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Autor Thema: Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...  (Gelesen 57982 mal)

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Offline Lothar Gutsche

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Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
« Antwort #16 am: 30. Dezember 2010, 21:24:21 »
@ interessierte Energieverbraucher aus Nürnberg und Umgebung

Am Mittwoch, den 12.1.2011, 10.00 Uhr, wird mein Zivilprozess am Kartellgericht Nürnberg-Fürth, Sitzungssaal 141, 1. Stock, Fürther Str. 110, 90429 Nürnberg fortgesetzt (Aktenzeichen 3 O 3188/10). Ob sich der Besuch des Termins lohnt, kann ich leider nicht sagen, es ist mein erster Auftritt dort.

Das Gericht hat diesen Termin bestimmt als Termin zur Güteverhandlung und für den Fall des Nichterscheinens einer Partei oder der Erfolglosigkeit der Güteverhandlung unmittelbar anschließender Haupttermin. Beide Parteien bzw. deren Prozessbevollmächtigte werden zu dem Termin geladen. Es wurde insbesondere Ihr persönliches Erscheinen angeordnet.

An einer gütlichen Einigung bin ich nicht interessiert, vielmehr möchte ich ein öffentliches, rechtsstaatlich korrektes Urteil mit Klärung der Rechtsfragen zur Energiewirtschaft, zum Kartellgesetz und zum Kommunalrecht.

Die Qualität des Prozesses dürfte u. a. davon abhängen, ob das OLG Bamberg bis dahin über den Klageerzwingungsantrag entschieden hat, den ich am 22.11.2010 wegen Betrugs durch überhöhte Energiepreise bei den Stadtwerken Würzburg über einen Rechtsanwalt gestellt habe. Der Prozess könnte auch durch meine Verfassungsbeschwerde vom Frühjahr 2010 beeinflusst werden, in der es um die Rechtsbeugung in der 1. Instanz des Zivilprozesses am Amtsgericht Würzburg geht. Beides und eine hoffentlich größere Resonanz in den Medien dürfte dazu führen, dass die Nürnberger Richter sich an Recht und Gesetz halten und einen echten Kartell- und Billigkeitsprozess für Strom, Gas und Wasser durchführen.  

Es ist abzusehen, dass sich das Kartellzivilverfahren und das Strafverfahren in idealer Weise ergänzen und immer wieder neu gegenseitig befruchten. Aus den bisher erfolglosen Strafanzeigen konnte ich die Erkenntnis gewinnen, dass die Stadtwerke Würzburg AG von ihren Gesellschaftern, also von der Thüga AG (früher Teil des E.ON-Konzerns) und von der Stadt Würzburg, wirtschaftlich sehr stark abhängt. Das ist aktienrechtlich verwunderlich, weil eine AG eine eigenständige juristische Person ist. Wenn wie im vorliegenden Fall die Stadtwerke Würzburg mit den Zinsderivaten ein riskantes Geschäft im Interesse des Aktionärs Stadt Würzburg durchgeführt haben und dabei Millionenverluste erlitten, so sind solche Geschäfte in einem sogenannten Abhängigkeitsbericht nach § 312 AktG offenzulegen und eventuelle Benachteiligungen durch das herrschende Unternehmen nach § 311 AktG auszugleichen. Am Kartellgericht erwarte ich den ökonomischen Sachverstand und Kenntnis des Gesellschaftsrechts, um diese und andere Abhängigkeit angemessen zu würdigen.

Im Zusammenhang mit den Wasserpreisen gibt es für die Stadtwerke noch eine besondere strafrechtliche Überraschung, die ich im Laufe des Verfahrens in Nürnberg enthüllen werde.

Viele Grüße
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de

Offline Stubafü

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Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
« Antwort #17 am: 31. Dezember 2010, 11:26:44 »
@Lothar Gutsche

Zitat
\"Für einen \"normalen\" Energiepreisprotestler genügt selbstverständlich das,
was hier im Forum zu Preisanpassungsklauseln und Unbilligkeitskeitseinwand
vorgetragen wird . ...\"
Selbst da wäre ich mir nicht ganz so sicher, es sei denn man folgt blindlings den
Forenbeiträgen von RR-Ef-t.

Das OLG Köln (Urteil v. 19.02.2010, 16 U 143/09 ) bspw zeigt zum Thema
Unbilligkeitseinwand völlig neue \"Rechtserkenntnisse\" auf, auf die erstaunlicherweise
RR-Ef-t bislang noch nicht eingegangen ist (Gänsefüsschen vom Beitragsverf.):

@RR-Ef-t

Zitat
..... Preisanpassung ein Angebot auf Abschluss einer modifizierten
Preisvereinbarung dar. Diese offenbarten für die Klägerin erkennbar die Absicht der
Beklagten den Arbeitspreis ab einem mitgeteilten Datum abzuändern. Der BGH und
verschiedene Obergerichte haben insoweit zwar auf die unbeanstandete Hinnahme
der Jahresabrechnung des Gasversorgers abgestellt. Diesem Ansatz lag aber
zugrunde, dass angesichts der ausschließlich öffentlichen Bekanntmachung der
Preiserhöhungen eine frühere Kenntnis des Kunden von denAnpassungen nicht konkret
ersichtlich war. Demgegenüber konnte die Klägerin vorliegend bereits den ihr
übersandten Preismitteilungen den Wunsch der Beklagten ersehen, den Arbeitspreis in
Zukunft\"zu modifizieren\" ......In diesen Zusammenhang hat das LG Köln zutreffend
darauf hingewiesen, dass bei der \"Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen eines
Unternehmens der Daseinsvorsorge\" grundsätzlich

\"schon die faktische Aneignung der Leistung als
sozialtypisches Annahmeverhalten gewertet wird...\"

Da ist sie wieder, die wundersame und nirgendwo definierte
\"normative Kraft des Faktischen\", die von unserer \"fürchterlichen\" 2-Klassen Justiz
dann gegen die Bürger in Stellung gebracht wird, wenn sie den dolosen
Rechtsauffassungen unserer sogenannten \"politicalcorrectness\"-Eliten in der
Wirtschaft und der mit dieser aufs engste verfilzten Politik meint willfährig
folgen zu müssen.

Gruss aus der Pfalz und insbesondere alles Gute an Lothar Gutsche,
dessen LG-Termin etwas früher als der meinige ansteht (27.01.2011,
11.30 h, LG Frankenthal)

von
Stubafü

Offline RR-E-ft

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Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
« Antwort #18 am: 31. Dezember 2010, 13:03:59 »
Man muss nicht alles und jedes kommentieren.
Vieles wurde jedoch kommentiert:

OLG Köln, Urt. v. 19.02.10 Az. 19 U 143/09 Rückforderungsanspruch eines Sondervertragskunden

Soweit das OLG Köln in genannter Entscheidung für den Fall nicht einbezogener oder unwirksamer Klauseln eine Preisneuvereinbarung in der widerspruchslosen Hinnahme und vorbehaltlosen Zahlung auf eine Verbrauchsabrechnung, welche einseitig erhöhte Preise auswies, angenommen hatte, so hat jedenfalls der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 14.07.10 VIII ZR 246/08 dieser Rechtsansicht zutreffend eine Abfuhr erteilt:


Zitat
Bei einer einseitigen Preiserhöhung eines Gasversorgungsunternehmens aufgrund einer Preisanpassungsklausel, die unwirksam oder -beispielsweise mangels ordnungsgemäßer Einbeziehung - nicht Vertragsbestandteil ist, kann die vorbehaltlose Zahlung des erhöhten Preises durch den Kunden nach Übersendung einer auf der Preiserhöhung basierenden Jahresabrechnung nicht als stillschweigende Zustimmung zu dem erhöhten Preis angesehen werden.

