Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Befangener Gutachter und/oder befangenes Gericht?  (Gelesen 47950 mal)

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Offline Stubafü

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Befangener Gutachter und/oder befangenes Gericht?
« am: 07. November 2009, 22:55:54 »
Hallo Kameraden von der Gaspreisprotest_Front

Ich bin der Pfalzgas-Fall vor dem LG Frankenthal (2. HKO) wegen dem ca. 20 weitere, dort rechtshängige Verfahren bis zum Vorliegen eines Wiprüf-Gutachtens (in meiner Sache) ausgesetzt sind.
Habe da ein aktuelles Problem mit der widerborstigen Handelsrichterin, die mich partout zum Tarifkunden machen will, obgleich ich es nach Aktenlage und aktuell dazu ergangener höchstrichterlicher Rechtsprechnung (VIII ZR 320/07) evidenterweise nicht bin.
Herr Ball vom VIII. Zivilsenat lässt es hinsichtlich des Sonderkundenstatus mittlerweile schon genügen :
\"Die Kläger sind Sondervertragskunden, die zu einem gegenüber dem Grundversorgungstarif des Unternehmens günstigeren Tarif für die Vollversorgung von Haushaltskunden beliefert werden\"
(VIII ZR 320/07).
Genauso liegt der Fall bei mir und dennoch hat die Handelskammer des LG Frankenthal per Zwei-Zeiler beschlossen, ein \"Billigkeits-Gutachten\" von einer grossen Wiprüf-Kanzlei für sage und schreibe vorläufigen Gutachterkosten i.H.v. 10.000,--€ bei ca. 1.600 € Streitwert einzuholen.

Ein dezidiertes Gutachten trotz Vorliegens eines Sondervertragsstatus auf hilfsweisen Billigkeitseinwand des Beklagten einzuholen, verteufelt die höchstrichterliche Rechtsprechung ja nicht.  :evil:

Was aber sagt diese dazu, wenn der vom Landgericht Frankenthal bestellte Gutachter mit Wissen des Gerichts gleichzeitig Geschäftsführer eines um die Ecke sesshaften regionalen Gasversorgers seit ca. 3 Jahren ist und dieser regionale Gasversorger mit der Pfalzgas GmbH in geschäftlichen Beziehungen steht??

Das LG Frankenthal (\"Mainz wie es singt und lacht\", Originalaussage mehrerer dort zugelassener Anwälte) meint das wäre alles OK!  :D

Jetzt meine Diskussionsfrage:

Reichen die vg. Anhaltspunkte für einen \"offiziellen Befangenheitsantrag\"
gegen den \"Gutachter\" oder gar gegen das Gericht selbst ?

Mir ist zwar bekannt, dass die Hürden für einen Befangenheitsantrag im Zivilrecht schier unüberwindlich sind und ich bin mit meinem Anwalt unisono der Auffassung, dass wir uns z.Z. hinsichtlich eines zu stellenden Befangenheitsantrages auf \"sehr dünnem Eis\" bewegen, aber vielleich gibt es doch die eine oder andere sinnvolle Anregung eines erfahrernen Forenmitgliedes wie der vertrackten Situation hier in meinem Falle sinnvoll beizukommen ist.

Gruss aus der Pfalz
Stubafü

Offline Zeus

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Befangener Gutachter und/oder befangenes Gericht?
« Antwort #1 am: 08. November 2009, 10:07:54 »
@Stübafü

Schwer verständlich was Sie hier schreiben.
Die vom Gericht \"grosse Wiprüf-Kanzlei\" ist zugleich Geschäftsführer eines regionalen Versorgers ?
Haben Sie einen Anwalt, der nicht in der Lage ist zu entscheiden ob die gegebenen Anhaltspunkte ausreichen oder nicht um einen Befangenheitsantrag zu stellen oder nicht, und gegen wen der Befangenheitsantrag zu stellen wäre ?
Sorry. Aber in so einem Fall gäbe es für mich nur eine Entscheidung, meinem jetzigen Anwalt den Laufpass zu geben, und mich nach einem kompetenteren umzusehen.

Offline Stubafü

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Befangener Gutachter und/oder befangenes Gericht?
« Antwort #2 am: 08. November 2009, 11:34:37 »
@Zeus

Ich denke schon , dass ich mich klar ausgedrückt habe, wenn ich schreibe, dass der vom Gericht beauftragte Gutachter der Rölfs AG gleichzeitig GF
eines hier sesshaften regionalen Gasanbieters ist. Ein Befangenheits-antrag wäre apriori gegen den Gutachter zu stellen, dazu muss aber \"Butter bei die Fische\", also mindestens die Glaubhaftmachung, dass der Gutachter nicht die notwendige Unabhängigkeit hat, um in seiner Eigenschaft als GF des konkurierenden Gasversorgers ein objektives
Gutachten in dem Rechtstreit mit der Pfalzgas GmbH zu fertigen.

Oder glauben Sie ernsthaft daran, dass die Pfalzgas AG dem GF eines
Konkurrenzunternehmens sämtliche Geschäftsvorgänge zur Erstellung eines dezidierten Gutachtens zugänglich macht, welches womöglich auch
noch zu einem negativen Prozessausgang für die Pfalzgas AG führt?

Und wenn der Gutachter und GF des besagten regionalen Konkurrenz-versorgers in geschäftlichen Verbindungen mit der Pfalzgas GmbH steht,
wovon ausgegangen werden kann, wenn er hiesige Verbraucher über das Netz der Pfalzgas AG mit Gas beliefert und diese Netzkosten mit ihr
abrechnet, reicht dann dieser Interessenkonflikt -unterstellt ich könnte ihn beweisen wie z.Z. nicht- um einen erfolgreichen Befangenheitsantrag zu stellen. Aktuell habe ich nur Unterlagen, dass der gerichtlich bestellte
Gutachter seit 3 Jahren GF eine Konkurrenzversorgers der Pfalzgas AG ist.

Meine Bedenken hinsichtlich der gerichtlichen Unabhängigkeit sind doch klar umrissen: Warum will das Gericht mich unbedingt zum Tarifkunden machen, obgleich ich es aktenkundig offensichtlich nicht bin? warum hält es an einem \"Gutachter\" fest, obgleich es weiss, dass dieser gleichzeitig GF eines regionalen Konkurrenzversorgers ist und warum besteht es zur Klärung des Sachverhaltes, der eigentlich aktenkundig geklärt ist (für einen Sonderkunden geht es a priori nicht um den Billigkeitsaufwand, sondern um die Preisanpassungsklausel) auf die Erstellung eines sündhaft teuren
Gutachtens (untere Grenze 10.000,-- €), das in keiner prozessökono-mischen Realität zum Streitwert i.H.v. 1.600,-- € steht??

All diese Bedenken und Fakten reichen aber nach ständiger Recht-sprechung nicht, um in einem zivilrechtlichen Befangenheitsantrags- verfahren reüssieren zu können, so das Ergebnis meiner Recherche und der hieraus sich abzeichnenden Meinung. Mit einem Anwaltswechsel, so er denn was bringen würde, löse ich das Problem meiner unmaßgeblichen Meinung nicht.
Was meint den der Verbraucher-Guru Herr Fricke dazu?? Hat er da schon in dieser Richtung was gepostet??

Offline reblaus

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Befangener Gutachter und/oder befangenes Gericht?
« Antwort #3 am: 08. November 2009, 12:57:47 »
@Stubafü
In Az. VIII ZR 320/07 behandelt der BGH einen Sachverhalt in dem schriftliche Verträge mit schriftlichen Preisanpassungsklauseln abgeschlossen wurden. Diese Preisanpassungsklauseln genügen den höchstrichterlichen Anforderungen nicht. Die Frage, ob ein Sondervertrag bereits dann vorliegt, wenn der Verbraucher zu einem günstigeren als dem Kleinkundentarif beliefert wird, spielt in diesem Fall somit gar keine Rolle und wurde vom BGH auch nicht entschieden. Die Urteilsbegründung ist allerdings noch nicht veröffentlicht. Es liegt lediglich eine Pressemitteilung vor.

