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Autor Thema: Wechseln, ohne wirklich wechseln zu wollen geht das?  (Gelesen 7111 mal)

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Offline Energietourist

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Wechseln, ohne wirklich wechseln zu wollen geht das?
« am: 09. Februar 2013, 11:36:26 »
Folgendes hat sich wirklich zugetragen:

Der Kunde möchte von seinem Grundversorger weg. Er sucht sich Versorger A aus und stellt einen Antrag auf Stromlieferung. Versorger A teilt dem Kunden mit, dass er ihn nicht mit Strom beliefern kann (warum auch immer). Der Kunde sucht sich daraufhin Versorger B aus, bei dem der Wechsel problemlos klappt. Der Kunde ist jetzt über einem Jahr glücklich mit Versorger B, bis er aus allen Wolken fälllt. Versorger B teilt ihm jetzt mit, dass Versorger A den Wechsel eingeleitet hat und er nur noch bis dann und dann von Versorger B beliefert wird und ab dann von Versorger A. Der Kunde ist sprachlos. Er ruft bei Versorger B und beim Netzbetreiber an, alles rechtens, er wird bald von Versorger A beliefert. Der Kunde ruft bei Versorger A an, teilt ihm mit, dass er jetzt gar nicht mehr zu ihm wechseln will. Vor über einem Jahr ja, da war Versorger A noch billiger, als Versorger B, jetzt ist Versorger A 3 ct/kwh teurer.
Versorger A meint, dass er nur damals nicht liefern konnte, jetzt aber schon, er besteht auf den Wechsel.
Der Kunde sitzt in der Falle, hinter seinem Rücken lief ein Anbieterwechsel ab, und er hat davon nichts mitbekommen.
Was kann der Kunde jetzt noch tun? Hat Versorger A rechtens gehandelt? Hat Versorger B beim Wechsel geschlafen und hätte dem Wechsel gar nicht zustimmen dürfen. Eins ist klar, auf dem Stromlieferungsantrag, den der Kunde an Versorger A geschickt hat, steht klar drauf, dass sein alter Versorger der Grundversorger ist. Versorger B hätte dies erkennen müssen. Oder wie wird der Wechsel zwischen 2 Versorgen gehandhabt, telefonieren die nur oder tauschen die auch Dokumente aus??
Jedenfalls ist das Kind nun in den Brunnen gefallen, was kann der Kunde tun? Ist der Wechsel wirklich rechtens?

Offline Christian Guhl

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Re: Wechseln, ohne wirklich wechseln zu wollen geht das?
« Antwort #1 am: 09. Februar 2013, 12:25:44 »
Versorger A hat den Antrag damals abgelehnt. Damit ist kein Vertrag zustande gekommen. Oder stand etwas in der Ablehnung, dass man sich weiter bemühen wird und der Wechsel zu einem späteren Zeitpunkt vorgenommen wird ? Um den Wechsel einzuleiten, muss A dem Versorger B versichern, dass er im Besitz einer Vollmacht des
Kunden ist. Ich würde B mitteilen, dass ich keine Vollmacht erteilt habe und A somit eigenmächtig handelt. Wenn A stur bleibt - Bundesnetzagentur einschalten.

Offline Didakt

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Re: Wechseln, ohne wirklich wechseln zu wollen geht das?
« Antwort #2 am: 09. Februar 2013, 18:15:29 »
So einfach scheint mir die Sache aber nicht zu sein! Es ist gängige Praxis, dass die Aufträge zur Energielieferung die Erteilung einer Vollmacht zur Vornahme aller notwendigen Handlungen sowie Abgabe und Entgegennahme aller Erklärungen beinhalten, die im Zusammenhang mit dem Wechsel des Versorgers erforderlich werden, z. B. auch einer Kündigung des bisherigen Liefervertrages.
Es ist zwar zunächst zu keinem Vertragsabschluss mit Versoger A gekommen, aber der Auftrag blieb wohl offen?! Vorsorglich und sicherheitshalber hätte der Auftraggeber seinen Auftrag an Versorger A in Schriftform stornieren müssen.

