Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Sonderkündigungsrecht bei Erhöhung gesetzlicher Abgaben  (Gelesen 25465 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline Wolfgang_AW

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.368
  • Karma: +12/-9
Re: Sonderkündigungsrecht bei Erhöhung gesetzlicher Abgaben
« Antwort #15 am: 20. Februar 2013, 12:41:47 »
Einige Versorger verweigern Kündigung bei Preiserhöhung

Zitat
Manche Energieversorger lehnen die Kündigung mit der Begründung ab, man habe bei der reinen Weitergabe der EEG-Umlage kein Kündigungsrecht und müsse die Erhöhung hinnehmen.
 "Diese Aussage ist aus rechtlicher Sicht nicht haltbar", kommentiert Fabian Fehrenbach, Energierechtsexperte bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz dieses dreiste Vorgehen. Das Gesetz ist hier eindeutig. Bei jeder Vertragsänderung steht dem Kunden ein fristloses Sonderkündigungsrecht zu (§ 41 Abs. 3 S.2 EnWG). Viele Energieversorger halten sich an das Gesetz und weisen die Kunden bei der Preiserhöhung korrekt auf ihr Kündigungsrecht hin. Nicht so zum Beispiel die Unternehmen Stromio GmbH sowie R(h)einpower, eine Marke der Stadtwerke Duisburg AG. Über derartiges Geschäftsgebaren der Unternehmen liegen der Verbraucherzentrale bereits Beschwerden vor. Die Verbraucherschützer vermuten, dass sich andere Stromversorger ähnlich abweisend verhalten und bitten Betroffene, solche Anbieter zu melden.
Hervorh. durch Wolfgang_AW



Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang_AW

„Es hat sich bewährt, an das Gute im Menschen zu glauben, aber sich auf das Schlechte zu verlassen.“

(Alfred Polgar)

Offline bolli

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 2.396
  • Karma: +23/-11
Re: Sonderkündigungsrecht bei Erhöhung gesetzlicher Abgaben
« Antwort #16 am: 20. Februar 2013, 13:22:24 »
Tja, wie im richtigen Leben hat auch diese Medaillie zwei Seiten. Recht haben und Recht bekommen ist nicht immer dasselbe. Deshalb sollte man sich ruhig mal DIESEN Artikel des BdEV zu Gemüte führen, insbesondere das Fazit. Mit entscheidend für den Ausgang eines gerichtlichen Verfahrens dürfte meiner Ansicht nach sein, ob tatsächlich NUR die Erhöhungen der einzelnen Umlagen weitergegeben wurden oder ob der Versorger direkt noch ein wenig mehr für sich drauf gepackt hat. In letzterem Fall dürfte die Geschichte nämlich eindeutig sein, sprich es ist offensichtlich eine Erhöhung SEINER Preise und nicht der "durchlaufenden Positionen". Und die überwigende Mehrheit der Versorger erhöht eindeutig höher als die Umlagen erhöht werden/wurden.

Man muss also tatsächlich genauer schauen und abwägen.

Übrigens, das Verbraucherzentralen eine ähnlich zentrierte Sicht haben wie die Versorger selbst (eben nur von der anderen Seite) verwundert nun auch nicht wirklich.  ;)

Offline khh

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 2.679
  • Karma: +15/-20
  • Geschlecht: Männlich
Re: Sonderkündigungsrecht bei Erhöhung gesetzlicher Abgaben
« Antwort #17 am: 20. Februar 2013, 14:27:50 »
Nur steht diese "zentrierte Sicht" im Einklang mit den Verbraucherschutzbestimmungen der übergeordneten EU-Binnenmarktrichtlinien.  ;)
Aussagen zu Rechtsfragen sind als persönliche Einschätzung/Meinung zu verstehen.
Rechtliche Beratung ist allein gesetzlich befugten Personen/Institutionen vorbehalten.

