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Autor Thema: Hilfe Abrechnung in anderem Tarif  (Gelesen 17086 mal)

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Offline jimwalker

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Hilfe Abrechnung in anderem Tarif
« am: 17. Januar 2009, 12:40:33 »
Hallo liebe Mitstreiter,
Letzte Woche bekam ich meine Abrechnung für 2008. Ich wollte nun wie üblich meinen Widerspruch  nach 315 machen und die Rechnung kürzen, da fiel mir auf, dass der Versorger nach dem schlechteren Grundpreistarif abgerechnet hat, obwohl ich damals der Kündigung des Sondervertrages widersprochen habe. So wie ich gelesen habe sollte doch die Kündigung des Sondervertrages hinfällig sein, oder? Wie muß nun der Widerspruch auf die Rechnung aussehen?
Ich warte auf Eure Antworten und Bedanke mich schon mal im voraus.
Gruß jimwalker

Offline RuRo

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Hilfe Abrechnung in anderem Tarif
« Antwort #1 am: 17. Januar 2009, 16:18:22 »
@jimwalker

Prüfen und entscheiden Sie, ob der Versorger innerhalb des Sondervertrags mit Ihnen überhaupt ein Recht zur Kündigung, aufgrund einer wirksam einbezogenen Bedingung hatte.

Wenn ja, bedarf es keiner Zustimmung zur Kündigung, da diese ein einseitig empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft ist. Allerdings muss die ggf. vereinbarte Form auch eingehalten worden sein, insbesondere muss die Unterschrift auf der Kündigung spürbar sein, also nicht nur eine Kopie. Und wie sagt der Verwaltungsrechtler nicht ohne Grund \"ErstesGebot  - Zuständigkeit prüfen\"  ;)

Wenn nein, ist der Sondervertrag weiter existent. Wäre auch nicht das erste Mal, dass ein Versorger widerborstige Kunden nach Gutsherrenart in die Grundversorgung schubsen will. So noch nicht geschehen, Einzugsermächtigung begrenzen oder gar gänzlich widerrufen. Abrechnungsbasis sollte der vereinbarte Preis bei Abschluss des Sondervertrags sein.
Leiderln hoits z\'sam, sonst gehts nimma recht lang

Offline Cremer

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Hilfe Abrechnung in anderem Tarif
« Antwort #2 am: 17. Januar 2009, 18:33:23 »
@jimwalker,

hatte ich auch bereits mit den SW KH durchgemacht.

2006 Kündigung des Vertrages zum 1.1.2007.
Wenn ich nicht den neuen Sondervertrag (mit anderen Konditionen) unterschreiben würde, wüerde ich ab dem 1.1.2007 nach dem Grundpreistarif versorgt werden.

Na und ?

Ich erstelle sowieso seit 2005 meine eigene jahresrechnungen.

Und da setze ich den Sondertarif an mit Preisen vom Sep. 2004.
MFG
Gerd Cremer
BIFEP e.V.

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Offline eislud

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Hilfe Abrechnung in anderem Tarif
« Antwort #3 am: 17. Januar 2009, 20:05:54 »

Offline harlekinmaus

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Hilfe Abrechnung in anderem Tarif
« Antwort #4 am: 17. Januar 2009, 20:48:12 »
@jimwalker

ich habe heute meine Jahresgasabrechnung bekommen, erst ist mir das gar nicht aufgefallen mit dem Tarif Grundversorgung.
Die Rechnung ist unübersichtlich und verwirrend.
Ich habe jetzt meine eigene Gasabrechnung gemacht.
Durch die falsche Einstufung kassiert der Versorger immerhin 59,63 Euro mehr im Jahr.
So viel zu der schriftlichen Info des Versorger´s Zitat \" Bei Kunden, die im Vorfeld wegen Preisanpassungen in Widerspruch gegangen waren, ändert sich mit der Änderungskündung selbstverständlich nichts.\"
Rechnung gekürzt, auf bisherigen Schriftverkehr verwiesen, neuen Abschlag berechnet auf Grundlage 2004 und Unterlagen an Anwalt geschickt.
Sonst hätten Verbraucher ja nix zu tun.
lg. harlekinmaus

Offline RuRo

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Hilfe Abrechnung in anderem Tarif
« Antwort #5 am: 18. Januar 2009, 13:45:03 »
@eislud

Schöner Beitrag in dem Link.