Entgegen Ihrer Ansicht gibt es zahlreiche schwerwiegende Argumente diese Rechtsfrage so zu sehen, wie das LG Frankenthales tut. Ein Gericht ist jedoch nicht schon dann befangen, wenn es eine für den eigenen Fall ungünstige Rechtsauffassung einnimmt.

Wenn der Gutachter Geschäftsführer einer Konkurrentin der Gegenseite ist, würde das möglicherweise diese berechtigen, einen Befangenheitsantrag zu stellen. In Ihrem Falle wäre an eine Befangenheit zu denken, wenn auch das vom Gutachter geführte Unternehmen von Preisprotesten betroffen wäre, und daraus ein Interesse abgeleitet werden könnte, dieses Verfahren in eine für die Verbraucher ungünstige Richtung zu lenken.

Ansonsten ist Ihnen zu empfehlen, sich umgehend die Jahresabschlüsse Ihres Versorgers zu besorgen. Diese sind ab 2006 im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht. Davor wurden sie beim örtlich zuständigen Handelsregister hinterlegt. Dort können Kopien angefordert werden. Weiterhin sollte Ihr Anwalt darauf dringen, dass der Gutachter seine Untersuchungen auf die Sparten-Gewinn-und-Verlustrechnungen ausweitet, und nachprüft, ob die behaupteten nominalen Preissteigerungen auch zu tatsächlichen Kostensteigerungen in gleicher Höhe geführt haben. Dies wäre dann nicht der Fall, wenn zwischen Lieferanten und Versorger prozentuale Mengenrabatte, Boni, Marketingzuschüsse etc. vereinbart worden wären. Solche prozentualen Nachlässe vermindern auch die nominale Preiserhöhung. Es wäre auch nicht der Fall, wenn die behaupteten Preissteigerungen nur für sog. Kommunalgas und nicht für Industriegas zur Abgabe an Industrie, Stromerzeuger etc. vereinbart worden wären. In diesen Bereichen wurde in der Vergangenheit klamm heimlich von der Ölpreisbindung Abstand genommen.

Ihr Anwalt sollte auch bestreiten, dass der Liefervertrag zwischen Ihrem Versorger und seinem Vorlieferanten überhaupt wirksam vereinbart wurde. 90% des in Deutschland an Regionalgasunternehmen gelieferten Gases, wurde bis 2007 mit kartellrechtswidrigen Bezugsverträgen geliefert. Dies hat zur Folge, dass diese Verträge nichtig sind, und eine Preiserhöhung überhaupt nie erfolgte.

In einem solchen Falle wären die behaupteten Preiserhöhungen überhaupt nie erfolgt.

Soweit Ihr Versorger seine Preise über das gestattete Maß hinaus erhöht hat, oder sich an diesen Kartellstrukturen im Gasmarkt in der Vergangenheit beteiligt hat, können Sie auch in der Billigkeitsprüfung Erfolg haben. Sie benötigen dafür aber jemanden mit erheblichem wirtschaftlichen Sachverstand, der die ganzen Zahlen für Sie untersucht und vor Gericht sachkundig vorträgt.

Sollten insbesondere die eigenen Berechnungen aus den GuV keine Abweichungen zu den Behauptungen Ihres Versorgers ergeben, und die Bezugsverträge der Pfalzgas keine kartellrechtliche Beanstandung ergeben, wäre zu überlegen, ob Sie den Anspruch nicht doch anerkennen. In diesem Falle würden Ihre Aussichten den Fall zu gewinnen nämlich gegen null tendieren.

Offline Stubafü

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Befangener Gutachter und/oder befangenes Gericht?
« Antwort #4 am: 08. November 2009, 21:40:44 »
@reblaus

In Az. VIII ZR 320/07 behandelt der BGH einen Sachverhalt in dem schriftliche Verträge mit schriftlichen Preisanpassungsklauseln abgeschlossen wurden. Diese Preisanpassungsklauseln genügen den höchstrichterlichen Anforderungen nicht. Die Frage, ob ein Sondervertrag bereits dann vorliegt, wenn der Verbraucher zu einem günstigeren als dem Kleinkundentarif beliefert wird, spielt in diesem Fall somit gar keine Rolle und wurde vom BGH auch nicht entschieden.

Jetzt kommen wir der Sachproblematik schon näher.
Bevor geprüft wird, ob die in der Revisionsinstanz angegriffenen Preisanpassungsklauseln der Inhaltskontrolle standhalten, muss doch zunächst geprüft werden, ob der Verbraucher überhaupt Sondervertragskunde ist. Der BGH hatte demzufolge sehr wohl zuerst zu entscheiden, ob im Verfahren VIII ZR 320/07 ein Sondervertragsverhältnis vorliegt oder nicht, so geschehen auch in den beiden vorangegangen Verfahren
VIII ZR 225/07 und VIII ZR 255/07.
Wenn nun zu prüfen ist, ob denn nun ein Sondervertragsverhältnis vorliegt oder nicht, gilt es, gewisse Eingrenzungskriterien in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht aufzustellen; wenn nun der BGH als Revisionsinstanz in allen 3 vg. Verfahren zu dem Ergebnis gelangt, für den Sondervertragsstatus genüge

\"Die Kläger sind Sondervertragskunden, die zu einem gegenüber dem Grundversorgungstarif des Unternehmens günstigeren Tarif für die Vollversorgung von Haushaltskunden beliefert werden\" ,

dann dürfte die Sonderkundenfrage eigentlich beantwortet sein, zumal
unstreitig 5 weitere Obergerichte zuvor die gleiche Rechtsauffassung mit Urteil kundgetan haben:

 1. KG Berlin 21 U 160/06 v. 28.10.20082. OLG Oldenburg 12 U 49/07 v. 05.09.20083. OLG Frankfurt 11 U 61/07 v. 05.05.2009, Revision nicht zugelassen4. OLG München 23 U 4606/08 v. 12.03.2009 5. OLG Hamm I - 19 U 52/08 v. 29.05.2009und nicht zu vergessen der für hiesigen Fall im Revisionsfalle zuständige Kartellsenatdes BGH mit seiner Entscheidung:6. BGH KZR 02/07 v. 29.04.2008 .Und wenn man einmal über die pfälzische Juristenbrille hinaus seinen Horizont erweitert und nur über den Rhein schaut, nicht zu vergessen die aktuelle Entscheidung des LG Mannheim 25 O 1/09 v. 20.08.2009 und darüber hinaus mittlerweile unzählige, die gleiche Rechtsauffassung vertretendeLandes- und Amtsgerichte in diesem Lande. Entgegen Ihrer Ansicht gibt es zahlreiche schwerwiegende Argumente diese Rechtsfrage so zu sehen, wie das LG Frankenthales tut. Ein Gericht ist jedoch nicht schon dann befangen, wenn es eine für den eigenen Fall ungünstige Rechtsauffassung einnimmt.

Angesichts des oben geschilderten und auch der 2. Handelskammer des Landgerichtes Frankenthal dezidiert vorgetragenen Sachverhaltes (mit Dokumentenvorlage, indem die Gegenseite das Vorliegen einer Sondervereinbarung explizit bestätigt und danach ihre Lieferungen auch abgerechnet hat), kann diesseits unter gar keinen rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkten nachvollzogen werden, wo denn das LG Frankenthal \"schwerwiegende Argumente\" für den von ihm behaupteten Tarifkundenstatus sieht ??

Es wäre schon äußerst hilfreich, wenn Sie hier die \"schwerwiegenden Argumente\" für das Vorliegen eine Tarifvertrages in meinem Falle dezidiert dartun würden.