Offline Christian Guhl

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Re: Wechseln, ohne wirklich wechseln zu wollen geht das?
« Antwort #3 am: 09. Februar 2013, 18:36:05 »
Vorsorglich und sicherheitshalber hätte der Auftraggeber seinen Auftrag an Versorger A in Schriftform stornieren müssen.
Hat das schon einmal irgendjemand so getan, wenn der Wechsel vom beauftragten Versorger abgelehnt wurde ? Zur Sicherheit muss man nun schon beim Versorgerwechsel einen Rechtsanwalt zur Beratung hinzuziehen ? Versorger A hat doch ganz klar einen Wechsel abgelehnt. Damit wurde der Auftrag nicht angenommen und ist hinfällig. Oder hat er (was wir nicht wissen) nur von einer Verzögerung gesprochen ? Wenn A jetzt teurer geworden ist, liegt damit ein geändertes Angebot vor, das der Kunde ablehnen kann.

Offline khh

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Re: Wechseln, ohne wirklich wechseln zu wollen geht das?
« Antwort #4 am: 09. Februar 2013, 18:47:56 »
Kommt bzgl. des ursprünglichen Auftrags an A

Zitat
§ 146 BGB Erlöschen des Antrags
Der Antrag erlischt, wenn er dem Antragenden gegenüber abgelehnt oder wenn er nicht diesem gegenüber nach den §§ 147 bis 149 rechtzeitig angenommen wird.

zum Tragen !?   :-\
« Letzte Änderung: 09. Februar 2013, 18:55:25 von khh »
Aussagen zu Rechtsfragen sind als persönliche Einschätzung/Meinung zu verstehen.
Rechtliche Beratung ist allein gesetzlich befugten Personen/Institutionen vorbehalten.

Offline khh

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Re: Wechseln, ohne wirklich wechseln zu wollen geht das?
« Antwort #5 am: 09. Februar 2013, 18:54:19 »
... Wenn A jetzt teurer geworden ist, liegt damit ein geändertes Angebot vor, das der Kunde ablehnen kann.

bzw., das ohne ausdrückliche Annahme des Kunden kein Vertragsverhältnis begründet ?

Zitat
§ 150 BGB Verspätete und abändernde Annahme
(1) Die verspätete Annahme eines Antrags gilt als neuer Antrag.
(2) Eine Annahme unter Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstigen Änderungen gilt als Ablehnung verbunden mit einem neuen Antrag.
« Letzte Änderung: 09. Februar 2013, 19:30:06 von khh »
Aussagen zu Rechtsfragen sind als persönliche Einschätzung/Meinung zu verstehen.
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Offline Didakt

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Re: Wechseln, ohne wirklich wechseln zu wollen geht das?
« Antwort #6 am: 09. Februar 2013, 20:30:29 »
Zugegeben, die angezogenen BGB-Bestimmungen sprechen für sich. Kleiner Vorbehalt: Wir wissen nicht eindeutig, ob die ablehnende Mitteilung des Versorgers A an den Kunden mögli-cherweise eine einschränkende Klausel enthielt.

Was kann der Kunde in dieser verfahrenen Situation tun? Wenn noch keine Vertragsbestätigung des Versorgers A vorliegt, sollte er zutreffendenfalls die o. a. BGB-Bestimmungen gegenüber Versorger A für sich in Anspruch nehmen, eine Lieferbestätigung/Vertragsannahme strikt ablehnen und Versorger B davon in Kenntnis setzen, dass er am aktuellen Liefervertrag mit ihm festhält.

Sollte der Kunde aber vom Versorger A bereits eine Vertragsbestätigung erhalten haben, so könnte er gemäß § 143 (1) BGB die Anfechtung des ihm bestätigten Vertragsschlusses wegen fehlender Rechtsgrundlage erklären.
Wird ein anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten, so ist es als von Anfang an nichtig anzusehen (§142 (1) BGB).

Versorger B wäre gleichzeitig über diese Maßnahme zu informieren und aufzufordern, den bisherigen Vertrag uneingeschränkt fortzusetzen.