Offline bolli

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 2.396
  • Karma: +23/-11
Re: Sonderkündigungsrecht bei Erhöhung gesetzlicher Abgaben
« Antwort #18 am: 21. Februar 2013, 13:16:36 »
Nur steht diese "zentrierte Sicht" im Einklang mit den Verbraucherschutzbestimmungen der übergeordneten EU-Binnenmarktrichtlinien.  ;)
Haben Sie diesbezüglich schon ein Urteil (BGH oder EU), welches dieses so bestätigt ? Wie wir ja in anderen Verfahren gelernt haben, ist die Behauptung eines Verstoßes oder eben eine Übereinstimmung das eine und der Nachweis dafür eine andere.  ;)

Offline khh

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 2.679
  • Karma: +15/-20
  • Geschlecht: Männlich
Re: Sonderkündigungsrecht bei Erhöhung gesetzlicher Abgaben
« Antwort #19 am: 21. Februar 2013, 16:01:37 »
Nur steht diese "zentrierte Sicht" im Einklang mit den Verbraucherschutzbestimmungen der übergeordneten EU-Binnenmarktrichtlinien.  ;)
Haben Sie diesbezüglich schon ein Urteil (BGH oder EU), welches dieses so bestätigt ? Wie wir ja in anderen Verfahren gelernt haben, ist die Behauptung eines Verstoßes oder eben eine Übereinstimmung das eine und der Nachweis dafür eine andere.  ;)

Wie Sie möglicherweise viel besser wissen, gibt es diesbzgl. wohl noch keine Urteile des BGH oder EuGH. Aber wir haben die Binnenmarktrichtlinien der EU, § 41 (3) EnWG (explizit für Sonderverträge), das Urteil des OLG Düsseldorf v. 13.06.12 (für die Grundversorgung), die Einschätzung der Schlichtungsstelle Energie e.V. v. 16.05.12. (Ombudsmann ein BGH-Richter a.D.) und die Einschätzung der Verbraucherzentrale/n. Damit haben wir doch wesentlich mehr (Rechts)sicherheit als z.B. zu Beginn des Preiswiderstandes. Insofern kann ich auch das erneute „Herumgeeiere“ besonders des BdEV eher nicht nachvollziehen!

Und selbst bzgl. der jetzt von einer Reihe der Versorger gestrickten „Weiterreichung“ von Umlagen etc. steht doch wohl nirgendwo, dass hier die Verbraucherschutzbestimmungen (Pflichten der VU und die Rechte der Haushaltskunden) nicht gelten. Vielmehr ist in den einschlägigen Urteilen des BGB vorgegeben, dass bei einer einseitigen Preisänderung die Entwicklung aller Preiskomponenten zu berücksichtigen ist.

Wenn wir uns gegen diese neuen „Machenschaften“ der Versorger nicht sofort wehren - mindestens Widerspruch einlegen und die Schlichtungsstelle einschalten - und als Trittbrettfahrer immer erst auf höchstrichterliche Urteile warten wollen, dann macht ein Großteil der Branche doch immer so weiter. Wobei auch selbstverständlich ist, dass jeder Verbraucher für sich selbst entscheiden muss.
« Letzte Änderung: 21. Februar 2013, 16:14:45 von khh »
Aussagen zu Rechtsfragen sind als persönliche Einschätzung/Meinung zu verstehen.
Rechtliche Beratung ist allein gesetzlich befugten Personen/Institutionen vorbehalten.

Offline Didakt

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.644
  • Karma: +16/-19
  • Geschlecht: Männlich
Re: Sonderkündigungsrecht bei Erhöhung gesetzlicher Abgaben
« Antwort #20 am: 21. Februar 2013, 17:21:10 »
Diese Thematik wurde doch vorstehend und auch an anderer Stelle des Forums schon in größtmöglicher Ergiebigkeit ausdiskutiert. Soll die Erörterung nun hier in mehr oder weniger abstrakter/akademischer Art und Weise fortgesetzt werden? Ist m. E. eigentlich nicht mehr zielführend! Der folgende Schlusssatz von @ khh kann treffender nicht sein:

„Wobei auch selbstverständlich ist, dass jeder Verbraucher (sein Vorgehen) für sich selbst entscheiden muss.“

Anm.: Klammerangabe von mir hinzugefügt.