Es geht hier offensichtlich nicht um die Frage, ob das Gericht \"eine für den eigenen Fall ungünstige Rechtsauffassung vertritt\", sondern m.E. einzig und allein darum , ob hier tatsächlich eine Besorgnis der Befangenheit gegeben ist (Verweigerung rechtlichen Gehörs, s. diesbezüglich einschlägige Entscheidungen des BVerfG).

Höchst interessant finde ich Ihren Beitrag, wie ein Befangenheitsantrag gegen den \"GF-Gutachter\" begründet und somit Erfolg haben könnte:

In Ihrem Falle wäre an eine Befangenheit zu denken, wenn auch das vom Gutachter geführte Unternehmen von Preisprotesten betroffen wäre, und daraus ein Interesse abgeleitet werden könnte, dieses Verfahren in eine für die Verbraucher ungünstige Richtung zu lenken.

Das wäre ein möglicher Ansatzpunkt nur die Hürde ist hoch wenn der Antrag bei einem Gericht gestellt wird, dass bislang sämtlicher fundierter Argumentation des Beklagten nicht zugänglich ist.

Ihr Auffassung, wonach 90% des in Deutschland an Regionalgasunternehmen gelieferten Gases bis 2007 mit kartellrechtswidrigen Bezugsverträgen (u.a. Bindung über 2 Jahre hinaus) , so auch im vorliegenden Fall geliefert worden ist, hat mein Schulfreund, Teilhaber einer renommierten Anwalts- und Steuerberaterkanzlei im hiesigen Raum, bereits eruiert und dies ist auch bereits vorgetragen. Selbst die Tatsache, dass der Vorlieferant der Pfalzgas GmbH (die ehemalige Saar Ferngas AG) beherrschende Muttergesellschaft bis 2007 gewesen ist und diese aufgrund eines 14 -jährigen Liefervertrag, der bis heute noch besteht, zu kartellrechtswidrigen Preisen beliefert, gibt dem Landgericht Frankenthal keinen Anlass auch nur ansatzweise diesem rechtswidrigen Zustand im Rahmen der ihm obliegenden Aufklärungspflicht nachzugehen.

Mein Schulfreund und ich verfolgen schon mit wachsamen Augen die Bilanzen (GuV) der Pfalzgas GmbH und er holt auch diesbezüglich Auskünfte beim Registergericht ein,
nur was nützt all dies, wenn ein Gericht sich sämtlicher Argumentation verschließt und offensichtlich verfassungswidrig dem Beklagten das rechtliche Gehör verweigert?

Jedenfalls darf ich mich an dieser Stelle nochmals recht herzlich für Ihren im übrigen vorzüglichen Beitrag bedanken und werde diesen selbstredend mit meinem Schulfreund und mit dem Rechtsanwalt dezidiert besprechen.

Vielleicht kommt noch der eine oder andere wertvolle Beitrag im \"Kampf um das Recht\" herein.

Offline reblaus

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Befangener Gutachter und/oder befangenes Gericht?
« Antwort #5 am: 08. November 2009, 22:56:25 »
@Stubafü
Ein Sondervertrag liegt dann vor, wenn die vertragliche Vereinbarung wesentlich von der gesetzlichen Regelung der GasGVV bzw. AVBGasV abweicht. Den von Ihnen zitierten Entscheidungen liegen Sachverhalte zugrunde, wo zwischen Versorger und Kunden eine einseitige Preisanpassungsklausel vereinbart wurde, die nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Aus diesem Grund handelt es sich bei diesen Verträgen um Sonderverträge.

Soweit ich Sie verstanden habe, haben Sie keinen solchen Vertrag abgeschlossen, in dem explizit von dem gesetzlichen Preisanpassungsrecht abgewichen wurde. Sie sehen Ihre Sondervertragssituation ausschließlich in der Vereinbarung oder Zusicherung der Pfalzgas begründet, dass jeweils nach dem besten Preis abgerechnet werde. Hierbei handelt es sich aber nicht um eine Vereinbarung zu einem einseitigen Preisänderungsrecht sondern um eine Rabattvereinbarung bei der  Abnahme einer bestimmten Menge.

Die Einräumung eines Mengenrabatts kann sogar aus Billigkeitsgründen geboten sein. Auch der Versorger bekommt von seinem Lieferanten einen Mengenrabatt eingeräumt. Je mehr er abnimmt, desto höher fällt der eingeräumte Rabatt aus. Es ist daher nur recht und billig, diese Einsparungen pro kWh in erster Linie den Kunden zugute kommen zu lassen, die durch ihren hohen Verbrauch diese hohe Gesamtabnahme überhaupt erst ermöglichen.

§ 36 EnWG spricht ausdrücklich von allgemeinen Preisen. Der Gesetzgeber geht daher davon aus dass in der Grundversorgung mehrere Preise parallel gelten können. Als einziges Kriterium für unterschiedliche Preise kommen die unterschiedlichen Abnahmemengen in Frage. Wenn ein Versorger in der Grundversorgung jedoch verschiedene Tarife für verschiedene Verbräuche anbietet, ist er gezwungen, seine Kunden nach dem jeweils besten Tarif abzurechnen. Das Bestpreisprinzip ergibt sich schon aus dem Angebot unterschiedlicher Preise.

Bei der Kartellrechtswidrigkeit ist die Beweislast die entscheidende Frage. Der BGH hat zwar zweimal darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Billigkeitsprüfung auch zu prüfen ist, ob der Versorger rechtlich überhaupt verpflichtet war, die gestiegenen Bezugskosten zu akzeptieren, er hat jedoch nicht ausdrücklich bestimmt, dass der Versorger das Vorliegen eines wirksamen Bezugsvertrages beweisen muss. Mit dieser Frage werden Sie notfalls bis vor den BGH ziehen müssen. Es dürfte für die Verbraucher extrem schwer sein, den Beweis eines kartellrechtswidrigen Bezugsvertrages zu erbringen.

Die Pfalzgas veröffentlicht in ihren Jahresabschlüssen die abgesetzte Erdgasmenge. Sie können den Aufwand für Warenbezug (den veröffentlicht die Pfalzgas nicht in der GuV sondern im Anhang!) durch den Mengenabsatz dividieren und erhalten die durchschnittlichen Einkaufskosten pro kWh. Dann brauchen Sie nur noch die Entwicklung über die verschiedenen Jahre zu vergleichen. Aber Achtung! Zum 1.08.2006 hat sich die Steuerschuldnerschaft für die Erdgassteuer geändert. Dies hat zur Folge, dass in den Warenbezugskosten vor diesem Datum die Erdgassteuer enthalten war, danach aber nicht mehr. Um diese Zeiträume vergleichen zu können, müssen Sie die danach angefallene Erdgassteuer zu den Warenbezugskosten hinzu addieren. Erst dann erhalten Sie die tatsächlich angefallenen Kostensteigerungen pro kWh.

In diesem Forum besteht die Tendenz nur die Ansichten ausführlich zu besprechen, die für die Verbraucher günstig sind. Gegenargumente werden gerne verschwiegen. Dadurch entsteht ein Bild von der Rechtsprechung wie sie die Verbraucher gerne hätten, nicht ein Bild das den Tatsachen entspricht.

Offline bolli

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Befangener Gutachter und/oder befangenes Gericht?
« Antwort #6 am: 09. November 2009, 08:39:08 »
Zitat
Original von reblaus
@Stubafü
Die Einräumung eines Mengenrabatts kann sogar aus Billigkeitsgründen geboten sein. Auch der Versorger bekommt von seinem Lieferanten einen Mengenrabatt eingeräumt. Je mehr er abnimmt, desto höher fällt der eingeräumte Rabatt aus. Es ist daher nur recht und billig, diese Einsparungen pro kWh in erster Linie den Kunden zugute kommen zu lassen, die durch ihren hohen Verbrauch diese hohe Gesamtabnahme überhaupt erst ermöglichen.