Aus der Sicht des Kunden lässt sich der Übersendung einer Jahresabrechnung, die einseitig erhöhte Preise ausweist, nicht ohne weiteres der Wille des Versorgungsunternehmens entnehmen, eine Änderung des Gaslieferungsvertrags hinsichtlich des vereinbarten Preises herbeizuführen. Selbst wenn der Kunde aufgrund der Rechnung Zahlungen erbringt, kommt darin zunächst allein seine Vorstellung zum Ausdruck, hierzu verpflichtet zu sein (vgl. Senatsurteil vom 10. Oktober 2007 - VIII ZR 279/06, NZM 2008, 81, Tz. 19). Der Umstand, dass eine Rechnung vorbehaltlos beglichen wird, enthält grundsätzlich über seinen Charakter als Erfüllungshandlung hinaus keine Aussage des Schuldners, zugleich den Bestand der erfüllten Forderungen insgesamt oder in einzelnen Beziehungen außer Streit stellen zu wollen (Senatsurteil vom 11. November 2008 - VIII ZR 265/07, WM 2009, 911, Tz. 12 m.w.N.).

Allerdings hat der Senat zu einseitigen Preiserhöhungen in einem Tarifkundenvertrag entschieden: Wenn der Kunde eine auf der Grundlage einer öffentlich bekannt gegebenen einseitigen Preiserhöhung vorgenommene Jahresabrechnung des Versorgungsunternehmens akzeptiert hat, indem er weiterhin Gas bezogen hat, ohne die Preiserhöhung in angemessener Zeit gemäß § 315 BGB zu beanstanden, wird der zum Zeitpunkt der Jahresabrechnung geltende, zuvor einseitig erhöhte Tarif zu dem zwischen den Parteien vereinbarten Preis. Er kann deshalb nicht mehr gemäß § 315 Abs. 3 BGB auf seine Billigkeit überprüft werden (BGHZ 172, 315, Tz. 36; vgl. auch BGHZ 178, 362, Tz. 15 f.).

Diese Rechtsprechung lässt sich jedoch, anders als das Berufungsgericht meint, nicht auf Fälle übertragen, in denen nicht (nur) die Billigkeit der Preiserhöhung im Streit steht, sondern in denen es bereits an einem wirksamen Preisanpassungsrecht des Versorgungsunternehmens fehlt, weil die Preisanpassungsregelung nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam ist.

Nun kann wieder die Rede davon geführt werden, die Rechtsprechung des BGH sei eine Klasse für sich.


Zitat
Original von Stubafü
Da ist sie wieder, die wundersame und nirgendwo definierte
\"normative Kraft des Faktischen\", die von unserer \"fürchterlichen\" 2-Klassen Justiz
dann gegen die Bürger in Stellung gebracht wird, wenn sie den dolosen
Rechtsauffassungen unserer sogenannten \"politicalcorrectness\"-Eliten in der
Wirtschaft und der mit dieser aufs engste verfilzten Politik meint willfährig
folgen zu müssen.

Wohl schon mal vom Punsch genascht.  ;)

Soweit ersichtlich, fragt kein Gericht für seine Entscheidung danach, wieviele Klassen ein Gaskunde besucht hatte.
Nicht ersichtlich, was der Begriff Klassen-Justiz erbringen soll.

Offline tangocharly

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Würzburger Energiepreise vor gerichtlicher Billigkeitsprüfung und mehr ...
« Antwort #19 am: 31. Dezember 2010, 17:24:33 »
Zu der Entscheidung des OLG Köln vom 19.02.2010, Az.: 19 U 143/09, muß man allerdings feststellen, dass dort von \"hinten durch die Brust ins Auge geschossen\" wurde (man beachte die \"schlüssige Argumentation\" wie es zu einer Anwendung von § 4 AVBGasV in einem Sondervertrag mit unwirksamer Preisanpassungsklausel kommen konnte):

Zitat
Tz. 46
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird ein vom Gasversorger  veröffentlichter und auf der Basis des früheren § 4 AVBGasV generell zulässiger, aber im Einzelfall gegebenenfalls unbillig erhöhter Tarif zum vereinbarten Preis, wenn der Kunde die auf dem erhöhten Tarif basierende Jahresabrechnung des Versorgers akzeptiert hat, indem er weiter Gas von diesem bezieht, ohne die Tariferhöhung in angemessener Zeit als unbillig zu beanstanden (vgl. BGH NJW 2009, 502, 503; 2007, 2540, 2543 f.). Diese Kriterien sind nach der zutreffenden Ansicht des Landgerichts auch auf Preisänderungen gegenüber einem Sonderkunden auf Grund einer unwirksamen Preisanpassungsklausel, wie im vorliegenden Fall, anwendbar.

Tz. 47
Unabhängig davon, ob die vom Gasversorger vorgenommene einseitige Preiserhöhung im Einzelfall unbillig oder generell unwirksam ist, bringt diese doch den tatsächlichen Willen des Gasversorgers zum Ausdruck, ab einem bestimmten Zeitpunkt ein modifiziertes Entgelt abrechnen zu wollen. Ein entsprechendes Ansinnen des Gaslieferanten ist deshalb jedenfalls dann, wenn der Kunde – wie vorliegend die Klägerin mit den schriftlichen Preisanpassungsankündigungen der Beklagten - auf die
anstehenden Preisanhebungen und die damit einher gehenden Folgen für das Vertragsverhältnis individuell hingewiesen wird, als Antrag auf Modifikation der Entgeltabsprache auszulegen (für diesen Fall auch OLG Hamm vom 29.05.2009 – (I) 19 U 52/08 - Rn. 38, zitiert nach juris). Auch wenn auf Grund der Unwirksamkeit der vertraglichen Preisänderungsklausel keine automatische reisanpassung erfolgt, ist das entsprechende Schreiben des Gasversorgers doch als Offerte auf Abänderung der getroffenen Preisabsprache wirksam, da dieser nach den (gemäß § 306 Abs. 2 BGB anwendbaren) allgemeinen Regeln der §§ 145 ff. BGB erst die Annahme seitens des Kunden zur Gültigkeit verhilft.