Einziger Diskussionspunkt nach m.E.:

Eine automatische Überführung in einen anderen Sondervertrag des Versorgers kann schon nicht stattfinden, weil es dazu auch der Willenserklärung des Kunden bedarf.

Das halte ich nicht für ausgeschlossen, insbesondere wenn man die Begründung des Kammergerichts Berlin liest:

Kammergericht  Berlin, Urt. v. 28.10.2008 - 21 U 160/06:  Gasag-  Preiserhöhung unwirksam

Ggf. rechnet der Grundversorger nach Bestpreis ab und bietet günstigere Tarife ab definierten Verbrauchsmengen an. Auch hier kann ein Sondervertrag durch Entnahme zustande kommen, unterliegt auch keinem Formerfordernis.

Dein Beitrag ist allerdings auch schon älteren Datums als dieses Urteil ;)
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Offline eislud

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Hilfe Abrechnung in anderem Tarif
« Antwort #6 am: 19. Januar 2009, 11:53:24 »
@RuRo

Wenn es sich bei einem Sondervertrag um ein verbrauchsabhängiges Modell handelt, wie das vielleicht bei Gasag-Vario 1 und Gasag-Vario 2 der Fall ist, würde ich mal davon ausgehen, dass das gesamte Modell Gasag-Vario sinnvollerweise Bestandteil des Sondervertrages ist. Kommt es zu einer Verbrauchserhöhung oder -verminderung und überschreitet oder unterschreitet man mit dem Verbrauch die angegebenen Schranken, wird man innerhalb des Modells automatisch zu anderen Konditionen abgerechnet. Soweit stimme ich mit Dir überein.

Es handelt sich meines Erachtens dann aber auch nicht um einen neuen Sondervertrag, sondern um die Fortführung des alten Sondervertrages innerhalb eines Modells, dass Bestandteil des Sondervertrages ist.


Anders sieht es meines Erachtens dann aus, wenn ein solches Modell nicht Vertragsbestandteil ist, sondern vielmehr eine Ersteinstufung aufgrund des geschätzten Verbrauches stattfindet. So beispielsweise bei den Stromtarifen Eprimo Familie und Eprimo Single. Hier kann meines Erachtens kein automatischer Wechsel stattfinden, weil es sich nicht um ein solches Modell handelt, es bedarf vielmehr einer Kündigung und anschließend eines neuen Sondervertragsabschluß oder einer Vertragsanpassung, jeweils durch beiderseitige Willenserklärung.  


Zitat
Original von RuRo
Ggf. rechnet der Grundversorger nach Bestpreis ab und bietet günstigere Tarife ab definierten Verbrauchsmengen an. Auch hier kann ein Sondervertrag durch Entnahme zustande kommen, unterliegt auch keinem Formerfordernis.
Wenn ein Haushaltskunde ohne Vertrag Strom/Gas aus dem Netz entnimmt, dann ist er meines Erachtens in der Grundversorgung, vielleicht auch in der Ersatzversorgung (auf letzteres kommt es aber jetzt nicht an). Der Grundversorger ist verpflichtet, unabhängig von der Verbrauchsmenge, Haushaltskunden in der Grundversorgung zu versorgen. Deshalb würde ich unabhängig von der Vertragsvielfalt des Grundversorgers davon ausgehen, dass der Haushaltskunde in einem solchen Fall nach dem Gesetz grundversorgt ist. Eine anderslautende Willenserklärung des Kunden ist meines Erachtens nicht ersichtlich.