§ 36 EnWG spricht ausdrücklich von allgemeinen Preisen. Der Gesetzgeber geht daher davon aus dass in der Grundversorgung mehrere Preise parallel gelten können. Als einziges Kriterium für unterschiedliche Preise kommen die unterschiedlichen Abnahmemengen in Frage. Wenn ein Versorger in der Grundversorgung jedoch verschiedene Tarife für verschiedene Verbräuche anbietet, ist er gezwungen, seine Kunden nach dem jeweils besten Tarif abzurechnen. Das Bestpreisprinzip ergibt sich schon aus dem Angebot unterschiedlicher Preise.
Tja, werter reblaus, da sind wir wieder bei der \'Gretchen-Frage\', ob es nicht nur EINEN der Billigkeit entsprechenden Preis in der gesetzlichen Grundversorgung pro Versorger und Versorgungsgebiet geben kann. Und mit dem letzten Teilsatz hätten Sie auch die Begründung für die Pluralverwendung in § 36 EnWG  (Preisen). Und wenn mich nicht alles täuscht, hat dieses auch schon mal ein höheres Gericht so entschieden, muss mal nachschauen, ob ich\'s wiederfinde.
Wenn Mengenrabatte anfallen, so sind diese eben generell auf alle grundversorgten Kunden gleichmäßig zu verteilen. Will man eine individuelle Lösung, muss man halt in den Sondervertrag. Und bietet der Versorger einen solchen nicht an, stuft die Kunden aber trotzdem individuellen Preismodellen z.B. mit Rabattstufen zu, darf er sich nicht wundern, wenn das Gericht aus diesen Konstruktionen später Sonderverträge macht. Denn genauso wie wir Verbraucher uns die jeweils günstigste Vertragsituation aussuchen, versuchen dieses die Versorger natürlich auch.

Zitat
Original von reblaus
In diesem Forum besteht die Tendenz nur die Ansichten ausführlich zu besprechen, die für die Verbraucher günstig sind. Gegenargumente werden gerne verschwiegen. Dadurch entsteht ein Bild von der Rechtsprechung wie sie die Verbraucher gerne hätten, nicht ein Bild das den Tatsachen entspricht.
Nun, mit den Gegenargumenten wird man ja auch oft genug vom Versorger selbst versorgt. :D
Und dieses Forum dient halt vornehmlich der Besprechung von Problemen aus Verbrauchersicht. Was nicht automatisch bedeutet, dass man die Versorgersicht ganz außer Betracht lässt, aber oftmals ist diese genauso einseitig wie die der Verbraucher.

Letztlich entscheidet oftmals sowieso der \"Große Häuptling\", der, der den Ball hat.  ;)

Offline reblaus

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Befangener Gutachter und/oder befangenes Gericht?
« Antwort #7 am: 09. November 2009, 14:53:48 »
@bolli
Zitat
Original von bolli Tja, werter reblaus, da sind wir wieder bei der \'Gretchen-Frage\', ob es nicht nur EINEN der Billigkeit entsprechenden Preis in der gesetzlichen Grundversorgung pro Versorger und Versorgungsgebiet geben kann. Und mit dem letzten Teilsatz hätten Sie auch die Begründung für die Pluralverwendung in § 36 EnWG (Preisen). Und wenn mich nicht alles täuscht, hat dieses auch schon mal ein höheres Gericht so entschieden, muss mal nachschauen, ob ich\'s wiederfinde.
Wenn Mengenrabatte anfallen, so sind diese eben generell auf alle grundversorgten Kunden gleichmäßig zu verteilen. Will man eine individuelle Lösung, muss man halt in den Sondervertrag. Und bietet der Versorger einen solchen nicht an, stuft die Kunden aber trotzdem individuellen Preismodellen z.B. mit Rabattstufen zu, darf er sich nicht wundern, wenn das Gericht aus diesen Konstruktionen später Sonderverträge macht. Denn genauso wie wir Verbraucher uns die jeweils günstigste Vertragsituation aussuchen, versuchen dieses die Versorger natürlich auch.

Nennen Sie mir einen einzigen Paragrafen, der Ihre Ansicht stützt. Ich kenne keinen. Bei der Auslegung des Rechts geht es darum, herauszufinden, was der Gesetzgeber gewollt hat, und nicht darum was für die eigenen Interessen günstig ist. Wer seine Interessen durchsetzen will, sollte sich frühzeitig auf die Suche nach Gesetzen machen, die seine Ansicht untermauern.

Sämtliche Kosten für das Gasnetz, die Verwaltung, Exploration etc. fallen völlig unabhängig davon an, ob die Kunden eine einzige kWh Gas zapfen oder nicht. Diese Kosten steigen auch nicht um einen Cent, wenn die Kunden das Gasnetz und die Verwaltung bis zur Kapazitätsgrenze belasten. Es ist daher völlig legitim und vernünftig, Kleinverbraucher proportional in weit höherem Maße an diesen Gemeinkosten zu beteiligen, als Großabnehmer. Hiervon haben auch die Kleinverbraucher einen Vorteil. Würden die Gemeinkosten ausschließlich nach Abnahmestellen aufgeteilt, müssten Sie noch weit mehr bezahlen. Nur durch das Vorhandensein von genügend Großabnehmer kann diese Infrastruktur überhaupt erstellt werden.

Ich habe in meinem Leben schon einige Prozesse geführt, und fast alle gewonnen. Diese positive Bilanz verdanke ich vor allen Dingen dem Umstand, dass ich immer versucht habe, mich in die Gegenseite hineinzuversetzen, und deren Argumentation möglichst objektiv zu beurteilen. Das hat mich bisher davor bewahrt, mich in juristische Abenteuer zu stürzen, bei denen man allzuleicht auf die Nase fallen kann.

In diesem Forum wird nach meinem Geschmack zu viel Augenmerk auf die Großartigkeit der eigenen Argumentation gelegt, und die objektive Beurteilung der gegnerischen Möglichkeiten außer acht gelassen.

Wer seinen Gegner unterschätzt hat schon verloren.

Offline Stubafü

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Befangener Gutachter und/oder befangenes Gericht?
« Antwort #8 am: 09. November 2009, 15:07:28 »
@reblaus

 
Zitat
Ein Sondervertrag liegt dann vor, wenn die vertragliche Vereinbarung wesentlich von der gesetzlichen Regelung der GasGVV bzw. AVBGasV abweicht. Den von Ihnen zitierten Entscheidungen liegen Sachverhalte zugrunde, wo zwischen Versorger und Kunden eine einseitige Preisanpassungsklausel vereinbart wurde, die nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Aus diesem Grund handelt es sich bei diesen Verträgen um Sonderverträge.
 

Was ein Sondervertrag ist, hat der BGH in seiner Entscheidung
so festgelegt (BGH v. 15. Juli 2009, VIII ZR 225/07 ):

a) Für die Beurteilung, ob es sich bei öffentlich bekannt gemachten Vertragsmustern und Preisen für die Versorgung von Haushaltskunden mit Gas um Tarif- bzw. Grundversorgungsverträge (§ 10 Abs. 1 EnWG 1998, § 36 Abs. 1 EnWG 2005) oder um Normsonderverträge handelt, kommt es darauf an, ob der Energieversorger die Versorgung - aus der Sicht eines durchschnittlichen Abnehmers - im Rahmen einer Versorgungspflicht nach den genannten Vorschriften oder unabhängig davon im Rahmen der allgemeinen Vertragsfreiheit anbietet.