Tz. 48
Einem solchen Antrag des Gasversorgers auf Vereinbarung eines erhöhten Arbeitspreises nimmt auch der Sonderkunde stillschweigend an, wenn er in Kenntnis dieses Ansinnens weiter Gas bezieht und damit die Leistungen seines Vertragspartners in Anspruch nimmt, ohne in angemessener Zeit zum Ausdruck zu bringen, dass er das vom Gasversorger im Gegenzug gewünschte Entgelt nicht entrichten möchte. Einem solchen Verhalten kann entgegen der Bedenken des OLG Hamm (a.a.O. Rn. 37) der objektive Erklärungswert einer konkludenten Zustimmung zur Preisänderung beigemessen werden. Denn das Verhalten des Sonderkunden erschöpft sich nicht in einem schlichten Nichtstun oder in der einmaligen Handlung einer Rechnungsbegleichung, sondern beinhaltet mit der Gasentnahme ein aktives gleichbleibendes Tun über einen längeren Zeitraum, ohne den positiven Aussagegehalt dieser Handlung durch anderweitige Aktionen zu entkräften (so auch OLG Frankfurt vom 13.10.2009 – 11 U 28/09 - Rn. 54, zitiert nach juris).
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

Offline Lothar Gutsche

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Heute, am 12.1.2011, 10.00 – ca. 11:00 Uhr, fand am am LG Nürnberg-Fürth, Aktenzeichen 3 O 3188/10, VRiLG Rottmann, RiLG Husemann, Ri’inLG Kneissel, mein Termin zur Güteverhandlung statt.

Die Güteverhandlung ist gescheitert. Ich als Beklagter wollte Transparenz in der Preisgestaltung und die Angemessenheit der geforderten Preise für Strom, Gas und Trinkwasser nachvollziehen können. Die Transparenz hatte ich definiert durch Beantwortung sämtlicher Fragen, die in den bisherigen Schriftsätzen aufgeworfen wurden, das reicht von Netzkosten über Bezugskosten bis zu hin Kapitalkosten. Außerdem wäre die Betriebsnotwendigkeit zahlreicher Kostenbestandteile von den Stadtwerken nachzuweisen. So viel Offenheit wollten die Stadtwerke mir gegenüber nicht zeigen, da sie um ihre Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse fürchteten. Außerdem hätte ich das Klima durch meine zahlreichen Strafanzeigen und Kontrollverfahren bei der Kommunalaufsicht und beim Finanzamt vergiftet.

Der mehrfache Versuch des Vorsitzenden Richters, zwischen den Parteien eine rein finanzielle Einigung zu suchen, schlug fehl. Um meine Bereitschaft zum gütlichen Vergleich zu erhöhen, deutete das Gericht an, dass es den Preissockel nicht prüfen wolle, weil der bei Vertragsabschluss gültige Preis oder der später unwidersprochen gebliebene Preis als vereinbart gilt. Das sei auch die Auffassung des OLG Nürnberg und des VIII. Zivilsenats am BGH. Die Ansicht des Kartellsenats am BGH sei natürlich am LG Nürnberg-Fürth bekannt, doch es fehle eine Entscheidung des Großen Senats am BGH. In der angenehm offenen Verhandlung konnte ich immerhin den Versuch starten, kurz die logischen Widersprüche der Preissockel-Theorie aufzuzeigen, wie ich das in Abschnitt 4 meiner Kritik an der Preissockel-Theorie unter http://www.cleanstate.de/Preissockel_Energiepreise.html#_Toc250390767 getan habe. Es bleibt abzuwarten, ob ich damit erfolgreich war.

Nebenbei erwähnte der Vorsitzende Richter etwas vom Substitutionswettbewerb, dem man im OLG-Bezirk Nürnberg in Bezug auf die Gasversorgung anhänge. Ich konnte das aber nicht hinterfragen und vermute, dass damit die Theorie vom einheitlichen Wärmemarkt gemeint ist und die These, dass die Preise durch einen angeblichen Substitutionswettbewerb um Neukunden begrenzt werden. In der Randnummer 20 im BGH-Urteil VIII ZR 138/07 vom 19.11.2008 (Gasgrundversorgung Stadtwerke Dinslaken) heißt es: „Im Übrigen hat der Gesetzgeber ausdrücklich daran festgehalten, dass ein deutlicher Unterschied zwischen Strom und Gas bestehe, weil Strom regelmäßig nicht zu ersetzen sei, Gas dagegen überwiegend im Substitutionswettbewerb insbesondere zu Öl, aber auch zum Beispiel zu Fernwärme, Strom und Wärmepumpen stehe (BT-Drs. 13/7274, S. 9, 16).

In Bezug auf die kartellrechtlichen Fragen sah das Gericht trotz meines umfangreichen schriftlichen Vortrags vom 18.2.2009 und 21.1.2010 die Beweislast einzig bei mir. Mit der von mir vorgebrachten „sekundären Beweislast“ verband die Beisitzerin zunächst nur die Beweislastumkehr aus § 29 Nr. 1 GWB, die ausschließlich den Kartellbehörden im Streitfall hilft. Doch das Missverständnis ließ sich klären. Seltsam mutete an, dass die Richter die zahlreichen wirtschaftlichen Fragen für interessant, aber für kartell- und billigkeitsrechtlich irrelevant hielten. Z. B. hatte ich die innerbetriebliche Leistungsverrechnung und Kostenallokation bei der Wasserversorgung als intransparent dargestellt und die vorgelegte Kostenstudie von PWC als kaum aussagekräftig bezeichnet. Oder ich wies auf die gesellschaftsrechtliche Abhängigkeit der Stadtwerke von ihrem Minderheitsgesellschafter E.ON hin, die laut Bundeskartellamt im Fall E.ON/Eschwege sogar als beherrschend geltend kann und auf das kaufmännisch nicht nachvollziehbare Einkaufsverhalten der Stadtwerke hin.

Das Urteil soll am 16.2.2011 um 11 Uhr verkündet werden und wird nach Einschätzung meines Anwaltes etwa zwei bis drei Wochen später in schriftlicher Form vorliegen. Wenn die Preissockel-Theorie greift, kann ich rein finanziell kein besseres Ergebnis als das Urteil des Amtsgerichts Würzburg vom 2.6.2009 erwarten. Spannend bleibt, wie das LG Nürnberg-Fürth mit den vielen Kartellrechtsfragen umgeht, derentwegen das LG Würzburg das ganze Verfahren an das zuständige Kartellgericht verweisen ließ. Ob und wie der Streit weitergeht, ist völlig ungewiß.

Viele Grüße
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de

Offline RR-E-ft

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Kartellrecht ist wegen der Darlegungs- und Beweislast des Kunden ein äußerst schwieriges Unterfangen, was auch vor dem OLG Stuttgart deutlich wurde, welches diesbezüglich ganz klare Worte fand.

OLG Stuttgart, Urt. v. 30.12.10 Az. 2 U 94/10Stromzahlungsklage nach Unbilligkeitseinrede abgewiesen

Offline Lothar Gutsche

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In dem Thread \"Preisspaltung zur Grundversorgung noch zulässig?\" äußerte RR-E-ft mit Blick auf die beiden BGH-Urteile KZR 4/10 und KZR 5/10 vom 07.12.2010:

Zitat
Original von RR-E-ft vom 25.02.2011 23:38
Vielleicht wäre es möglich gewesen, mit diesen jüngsten Entscheidungen des BGH noch vor dem Verkündungstermin am 16.02.11 schriftsätzlich zur Rechtslage weiter vorzutragen und somit noch Einfluss zu nehmen auf die Kartellkammer des Landgerichts und deren Entscheidung. Da Letztere nicht bekannt ist, lässt sich von hier aus auch nicht beurteilen, ob die jüngste Rechtsprechung des Kartellsenats des BGH entscheidenden Einfluss auf die Entscheidung des LG Nürnberg- Fürth hätte haben können bzw. müssen.

