #8 am: 11. November 2014, 15:50:08 »
Hallo ThomasW69,

Du machst Dir viel zu viele Gedanken, so wie ich es auch gemacht habe.

Die Preisanpassung ist nicht rechtskonform. Das wissen die auch.

Setz denen eine Frist für die Rücknahme der Preisanpassung. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist legst du Beschwerde bei der Schlichtungsstelle Energie e.V. ein, das ist für Dich kostenlos, und einen Tag später wird die Preisanpassung zurückgenommen.

Ausführlicher habe ich mich hier: http://forum.energienetz.de/index.php/topic,19067.msg111322.html#new

dazu ausgelassen.

Viel Glück ;-)

 

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