Wenn nun, wie in meinem Falle geschehen, auf der Auftragsbestätigung des
Versorgers als \"Preisanpassungsklausel\" unter \"Bedingungen für das Gas-Sonderabkommen\"
steht:

\"Preisänderungen werden öffentlich bekanntgegeben und mit dem in der
Veröffentlichung genannten Termin wirksam\",

dessen weitere Verwendung das OLG Brandenburg, 7 U 223/07, im übrigen
per Unterlassungsverfügung bei Androhung von Geldstrafe und ersatzweise
Haft in einem gleichgelagertem Falle untersagt hat,

sowie der weitere liefervertragliche Passus:

\"Im übrigen gelten die allgemeinen Bedingungen der AVBGasV\"

dann dürften hinsichtlich des Sondervertragstatus des Verbrauchers keine
ernsthaften Zweifel bestehen zumal vom Versorger weiterhin bestätigt wird:

\"Der Vertrag läuft so lange ununterbrochen weiter, bis er von einer der beiden Seiten mit einer Frist von 3 Monaten schriftlich gekündigt wird. Die Kündigung ist erstmalig nach Ablauf eines Jahres zulässig.\"

Es dürfte als allgemein bekannt unterstellt werden, dass im Rahmen der Grund- bzw. Ersatzversorgung (§§ 36, 38 EnWG) der Netzbetreiber in jedem Falle verpflichtet ist,
die Versorgung fortzusetzen, was hier vertraglich ausgeschlossen ist, weil beiden
Parteien das Kündigungsrecht eingeräumt wird.

In der Grundversorgung hat der Kunde die Möglichkeit, den Vertrag jederzeit unter
Einhaltung einer Frist von einem Monat auf das Ende eines Monats zu kündigen, was
bei hier vorgelegter Vertragsbestätigung offensichtlich nicht der Fall ist.
Auch für die Pfalzgas besteht respektive bestand die Möglichkeit, den Sondervertrag ordnungsgemäß zu kündigen, was in der Grundversorgung gem. § 20 Abs. 1 Satz 3 GasGVV ausgeschlossen ist.

Sonderverträge unterliegen eben - anders als die Grundversorgung - keiner gesetzlichen Versorgungspflicht und den dazu ergangenen gesetzlichen Regelungen.
Der Versorger hat auch bestätigt, dass die AVBGasV nur \"im übrigen\", mithin nur
ergänzend gelten soll, was bei einem Tarifkunden, mithin in der Grundversorgung völlig
ausgeschlossen ist- res ipsa loquitur.

 Hinzu kommt, dass die Pfalzgas 2 \"Allgemeine Tarife\" anbietet:visavi XS (Kleinverbrauchstarif)visavi S (Grundpreistarifsowie als \"Sondervereinbarung\"visavi MVisavi Lvisavi XLAbrundend sei noch mitgeteilt, dass die Pfalzgas in meinem Falle ihre Lieferleistungen mit der Sondervereinbarung \"visavi M\" abgerechnet hat, jetzt vor Gericht behauptet, dies sei ein Grundversorgungstarif, gleichwohl bei der Kommune für diesen angeblichen\"Grundversorgungstarif\" die wesentlich günstigeren Konzessionsabgaben für Sondervereinbarungen abführt, inzidenter der Kommune Konzessionsabgabenvorenthält (was die Kommunen in einer Vielzahl von gleichgelagerten Fällen veranlassthat, ihrerseits sämtliche Abschlagszahlungen für Erdgaslieferungen vorerst bis zur korrekten Rechnungslegung hinsichtlich der Konzessionsabgaben einzustellen).Schlichtweg ein Tollhaus All dies ist dezidiert vorgetragen, das Landgericht Frankenthal hingegen ignoriert die Fakten und will mich partout zum Tarifkunden machen.
Demnach bestand - w.o. dargetan- aktenkundig schon im konkreten Vertragsverhältnis
kein einseitiges Preisbestimmungsrecht, so dass die landgerichtlich verfügte Billigkeitskontrolle hätte gar nicht erfolgen dürfen (BGH KZR 2/07 v. 29.04.2008).

Eine Beweisführung durch einen neutralen, wenn er denn einer wäre, wie nicht und
zur Verschwiegenheit verpflichteten Sachverständigen (Wirtschaftsprüfer) als Beweismittler scheidet doch schon von vornherein aus.

Ein gerichtliches Sachverständigengutachten -wie das hier angeforderte- ist als
Beweismittel schon dann unverwertbar, wenn es auf Geschäftsunterlagen beruht,
die eine der Parteien, hier die Pfalzgas, nur dem Sachverständigen, nicht aber dem Gericht und der Gegenpartei, hier mir, zur Verfügung stellt und die im Verfahren auch nicht offen gelegt werden (vgl. BVerwG, B. v. 15.08.2003 – 20 F.8.03, BGH, Urt. v. 12.11.1991 – KZR 18/90, BGHZ 116, 47).

Die gerichtliche Verwertung eines solchen Sachverständigengutachtens versagt
nicht nur den Beteiligten, welche die geheim gehaltenen Tatsachen nicht kennen,
das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz), sondern das Gericht verletzt auch seine Pflicht, ein von ihm eingeholtes Sachverständigengutachten sorgfältig
und kritisch zu würdigen, insbesondere auch daraufhin zu überprüfen, ob es von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, so RA Frickes wohl
zutreffende Rechtsauffassung.

Im übrigen gelten die Vorschriften des § 114 EnWG, wonach für das Geschäftsjahr 2005 (u.a. Streitgegenstand der Pfalzgas-Klage) noch die §§ 9, 9a EnWG 1998/2003
anzuwenden sind, die in § 9 Abs. 2 Satz 2 EnWG den Versorger zur Offenlegung seiner relevanten Geschäftsunterlagen gegenüber jedermann verpflichten (vgl. Salje, EnWG, § 10 Rn. 1 und 4),wovon in meinem Falle überhaupt nicht auszugehen ist.

Will etwa das LG Frankenthal mich mit den abenteuerlichen Gutachterkosten (die die
Pfalzgas locker aus der Portokasse verauslagen konnte) zum \"Einknicken\" bewegen,
indem es mich auf diesem rechtlich unhaltbaren Wege \"dezent\" auf das hohe
Prozesskostenrisiko hinweisen will?

Ohne grosses Gutachter-Brimborium hätte das LG Frankenthal aufgrund der vorgelegten Unterlagen zu der Erkenntnis kommen müssen, dass die von der
Pfalzgas behaupteten Kostensteigerungen auf dem Gasmarkt jedweder Grundlage
entbehren, denn die Steigerung der Gasimportpreise für die Jahre 2003-2008
betrug lediglich 1,08 ct/kWh (2,38 - 1,30 ct/kWh), die Preissteigerung der
Pfalzgas GmbH hingegen im gleichen Zeitraum 2,45 ct (5,65-3,2 ct/kWh).

Nicht berücksichtigt ist hierbei die weitere, gerichtsbekannte Tatsache, dass die
Bundesnetzagentur als Regulierungsbehörde die Kostenansätze der Gasversorgungunternehmen für die Netzkosten um bis zu 30 Prozent abgesenkt
hat.

Allein deshalb hätte es sich für das LG Frankenthal geradezu aufdrängen
müssen, dass die Erdgaspreise bisher insgesamt überhöht kalkuliert und dieserhalben
hätten abgesenkt werden müssen (vgl. Säcker, RdE 2006, 65).

In meinen Beiträgen -und da gehe ich mit bolli konform- besteht durchaus nicht
\"die Tendenz nur die Ansichten ausführlich zu besprechen, die für die Verbraucher günstig sind\". Ich verschweige auch keine Gegenargumente, soweit diese es wert sind,
ernsthaft darüber zu diskutieren, nur warum soll man über Fakten diskutieren, die eigentlich gerichtsbekannt sein müssten, das Gericht jedoch diese -aus welchen Gründen auch immer- ignoriert.

