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Autor Thema: OLG Oldenburg, B. v. 14.12.10 Az. 12 U 49/07 EuGH- Vorlage wegen BGH- Auslegung zur Transparenz  (Gelesen 5103 mal)

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Offline RR-E-ft

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OLG Oldenburg, B. v. 14.12.10 Az. 12 U 49/07 EuGH- Vorlage wegen Auslegung des BGH zur Transparenz in Gassonderverträgen (EWE)

Das OLG Oldenburg macht deutlich, dass es die entsprechende Auslegung des BGH in der Entscheidung vom 14.07.10 VIII ZR 246/08 weder mit nationalem noch mit europäischem Recht vereinbar ansieht und hat die Rechtsfrage mit Bezug auf europäisches Recht deshalb nunmehr dem EuGH in Luxemburg vorgelegt.

Fraglich ist zunächst, ob der EuGH für die Auslegung europarechtlicher Bestimmungen durch die nationalen Gerichte zuständig ist.

Die Besonderheit liegt darin, dass die Revisionserwiderung zum BGH bereits den möglichen Verstoß gegen europäische Normen thematisiert hatte, der BGH in seiner Entscheidung darauf mit keiner Silbe einging und deshalb auch der grundgesetzlich geschützte und im nationalen Verfahrensrecht verbürgte Anspruch auf rechtliches Gehör, möglicherweise auch der auf den gesetzlichen Richter, verletzt sein könnte.

Es ist kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, dass sich der BGH in seiner Entscheidung nicht auch mit diesen  zur Entscheiung gestellten Rechtsfragen befasste, sie nicht einmal in Erwägung zug, sich statt dessen in seine - auch im Schrifttum heftiger Kritik unterliegenden - verfassungsrechtlich bedenklichen-  obiter- dicta- Rechtsprechung zur Transparenz von Preisänderungsklauseln in Sonderverträgen  \"verschanzte\".

Interessant erscheint der vom OLG Oldenburg weiter betrachtete Aspekt, wonach unklare Regelungen schon jedenfalls aufgrund  ihrer Unklarheit gem. § 305 BGB nicht wirksam einbezogen sein könnten, wodurch sich die Frage der Inhalts- und Transparenzkontrolle gem. § 307 BGB erübrigen könnte, da diese nur wirksam einbezogenes Klauselwerk betrifft.

Dies betrifft aber die Frage der Auslegung nationalen Rechts.

Zutreffend stellt der Senat heraus, dass die gesetzlichen Regelungen insoweit nur die Verpflichtungen des Versorgers enthalten.

Vom Recht zur Pflicht - die als Recht missverstandene Doppelverpflichtung

Offline uwes

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Es gibt offenbar auch beim EuGH Bestrebungen, divergierende Entscheidungen richtig zu stellen:

Siehe hier die Leitsätze:
Zitat
EuGH: Kompetenzen des EuGH bei der Auslegung der Klauselrichtlinie und die Pflicht der nationalen Gerichte zur Amtsermittlung

Richtlinie 93/13/EWG Art. 3 I, II, III, 6 I, 7 I, II; AEUV Art. 267; EuGH-Satzung Art. 23 I    

1. Art. 23 I der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union steht nicht einer Bestimmung des nationalen Rechts entgegen, die vorsieht, dass der Richter gleichzeitig mit seinem Ersuchen um Vorabentscheidung von Amts wegen den Justizminister seines Mitgliedstaats über dieses informiert.    

2. Art. 267 AEUV ist dahin auszulegen, dass sich die Zuständigkeit des Gerichtshofs der Europäischen Union auf die Auslegung des Begriffs „missbräuchliche Vertragsklausel“ in Art. 3 I und im Anhang der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5.4.1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen sowie auf die Kriterien erstreckt, die das nationale Gericht bei der Prüfung einer Vertragsklausel im Hinblick auf die Bestimmungen der Richtlinie anwenden darf oder muss, wobei es Sache dieses Gerichts ist, unter Berücksichtigung dieser Kriterien über die konkrete Bewertung einer bestimmten Vertragsklausel anhand der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden.    

3. Das nationale Gericht ist verpflichtet, von Amts wegen Untersuchungsmaßnahmen durchzuführen, um festzustellen, ob eine Klausel über einen ausschließlichen Gerichtsstand in einem Vertrag, der Gegenstand des bei ihm anhängigen Rechtsstreits ist und zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher geschlossen wurde, in den Anwendungsbereich der Richtlinie 93/13/EWG fällt, und, falls dies zu bejahen ist, von Amts wegen zu beurteilen, ob eine solche Klausel möglicherweise missbräuchlich ist.  

EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-137/08, BeckRS 2010, 91296 – „VB Pénzügyi Lízing Zrt./Ferenc Schneider“

Der Verfasser der Anmerkung bei Beck-Online Dr. Pfeiffer sagt:
Zitat
Für das Zusammenwirken zwischen EuGH und nationalen Gerichten hat sich damit als Leitlinie herausgebildet, dass dem EuGH die Definition abstrakter Missbräuchlichkeitsmerkmale obliegt und entsprechende Vorlagefragen, namentlich mit Bezug auf die Klauselliste des Anhangs, zulässig sind. Dies wird man als Leitlinie etwa auch auf das Transparenzgebot des Art. 5 der Richtlinie erstrecken können.

Interessant ist, dass das OLG Oldenburg diese Entscheidung - ohne sie schon zu bennenen, bereits gekannt hat. Denn es wird ja nicht danach gefragt, ob eine Klausel unwirksam ist, sondern ob die vertragliche Einbeziehung einer Gesetzesnorm auch die Unanwendbarkeit der RiLi 93/13 nach sich zieht. Das ist eine Begiffsproblematik.

Auf die Berichterstattung in Beckonline kann auch hier verwiesen werden.
Mit freundlichen Grüßen

Uwes
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Offline tangocharly

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Hier die Entscheidung des EuGH vom 09.11.2010
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

 

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