Die Entscheidung KZR 5/10 des Kartellsenats vom 7.12.2010 ist von meiner Seite dem Landgericht Nürnberg-Fürth noch vor der Urteilsverkündung zur Kenntnis gebracht worden. Schon in dem Gütetermin am 12.1.2011 deutete das Landgericht Nürnberg-Fürth an, dass es wie das OLG Nürnberg von einem „Substitutionswettbewerb“ bei Gas ausgehe. Deshalb wies ich über meinen Rechtsanwalt in einem nachträglichen Schriftsatz vom 18.1.2011 auch auf die neueste Rechtsprechung des Kartellsenates am Bundesgerichtshof hin, nämlich auf das Leitsatz-Urteil KZR 5/10 vom 7.12.2010 zum Fall „Entega II“. Darin wurde nochmals entschieden, dass der sachlich maßgebliche Markt der Markt für die leitungsgebundene Gasversorgung von Endkunden ist und der Markt räumlich durch das Verteilnetz der Klägerin definiert wird. Im Detail wird das in den juris-Randnummern 13 – 15 der Urteilsgründe zu KZR 5/10 ausgeführt.

Trotzdem finden sich im Urteil 3 O 3188/10 des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 16.2.2011 folgende Aussagen:
Zitat
Seite 8 des Urteils 3 O 3188/10 vom 16.2.2011
Auch im Bereich Gas hat die Klägerin kein Monopol, da auf den Substitutionswettbewerb im Wärmemarkt abzustellen ist (vgl. BGH, NJW 2007, 2540)
Zitat
Seite 10 des Urteils 3 O 3188/10 vom 16.2.2011
Für Gas ist entsprechend der Rechtsprechung des 8. Zivilsenats ein Substitutionswettbewerb anzunehmen (BGH NJW 2007, 2540; vgl. auch OLG Frankfurt, Urteil vom 19.02.2008, 11 U 12/07). Es fehlt insofern an einer konkreten Marktbeherrschung anhand des sachlich, räumlich und zeitlich relevante Marktes (vgl. Bechtold, GWB, 5. Auflage, § 19, Ru. 3).

Als sachlich maßgeblichen Markt ist der einheitliche Wärmemarkt anzusehen (vgl. etwa OLG Frankfurt, Urteil vom 19.02.2008, Az. 11 U 12/07).

Bei der Gasversorgung stützt sich das Landgericht Nürnberg-Fürth auf eine inzwischen veraltete Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats am Bundesgerichtshof. Denn am 29.4.2008 hat der Kartellsenat des Bundesgerichtshofes in seinem 1. Leitsatz zum Urteil KZR 2/07 festgehalten:
Die Versorgung von Letztverbrauchern mit Erdgas bildet sachlich einen eigenen Markt; ein einheitlicher Markt für Wärmeenergie besteht nicht (Bestätigung von BGHZ 151, 274, 282 – Fernwärme für Börnsen).

Diese Definition des sachlich relevanten Marktes zur Gasversorgung hatte mein Anwalt in mehreren Schriftsätzen hervorgehoben, zuletzt am 21.1.2010 auf S. 19 - 22. Die extrem hohen Kosten, eine Heizungsanlage von Gas auf einen anderen Energieträger umzustellen, werden sowohl von mir als auch vom Kartellsenat des BGH als Hemmnis für einen Substitutionswettbewerb angesehen. Deshalb ist die u. a. vom VIII. Zivilsenat des BGH immer wieder zitierte Theorie vom Substitutionswettbewerb in einem einheitlichen Wärmemarkt zu verwerfen.

Weder mit diesen Argumenten noch mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Kartellsenats setzt sich das Landgericht Nürnberg-Fürth als Kartellgericht auseinander. Vielmehr folgt es blind den \"Vorgaben\" des OLG Nürnberg und des VIII. Zivilsenats am BGH. Mit den vielen kartellrechtlichen Vorwürfen konnte das Gericht so \"kurzen Prozess\" machen.


Der negative Höhepunkt ist jedoch das Verständnis, das der Vorsitzende Richter Horst Rottmann und die beiden Richterinnen Magdalena Schroeter und Karoline Kneissl in dem Urteil unter Aktenzeichen 3 O 3188/10 zur Billigkeitsprüfung nach § 315 BGB äußern. Der 3. Zivilsenat des Landgerichts Nürnberg-Fürth hält in seiner Urteilsbegründung vom 16.2.2011 fest:

Zitat
Seite 8 des Urteils 3 O 3188/10 vom 16.2.2011
„Die Klagepartei hat zu den beiden hier maßgeblichen Wasserpreisen, also insbesondere zu der angegriffenen Preiserhöhung, ein Privatgutachten vorgelegt, das die Kalkulation mit den wesentlichen Tatsachengrundlagen in substantiierter und nachvollziehbarer Form darlegt (Anlage K12). Insbesondere ist aufgrund der ausgeführten Kostenstrukturen die Preiserhöhung als im Rahmen dargetan. Die von der Beklagten Partei erhobenen Einwände (Schriftsatz vom 20.10.2009, S. 6 ff., Bl. 480 ff. d. A.) fordern eine Vortragstiefe, die angesichts des der Klägerin im Rahmen des § 315 Abs. 1 und 3 BGB zustehenden Ermessensspielraumes (vgl. etwa OLG Nürnberg, Urteil vom 09.12.2008, Az. 1 U 1105/08 ) nicht verlangt werden kann. Die Anforderungen dürfen hier nicht überspannt werden. Die Einwendungen des Beklagten gegen die Berechnungen der Klagepartei greifen somit im Ergebnis nicht durch.“

Zu meinem Nachteil sprachen die Richter der 3. Zivilkammer in ihrem Urteil vom 16.2.2011 einem substantiiert bestrittenen Privatgutachten zum Trinkwasserpreis volle Beweiskraft zu. Die Richter haben damit die Beweisgrundsätze aus § 279 Abs. 3 ZPO und aus § 286 ZPO missachtet und sich über die Beweisregeln hinweggesetzt, die in den §§ 355 – 370 ZPO zur Beweisaufnahme und in den §§ 402 – 414 ZPO zum Beweisverfahren definiert sind. Das Gericht hat die im Grundgesetz zugesicherten Verfahrensgrundrechte zu meinem Nachteil mehrfach verletzt. Angesichts meines umfangreichen, mehrfachen Vortrags zum Privatgutachten ist die Weigerung, das Privatgutachten der Stadtwerke Würzburg gerichtlich zu prüfen, nur mit Vorsatz zu erklären. Die rechtswidrige Akzeptanz des Parteigutachtens durch das Gericht wirkt sich zu meinem Nachteil aus, weil die Trinkwasserpreise nun von mir in der geforderten Höhe zu zahlen wären, wenn ich nicht erfolgreich Berufung einlege.