Offline reblaus

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« Antwort #9 am: 09. November 2009, 17:27:14 »
@Stubafü
Mit diesen Klauseln ist es für mich hinreichend deutlich, dass Sie einen Sondervertrag abgeschlossen haben.

Allerdings scheint in dem Vertrag keine eigenständige Preisanpassungsklausel vereinbart worden zu sein. Dann kann eine solche Klausel auch das sich aus der AVBGasV ergebende einseitige Preisanpassungsrecht des Versorgers nicht verdrängen. Ich vermute, dass das Gericht die Billigkeitsüberprüfung nicht deshalb vornimmt, weil Sie nach seiner Ansicht Grundversorgungskunde sind, sondern weil es davon ausgeht, dass das gesetzliche Preisanpassungsrecht bei Ihnen durch Einbeziehung der AVBGasV als AGB wirksam vereinbart wurde.

Die unveränderte Übernahme des gesetzlichen Preisanpassungsrechts in einen Sondervertrag hält einer Kontrolle nach § 307 BGB nach BGH stand.

Unverändert wird es aber nur übernommen, wenn auch das besondere Kündigungsrecht aus Anlass einer Preiserhöhung übernommen wird. Dies ist in Ihrem Fall unklar. Das gegenseitige Kündigungsrecht war nach § 32 Abs. 1 auch in der AVBGasV verankert. Die Frist lag bei einem Monat, die Mindestlaufzeit bei einem Jahr. Nach § 32 Abs. 2 AVBGasV hatte der Verbraucher ein Sonderkündigungsrecht für den Fall der Tariferhöhung.

Bei Ihnen stellt sich die Frage, ob die separat vertraglich festgehaltene Kündigungsklausel nur für den Normalfall gilt, und daneben bei Tarifänderungen das Sonderkündigungsrecht der AVBGasV greift, oder ob die Vertragsklausel auch so ausgelegt werden kann, dass sie die Kündigungsmöglichkeiten des Vertrags abschließend regelt, und § 32 Abs. 2 AVBGasV verdrängt. In letztere Fall wäre das gesetzliche Preisanpassungsrecht nicht unverändert übernommen worden, und die Vereinbarung damit nichtig.

Ich halte es für möglich, die Klausel so auszulegen. Zweifel an der Auslegung gehen zu Lasten des Klauselverwenders. Dies ist allerdings meine persönliche Wertung, die ich nicht für zwingend erachte. Hier besteht für Sie ein Risiko, dass der BGH es anders sieht.

Hat das Gericht bestimmt, dass die entscheidenden Geschäftsunterlagen nur von dem Sachverständigen eingesehen werden dürfen, und die sich daraus ergebenden Tatsachen, die die Basis seiner Begutachtung bilden weder dem Gericht noch den Parteien bekannt gegeben werden dürfen?

Umso dringender, dass Sie die fehlenden Jahresabschlüsse anfordern und auswerten. Da die Pfalzgas nur Erdgas vertreibt, sind Sie nicht auf die Vorlage der Sparten GuV angewiesen.

Offline Stubafü

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« Antwort #10 am: 09. November 2009, 21:01:05 »
@reblaus

 
Zitat
Bei Ihnen stellt sich die Frage, ob die separat vertraglich festgehaltene Kündigungsklausel nur für den Normalfall gilt, und daneben bei Tarifänderungen das Sonderkündigungsrecht der AVBGasV greift, oder ob die Vertragsklausel auch so ausgelegt werden kann, dass sie die Kündigungsmöglichkeiten des Vertrags abschließend regelt, und § 32 Abs. 2 AVBGasV verdrängt. In letztere Fall wäre das gesetzliche Preisanpassungsrecht nicht unverändert übernommen worden, und die Vereinbarung damit nichtig.
 

Chapeau, jetzt sind wir in der Sache kurz vor der Zielgeraden und eigentlich- nach menschlichem Ermessen- wäre die Rechtslage klar, da AVBGasV aktenkundig nicht
vereinbart ist, wäre da nicht die 2.HK des LG Frankenthal.

Im besagten Auftragsschreiben bestätigt die Rechtsvorgängerin des Versorgers,
die Pfalzwerke AG (ein rechtsverbindliches Auftragsbestätigungsschreiben besteht nämlich bis heute nur mit dieser Aktiengesellschaft) folgendes:

\"Die Allgemeinen Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit Gas
(AVBGasV) senden wir ihnen auf Wunsch gerne kostenlos zu\"

Aus Sicht des Durchschnittsbürgers auf diesem Planeten und auch in
Rechtsprechung und Kommentar steht damit fest, dass AVBGasV, weil bei
Vertragsverhandlung/Vertragsschluss nicht vorhanden, niemals Vertragsbestandteil
geworden ist, nicht aber für die 2. HK des LG Frankenthal.

Die meinte per Hinweis-Beschluss v. 29.06.2009 folgendes:

 
Zitat
I. Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass die Kammer an ihrer Auffassung festhält, dass das Preisanpassungsrecht der Klägerin sich aus den AVBGasV ergibt und dies auch dann Vertragsbestandteil geworden sind, wenn sie bei Vertragsabschluss nicht vorgelegen haben, da der Beklagten jedenfalls die Möglichkeit verschafft wurde, in zumutbarer Weise davon Kenntnis zu nehmen (§ 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB)
 

Für mich ist der gerichtliche Hinweis in Ziff. I. des Beschlusses v. 29.06.2009 nicht
nachvollziehbar; nach meinem Rechtsverständnis geht es im vorliegend zu
entscheidenden Fall aktenkundig nicht um die \"Zumutbarkeit der Beschaffung der AGB
(§ 305 BGB, Abs. 2, Nr. 2)\" sondern um die \"wirksame Vereinbarung\" der AVBGasV und
eine AVBGasV, die bei Vertragsabschluss nachweislich nicht vorgelegen hat ist nunmal
gem. § 305 BGB II nicht wirksam vereinbart!

Jede andere Auslegung wäre contra legem, so auch das lesenswerte Urteil des OLG
Düsseldorf v. 24.06.2009, Az. VI- 2 U (Kart) 14/08, in gleich gelagertem Fall (\"gleiche
Preisanpassungsklausel\"), wo es dezidiert heißt:

 \"bb) Die Beklagte hat dem Kläger zudem nicht die zumutbare Möglichkeit verschafft,von dem Inhalt der „Allgemeinen Versorgungsbedingungen\" Kenntnis zu nehmen.Das bloße Anerbieten einer Zusendung reicht nicht aus, und zwar auch dann nicht,wenn die Bedingungen anderweit der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen (vgl. Palandt/ Grüneberg, a.a.0., § 305 Rdnrn. 33, 34). \"[OLG Düsseldorf v. 24.06.2009,Az. VI- 2 U (Kart) 14/08]Das Urteil ist nach meinem Kenntnisstand rechtskräftig.Ist ja auch verständlich, da derjenige, der einen Vertrag mit mir schließen und dessenAGB mir aufs Auge drücken möchte auch tunlichst dafür Sorge zu tragen hat, dassdieses Vertragswerk bei den Vertragsverhandlungen vorzuliegen hat, so dass demVertragspartner zumindest die Gelegenheit eingeräumt wird, einen langen, kritischenBlick darauf zu werfen.Ich unterschreibe ja auch nicht einen Kaufvertrag beim Autohändler,ohne zuvor dessen AGB einsehen und einer kritischen Überprüfungunterziehen zu können.Dafür muss ich mich aber nicht -wie der abwegige Beschluss desLG Frankenthal meint- auf die Suche nach der Autohändler-AGB machen,oder gar Recherchen darüber anstellen, wo diese denn sein könnten;seine AGB hat der Autohändler gefälligst selbst dem Kunden zeitnahzur Verfügung zu stellen, damit diesem -vor Unterschriftsleistung- dieMöglichkeit der Einsichtnahme ermöglich wird und nicht umgekehrt.Und in meinem Falle lagen -bestätigt vom Versorger- nachweislichdie AVBGasV bei Vertragsschluss nicht vor mit der Rechtsfolge, dassdie AVBGasV im vorliegend geschildertem Fall -entgegen dercontra legem Auffassung des LG Frankenthal- eben nicht wirksamvereinbart worden sind (s.o. Urteil des OLG Düsseldorf). 8) Wenn nun dezidiert feststeht, dass der Gasversorger keine wirksamePreisanpassungsklausel mit mir vereinbart hat, dann geht dieser Vertragsmangel -so auch reblaus zustimmend :) - eben mit demGasversorger heim und seine Klage in die ewigen Jagdgründe desPfälzer Waldes ein.