Für den Abschluß eines solchen verbrauchsabhängigen Sondervertrages, ist es meines Erachtens zumindest notwendig, dass der Versorger dem Haushaltskunden die Vertragseinstufung benennt, also ein Angebot nach Entnahme macht, und der Kunde dieses Angebot annimmt.

Es ist auf jedenfall die Willenserklärung des Haushaltskunden notwendig, in welcher Form auch immer. Eine Entnahme aus dem Netz sehe ich nicht als Willenserklärung für einen Sondervertrag, dem steht schon wie beschrieben die Verpflichtung zur Grundversorgung entgegen.


Unabhängig davon, wird man als Haushaltskunde wohl in den meisten Fällen den Sondervertrag als gegeben akzeptieren wollen, weil man damit besser fährt.

Ich habe mir das Urteil nochmal angesehen, kann aber auch dort nichts anderes entnehmen. Welche Stelle meinst Du.

Gruss eislud

Offline RuRo

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Hilfe Abrechnung in anderem Tarif
« Antwort #7 am: 19. Januar 2009, 19:51:30 »
@eislud
Absatz (4) auf Seite 12 des Urteils enthält die entscheidenden Passagen.

Einleitung beginnt aber schon auf Seite 10.

Erkenntnis:

Es kann nur einen Tarif geben, der den Grundversorger bis zur wirtschaftlichen Unzumutbarkeit preislich benachteiligt, er aber trotzdem zur Lieferung verpflichtet ist, weil eben gesetzlich geregelt.

Dieser Nachteil ist bereits einkalkuliert. Mithin sind alle weiteren angebotenen Tarife, ob Hänsel&Gretel-, Rotkäppchen- oder Schneewittchen-Tarif, Tarife in einem mind. (Norm-)Sondervertragsverhältnis.
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Offline eislud

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Hilfe Abrechnung in anderem Tarif
« Antwort #8 am: 01. Februar 2009, 14:49:09 »
@RuRo
Deine Erkenntnis aus dem Urteil kann ich nun nachvollziehen, danke für Hilfestellung beim Lesen.  :]

Ich bin aber der Meinung, daß das Gericht verkennt, daß der Versorger verpflichtet ist, Haushaltskunden unabhängig von der Verbrauchsmenge in der Grundversorgung zu versorgen - wie ich ja schon beschrieben habe.
Gäbe es also keinen volumenunabhängigen Grundversorgungstarif, sondern mehrere volumenabhängige Grundversorgungstarife, wären alle diese Tarife Grundversorgungstarife.

Deshalb bin ich nach wie vor der Meinung, daß es auch bei solchen Tarifen nicht automatisch zu einer Überführung in einen anderen Sondervertrag kommen kann.

Gruss eislud

Offline RuRo

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Hilfe Abrechnung in anderem Tarif
« Antwort #9 am: 02. Februar 2009, 18:25:37 »
@eislud

Ich sehe es anders.

Der allgemeine Tarif, vormals evtl. als gesetzlicher Tarif bezeichnet, ist der Grundversorgungstarif und sonst nichts. Der Plural bezieht sich auf die Gebiete der verschiedenen Grundversorger, siehe nur § 10 EnWG1998 und § 36 EnWG2005 als Grundlage für die Verordnungen. Das ist Inhalt der gesetzlichen Verpflichtung - ein Tarif zu dem jedermann zu versorgen ist. Eben auch denjenigen, den man ansonsten z.B. wegen zu geringen Verbrauchs, weil er nur Haushaltsgas zur Warmwasserbereitung oder zum Kochen verwendet, nicht anschließen wollte. Ob es solche Fälle gibt, weiß ich nicht, es geht um die Intension des Gesetzgebers.

Wenn man dieser Einschätzung folgen will und kann, dann sind eben alle weiteren Tarife Sonderpreise. Weil der vereinbarte Kaufpreis eine vertragliche Notwendigkeit ist, dann eben ein Sondervertrag und kein Grundversorgungsvertrag (siehe § 433 Abs. 2 BGB).