Offline superhaase

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Re: Wechseln, ohne wirklich wechseln zu wollen geht das?
« Antwort #7 am: 11. Februar 2013, 08:15:46 »
Es geht vielleicht auch einfacher und mit weniger Aufwand:

Dem penetranten Versorger A in einem Brief (Einschreiben mit Rückschein!) mitteilen, dass aufgrund der damaligen Ablehnung das Vertragsangebot erloschen ist und man das neue Vertragsangebot des Versorgers A ablehnt und die Rücknahme des Wechselvorgangs fordert.
Zweitens, mitteilen, dass man keine Einzugserlaubnis erteilt und jegliche Abbuchungen stornieren wird und jegliche Zahlung an Versorger A verweigern wird. Drittens ausdrücklich darauf hinweisen, dass man mögliche finanzielle Schäden aufgrund des nicht autorisierten Wechselvorgangs und etwaiger Versorgungsprobleme und Zwischenbelieferungen durch den Grundversorger einforderrn und auch gerichtlich eintreiben wird.

Wenn man das so schreibt, dann dürfte der Versorger A das Muffensausen kriegen und klein beigeben.
Wenn nicht, dann so durchziehen: Einfach jegliche Zahlung verweigern, bis der Versorger aktiv werden muss und schließlich klagen müsste.
Da kann man also zunächst sehr lange abwarten und sich zurücklehnen.

Und außerdem kann man sofort ein Ombudsverfahren einleiten, denn das kostet den Versorger schon mal einen kleinen Batzen Geld, so dass sich die Dreistigkeit für ihn schon nicht mehr gelohnt hat.

Der Hebel eines Verbrauchers ist gar nicht so kurz, denn wenn man jegliche Zahlung verweigert, dann hat der Versorger A erst mal gar nichts davon, außer unnötigen Kosten.
Der Verbraucher kann Tee trinken und dem Treiben erst einmal zusehen und muss nach dem einzigen eingeschriebenen Brief auch auf nichts weiteres mehr reagieren und hat erst mal keine weitere Arbeit mehr damit.
8) solar power rules

Offline Energiefachmann

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Re: Wechseln, ohne wirklich wechseln zu wollen geht das?
« Antwort #8 am: 03. April 2013, 23:58:03 »
Es geht sogar noch einfacher:

Das EnWG 2012 sieht vor, dass das 14-tägige Widerrufsrecht des Kunden frühestens mit dem Erhalt der Widerrufsbelehrung, jedoch nicht vor Lieferbeginn beginnt. Der Kunde kann also unabhängig vom Zugang der Lieferbestätigung sogar noch 2 Wochen nach Lieferbeginn rückwirkend den Vertrag mittels Widerruf aufheben, sofern der Lieferbeginn erst nach der Lieferbestätigung liegt, was hier nach Schilderung der Umstände der Fall zu sein scheint.

Etwas komplexer ist es nur bei rückwirkendem Lieferbeginn aufgrund Einzug. Da lässt sich der Lieferbeginn ja bis zu 6 Wochen in die Vergangenheit rückdatieren, aber das trifft ja nicht auf diesen Fall zu.

Offline Energietourist

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Re: Wechseln, ohne wirklich wechseln zu wollen geht das?
« Antwort #9 am: 04. April 2013, 09:16:48 »
@Energiefachmann
im Prinzip die einfachste Lösung. Praktisch aber mit Umwegen verbunden. Bei Lieferant B ist man nicht mehr Kunde und bei Lieferant A macht man vom Widerrufsrecht Gebrauch, man fällt also erstmal in die Grundversorgung und kann sich einen neuen Lieferanten suchen (das kann natürlich wieder Lieferant B sein, bei dem man bisher war, geht aber nicht nahtlos!)

Offline Stromfraß

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Re: Wechseln, ohne wirklich wechseln zu wollen geht das?
« Antwort #10 am: 04. April 2013, 13:38:52 »
Die hier gegebenen Antworten sind wohl sowet ok.
Ich denke aber schon, dass ein Sachverhalt noch offen ist:

Zitat
Der Kunde möchte von seinem Grundversorger weg. Er sucht sich Versorger A aus und stellt einen Antrag auf Stromlieferung. Versorger A teilt dem Kunden mit, dass er ihn nicht mit Strom beliefern kann (warum auch immer).