Offline Cremer

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Befangener Gutachter und/oder befangenes Gericht?
« Antwort #11 am: 09. November 2009, 22:02:48 »
@Stubafü,

Zitat
Aus Sicht des Durchschnittsbürgers auf diesem Planeten und auch in
Rechtsprechung und Kommentar steht damit fest, dass AVBGasV, weil bei
Vertragsverhandlung/Vertragsschluss nicht vorhanden, niemals Vertragsbestandteil
geworden ist, nicht aber für die 2. HK des LG Frankenthal

Dem ist so !!!!

Wenn bei Vertragsabschluss die AVBGasV nicht vorgelegen hat - und dies wird mit Nichtwissen bestritten - dann ist diese nicht wirksam einbezogen worden.

Da kann die 2. HK des LG FT sagen und meinen was sie will, Gegenbeweise gibt es genug.

\"Man sollte die Richterin mal zum Ministerium der Justiz vorzitieren\" :D
MFG
Gerd Cremer
BIFEP e.V.

info@bifep-kh.de
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gerd@cremer-kreuznach.de

Offline Lothar Gutsche

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« Antwort #12 am: 09. November 2009, 22:27:15 »
@ Stubafü

Sie kennen Ihren Fall und Ihre Argumente perfekt, Sie haben Recht und bekommen es vor dem Richter nicht. Sie selbst schreiben doch:

Zitat
Will etwa das LG Frankenthal mich mit den abenteuerlichen Gutachterkosten (die die
Pfalzgas locker aus der Portokasse verauslagen konnte) zum \"Einknicken\" bewegen,
indem es mich auf diesem rechtlich unhaltbaren Wege \"dezent\" auf das hohe
Prozesskostenrisiko hinweisen will?

Was Ihnen jetzt noch helfen kann, sind andere Kanonen aus dem Arsenal gegen die deutsche Justiz. Wenn Sie ein netter Zeitgenosse sind, dann stellen Sie einen Befangenheitsantrag gegen den Richter. Eine perfekte Anleitung liefert der Pabst der Zivilprozessordnung

Schneider, Egon:
Befangenheitsablehnung im Zivilprozess
Die Abwehr verfahrenswidriger richterlicher Maßnahmen und Entscheidungen, 281 Seiten
3. Auflage 2008, ZAP-Verlag für die Rechts- und Anwaltspraxis, 34,00 €, ISBN 978-3-89655-363-8
 
Eine Beschreibung des Inhalts findet sich unter http://www.lexisnexis.de/befangenheitsablehnung, eine Rezension unter http://www.jurawelt.com/literatur/zivilverfahrensrecht/284280

Wenn Sie ein weniger netter Zeitgenosse sein wollen, weil Sie sich über das parteiische Verhalten des Richters schon zu sehr geärgert haben, dann stellen Sie eine Strafanzeige gegen den Richter wegen Rechtsbeugung nach § 339 StGB. Denn die Art und Weise, wie der Richter das Verfahren leitet, erfüllt nach einer ersten Einschätzung den Tatbestand der Rechtsbeugung. Unter Rechtsbeugung ist das zu verstehen, was Professor Günter Spendel dazu im Leipziger Kommentar zum StGB verfasst hat, nicht das, was der Nazi-Richter schützende BGH darunter versteht. Da eine deutsche Staatsanwaltschaft auf eine solche Anzeige üblicherweise keine Ermittlungern aufnimmt und da eine deutsche Generalstaatsanwaltschaft eine zugehörige Beschwerde zurückweist, sollten Sie gleich ein paar Euro für ein Klageerzwingungsverfahren nach § 172 Abs. 2 StPO zurücklegen und einen mutigen Rechtsanwalt suchen, der das Verfahren am zuständigen OLG betreibt. Damit Ihr Klageerzwingungsverfahren nicht gleich wegen Formfehlern endet, empfehle ich als Anleitung den Aufsatz \"Das Klageerzwingungsverfahren– Insbesondere die Zulässigkeit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung\" aus ZAP-Heft 17/2003, F 22, S. 369, von dem OLG-Richter Detlef Burhoff. Der Aufsatz lässt sich online abrufen auf der Homepage von Richter Burhoff unter http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f22_s369.htm]http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f22_s369.htm[/URL]

Darüber hinaus macht sich auch eine Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs ganz gut. Damit Sie beim Bundesverfassungsgericht nicht wie über 98 % unserer Mitbürger scheitern, empfehle ich unbedingt die Lektüre des Büchleins von einem sehr renommierten Verfassungsrechtler

Zuck, Rüdiger:
Die Anhörungsrüge im Zivilprozess, 114 Seiten,
ZAP-Verlag, Münster 2008, ISBN 978 – 3 – 89655 – 358 - 4, 19.80 Euro

Dort werden insbesondere die Fallstricke erläutert, die sich aus der sogenannten Anhörungsrüge nach § 321 a ZPO ergeben.

Ich wünsche Ihnen viel Mut und Glück im Kampf gegen die deutsche Justiz, und vor allem genügend Geld, um das alles zu finanzieren.

Viele Grüße
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de

Offline bolli

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« Antwort #13 am: 10. November 2009, 09:41:50 »
Zitat
Original von reblaus
Nennen Sie mir einen einzigen Paragrafen, der Ihre Ansicht stützt. Ich kenne keinen. Bei der Auslegung des Rechts geht es darum, herauszufinden, was der Gesetzgeber gewollt hat, und nicht darum was für die eigenen Interessen günstig ist. Wer seine Interessen durchsetzen will, sollte sich frühzeitig auf die Suche nach Gesetzen machen, die seine Ansicht untermauern.
Ich möchte weder Sie in Ihrer Rechtsauffassung ändern noch Ihre Erfolgsquote in Frage stellen sondern, ähnlich wie Sie, auf den einen oder anderen möglichen \"ungereimten\" Punkt im Verfahren hinweisen.
SIE argumentieren an manchen Stellen, als ob Sie maßgeblichen Einfluss auf die BGH-Richter hätten, die zu bestimmten Fragestellungen, welche  mitnichten so klar sind,  wie Sie sie möglicherweise gerne sehen (möchten), noch keine abschließende Entscheidung getroffen haben.

Einer dieser Punkte ist eben die Frage, ob unterschiedliche Preise im Grundtarif nicht tatsächlich schon Sonderverträge sind.
Sicher kann ich Ihnen keinen Paragraphen nennen, der die angesprochene Frage klar zu meinen Gunsten beantwortet, aber auch Ihre Lesart des § 36 EnWG ist eben nur EINE Lesart. Das OLG Düsseldorf sieht diese Formulierung nämlich in einer anderen Interpretation OLG Düsseldorf, Urt. v. 24.06.09 - VI - 2 U (Kart) 14/08 Tarifkunde oder Sonderkunde, unter Entscheidungsgründe 2. bb) Ziffer 5.