Offline bolli

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 2.396
  • Karma: +23/-11
Re: Sonderkündigungsrecht bei Erhöhung gesetzlicher Abgaben
« Antwort #21 am: 21. Februar 2013, 17:40:37 »
Da 99% der Preiserhöhungen, wie schon erwähnt, wohl neben dem "Umlagenanteil" auch einen darüber hinaus gehenden Anteil "für den Versorger" enthalten, handelt es sich an dieser Stelle wohl tatsächlich eher um ein "akademisches Problem" und wir sollten es mal gut sein lassen.  8)

Offline DieAdmin

  • Administrator
  • Forenmitglied
  • *****
  • Beiträge: 3.137
  • Karma: +9/-4
  • Geschlecht: Weiblich
Re: Sonderkündigungsrecht bei Erhöhung gesetzlicher Abgaben
« Antwort #22 am: 29. Mai 2013, 13:13:08 »
Passend zu Thema grad entdeckt im Tätigkeitsbericht 2012 der Schlichtungsstelle Energie auf Seite 8 (PDF-Seitenzählung, nicht der Papierausdruck-Zählung):

Zitat
....
 Zudem geht die Schlichtungsstelle davon aus, dass es sich bei der Weitergabe der Erhöhung der EEG-Umlage ebenfalls um eine Preiserhöhung handelt, die ein Sonderkündigungsrecht des Kunden auslöst.
...

http://www.schlichtungsstelle-energie.de/fileadmin/images_webseite/pdf/Taetigkeitsbericht_der_Schlichtungsstelle_Energie__1_.pdf

Offline khh

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 2.679
  • Karma: +15/-20
  • Geschlecht: Männlich
Dafür, dass es sich bei der Weitergabe der Erhöhungen von staatlich gesetzten oder regulierten Umlagen und Abgaben bzw. Entgelte ebenfalls um Preiserhöhungen handelt, die ein Sonderkündigungsrecht des Kunden auslösen, könnte womöglich auch die im neuen § 5a Abs. 2 StromGVV festgelegte Bestimmung "... die Pflichten des Grundversorgers nach § 5 Abs. 2 und die Rechte des Kunden nach § 5 Abs. 3 bleiben unberührt" sprechen (wobei ich offenlassen möchte, ob diesbzgl. von einer "Leitbildfunktion" für Sonderverträge auszugehen ist).
Aussagen zu Rechtsfragen sind als persönliche Einschätzung/Meinung zu verstehen.
Rechtliche Beratung ist allein gesetzlich befugten Personen/Institutionen vorbehalten.

Offline berghaus

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 706
  • Karma: +5/-4
  • Geschlecht: Männlich
Sonderkündigungsrecht bei Senkung gesetzlicher Abgaben
« Antwort #24 am: 05. März 2015, 13:16:51 »
Besteht  ein Sonderkündigungsrecht auch dann, wenn der Arbeitspreis bei eingeschränkter Preisgarantie gesenkt wird?

Das ist für den Kunden z.B. dann interessant, wenn er nicht rechtzeitig gekündigt hat und nun ohne Bonus und zu relativ hohen Preisen in ein zweites volles Lieferjahr rutscht.

In dem vorliegenden Fall (Strom) wurde dies vom Versorger (Vattenfall) nicht mitgeteilt, sondern vom Kunden erst mit dem Erhalt der Jahresrechnung bemerkt.

Die AGB sagen dazu, dass sich die Preisgarantie nicht auf die Änderungen der staatlichen Umlagen (EEG usw.) bezieht und dass diese Änderungen ohne Ankündigung wirksam werden.

Ziffer 8.5 der AGB räumt ein Sonderkündigungsrecht ein, wenn sich  "der Verbrauchspreis und oder/oder Grundpreis ändern". M.E. wird da, bzw. aus dem Gesamtzusammenhang der AGB nicht ganz klar, ob die staatlichen Umlagen da mit einbegriffen sind.

Wie setzt sich eine Senkung des Strompreises um 0,19 Ct/kWh am Jahresanfang 2015 zusammen?

berghaus 05.03.15

Offline Didakt

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.644
  • Karma: +16/-19
  • Geschlecht: Männlich
Re: Sonderkündigungsrecht bei Erhöhung gesetzlicher Abgaben
« Antwort #25 am: 05. März 2015, 16:57:17 »
Zitat von: @ berghaus
Die AGB sagen dazu, dass [...] die Änderungen der staatlichen Umlagen (EEG usw.) [...] ohne Ankündigung wirksam werden..
...
Ziffer 8.5 der AGB räumt ein Sonderkündigungsrecht ein, wenn sich  "der Verbrauchspreis und oder/oder Grundpreis ändern". M.E. wird da, bzw. aus dem Gesamtzusammenhang der AGB nicht ganz klar, ob die staatlichen Umlagen da mit einbegriffen sind.