Nachdem die \"günstigeren Preise\" in der Regel mit dem \"Allgemeinen Tarif\" öffentlich bekannt gemacht werden, sehe ich darin das Angebot an Bestands- und Neukunden, bei entsprechender Abnahme eben zu diesen Preisen beliefert zu werden. Ich sehe gerade nicht den Umkehrschluss, dass aus der öffentlichen Bekanntgabe auf einen allgemeinen Tarif geschlossen werden kann.

Die Pflicht des Käufers \"den vereinbarten Kaufpreis\" zu bezahlen und die Sache abzunehmen, basiert gerade auf dieser öffentlichen Aufforderung zur Angebotsabgabe.

Ich rufe also beim Grundversorger an und bestätige ihm, dass ich seit 01.02.09 Gas entnehme, ich mir sicher bin, dass der, mit seinem unwirtschaftlichsten Preis einhergehende Jahresverbrauch, sicher überschritten wird und freue mich auf ein lang anhaltendes Sondervertragsverhältnis zum Sonderpreis XY.

Die Rechtsunsicherheiten und die evtl. Folgen daraus muss ich doch nicht zu meinen Sorgen machen.
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Offline eislud

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Hilfe Abrechnung in anderem Tarif
« Antwort #10 am: 11. Mai 2009, 20:12:47 »
@RuRo
Siehe Urteilstext, OLG Frankfurt Urt. v. 5.05.2009 Az. 11 U 61/07 (Kart):
Zitat
2.) a) Die Kläger sind nicht Tarifkunden, sondern Sondervertragskunden der Beklagten.
Sie beziehen unstreitig Gas zu Sondervertragspreisen und zu den Bedingungen der Beklagten für die Erdgaslieferung nach Sondervertrag. Zwar ist für die Einordnung eines Kunden als Tarif- oder Sondervertragskunde letztlich nicht die gewählte Bezeichnung entscheidend. Die Kläger werden deshalb nicht schon dadurch zu Sondervertragskunden, dass die Beklagte sie zu „Sondervertragspreisen“ beliefert (OLG Frankfurt, Urteil v. 29.05.2008 – Az.: 15 U 47/07- vorgelegt als Anlage BBKl 13; LG Chemnitz, Urteil v. 6.5.2008, Az.: 1 O 2620/05 – vorgelegt als Anl. BBkl. B 12).
Der Beklagten (Versorger) ist auch einzuräumen, dass nicht jeder gegenüber dem allgemeinen Tarif günstigere Preis zur Einordnung des betreffenden Vertrags als Sondervertrag führt. Vielmehr sind auch im Rahmen des allgemeinen Tarifs Staffelpreise vorstellbar.
Hier liegt der Fall jedoch anders.
Hier also ein Gericht, das es anders sieht als das Kammergericht Berlin.

Offline RuRo

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« Antwort #11 am: 11. Mai 2009, 21:13:07 »
@eislud

Zitat
Nach allem ergibt sich die Einordnung der streitbefangenen Verträge als Sonderkundenverträge schon aus den dem Senat vorgelegten Vertragsunterlagen so deutlich, dass die Beklagte dem nicht mit mehr oder weniger allgemeinen rechtlichen Erwägungen zu Abgrenzungskriterien entgegentreten konnte.

Das Kammergerichtsurteil vom 28.10.08 hätte die Einschätzung als Sonderkundenvertrag, der hier aufgrund der Indizien bereits im Ergebnis festgestellt wurde, untermauert.
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Offline eislud

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« Antwort #12 am: 12. Mai 2009, 15:30:26 »
@RuRo
Mir ging es ausschließlich darum, aufzuzeigen, daß es in der Grundversorgung durchaus mehrere Tarife geben kann (Staffelpreise) - so die Meinung des OLG Frankfurt.

 

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