Bereits im Schriftsatz vom 14.4.2009 zum Verfahren 30 C 3420/08 am Amtsgericht Würzburg hatte ich ausführlich begründet, warum ich von der Klägerin beauftragte Wirtschaftsprüfergutachten nicht als Beweismittel akzeptiere, siehe Seite 15 – 16 im Schriftsatz vom 14.4.2009. In dem Schriftsatz vom 14.4.2009 hatte ich meine Position mit höchstrichterlicher Rechtsprechung begründet, so u. a. mit BVerfG, 1 BvR 2203/98 vom 28.12.1999, BVerwG, B. v. 15.08.2003 – 20 F.8.03 und BGH-Urteil II ZR 67/07 vom 02.06.2008.

In dem Schriftsatz vom 20.10.2009, Seite 6, verwies ich auf das BGH-Urteil VIII ZR 314/07 vom 8.7.2009. Im Zusammenhang mit einem Streit um die Wirksamkeit von Gaspreiserhöhungen hatte der BGH bestätigt, dass ein Privatgutachten nicht als Beweismittel im Sinne der §§ 355 ff. ZPO gilt. Der Leitsatz des Urteils VIII ZR 314/07 lautet diesbezüglich unmissverständlich: „Eine Beweiserhebung (hier: durch Zeugenvernehmung) ist nicht deshalb entbehrlich, weil die unter Beweis gestellten Tatsachen durch ein Privatgutachten belegt sind, dessen Richtigkeit der Gegner bestreitet, ohne die Unzulänglichkeit des Gutachtens substantiiert darzulegen.

Obwohl ich als Beklagter nach dem BGH-Urteil vom 8.7.2009 nicht verpflichtet war, Tatsachen aus dem PWC-Gutachten zu überprüfen, habe ich auf den Seiten 6 – 13 des Schriftsatzes vom 20.10.2009 und in der Anlage B12 substantiiert dargelegt, warum die Bescheinigung von PWC vom 2.9.2009 nicht aussagekräftig ist. Zum einen stellte ich das grundsätzliche Problem dar, dass die Unternehmensstruktur der Stadtwerke Würzburg bei der Trinkwasserversorgung völlig intransparent ist und damit Kosten beliebig verschoben werden können. Darüber hinaus stellte ich 13 konkrete Fragen an das PWC-Gutachten, das die Stadtwerke Würzburg als Parteigutachten eingebracht hatten.

Sachverständigengutachten sind stets mit der gebotenen Distanz und mit hoher Sorgfalt kritisch zu würdigen. Bei inhaltlichen Zweifeln muss das Gericht den Gutachter zur Klarstellung und Vervollständigung veranlassen, siehe BGH-Urteil VI ZR 284/93 vom 27.09.1994 oder den Aufsatz des früheren BGH-Richters Hans-Peter Greiner „Die Pflicht des Gerichts zur Aufklärung des Sachverhalts nach der Rechtsprechung des VI. Zivilsenats“ in der Festschrift für Achim Krämer zum 70. Geburtstag am 19. September 2009, herausgegeben von Uwe Blaurock, Loachim Bornkamm, Joachim und Christian Kirchberg, Berlin, New York (de Gruyter Recht) 2009, Seiten 461–474. Im vorliegenden Fall sind nicht nur schwer wiegende Mängel des Gutachtens aufgezeigt worden, sondern sogar entscheidungserhebliche Gesetzesverstöße z. B. bei der Kalkulationsmethode zur Abschreibung, vgl. Frage 5 auf Seite9/10 im Schriftsatz vom 20.10.2009. Auch die in Frage 6 aufgezeigten Widersprüche zwischen der Abschreibung nach Wiederbeschaffung und den Investitions- und Instandhaltungskosten hätten vom Gericht unbedingt aufgeklärt werden müssen, vgl. Seite 10 im Schriftsatz vom 20.10.2009. Das Gericht hat eine eigene Sachkunde zum Gegenstand des PWC-Gutachtens nicht dargelegt.

Die Tatsache, dass das Landgericht Nürnberg-Fürth sämtliche 13 entscheidungserheblichen Fragen komplett überging, bedeutet nicht nur eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, sondern auch eine Verweigerung des effektiven Rechtsschutzes. Meine Fragen und Einwände als unzulässige „Vortragstiefe“ zu bewerten, die „angesichts des der Klägerin im Rahmen des § 315 Abs. 1 und 3 BGB zustehenden Ermessensspielraumes nicht verlangt werden kann“, das widerspricht allen Beweisgrundsätzen eines fairen Verfahrens. Diese Beweisgrundsätze sind in der Zivilprozessordnung und in der höchstrichterlichen Rechtsprechung definiert. Mit ihrem Urteil verletzten die Richter Rottmann, Schroeter und Kneissl auch das Willkürverbot.

Wenn man es mit solchen sogenannten \"Richtern\" zu tun hat, dann ist ein Prozess um die Billigkeit oder Kartellrechtswidrigkeit von Preisen wirklich ein \"äußerst schwieriges Unterfangen\". Natürlich werde ich mit allen Mitteln unseres scheinbaren Rechtsstaates darum kämpfen, solche \"Richter\" dauerhaft aus der Justiz zu entfernen. Doch die andernorts so geschätzten Staatsanwaltschaften sind  mir bislang mehr durch Rechtsbeugung und Strafvereitelung im Amt als durch Gesetzestreue aufgefallen, sobald es um Wirtschaftskriminalität mit politischer Einflussnahme geht. Deshalb gehe ich nicht mit allzu großen Hoffnungen in die weiteren juristischen Auseinandersetzungen.

Viele Grüße
Lothar Gutsche
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Offline Lothar Gutsche

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Am Dienstag, den 23.8.2011, 9.30 Uhr, wird mein Zivilprozess am Kartellsenat des OLG Nürnberg, Sitzungssaal 318, 3. Stock, Fürther Str. 110, 90429 Nürnberg fortgesetzt (Aktenzeichen 1 U 605/11). Laut einem richterlichen Hinweis an die Stadtwerke Würzburg AG als Klägerin werden erstmalig kartellrechtliche Fragen bei der Strom-, Gas- und Trinkwasserversorgung diskutiert. Die Sachkenntnis des 1. Zivilsenats am OLG Nürnberg mag man aber an folgender Aussage vom 1.7.2011 aus dem richterlichen Hinweis messen:

\"Die Klägerin wird darauf hingewiesen, dass nach derzeitigem Sachvortrag bis 1.7.2006 eine Monopolstellung der Klägerin auf dem lokalen Strommarkt bestand, so dass die Preise der Klägerin bis zu diesem Zeitpunkt einer Überprüfung nach § 315 BGB unterliegen.\"

Denn das Recht zur Billigkeitsprüfung hängt nicht von einer Monopolstellung ab, sondern laut Gesetz einzig von dem Recht zur einseitigen Leistungsbestimmung. Billigkeitsprozesse in anderen Branchen, z. B. zu Bankgebühren, Kabel-TV-Entgelten, Versicherungsprämien und vor allem im Arbeitsrecht, zeigen, dass die Monopolstellung für die Billigkeitsprüfung gar keine Rolle spielt. Meist haben diese Unternehmen noch nicht einmal eine marktbeherrschende Stellung in dem jeweiligen Markt - und doch wird auf Billigkeit der Leistungen und Entgelte von Gerichten geprüft.