U.U. wäre es schon wichtig, den Inhalt der Ablehnung tatsächlich zu kennen - wie hier auch schon geschrieben. Normalerweise sucht doch ein Versorger nicht einen Grund, um abzulehnen, sondern dieser ist tatsächlich vorhanden. Vielleicht nimmt der Netzbetreiber nicht die Anmeldung entgegen - egal aus welchem Grund?
Allerdings ist eine Annahme zur Lieferung nach 1 Jahr schon etwas merkwürdig.

Ich habe schon mehrfach auch hier im Forum erlebt, dass Sachverhalte unvollständig oder gar falsch dargestellt wurden und demuifolge natürlich auch die Antworten nicht richtig sein konnten.

Offline khh

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Re: Wechseln, ohne wirklich wechseln zu wollen geht das?
« Antwort #11 am: 04. April 2013, 14:57:24 »
Ich denke aber schon, dass ein Sachverhalt noch offen ist:
Zitat
Der Kunde möchte von seinem Grundversorger weg. Er sucht sich Versorger A aus und stellt einen Antrag auf Stromlieferung. Versorger A teilt dem Kunden mit, dass er ihn nicht mit Strom beliefern kann (warum auch immer).
U.U. wäre es schon wichtig, den Inhalt der Ablehnung tatsächlich zu kennen ... Vielleicht nimmt der Netzbetreiber nicht die Anmeldung entgegen - egal aus welchem Grund?
Allerdings ist eine Annahme zur Lieferung nach 1 Jahr schon etwas merkwürdig.

Wie für Betroffene nachvollziehbar und in einem anderen Thread von @Energietourist bestätigt, ist hier von den vormaligen und heutigen „Machenschaften“ der EGNW die Rede. Insofern muss auf Ihre spekulative Frage wohl nicht weiter eingegangen werden.

Ich habe schon mehrfach auch hier im Forum erlebt, dass Sachverhalte unvollständig oder gar falsch dargestellt wurden und demzufolge natürlich auch die Antworten nicht richtig sein konnten.

Einige Antworten sind auch deshalb nicht richtig, weil sich manch einer anscheinend berufen fühlt, zu fast jedem Beitrag seinen ‚Senf’ dazugeben zu müssen, obwohl nicht ersichtlich ist, dass wenigstens eine gewisse Ahnung zum angesprochenen Sachverhalt oder zum Hintergrund besteht.
Aussagen zu Rechtsfragen sind als persönliche Einschätzung/Meinung zu verstehen.
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Offline Energiefachmann

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Re: Wechseln, ohne wirklich wechseln zu wollen geht das?
« Antwort #12 am: 05. April 2013, 11:10:51 »
@Energiefachmann
im Prinzip die einfachste Lösung. Praktisch aber mit Umwegen verbunden. Bei Lieferant B ist man nicht mehr Kunde und bei Lieferant A macht man vom Widerrufsrecht Gebrauch, man fällt also erstmal in die Grundversorgung und kann sich einen neuen Lieferanten suchen (das kann natürlich wieder Lieferant B sein, bei dem man bisher war, geht aber nicht nahtlos!)

"eigentlich" haben Sie recht, aber es gibt im Energiemarkt eine Besonderheit, die dann doch die "Nahtlosigkeit" ohne Wechsel in die Ersatzversorgung ermöglicht: dadurch, dass die tatsächlich verbrauchten Mengen ohnehin erst später, also nach Verbrauch, fetsgestellt werden können, wird in solchen Fällen eine Rückabwicklung vorgenommen und der Zählpunkt dem eigentlich berechtigten Versorger bilanziell zugeordnet. Dabei muss der Netzbetreiber naütrlich mitspielen, tut er aber in der Regel auch.
Und natürlich müssen sich die Versorger einig sein: also Versorger B muss den Kunden wieder aufnehmen wollen und Versorger A muss den Widerruf akzeptieren (wobei ihm darin keine andere Chance bleibt).

@khh
EGNW ...aaaahh.... jetzt ergibt das ein Bild!  ;)
Ob das oben Gesagte (Einsicht in Notwendigkeiten usw.) auch auf die Energiegenossenschaft NordWest zutrifft, lassen wir mal dahin gestellt.....

 

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