@tangocharly
Auch in der BGH Entscheidung
\"Netznutzungsentgelte IV\" geht es tatsächlich wieder um Netznutzungsentgelte.
Bei diesen findet eine
Gesamtpreiskontrolle statt, was sich aus den Entscheidungen Netznutzungsenteglte I, II und III deutlich ergibt.
Vielleicht ist es hilfreich, zunächst noch einmal den
Eröffnungsbeitrag zu lesen.
Wenn es um die Billigkeitskontrolle
einseitiger Preisänderungen geht, bei denen der einkalkulierte Gewinnanteil am konkreten Vertragspreis nicht erhöht werden darf (BGH VIII ZR 138/07 Rn. 25), kommt man mit Preisvergleichen und Zu- und Abschlägen nicht weiter, weil solche Vergleiche ja nichts über die maßgebliche Kostenenentwicklung bei den preisbildenden Kostenfaktoren des konkreten Preissockels des konkreten Lieferanten besagen (BGH VIII ZR 225/07 Rn. 26, VIII ZR 138/07 Rn. 39).
Versorger sind bei rückläufigen Kosten
zur einsetigen Preisänderung zugunsten der Kunden nach gleichen Maßstäben
verpflichtet, also auch zur
Preissenkung. Eine solche darf insbesondere nicht verzögert werden (BGH VIII ZR 81/08 Rn. 18].
Eine gerichtliche Ersatzbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB kommt insbesondere auch dann in Betracht, wenn eine dem Kunden günstige Preisänderung, zu welcher der Versorger demnach
verpflichtet ist,
verzögert oder unterlassen wurde.
Und selbstverständlich wirkt sich die gesetzliche Verpflichtung aus §§ 1, 2 EnWG auch auf die Billigkeitskontrolle einseitiger Strom- und Gaspreisänderungen aus (BGH VIII ZR 138/07 Rn. 43).
Wer beliebige Bezugskostensteigerungen akzeptiert, kann diese auch bei bestehendem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht nicht auf die Kunden weiterwälzen, muss folglich eine entsprechende Gewinnschmälerung hinnehmen (BGH VIII ZR 138/07 Rn. 43).
Dafür bedarf es jedoch besonderen Vortrages im Prozess, indem man zB. geltend macht, dass die einseitige Preisfestsetzung gegen die gesetzliche Verpflichtung des Energieversorgungsunternehmens aus §§ 1, 2 EnWG verstößt. Auch muss man sich mit der Preisentwicklung auf der vorgelagerten Großhandelsebene auseinandersetzen, um herauszuarbeiten, ob die behaupteten Bezugskostensteigerungen überhaupt für die Anpassung an die Marktverhältnisse auf der Vorlieferantenebene erforderlich und angemessen waren.
Letzteres steht bekanntlich zu bezweifeln, wenn sich etwa die Erdgasimportpreise und damit der Wert der Ware Erdgas an der deutschen Grenze laut amtlicher Feststellung im Monitoringebericht Strom und Gas 2007 der BNetzA auf S. 155 f. von 2003 auf 2006 aufgrund der Ölpreisbindung laut BAFA um
0,91 Ct/ kWh erhöht haben, die Gasversorger jedoch beim Vorlieferanten einen Bezugskostenanstieg in selber Zeit um
1,82 Ct/ kWh behaupten.
In all den bisher vom BGH entschiedenen Fällen soll es gerade an solchem Vortrag gefehlt haben (BGH VIII ZR 138/07 Rn. 44). Eine bestimmte Ölpreisbindung darf eben das Gas im Inland nicht stärker verteuern als den Wert der Ware Erdgas an der deutschen Grenze aufgrund der Ölpreisbindung.
Dies ergibt sich wohl auch aus der Entscheidung des BGH zur Unzulässigkeit von HEL- Klauseln. Ein
Marktpreis für Ergas - egal auf welcher Marktstufe - lässt sich nun einmal nicht durch eine automatische HEL- Klausel prognostizieren (BGH VIII ZR 178/08 Rn. 31).
Wer eine Marktspreisentwicklung anhand einer mathematischen Formel antezipieren könnte, der wäre wohl auch in der Lage, die Lottozahlen ebenso im Voraus zu berechnen und könnte über einen Nobelpreis nur müde lächeln.
Das zeigt sich gerade überdeutlich an den Börsenpreisen für Erdgas etwa an der Leipziger EEX, die derzeit deutlich geprägt sind durch ein als \"Gasschwemme\" bezeichnetes Überangebot auf dem Gasmarkt, welches bisher insbesondere in keinem Zusammenhang steht mit der Nachfrage nach und der Preisentwicklung von Heizöl.
E.ON Ruhrgas: anhaltender Preisverfall bei ErdgasDie Überversorgung auf dem europäischen Gasmarkt wird nach Einschätzung der größten deutschen Ferngasgesellschaft E.on Ruhrgas noch länger anhalten. Dies könne noch drei bis fünf Jahre der Fall sein, sagte der neue Firmenchef Klaus Schäfer während einer Messe im norwegischen Stavanger. \"Der Kontinent erlebt ein massives Überangebot an Erdgas und Preisverfall an den Spotmärkten.\" Ursache hierfür sei der geringere Verbrauch in Folge der Wirtschaftskrise und Verschiebungen auf den weltweiten Erdgasmärkten. Wegen des Überangebots und der gesunkenen Nachfrage müssten die Lieferverträge angepasst werden, sagte Schäfer (laut bzw. leise dpa)
Fraglich, welcher E.ON Ruhrgas- Kunde nun schon mit welchem Erfolg deshalb eine Anpassung seines Liefervertrages verlangt hat, nachdem E.ON Ruhrgas selbst bemerkenswerter Weise eine entsprechende Notwendigkeit sieht. Immerhin soll E.ON Ruhrgas nach wie vor 50 Prozent des Gasabsatzes in Deutschland verantworten.
Möglicherweise lügen sich einige Gasversorger deshalb weiter in die Tasche, bis sie aus dem Markt gedrängt werden.Gäbe es einen
einheitlichen Wärmemarkt, so müssten wohl die historisch niedrigen Börsenpreise für Erdgas die Heizölnotierungen und auch die Fernwärmepreise in den Keller ziehen. Machen sie aber nicht. Warum auch sollte die \"Gasschwemme\" den Heizöl- Lieferanten oder den Fernwärme- Monopolisten oder den Heizstrom- Anbieter überhaupt interessieren? Ebenso steht zu bezweifeln, dass sich die Bezinpreise an der Tankstelle bei zunehmender Elektromobilität nach den Stromerzeugungskosten in abgeschriebenen deutschen oder französischen Atommeilern richten werden.
Dass dieser entscheidende Vortrag bisher in betreffenden Verfahren fehlte, kann man wohl schlecht den Gasversorgern anlasten, dem VIII.Zivilsenat des BGH übrigends auch nicht.