Die Stadtwerke Würzburg AG befindet sich zu 77,27% direkt oder indirekt im Eigentum der Stadt Würzburg, d. h. es handelt sich bei der Klägerin um ein kommunales Versorgungsunternehmen. Daraus hatte ich abgeleitet, dass die Stadtwerke unter anderem auch kommunalrechtliche Vorschriften beachten müssen. In der Berufungserwiderung der Stadtwerke, die erst heute am 17.8.2011 bei meinem Rechtsanwalt eingetroffen ist, wollen die Stadtwerke das OLG glauben machen, es wären nur die Artikel 86 und 87 der Bayerischen Gemeindeordnung von Bedeutung. Eine Eigenkapitalrendite der Stadtwerke zwischen 28 und 38% sei nach Ansicht der Stadtwerke nicht zu beanstanden, da ich schließlich jederzeit hätte kündigen können, um zu einem günstigeren Wettbewerber zu wechseln. Die Stadtwerke seien \"in der Preisgestaltung für Strom und Gas frei\" und können Gewinne erzielen. Sollte in der mündlichen Verhandlung zu diesem Thema diskutiert werden, wird es vermutlich für den Rechtsanwalt der Stadtwerke eine Begegnung der Dritten Art, etwas über die Finanzverfassung des Grundgesetzes und über das Kostendeckungsprinzip und über Umgehungstatbestände zu erfahren. Von den klaren Preisgünstigkeits-Vorgaben aus § 1 und § 2 EnWG und von deren Wirkung als Gewinnbegrenzung will ich da erst gar nicht reden.

Spannend wird sicherlich auch, wie die langjährige Zugehörigkeit der Stadtwerke Würzburg zum Thüga-Konzern und zur E.ON kartellrechtlich bewertet wird. Denn nach dem BGH-Urteil zu E.ON/Eschwege und nach den eindeutigen Publikationen in der ZNER wären die Stadtwerke wie ein Tochterunternehmen des E.ON-Konzerns zu behandeln und damit Teil des Strom-Duopols RWE/E.ON. Außerdem wären die Stadtwerke auch Teil der Wertschöpfungskette zur Erdgasversorgung mit Ruhrgas und Ferngas Nordbayern innerhalb des E.ON-Konzerns.  

Viele Grüße
Lothar Gutsche
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Offline Stubafü

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Gerichtstermin am 23.8.2011

@Lothar Gutsche

Das OLG Nürnberg- Kartellsenat will in Ihrer Sache am 23.8.2011 verhandeln;
soweit ich Ihren Beiträgen entnommen habe sind Sie Tarifkunde und damit sei
nach dem Verständnis von Herrn Ball für das Preisänderungsrecht des
Versorgers § 4 AVBGasV maßgeblich.

Nun hat aber genau derselbe Hr. Ball einschl. seines VIII. Zivilsenates mit
Beschluss v. 18.05.11, VIII ZR 71/10 (EuGH- Vorlage) seine leisen Zweifel
zu dieser von ihm allein  vertretenen Rechtsphilosophie höchst selbst
angemeldet indem er dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt
hat, ob § 4 AVBGasV gegenüber Tarifkunden überhaupt ein wirksames
Preisänderungsrecht begründet oder aber wegen Verstoß  gegen
verbraucherschützende EU- Richtlinien unwirksam ist (BGH, B. v. 18.05.11 VIII
ZR 71/10 EuGH- Vorlage).

Ergo sum:
Diese auch für Ihr OLG-Verfahren alles entscheidende Rechtsfrage (in zweiter
Linie dann § 315 BGB, wenn ein wirksames Preisänderungsrecht vorliegt)
betrifft nach meiner unmaßgeblichen Meinung somit sämtliche anhängige
Zahlungsprozesse gegenüber grundversorgten Tarifkunden und somit
- wie Eingangs dargetan- auch denjenigen zwischenden den Stadtwerken
Würzburg und Ihnen.

Ist diese Schlussfolgerung richtig, dann hätte das OLG aufgrund des vorzitierten
EuGH-Vorlagebeschlusses des VIII. Zivilsenates des BGH das Verfahren bis zur
Entscheidung in dieser Sache von Amts wegen aussetzen müssen, denn die
Entscheidung über die Vorlagefrage zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts ist
gemäß Art. 267 AEUV allein  dem Gerichtshof der Europäischen Union und nicht
dem OLG Nürnberg vorbehalten.

Grüsse aus der germanischen Toscana
Stubafü



und

Offline Lothar Gutsche

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@ Stubafü

In der Berufungserwiderung vom 10.08.2011, die uns am 17.08.2011 zugegangen ist, stellen die Stadtwerke Würzburg als Klägerin nach § 148 ZPO den Antrag, das Verfahren auszusetzen, bis der Gerichtshof der Europäischen Union über den Vorlagenbeschluss VIII ZR 211/10 des BGH vom 29.06.2011 entschieden hat. Die Klägerin verfälscht jedoch den Sachverhalt, der vom Gerichtshof der Europäischen Union überhaupt zu klären ist. Die Klägerin reduziert die vom BGH gestellte Frage darauf, „inwieweit es reicht, Preisänderungen mit einer angemessenen Frist im Voraus bekannt zu geben und der Kunde die Möglichkeit hat, den Anbieter zu wechseln.“ Damit verändert die Klägerin die vom BGH gestellte Frage ganz wesentlich und erweckt den Eindruck, als könne die Tatsache, dass ich als der Beklagte seine Kündigungsmöglichkeiten nicht wahrgenommen habe, mein Recht auf eine Billigkeitsprüfung nach § 315 BGB beeinträchtigen oder gar verwirken.

In den Verfahren VIII ZR 211/10 vom 29.06.2011 und VIII ZR 71/10 vom 18.05.2011 prüft der BGH nur, ob eine bestimmte gesetzliche Regelung über die Änderung von Strompreisen den europarechtlichen „Anforderungen an das erforderliche Maß an Transparenz“ aus der Strom-Richtlinie 2003/54/EG oder der Gas-Richtlinie 2003/55/EG genügt oder nicht. Mit anderen Worten, es geht um die Frage, ob der Stromversorger für Tarifkunden überhaupt eine Berechtigung zur einseitigen Änderung der Preise hat. In juris-Randnummer 9 der Leitsatzentscheidung VIII ZR 211/10 vom 29.06.2011 wird nochmals hervorgehoben, dass die Entscheidung von der Frage abhängt, ob dem Stromlieferanten ein wirksames gesetzliches Preisänderungsrecht aus § 4 Abs. 1 und 2 AVBEltV bzw. § 5 Abs. 2 StromGVV zustand. Nach juris-Randnummer 6 der Leitsatzentscheidung VIII ZR 71/10 vom 18.05.2011 hängt die Entscheidung von der Frage ab, ob in einem Gasliefervertrag mit einem Haushaltskunden das in § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV enthaltene gesetzliche Preisänderungsrecht wirksam ist.  

