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Autor Thema: Fernwärmeversorger und Unbilligkeit  (Gelesen 3644 mal)

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Fernwärmeversorger und Unbilligkeit
« am: 07. Juni 2005, 14:38:33 »
Die AGFW

-Arbeitsgemeinschaft für Wärme- und Heizkraftwirtschaft - AGFW - e.V. beim VDEW, Stresemannallee 28, 60596 Frankfurt am Main
Telefon 0 69 / 63 04 - 1, Telefax 0 69 / 63 04 - 3 91, E-Mail info@agfw.de
Geschäftsführer: Werner R. Lutsch


eine Untergliederung des Lobbyverbandes VDEW

(vgl. unter http://www.strom.de Link: VDEW )

reagiert auf den Einwand der Unbilligkeit gem. § 315 BGB bei Fernwärmepreisen und hat sich hierzu ein 91seitiges Rechtsgutachten \"Zulässigkeit der Preiskontrolle von Fernwärmeverorgungsverträgen nach § 315 BGB\" erstellen lassen.

Zu den Aufgaben und Zielen des Branchenlobbyverbandes vergleiche hier:

http://www.agfw.de/fileadmin/dokumente/wir/Ziele_und_Aufgaben.pdf




Die Fernwärmeversorger haben mit der zunehmenden Anzahl entsprechender Unbilligkeitseinwendungen ein dringendes Problem verspürt, welches man zu lösen sucht.

Um das Problem zu lösen, wurde bei Professor Büdenbender ein entsprechendes Gutachten in Auftrag gegeben.


Ersichtlich wird dabei, dass Professor Büdenbender kein wertneutrales Gutachten erstellt hat, sondern eines mit dem konkreten Auftrag, das \"Problem\" für die Fernwärmeversorger zu lösen.....


Fraglich schon, ob für solche Gutachtertätigkeiten beamteter Hochschullehrer immer die notwendigen Nebentätigkeitsgenehmigungen vorliegen.

Co- Autor des AGFW- Gutachtens ist RA Wesche von der Düsseldorfer Sozietät Clifford Chance.  

Clifford Chance wiederum ist im AGFW-Landesverband NW \"förderndes Mitglied\" (übrigens als einzige Anwaltskanzlei):

http://www.agfw.de/fileadmin/dokumente/wir/arbeitsbericht04/ab04_foerder_mitglied.pdf



Es handelt sich also um ein bestelltes Parteigutachten, mit dem nachgewiesen werden soll, dass der Billigkeitskontrolle von Fernwärmepreisen Grenzen gesetzt seien. So sieht es denn auch inhaltlich aus. An vielen Stellen wird die Rechtslage entgegen der Rechtsprechung des BGH vollkommen verquer dargestellt. An anderen Stellen ist es schlicht unhaltbar.


Auch dieser Verband gibt Handlungsempfehlungen, wie den Kunden gegenübergetreten werden soll. Er stellt sogar Musterbriefe für die Unternehmen zur Verfügung:


http://www.agfw.de/487.0.html


Wer Fragen zu dem Gutachten, dessen Zustandekommen und dessen Honorierung hat, kann sich bestimmt vertrauensvoll an Herrn Kollegen Adolf Topp unter a.topp@agfw.de oder an die AGFW- Geschäftsstelle (Tel. 069/63 04–4 12) wenden.


Auf diesem bestellten AGFW- Gutachten basiert dann wieder ein Urteil des LG Ulm vom 08.04.2005; welches nach Auffassung der Versorger ein Musterprozess beendet haben soll, der die Rechtsfrage ein für allemal geklärt habe:

http://www.agfw.de/48.0.html?&no_cache=1&sword_list[]=315&sword_list[]=BGB

Diese Einschätzung darf indes bezweifelt werden.

Auch bei diesem Urteil ging es um den \"berühmt berüchtigten\", bundesweit tätigen Energiedienstleister, der den Energieversorgern zu schaffen macht  und dem der Unbilligkeitseinwand hinsichtlich der Erdgaspreise vom LG Frankenthal abgesprochen wurde.

Die Beklagte wird von einem sehr versierten Kollegen vertreten.

Das Urteil wird noch einer gesonderten Würdigung bedürfen.

Gegen das Urteil wurde Berufung eingelegt.


Es überrascht denn auch gar nicht, wenn der Aufsatz von Dr. Kunth & Co. in der NJW 2005, S. 1313 sich die gewagte Theorie aus dem AGFW- Gutachten von Professor Büdenbender zu eigen macht.



