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Autor Thema: Heizgas-Sondervertrag fällt nicht unter §315 BGB! Was nun?  (Gelesen 10494 mal)

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Offline EberhardDonert

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Heizgas-Sondervertrag fällt nicht unter §315 BGB! Was nun?
« am: 17. November 2005, 13:15:11 »
Hallo, liebe Leser,
aufgrund der massiven Gaspreissteigerung von 16% durch das GVU, Stadtwerke Görlitz AG, hatte ich Einspruch mit einem Musterbrief (u.a. auch § 315 BGB) erhoben. Im Antwortschreiben des GVU wurde auf den Sondervertrag, den ich 1996 mit dem GVU abgeschlossen hatte, hingewiesen. Den entscheidenden § 2, Preise, will ich einmal zur Kenntnis geben:
§2 Preise
1. Der Gaspreis setzt sich zusammen aus monatl. Grundpreis u. Arbeitspreis (Verbrauch in kWh). Die Preise sind Nettopreise. Gültige MwSt. wird zusätzlich berechnet.
Gas:
Zählernr.: ..... Balgengaszähler
Berechnung ab:..... Zählerstand:.......
Tarif-Nr.: 53G02 Sonderpreis S-1 bis 180 Kw
Abrechnung: Preis für zur Zeit:
Verbrauch 0,043 DM/kWh Ho
1 Grundpreis zu G530 324,00 DM/Jahr
4 zusätzl. install. Leistung 62,40 DM/Jahr
+ Umsatzsteuer 15%

Diese Preisstellung setzt voraus, daß das Erdgas mit der für Heizkessel/Umlaufwassererhitzer normalen Benutzungsstruktur abgenommen wird.

2. (Das ist der Knackpunkt und für mich der Knebelpassus!!!!)
Das GVU ist berechtigt, die Gaspreise anzupassen, wenn eine
Preisänderung durch den Vorlieferanten des GVU erfolgt.

Auf diesen Pkt. 2 bezieht sich nun das GVU.
Zitat: Bei Anwendung der vertraglich vereinbarten Preisänderung handelt es sich um keine einseitige Preisfestsetzung, auf die § 315 BGB angewendet werden kann.

Im weiteren kann ich ja diesen Vertrag kündigen und einen anderen Vertrag (zu noch höheren Konditionen!!!!) abschließen und sollte es zu offenen Forderungen auf meinem Kundenkonto kommen, wird vom Kündigungsrecht Gebrauch gemacht, so das GVU.

Um es etwas übertrieben darzustellen: Die können einen finanziell ruinieren, da ein Gasanbieterwechsel ja z.Zt. auch nicht möglich ist.

Das GVU kann doch ebenfalls bei den Vorlieferanten(GASO Dresden) gegen zu hohe Gaspreise vorgehen.

Wass nun?? Wer kann dazu Hilfestellung geben??? Im Forum: häufige Fragen und Antworten ist nur der Pkt. 24 ( In welchen Fällen gilt die Billigkeitskontrolle nach § 315?) vorhanden.
Als Geringverdiener ist es für uns schon fast katastrophal!
Vielen Dank im voraus für eine Hilfestellung!!

Mit freundlichen Grüßen
Eberhard Donert [/b]

Offline RR-E-ft

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Heizgas-Sondervertrag fällt nicht unter §315 BGB! Was nun?
« Antwort #1 am: 17. November 2005, 13:20:31 »
Die Aussage des Versorgers ist falsch.

Die genannte Klausel ist nach dem Rechtsgutachten der VZ NRW (Prof. Arzt u. a.)wegen bestehender Intransparenz gem. §§ 307, 315 BGB sogar unwirksam, so dass Preiserhöhungen nicht darauf gestützt werden können.

Auf die Billigkeit kommte es dann gar nicht erst an.

Selbst wenn die Klausel wirksam wäre, käme die Billigkeitskontrolle auf die Preiserhöhung zur Anwendung, so auch LG Potsdam (RdE 2004, 304) für Strom- Sonderverträge.



Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Offline Achim

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Heizgas-Sondervertrag fällt nicht unter §315 BGB! Was nun?
« Antwort #2 am: 17. November 2005, 16:46:17 »
@ EberhardDonert

Dieses Problem hatte ich auch:
Der EVM auf den Leim gegangen?
Nun harre ich recht ruhig der Dinge, die dort kommen sollen.

Nur Mut!

Grüsse aus Hausen an der Wied

Achim Kluth

Offline Cremer

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Heizgas-Sondervertrag fällt nicht unter §315 BGB! Was nun?
« Antwort #3 am: 17. November 2005, 21:47:15 »
@EberhardDonert,

ist eine tolle Argumentation Ihres Versorgers aufgrund Ihres Widerspruches.

Man bezieht sich einfach auf einen eigenen Punkt (2) des Vertrages!!

Schon wieder eine neue Masche, um einen einzuschüchtern.
MFG
Gerd Cremer
BIFEP e.V.

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Offline RR-E-ft

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Heizgas-Sondervertrag fällt nicht unter §315 BGB! Was nun?
« Antwort #4 am: 17. November 2005, 21:54:54 »
@Cremer

Die Klausel sagt nur wann der Preis einseitig abgeändert (angepasst) werden darf, jedoch nicht, in welchem Umfange. Zudem fehlt es an der Verpflichtung zu Preissenkungen im umgekehrten Fall.

Deshalb ist die Klausel unwirksam.

Eine ähnliche Klausel war Gegenstand des Koblenzer Urteils.



Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Offline wolters

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Heizgas-Sondervertrag fällt nicht unter §315 BGB! Was nun?
« Antwort #5 am: 18. November 2005, 01:12:09 »
Sehr geehrter Herr Donert,

die Preisgleitklausel der SW Görlitz ist identisch mit der in den Verträgen des Vorlieferanten GASO, die dieser mit seinen direkt belieferten Kunden als Regionalversorger Mitte der neunziger Jahre abgeschlossen hat (ebenfalls S 1 Sondervertrag in meinem Fall; - die Grenze von etwa 11.000 kWh gegenüber Tarifkunden führt m.E. regelmäßig zu niedrigeren Konzessionszahlungen an die Kommunen, da normalerweise Gasheizungen höhere Verbräuche aufweisen; anderswo geltenden aber höhere Grenzen).

Da die Unbilligkeit auch von Sondervertragskunden eingewandt werden kann, gibt es aufgrund der Nichtfälligkeit keine offene Forderungen, die zu einer Kündigung berechtigen.
(Diese ist sowieso nur einmal im Jahr zum Ende eines bestimmten Monats [der ersten Gaslieferung] möglich - mit einer Kündigungsfrist von 3 Monaten. s. § 5 Nr. 1 des Vertrages (GASO)).

Falls die SW Görlitz auf einer Kündigung beharren bzw. eine Mahnung schicken mit Hinweis auf das Recht zur Gassperrung, schicken Sie ein Fax zum Gasversorger und ein Fax an die Energieaufsicht im Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit. Ich hatte über 10 Euro Minderzahlung eine Mahngebühr von 7,80 erhalten mit Gassperrungshinweis. Die zwei Faxe nach Mustervorlagen hier im Forum haben Ruhe gebracht.

Alles Gute!

Wolters

 

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