Im vorliegenden Fall ist das einseitige Preisänderungsrecht der Stadtwerke überhaupt nicht strittig. Weder bei der Gas- noch bei Strom- oder Trinkwasserversorgung bezweifle ich das Recht der Klägerin, ihre Preise einseitig zu ändern. Das wurde auch mehrfach von meinem Rechtsanwalt schriftlich so vorgetragen. Die vom BGH in zwei Leitsatzentscheidungen gefällten Vorlagebeschlüsse zu der Frage, ob überhaupt ein Preisänderungsrecht für Strom- oder Gaspreise besteht, sind für das vorliegende Verfahren überhaupt nicht vorgreiflich. Denn die Existenz eines Rechts der Stadtwerke zur einseitigen Preisänderung wird bislang weder von den Stadtwerken noch von mir bestritten. Beide Seiten sind sich darüber einig, dass die Stadtwerke einseitig die Preise für Strom, Gas und Trinkwasser ändern dürfen. Selbst wenn der Gerichtshof der Europäischen Union die beiden vom BGH gestellten Fragen verneint und ein Preisänderungsrecht ablehnt, so würde ich in meinen individuellen Vertragsverhältnissen mit den Stadtwerken das Recht zur einseitigen Preisänderung anerkennen.

Unabhängig davon, wie der Gerichtshof der Europäischen Union die Vereinbarkeit der gesetzlichen Preisänderungsrechte für Strom und Gas mit EU-Richtlinien beurteilt, steht mir das Recht auf eine Billigkeitskontrolle der Preise nach § 315 BGB zu. Mit ihren sinnentstellenden Erklärungen zu der Leitsatzentscheidung VIII ZR 211/10 versuchen die Stadtwerke Würzburg offensichtlich, den Beklagten und das Gericht in die Irre zu führen. Nach Auffassung der Stadtwerke hätte ich durch das Unterlassen einer Kündigung mein Recht auf eine Billigkeitskontrolle der Preise verwirkt. Und genau diese - falsche - Auffassung würde auch der BGH mit seinen beiden Vorlagenbeschlüssen vertreten, behaupten die Stadtwerke in ihrer aktuellen Berufungserwiderung.

In ihrer Berufungserwiderung am OLG Nürnberg versuchen die Stadtwerke sogar, bei Strom- und Gasversorgung ihre Bindung an kommunalrechtliche Vorgaben abzustreiten. Wegen des Wettbewerbs in der Energieversorgung seien sie völlig frei in ihrer Preisgestaltung und dürften deshalb beliebig hohe Gewinne mit Strom und Gas erwirtschaften. Es wird spannend, wie sich der Kartellsenat des OLG Nürnberg morgen zu dem Antrag der Stadtwerke und zu den zahlreichen übrigen Fragen stellen wird. In seiner früheren Rechtsprechung hat das OLG Nürnberg die Preissockeltheorie unterstützt und die Quersubvention nicht als Unbilligkeitsgrund zugelassen.

Viele Grüße
Lothar Gutsche
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Offline Lothar Gutsche

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OLG Nürnberg, Fürther Straße 110, 90429 Nürnberg
Sitzungssaal 318, 3. Stock, Dienstag, 23.8.2011, 9.30 – 11.00 Uhr
Stadtwerke Würzburg AG gegen Lothar Gutsche wegen Forderung Strom, Gas und Trinkwasser, Aktenzeichen 1 U 605/11


Vorsitz: Richter am OLG Peter Hilzinger
1. Beisitzer: Richter am OLG Thomas Koch
2. Beisitzer: Richter am OLG Joachim Heublein


Billigkeitsprüfung nach § 315 BGB
Beim Strom liegt ein Sondervertrag mit unwirksamer Preisänderungsklausel vor. Falls sich beide streitenden Parteien einig wären, könnte man ein einseitiges Preisänderungsrecht unterstellen. Nach dem Kommentar von Staudinger zu § 315 BGB ist sogar eine einseitige Unterwerfung unter ein einseitiges Preisänderungsrecht möglich. Der Beklagte bietet schon schriftsätzlich an, ein einseitiges Preisänderungsrecht der Klägerin anzuerkennen. Die Stadtwerke-Vertreter schweigen zu der Frage des Gerichts, ob beim Strom ein einseitiges Preisänderungsrecht vorliegt.

Das OLG weist auf seine Rechtsauffassung hin, dass es den bei Vertragsabschluss vereinbarten Preis keiner Billigkeitskontrolle unterzieht und insoweit der Preissockeltheorie des BGH folgt. Auf den Einwand des Beklagten, beim BGH sei zwischen Kartellsenat und VIII. Zivilsenat und auch den übrigen Senaten zu unterscheiden – wie am Beispiel der Billigkeitskontrolle von Bankzinsen zu sehen sei, behauptet das Gericht, der § 315 BGB sei durch die Rechtsprechung des BGH für Energie eingeschränkt.

Beim Gas liegt ein Grundversorgungsvertrag vor. Dabei sind die Vorlagenbeschlüsse des BGH beim Gerichtshof der Europäischen Union einschlägig, seien aber im vorliegenden Fall möglicherweise irrelevant. Die Anfangspreise bei Vertragsabschluss und die später nicht widersprochenen Preise sieht das Gericht als vereinbart an, sie seien einer Billigkeitsprüfung entzogen.

Beim Trinkwasser liegt eine Grundversorgung mit Monopolstellung der Stadtwerke vor. Das Parteigutachten zum Wasserpreis, das die Klägerin vorgelegt habe, ist substantiiert bestritten worden und kein Beleg für die Billigkeit.


Kartellrechtliche Prüfung nach § 19 GWB
Kartellrechtlich ist bis Mitte 2008 nach dem Vortrag des Klägers in Übereinstimmung mit Feststellungen der Bundesnetzagentur, des Bundeskartellamtes und der Monopolkommission von regionalen Märkten für Strom und für Gas auszugehen, die regional abgegrenzt sind auf das Netzgebiet der Stadtwerke. Die hohen Marktanteile aus den Durchleitungsmengen bei der Mainfranken Netze GmbH und die hohen Marktanteile aus dem Interview des Stadtwerke-Vorstandes Prof. Menke belegen Marktanteile von 80 % bis über 90 % und liegen deutlich über den 33% aus dem Vermutungstatbestand des § 19 GWB. Damit und mit den übrigen Angaben z. B. zu den extrem niedrigen Kundenwechselquoten und zur Eigenkapitalrendite ist von einer marktbeherrschenden Stellung im streitgegenständlichen Zeitraum von 2004 – 2008 auszugehen.