Eine solche Klausel dürfte den Bestimmungen gemäß § 307 (1) und (2) BGB nicht gerecht werden. Es bleibt Ihnen überlassen, dagegen vorzugehen.

Bitte bedienen Sie sich der Suchfunktion. An dieser Thematik hat sich vor allem @ khh zur Genüge aufklärend abgearbeitet. :)

Offline khh

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 2.679
  • Karma: +15/-20
  • Geschlecht: Männlich
@Didakt, ich hab es zumindest nochmals versucht.  ;)

[...]
Wie setzt sich eine Senkung des Strompreises um 0,19 Ct/kWh am Jahresanfang 2015 zusammen?

@Berghaus, siehe z.B. hier http://www.energieverbraucher.de/de/Preise__378/NewsDetail__15255/ ;

Insgesamt ist das per Saldo die genannte Senkung - 0,153 Ct/kWh netto  =  ~ - 0,182 Ct/kWh brutto !


Nachtrag:
Im Übrigen sind das keine "staatlichen Umlagen (EEG usw.)" sondern "staatlich gesetzte oder regulierte Belastungen" (siehe Titel des neuen § 5a StromGVV), was  - im Gegensatz zu der Stromsteuer und der Umsatzsteuer, welche vom Staat vereinnahmt werden -  ein wesentlicher Unterschied ist, von manchen Stromversorgern aber bzgl. der "Weiterreichungs"-Möglichkeit besonders im Zusammenhang mit sogen. eingeschränkten Preisgarantien fälschlicherweise gleichgesetzt wird (siehe z.B. Thread "Energiebezug »
Strom (Allgemein) » EEG-Umlage"). 
« Letzte Änderung: 06. März 2015, 09:42:54 von khh »
Aussagen zu Rechtsfragen sind als persönliche Einschätzung/Meinung zu verstehen.
Rechtliche Beratung ist allein gesetzlich befugten Personen/Institutionen vorbehalten.

Offline uwes

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 677
  • Karma: +7/-2
Re: Sonderkündigungsrecht bei Senkung gesetzlicher Abgaben
« Antwort #27 am: 06. März 2015, 10:56:45 »
Besteht  ein Sonderkündigungsrecht auch dann, wenn der Arbeitspreis bei eingeschränkter Preisgarantie gesenkt wird?

Diese Frage kann für den Verbraucher mit dem Gesetzestext (§ 41 Abs. 3 Satz 2 ENWGbeantwortet werden. Dort heißt es:
Zitat
Ändert der Lieferant die Vertragsbedingungen einseitig, kann der Letztverbraucher den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen.

Zusatz: Kommen auf den Lieferanten Umlagen oder dergleichen zu, oder fallen sie weg, dann bewirkt dies zunächst keine Änderung der Vertragsbedingungen. Erst dann, wenn das Unternehmen die Konditionen einseitig anpassen möchte, greift § 41 ENWG.
Mit freundlichen Grüßen

Uwes
____________________________________________________
Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten

Offline bolli

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 2.396
  • Karma: +23/-11
Re: Sonderkündigungsrecht bei Erhöhung gesetzlicher Abgaben
« Antwort #28 am: 09. März 2015, 08:50:37 »
Vielleicht noch eine Erläuterung zum Verständnis:

Eine Preisanpassung durch Preissenkung kann ja durchaus auch zu gering ausfallen und daher für den Verbraucher aus diesem Grunde nicht akzeptabel sein. Insofern muss das Sonderkündigungsrecht auch auf Preisänderungen in Form von Preissenkungen anwendbar sein.

Offline khh

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 2.679
  • Karma: +15/-20
  • Geschlecht: Männlich
Re: Sonderkündigungsrecht bei Erhöhung gesetzlicher Abgaben
« Antwort #29 am: 20. März 2015, 14:02:35 »
Aber ich glaube, du hast nicht ganz Recht. :-\

Was der Rechtsanwalt in Antwort #2 ja bereits ausgeführt hat !  ::)
Aussagen zu Rechtsfragen sind als persönliche Einschätzung/Meinung zu verstehen.
Rechtliche Beratung ist allein gesetzlich befugten Personen/Institutionen vorbehalten.

 

Bund der Energieverbraucher e.V. | Impressum & Datenschutz