Der BGH hat sich diesbezüglich eben noch nicht geäußert und insofern haben wir eben zwei Meinungen Ihre (und vielleicht auch die anderer Gerichte) und die des OLG Düsseldorf (und auch dort vielleicht andere, mir unbekannte Gerichte) und eine letztinstanzliche Entscheidung steht da eben noch aus. Auf nichts anderes möchte ich hinweisen.
Das sollte bei Ihrer Betrachtungsweise des \"hineinversetzen in die Gegenseite und der Beurteilung deren Argumentation nach objektiven Kriterien\" doch zumindest dazu führen, dass man die zweite Sichtweise als MÖGLICH anerkennt.
Aufgrund der Tatsache, dass es noch nicht allzuviele oberinstanzliche Urteile in diesem Bereich gibt, dürfte Ihnen eine klarere Chancenbeurteilung dieser Frage kaum möglich sein.

Übrigens ist eine andere von Ihnen vertretene Meinung, nämlich die Frage des konkludenten Anerkenntnisses bei widerspruchslosen Zahlens einer Rechnung für Energielieferungsverträge ja wohl auch noch nicht vom BGH entschieden. Auch da sind Sie sich ja sicher, dass dieses unmöglich sein kann (konkludentes Anerkenntnis).
Bezüglich anderer Verträge weist aber RA Fricke in diesem Thread darauf hin, dass diesbezüglich beim VIII. Senat durchaus Ungereimtheiten bestehen, da dieser das konkludente Anerkenntnis ohne weitere Gründe mal ablehnt, in anderen, ähnlich gelagerten Situationen, aber auch mal gelten lässt.
Insofern ist sicher auch hier interessant, wie er sich bei Energielieferverträgen stellen wird. Und auch dieses scheint mir derzeit nicht so klar, wie Sie es, möglicherweise aus Ihrer Lebens- und Berufserfahrung, sehen (möchten?).

Interessant finde ich, dass Sie dem Forum oftmals \"vorwerfen\", nur aus Sicht der Verbraucher zu argumentieren, aber an einigen Stellen Alternativen, die durchaus auch zu Lasten der Verbraucher gehen können (z.B. beim konkludenten Anerkenntnis) rundheraus ablehnen, obwohl es nicht ganz unwichtige Gründe (OLG Urteile) gibt, die diese Meinung zumindest BEdenkenswert erscheinen lassen.

Offline reblaus

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Befangener Gutachter und/oder befangenes Gericht?
« Antwort #14 am: 10. November 2009, 15:11:41 »
@Bolli
Da haben Sie etwas grundsätzlich missverstanden. Ich halte nicht eine einzige der von mir vertretenen Ansichten für die allein seligmachende Lösung eines Rechtsproblems. Ich mache mir aber zu jeder von mir vertretenen Auffassung die Mühe, diese mit sachlich fundierten Argumenten zu unterlegen. Ich erwarte daher von jemandem der die Gegenposition vertritt, eine gewisse intelektuelle Auseinandersetzung mit der Frage zumindest im Rahmen dessen, was die individuellen Fachkenntnisse zulassen.

Wer ein Sachargument vorträgt, darf erwarten, dass dieses mit einem sachlichen Gegenargument widerlegt wird. Ich beklage nicht, dass in einem Verbraucherforum verbraucherfreundliche Ansichten vertreten werden, ich beklage, dass solche verbraucherfreundlichen Ansichten auch dann vertreten werden, wenn man kein einziges Sachargument dafür vortragen kann.

Wenn Sie der Ansicht sind, dass ein Sondervertrag schon dann abgeschlossen wurde, wenn dem Verbraucher ein Mengenrabatt zum Grundtarif eingeräumt wurde, so würde ich mir von Ihnen eine Antwort darauf wünschen, wie Sie diese Ansicht mit dem Gleichheitsgrundsatz in Übereinstimmung bringen. Stellen Sie sich folgenden Sachverhalt vor.

Zwei Verbraucher ziehen zeitgleich in zwei gleich große Wohnungen mit Gasetagenheizung im gleichen Mehrfamilienhaus. Beide melden Ihren Gasbezug beim Versorger nicht an, sondern entnehmen ohne jede Mitteilung einfach Gas. Nach Ende der Heizperiode hat Verbraucher A den Verbrauch X-10kWh, der Verbraucher B den Verbrauch X+10kWh. Da der Versorger ab dem Verbrauch X einen günstigeren Tarif gewährt, wird dem Verbraucher B der Sonderpreis eingeräumt, der Verbraucher A muss hingegen den Grundtarif bezahlen. In den Folgejahren spart auch Verbraucher B Heizenergie und kommt somit wie der Verbraucher A nur noch auf den Verbrauch X-10kWh, so dass auch er den Grundtarif bezahlen muss.

Nach Ihrer Ansicht hat der Verbraucher A wegen seiner Einstufung in den Grundtarif einen Grundversorgungsvertrag abgeschlossen, Verbraucher B hat hingegen wegen seines im ersten Jahr höheren Verbrauchs einen Sondervertrag vereinbart. Beide Verbraucher haben das exakt gleiche Verhalten an den Tag gelegt, was beim Verbraucher A zur gesetzlichen Rechtsfolge der Vereinbarung eines Grundversorgungsvertrages geführt hat, beim Verbraucher B hingegen nicht. Diese unterschiedliche Behandlung geht auch nicht vom Wortlaut des Gesetzes aus, sondern allein von der Auslegung durch ein Gericht.

Durch was ist diese Ungleichbehandlung Ihrer Ansicht nach gerechtfertigt? Wenn es keine Rechtfertigung gibt, ist ein entsprechendes Urteil verfassungswidrig.

Die Ungereimtheiten die Herr Fricke in verschiedenen Urteilen des VIII Zivilsenats sieht, resultieren aus gewissen Lücken in der Kenntnis des Bürgerlichen Gesetzbuches. Hierin bin ich mit Herrn Fricke einer Meinung. Unsere Meinungsunterschiede beschränken sich auf die Personen, bei denen diese Wissenslücken vorliegen. Herr Fricke sieht sie bei den Mitgliedern des VIII Zivilsenat, ich sehe sie bei Herrn Fricke.

Auch in der Frage des Sockelpreises mit seinen notwendigen Rechtsfolgen habe ich umfangreiche Sachargumente zur Diskussion gestellt, dies auf das Risiko hin, widerlegt zu werden. Ihnen sind diese Sachargumente bekannt. Wenn Sie anderer Auffassung sind, lade ich Sie ein, meine Argumente durch fundierte Gegenargumente zu widerlegen.

@Stubafü
Ein Richter ist nicht an die Vorgaben aus der Rechtsprechung eines höheren Gerichts sondern nur an das Gesetz gebunden. In § 305 BGB steht nicht wörtlich drin, dass bei einem schriftlich abgeschlossenen Vertrag die AGB in Schriftform beiliegen müssen. Diese Rechtsfolge ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung. An diese ist das LG Frankenthal nicht gebunden. Was im Grundsatz auch richtig ist. Anderenfalls würde sich kein Richter mehr trauen, eine ständige Rechtsprechung, die er für überholt hält, durch ein mutiges Urteil zu verwerfen, und so möglicherweise eine neue höchstrichterliche Entscheidung über die Frage herbeizuführen.

Aus einer unorthodoxen Rechtsauslegung eines Gerichts eine Befangenheit oder gar eine Rechtsbeugung zu konstruieren, ist daher abwegig. Würde sich ein von Lothar Gutsche vorgeschlagenes Vorgehen durchsetzen, würde dem Rechtsstaat unermesslicher Schaden zugefügt werden.

Der Nachteil dieser Unabhängigkeit des Richters liegt darin, dass sich die Parteien gelegentlich mit unorthodoxen Ansichten herumärgern müssen, die nicht aus überholter Rechtsprechung resultieren. Da muss man dann ganz mutig sein, und einfach in die nächste Instanz gehen. Dort wird das dann wieder gerichtet.

 

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