Die Eigenkapitalverzinsung mit 28 – 38 % , die Verluste aus Zinsswap-Geschäften, die Preisspaltung zwischen grundversorgten Kunden und Sondervertragskunden sowie Geschäftskunden sowie der überteuerte Gaseinkauf sind laut Gericht schwerwiegende Indizien für einen Preismissbrauch im Sinne des § 19 GWB. Die überhöhten Netzkosten und das Thema Mehrerlösabschöpfung wollte das Gericht nicht in den Kostennachweis einbeziehen. Falls die Energiepreise sich als missbräuchlich erweisen, könnten dem Beklagten nach Ansicht des OLG Nürnberg Schadenersatzansprüche nach § 33 GWB zustehen.

Mögliche Verstöße gegen Kommunalrecht seien bei der Kommunalaufsicht oder beim Verwaltungsgericht geltend zu machen, sie spielen weder bei der Billigkeitsprüfung noch bei der Kartellrechtsprüfung eine Rolle. Denn das Kommunalrecht schützt nicht Verbraucher im Sinne von § 134 BGB, sondern allenfalls Wettbewerber der kommunalen Unternehmen.


Fortgang des Verfahrens
Das Gericht setzt Dienstag, den 13.9.2011 um 9.30 Uhr am OLG Nürnberg in Sitzungssaal 318, 3. Stock, Fürther Straße 110, 90429 Nürnberg als Termin zur Verkündung. Dabei ist aber kein Urteil zu erwarten, sondern es wird genaue Vorgaben über den weiteren Vortrag der Stadtwerke zu ihren Kosten und ihren Preisen geben, insbesondere zu den Vorwürfen des Preismissbrauchs im Sinne von § 19 GWB.

Das Gericht machte deutlich, dass als nächstes teure Gutachten erforderlich werden. Ferner vertrat das Gericht die Ansicht, dass ein Preis von Null nicht in Frage käme, da hätte man schon in früheren Verfahren gute Schätzungen vorgenommen. An die Stadtwerke gewandt wurden Preisabschläge von 20 % und mehr in Aussicht gestellt. Der Hinweis auf die Gutachterkosten und der Hinweis auf die möglichen Preisreduktionen war vermutlich Teil der letztlich gescheiterten Versuche, beide Parteien zu einer gütlichen Einigung zu bewegen.


Viele Grüße
Lothar Gutsche
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Offline RR-E-ft

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Handelt es sich um einen Stromlieferungsvertrag ohne wirksame Preisänderungsklausel, stellt sich der Kunde, der ein einseitiges Preisänderungsrecht einräumt, schlechter, da dem Versorger Preisänderungen im Rahmen der Billigkeit zugebilligt werden, obschon ein solches Recht eigentlich gar nicht besteht.

Zwar kann der Kunde dem Versorger einseitig ein einseitiges Preisänderungsrecht zubilligen.
Er kann jedoch nicht einseitig für den Versorger eine einseitige Preisbestimmungspflicht begründen, deren Ausübung der gerichtlichen Billigkeitskontrolle in unmittelbarer Anwendung des § 315 BGB unterliegt.

Eine einseitige  Preisbestimmungspflicht im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB muss bei Vertragsabschluss vereinbart werden oder sich aus dem Gesetz ergeben. Ausdrücklich vertraglich vereinbart wurde eine Preisbestimmungspflicht wohl nicht, so dass sie sich allenfalls aus einem Gesetz ergeben kann. Aus dem Gesetz kann sich die Preisbestimmungspflicht jedoch nur bei der Grundversorgung ergeben.    

Siehe auch:

BGH, Urt. v. 13.07.11 VIII ZR 342/09 Erdgas- Sondervertrag, Wasserpreise

Offline Lothar Gutsche

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@ RR-E-ft
Das, was Sie hier schreiben, haben in ähnlicher Form gestern auch die OLG-Richter ausgedrückt. Da fehlt offenbar noch Überzeugungsarbeit von meiner Seite, dass die Preissockel-Theorie nicht haltbar ist, weder vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Kartellsenats noch logisch mit dem Billigkeitsbegriff. Falls auch die Stadtwerke Würzburg ein einseitiges Preisänderungsrecht anerkennen, dann kann eine Billigkeitsprüfung des Gesamtpreises - ohne Preissockel - auch zu einer Senkung desjenigen Preises führen, der bei Vertragsabschluss vereinbart wurde. Nach meinem Verständnis ist die entscheidende Frage, die gestern auch das Gericht den Stadtwerken Würzburg stellte, ob der Preis nach Vertragsabschluss durch die Stadtwerke einseitig bestimmt werden soll. Diese Frage blieb aber gestern unbeantwortet.

Der von Ihnen genannte Link führt auf den Thread BGH, Urt. v. 13.07.11 VIII ZR 342/09 Erdgas- Sondervertrag, Wasserpreise zu dem Leitsatzurteil VIII ZR 342/09 des BGH vom 13.07.11 zum Thema \"Erdgas- Sondervertrag, Wasserpreise\". In der Vorinstanz handelte es sich um eine Kartellsache unter Aktenzeichen U 781/08 (Kart) am OLG Koblenz. Laut Ihrem Beitrag vom 20.03.2009 20:09 sollte die Revision gegen das Urteil des OLG Koblenz am BGH unter dem Aktenzeichen KZR 13/09 geführt werden, d. h. am Kartellsenat, siehe im Thread zur Vorinstanz am OLG Koblenz unter OLG Koblenz, Urt. v. 12.02.2009 Az. U 781/08 (Kart)- Viele Fragen . Wie lässt sich der Wechsel des zuständigen Senats am BGH erklären?

Mit freundlichen Grüßen
Lothar Gutsche
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Offline RR-E-ft

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Die aktuelle Geschäftsverteilung am BGH, die dazu führt, dass Sachen, die eigentlich nach der gesetzlichen Regelung  in die Zuständigkeit des Kartellsenats gehören, in die Zuständigkeit des VIII. Zivilsenats gelangen, wurde bereits diskutiert.

Bei dem Stromsondervertrag ist kein Platz für eine Billigkeitskontrolle des Gesamtpreises, da bei Vertragsabschluss ein zunächst feststehender Preis vereinbart wurde (vgl. BGH VIII ZR 320/07 Rn. 46). Es wurde deshalb nicht vereinbart, dass der Versorger den Preis erst nach Vertragsabschluss einseitig bestimmen soll. Es erscheint deshalb halbwegs töricht, ein einseitiges Preisänderungsrecht zuzubilligen, wodurch sich eine Preisbestimmungspflicht jedoch jedenfalls nicht begründen lässt.

Für eine Billigkeitskontrolle ist grundsätzlich nur dann Raum, wenn vertraglich eine einseitige Preisbestimmungpflicht wirksam vereinbart wurde oder sich die Preisbestimmungspflicht des Versorgers aus dem Gesetz ergibt (vgl. auch Fricke, ZNER 15/2/2011 S. 130 ff.).

Wurde bei  Vertragsabschluss ein Preis vereinbart, so wurde keine einseitige Preisbestimmungspflicht vertraglich vereinbart (vgl. BGH VIII ZR 36/06 Rn. 32, VIII ZR 138/07 Rn. 16). In der Grundversorgung besteht eine gesetzliche Preisbestimmungspflicht des Versorgers, welche m. E. vertragliche Preisvereinbarungen in diesem Bereich ausschließt.

 

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