Der \"Wettbewerb\" auf dem örtlichen \"Wärmemarkt\" funktioniert oft folgendermaßen:

Es gibt zumeist ein Heizkraftwerk mit Kraft- Wärme-Kopplung (KWK), in dem Elektrizität und Wärme gleichzeitig produziert werden. Betreiber sind zumeist Stadtwerke, bei denen man Fernwärme beziehen kann.

Die Fernwärme steht im Wettbewerb unter anderem mit Heizstrom und Erdgas....

Der einzige Anbieter am Ort für Heizstrom und Erdgas ist mit dem Anbieter für Fernwärme identisch.

Dieser Anbieter \"spielt\" also selbst \"Wettbewerb\" zwischen seinen Versorgungssparten..... Dabei werden Strategien verfolgt, die insgesamt zum wirtschaftlich besten Ergebnis für den Versorger führen.

Aufschlussreich hierzu folgende Dissertation:

\"Strategieoptionen für Energieversorgungsunternehmen als Reaktion auf einen rückläufigen Absatz im Wärmemarkt / vorgelegt von Maren Hille. - 2002. - XV, 276, A-21 S. - Oldenburg, Univ., Diss., 2002\"

Dabei auf S. 81 ff. am Beispiel der Erlösentwicklung der Lübecker EWL Energie und Wasser Lübeck GmbH bei verschiedenen Szenarien in den verschiedenen Sparten:

http://docserver.bis.uni-oldenburg.de/publikationen/dissertation/2002/hilstr02/hilstr02.html

http://docserver.bis.uni-oldenburg.de/publikationen/dissertation/2002/hilstr02/pdf/kap034.pdf




Er ist somit insgesamt Monopolist, der die Preise bestimmen kann.



Der Zubau von Nah- und Fernwärmeversorgung stagniert in Deutschland, vgl. hier auf Seite 12:

http://www.dlr.de/tt/institut/abteilungen/system/publications/Nast,%2520Michael%2520(2004)%2520Chancen%2520und%2520Perspektiven%2520der%2520Nahw%25C3%25A4rme%2520im%2520zuk%25C3%25BCnftigen%2520Energiemarkt%2520(206%2520KB).pdf

Von einer ständigen Gewinnung von Neukunden, welche das Preisniveau tatsächlich beeinflussen könnte, kann deshalb keine Rede sein.



Hinzu tritt oftmals ein Anschluss- und Benutzungszwang für die Fernwärme:

http://www.agfw.de/fileadmin/dokumente/rec/Auswertung_AuB.pdf


Zur Kostenstruktur vergleiche hier:

http://www.bhkw-info.de/wirtschaftlichkeit/linknahwaerm.html
http://www.bhkw-info.de/wirtschaftlichkeit/linknahwaerm.pdf


Neben Erdgas, Heizstrom, Nah- und Fernwärme gibt es noch die Abgesandten der \"Weltregierung\" mit den Tankwagen und natürlich Flüssiggas:

http://www.energieverbraucher.de/index.php?pre_cat_open=46&id=1405&subid=1477&content_news_detail=3795&back_cont_id=4045&SID=4d48590110f4b88e9ce9a63580e343ba

http://www.energieverbraucher.de/index.php?pre_cat_open=41&id=83&subid=84&content_news_detail=4064&back_cont_id=4044




Auch bei der AGFW Seminare wie immer:

http://www.agfw.de/fileadmin/dokumente/ver/2005/1._Halbjahr/Programme/Programm_13519.pdf
 



Es sieht alles bestellt aus.

Personalunion bei den Lobbyverbänden VDEW und BGW:

EWE- Vorstandsvorsitzender Dr. Werner Brinker

http://www.strom.de/wysstr/stromwys.nsf/WYSInfoDokumentePunkt1Lookup/680553B0C9C71CC1C125700D0048669C?OpenDocument&

http://www.bgw.de/de/bgw/organisation/praesidium_und_vorstand


EWE Oldenburg ist das Unternehmen, vor dem bereits Demonstranten mit Pappschildern aufgezogen sind:


http://www.energiepreise-runter.de


Der Gutachtenersteller Prof. Büdenbender war früher bei \"einem großen deutschen Konzern\", nämlich dem RWE in verantwortlicher Position tätig. Hieraus wird wohl vieles erklärlich, was man sich juristisch nicht erklären kann.

http://www.tu-dresden.de/jfzivil8/new/Seiten/Lebenslauf.htm

http://www.tu-dresden.de/jfzivil8/new/Seiten/publikationen.htm


Vgl. auch hier:

BGH- Urteil vom 30.04.2003, VIII ZR 279/02, NJW 2003, 3131




Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

 

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